Neophyten & Giftpflanzen

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Transkript:

Erich M. Pötsch und Bernhard Krautzer Institut für Pflanzenbau und Kulturlandschaft, HBLFA Raumberg-Gumpenstein Neophyten & Giftpflanzen Bedeutung und Gefahren für das österreichische Grünland 21. Wintertagung, Aigen im Ennstal Jänner 2015

Definitionen und Abgrenzungen Alteingesessene Arten Gebietsfremde Arten Indigene Arten (Einheimische) Archäophyten (=Altpflanzen) Neuankömmlinge, Stille Eroberer, Aliens = Neophyten 10.000 v. Chr. Neolithische Revolution 1492 Entdeckung Amerikas Durch Christoph Columbus

Verbreitung von Neophyten Wie? 60% aller neophytischen Gefäßpflanzen Österreichs wurden bewusst als Zier- oder Nutzpflanzen eingeführt (Terrarien, Aquarien, Bot. Gärten) 30% der Neophyten wurden unabsichtlich eingeschleppt (Verunreinigung von Saat-, Pflanzgut, Pflanzballen, Erde, Ballastwasser, diverse Fahrzeuge) bei etwa 10% der Neuankömmlinge ist die Form der Einwanderung unbekannt Wann? Höhepunkt des Zustrom an neophytischen Arten lag im 19.Jahrhundert Woher und wohin? Hauptherkunftsgebiete sind Nord- und Mittelamerika, Asien, Indien (vereinzelt auch Tropen und Subtropen) - einige der bei uns bekannten Neophyten sind bereits in allen Bundesländern verbreitet! - zunehmende Klimaerwärmung begünstigt die weitere Verbreitung von wärmeliebenden Neophyten

Bedeutung von Neobiota und Neophyten in Österreich Organismengruppe Gesamtartenzahl in Österreich Neobiota Etablierte Neobiota Invasive Neobiota Gefäßpflanzen 4.060 1.110 (27%) 224 (20%) 17* (1,5%) Moose Flechten Algen Pilze Tiere 1.020 2.100 unbekannt unbekannt 45.000 4 2-3 4 83 > 500 * zusätzlich gelten 18 Arten als potenziell invasiv 2 2-3? 61 300 0 0 0 6 6 Invasiv: Verdrängung einheimischer Arten Veränderung der Biotopstruktur, Standortseigenschaften oder Veränderung ökosystemarer Prozesse in der Natur Quelle: Umweltbundesamt, 2002; 2014

Tabelle 1: Invasive Neophyten in Österreich (ESSL und RABITSCH, 2002) 1 giftig, 2 als potenziell invasiv eingestuft Pflanzenname Herkunft in Europa seit Art der Ausbreitung Verbreitung in Österreich Bekämpfungsstrategie dt. lat. Eschenahorn Acer negundo Nordamerika 1688 Zierpflanze alle Bundesländer Ringeln + Fällung Götterbaum Ailanthus altissima Süd- und Ostasien 1650 Zierpflanze, Forstgehölz alle Bundesländer Ringeln Hybridpappel Populus x canadensis Eurasien x Nordamerika Nutzpflanze Alle Bundesländer,Donauauen! Robinie 1 Robinia pseudoacacia Nordamerika 1630 Zier-, Nutzpflanze, Holz, Bienenweide alle Bundeländer, Pannonikum! Ringeln, Nachschneiden der Wurzelsprosse Rot-Esche Fraxinus pennsylvanica Nordamerika 1796 Zierpflanze in Wien, NÖ, Bgld., OÖ Lanzettblättrige Aster Aster lanceolatus Nordamerika 1863 Zierpflanze alle Bundesländer Neubelgien-Aster Aster novi-belgii Nordamerika 18.Jhd. Zierpflanze alle Bundesländer Schwarzfrüchtiger Bidens frondosa Nordamerika 1891 alle BL außer Tirol Zweizahn Kanadische Wasserpest Elodea canadensis Nordamerika 1836 Zierpflanze, alle BL außer Burgenland Aquarien Japanischer Staudenknöterich Fallopia japonica China, Japan, Korea 1825 Zier- und Futterpflanze, Bienenweide alle Bundesländer Drüsen-Springkraut Impatiens glandulifera Kleines Springkraut Impatiens parviflora Mahd, Weide, Vielschnitt-nutzung Indien, Himalaya 1839 Zierpflanze alle Bundesländer Ausreißen, Mahd vor Samenreife Sibirien, Mongolei 1831 Zierpflanze alle Bundesländer Ausreißen, Mahd vor Samenreife Amerikanisches Weidenröschen Epilodium ciliatum Nordamerika 1891 Pflanzgutverunreinigung alle Bundesländer Schlitzblatt-Sonnenhut Rudbeckia triloba Nordamerika Zierpflanze alle Bundesländer Tiefschnitt vor der Blüte Kanadische Goldrute Solidago canadensis Nordamerika 1645 Zierpflanze, Bienenweide Riesengoldrute Solidago serotina Nordamerika 1850 Zierpflanze, Bienenweide alle Bundesländer alle Bundesländer Ausreißen, Mahd vor Samenreife Ausreißen, Mahd vor Samenreife Topinambur Helianthus tuberosus Nord- und Mittelamerika 1610 Kulturpflanze alle Bundesländer Ausgraben, Mahd Beifuß-Ambrosie 2 Ambrosia artemisiifolia Nordamerika 1860 Saatgutverunreinigung Mahd nach Blühbeginn, Ausreißen Riesenbärenklau 1, 2 Heracleum mantegazzianum Kaukasus 1815 Zierpflanze, Bienenweide alle Bundesländer Ausgraben, Vielschnitt

Neophyten als Problempflanzen in der Landwirtschaft Zahlreiche Neophyten treten vor allem als Ackerunkräuter auf und verursachen beachtlichen wirtschaftlichen Schaden Viele Neophyten zählen zu den aquatischen Pflanzen sie wachsen bevorzugt an (in) Gewässern und in Feuchtgebieten Stärkere Verbreitung droht in Ackerrainen, Brachen, Ruderalflächen, unregelmäßig bzw. nicht mehr genutztem Grünland Gewöhnliche Spitzklette, Topinambur, Stechapfel, Ambrosie, Kermesbeere, Erdmandelgras, Giftbeere, Seidenpflanze, Pferdenessel, Samtpappel, Johnson-Gras vorwiegend im Ackerbau Drüsiges Springkraut, Staudenknötericharten, Riesenbärenklau, Goldrute vorwiegend in Ackerrainen, Gräben, Brachen, Extensivgrünland Im Wirtschaftsgrünland mit dichten, stabilen und leistungsfähigen Pflanzenbeständen besteht keine Gefahr durch Neophyten!

Giftpflanzen im Grünland - Vorbemerkungen Philippus Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim Paracelsus ( 1493 1541) All Ding sind Gift und nichts ist ohne Gift allein die Dosis macht ob ein Ding ein Gift ist Neben der Dosis sind weitere Faktoren im Zusammenhang mit Giften entscheidend: Toxizität und Wirkungsort (Nerven, Nieren, Leber, Blut ) Zeitlicher Verlauf (Dauer) der Aufnahme und Löslichkeit einer toxischen Substanz Gesundheitszustand Robustheit des aufnehmenden Organismus

Wichtige Giftpflanzen im Grünland dt. Pflanzenname lat. Name Hauptgiftstoffe Scharfer Hahnenfuß Wiesenschaumkraut Herbstzeitlose Sumpfdotterblume Sumpfschachtelhalm Alpenkreuzkraut Adlerfarn Klappertopf Zypressenwolfsmilch Weißer Germer Ranunculus acris L. Cardamine pratensis L. Colchicum autumnale L. Caltha palustris L. Equisetum palustre L. Senecio alpinus L. Pteridium aquillinum L. Rhinantus sp. Euphorbica cyparissias L. Veratrum album L. Ranunculin, Anemonine Senfölglykoside, Glycon-Nastutin Colchicin, Demecolcin Anemonine, Saponine Thiaminase, Palustrin Pyrrolizidin, Seneciphyllin Thiaminase, Ptaquilosid Rhinantin Diterpen-Ester, Euphorbon Protoveratrin, Germerin + diverse giftige Zier-, Hecken-, Gehölzpflanzen, Sträucher wie:z.b. Eibe, Buchsbaum, Oleander, Seidelbast, Tollkirsche Wirtschaftsgrünland Feuchtwiesen Almen

Giftpflanzen im Grünland Erkennen der Giftpflanzen (vegetativ und generativ)! Bewertung des Vorkommens (vereinzelt flächendeckend) Regulierungsmaßnahmen (Vermeidung der Samenbildung, Weide- und Almpflege, mechanisch/biologische Maßnahmen, chem. Punkt- bzw. Flächenbekämpfung) unter Beachtung von förderungsrelevanten Auflagen und Bestimmungen ÖAG-Sonderbeilagen/Merkblätter http://www.oeag-gruenland.at

Mechanisch/biologische + vorbeugende Regulierungsmaßnahmen dt. Pflanzenname Scharfer Hahnenfuß Wiesenschaumkraut Herbstzeitlose Sumpfdotterblume Sumpfschachtelhalm Alpenkreuzkraut Adlerfarn Klappertopf Zypressenwolfsmilch Weißer Germer Maßnahmen Vermeidung von Bodenverdichtungen, Entwässerung, Vermeidung des Aussamens, Nachmahd & Koppelputzen Verbesserung der Nährstoffversorgung, Entwässerung, Frühschnitt, Nachsaat früher & wiederholter Schnitt, Mulchen, Nachmahd, Ausstechen/Ausgraben, Ausziehen/Ausreißen Entwässerung, Düngung, Beweidung Entwässerung, Düngung, Walzen Ausstechen, Frühschnitt, Vermeidung des Aussamens, Weidepflege, wiederholte Mahd Wiederholte Mahd (Tiefschnitt), Düngung, Kalkung Düngung, Frühschnitt, regelmäßige Nutzung Tiefes Ausmähen, Düngung Ausziehen, Ausstechen, Abdrehen des Sprosses Im Wirtschaftsgrünland besteht im Normalfall keine starke Gefährdung durch Giftpflanzen (Ausnahme: Scharfer Hahnenfuß)!