Vorschlag für eine Anmoderation: Sie ist blind und hat Musik, Englisch und Deutsch in Freiburg studiert. Sie war Cellolehrerin an der Musikschule und Lehrerin an einer Privatschule in Erfurt. Heute unterrichtet Christine Löbbert Cello an der Domsingschule Freiburg und seit 2001 ist sie Lehrerin am Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte in Stegen. Ihr Leben ist die Musik und das Hören. Wie sie nun Menschen, die nur eingeschränkt hören können, die Musik und vor allem auch das Singen näher bringt, das hat Matz Kastning einmal beobachtet und stellt und Christine Löbbert einmal näher vor. OT Löbbert 1: Also Musik ist für mich alles. Ich höre auch die Welt immer als Musik, also ich höre hier den Lastwagen vorbeifahren und der fügt sich ein in mein eigenes Klangsystem. Ich höre die Welt als Klang und als Musik. Also ich finde alles Hören als musikalisches Hören und ich nehme auch Schüler als musikalische Wesen war und ja, so finden wir uns dann auch. Also ich wollte ohne Musik nicht leben. Text 1: Montagmorgen im Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte, kurz BBZ in Stegen bei Freiburg. Christine Löbbert ist ihrem Element. Mit großem Engagement unterrichtet die studierte Cellistin hörgeschädigte Kinder im Fach Musik. Das Besondere daran: sie selbst ist blind. Auch wenn es zunächst etwas paradox klingen mag, das eine Blinde hörgeschädigte in Musik unterrichtet, im Unterricht ist davon nichts zu spüren. 1
Szene Einsingen: Schüler summen. Löbbert: Stopp. Ihr fangt gut an und dann sagt das so ein bisschen ab. Versucht so ein bisschen vom Bauch her die Spannung zu halten. Alex, hältst du mal die Arme locker. Schüler summen. Text 2: Da ihre Schüler alle noch über ein gewisses Resthörvermögen verfügen, kann Christine Löbbert mit ihnen sprechen und muss sich nicht der Gebärdensprache bedienen, bei der sie die Antworten ohnehin nicht sehen könnte. Was sofort auffällt sind ihre zielgerichteten und immer stimmigen Korrekturen bei den Schülern. Sie bittet Sie sich gerade hinzustellen, auf beiden Beinen zu stehen und ähnliche Dinge, die den Beobachter staunen lassen. OT Löbbert 8: Ich kenne meine Schüler gut. Also ich glaube das ist die Grundlage überhaupt. Und dann höre ich es. Sackt das an der einen Stelle immer ab, dann geht es rataratarata wie ist die Haltung dazu, wer hat welche Haltung, wer verschränkt die Arme, wer hat die Hände in der Hosentasche. Man kennt sie ja dann die Schüler. Und dann kann ich korrigieren. Offensichtlich habe ich eine hohe Trefferquote. Sie beschweren sich darüber dann nicht. Text 3: Ursprünglich unterrichtete Christine Löbbert nach ihrem Lehramtsstudium erst einmal neben Musik vor allem Englisch und Deutsch. Bis jemand ihre besondere Art des Unterrichtens auffiel. OT Löbbert 6: 2
Ich glaube ich habe einfach gesungen. Gar nicht so realisiert, dass die Schüler alles mitmachen. Ich habe geklopft, geklatscht, getanzt gemacht und die Schüler haben mitgemacht. Und wir hatten eine ganz rege Psychologin und die eigentlich die sagte, eh, die Frau die macht ja Musik und die Schüler machen alle mit. Und die hat das so ein bisschen in die Wege geleitet. Wir hatten dann ja hier auch so eine Pilotstudie durchgeführt, da ging es um die Wirkung von Musik auf den Spracherwerb, der hier natürlich ein ganz großes Thema ist und die Ergebnisse waren also signifikant. Es ist wirklich so, Musik fördert ganz viel und Musik ist im Grunde eine Form von Unterstützung des Spracherwerbs. Text 4: Daher haben die Schüler jetzt eine Stunde pro Woche regulären Musikunterricht und 20 Minuten rhythmischmusikalische Sprachförderung. Musik ist aber auch ein großer Teil der Jugendkultur, der den Schülern nicht verschlossen bleiben soll. Was Christine Löbbert bei den Schülern besonders beliebt macht, ist ihr Engagement für beides, Musik und Schüler. Die nennen sie nur: Frau Musik. OT Löbbert 9: Ich bin immer da, ich bin morgens da, ich bin mittags da, ich bin bei den Gottesdiensten da, ich bin bei den Weihnachtsfeiern da. Weil mir das eben so wichtig ist ihnen klar zu machen, Mensch, das ist ein ständiger Bestandteil unseres Lebens, diese Musik und ich glaube auch das sie, das erlebe ich auch so in Gesprächen mit Schülern, immer mehr dann auch im Austausch mit mir den Mut haben das einen Teil ihrer Welt werden zu lassen. Also Schüler erzählten mal, fast peinlich berührt, sie würden das immer noch innerlich so hören, was wir in Musik machen, ob das schlimm wäre? Sage ich, nein, darum geht es mir ja überhaupt, dass ihr dieses innere 3
Hören habt. Aber sie kannten es bislang nicht und da merke ich, da suchen sie das Gespräch einfach mal was wissen wollen. Text 5: Wie wichtig Musik auch denen ist, die sie nur eingeschränkt wahrnehmen können, zeigt sich im Gespräch mit den Schülern. OT Collage Schüler: 1: Musik bedeutet für mich alles. Ich höre jeden Tag Musik, ich singe auch jeden Tag, wenn ich traurig bin, wenn ich Sport mache. Ich singe das was ich für mich selber gut kann, was mir Spaß macht. 2: Wenn ich singe oder wenn ich Musik höre, dann fühle ich mich frei, dann kann ich den ganzen Alltagsstress vergessen und fühle mich wohl. 3: Sobald du Hörgeschädigt bist verbinden viele damit, dass du nicht singen kannst, unmusikalisch bist. Also ich kenne eigentlich niemanden, der Musik nicht mag und viele von uns haben auch schwere Zeiten und in den schweren Zeiten war echt Musik für uns auch da. Und wenn man dann singt, zusammen, dann ist es eigentlich egal wie du singst, Hauptsache es hört sich gut an zusammen. Also ich fühle mich frei wenn ich singe und es ist mir egal, was andere Leute denken. Ob ich gut singen kann oder schlecht singen kann. Text 6: Um die Kraft der Musik zu Unterstützen geht Frau Musik mit ihren Schülern auch immer wieder raus aus der Schule und besucht Konzerte in Freiburg oder Baden-Baden. 4
OT Löbbert 7: Damit sie merken, ich bin Teil einer musizierenden Welt und mit meiner Art Musik zu machen gebe ich noch einen anderen Impuls in diese musikalische Welt rein. Atmo: Musikunterricht endet. 5