Grundlagen des Biomonitoring Stand der Entwicklung und Ausblick

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Transkript:

Grundlagen des Biomonitoring Stand der Entwicklung und Ausblick Angerer, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen- Nürnberg Das Humanbiomonitoring (HBM) ist neben dem Ambient Monitoring (AM) eine der zwei Mess- und Kontrollstrategien, die im Bereich des Schutzes der Gesundheit vor der Wirkung chemischer Substanzen eingesetzt werden. Das HBM ist eine Maßnahme der Individualprävention. Es erfasst diejenigen Schadstoffmengen, die die einzelne Person tatsächlich aufnimmt. Dabei berücksichtigt das HBM die inhalative Schadstoffaufnahme ebenso wie die dermale und die orale. In den HBM-Daten schlagen sich die individuell unterschiedlichen Entgiftungsmöglichkeiten ebenso nieder wie Synergismen, Antagonismen, unterschiedliche Atemzeitvolumina ebenso wie die Unterschiede in der persönlichen Hygiene beim Umgang mit den betreffenden Arbeitsstoffen. Wegen dieser Vorteile ist HBM fester Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge. So will es die Gefahrstoffverordnung bisher und so will es die geplante Verordnung über die arbeitsmedizinische Vorsorge. Die Voraussetzungen für die Durchführung des HBM sind geeignete biologische Untersuchungsmaterialien, zuverlässige analytische Verfahren, spezifische und empfindliche Untersuchungsparameter sowie Grenzwerte anhand derer die HBM- Ergebnisse interpretiert werden können. Die Möglichkeiten des HBM sind in den letzten 30 Jahren enorm angewachsen, so dass heute eine Vielzahl von chemischen Substanzen, jedenfalls aber die wichtigsten Stoffe und Stoffgruppen, abgedeckt werden können. Dieses Parameterspektrum wird laufend vergrößert. Weltweit findet das HBM in den letzten Jahren zunehmend Interesse, Anerkennung und Anwendung, wie zum Beispiel in den Staaten der Europäischen Union ebenso wie in den USA. Das Humanbiomonitoring erfordert den jeweils neuesten und aktuellsten Stand der instrumentellen Analytik, die Methoden wie GC-MS/MS, LC-MS/MS, ICPMS einschließen. Diese Anforderungen führen zu einer zunehmenden Konzentration des Humanbiomonitoring auf wenige sehr leistungsfähige Zentren. 4. Workshop Biomonitoring in der Praxis Anwendungen und Nutzen Berlin, 10. Oktober 2007

Institut für Arbeits-, Sozialund Umweltmedizin Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg Grundlagen des Biomonitoring - Stand der Entwicklung und Ausblick J. Angerer

Arbeitsmedizin/Umweltmedizin und chemische Substanzen Ziel: Schutz der Gesundheit vor den Wirkungen chemischer Substanzen, die am Arbeitsplatz oder in der Umwelt aufgenommen werden

Prävention Ambient monitoring Biological monitoring Vorsorgeuntersuchungen äußere Belastung Innere Belastung Biochemische Effekte Biologische Effekte Gesundheitliche Effekte Schadstoffe in: - Luft Schadstoffe Metaboliten Addukte - DNA - Proteine SCE Mikrokerne ALA Bedeutung für die Risikoabschätzung

Thema: Hautpenetration Beispiel: PAK Naphthalin Acenaphthylen Acenanphthen Fluoren Phenanthren Anthracen Fluoranthen Pyren Benz[a]anthracen Chrysen Benzo[k]fluoranthen Benzo[b]fluoranthen Benzo[a]pyren Benzo[ghi]perylen Indeno[1,2,3-c,d]pyren Dibenz[a,h]anthracen

1-OH-Pyrenausscheidung? 1 µg Pyren / m 3 90 Kokerei (n=26) Herstellung Graphitelektroden (n=28) Herstellung Feuerfestmaterial (n=16) 80 1-OHP [µg/g Kreatinin]/Pyren [µg/m³] 70 60 50 40 30 20 10 0 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 1 3 5 7 9 11 13 15 Beschäftigte (n=70)

Thema: toxische Stäube Beispiel: Hartmetallbearbeitung (Cobalt, Wolfram)

Thema: persönliche Schutzmaßnahmen Beispiel: Spritzlackierer (Chromat)

Thema: Biochemisches Effektmonitoring (Hb-Addukte) Beispiel: Ethylenoxid, Dimethylsulfat

Alkoxylierung - Anlage

Chromatogramme Belasteter Arbeiter N-Methylvalin (MEV) = 114,7 µg/l Blut N-Hydroxyethylvalin (HEV) = 29,7 µg/l Blut Normalperson N-Methylvalin (MEV) = 11,9 µg/l Blut N-Hydroxyethylvalin (HEV) = 0,3 µg/l Blut

Biomonitoring (TRGS 710) Bm ist sinnvoll bei unmittelbarem Hautkontakt ( H -Stoffe) bei oralem Aufnahmeweg bei Stoffen mit langen biologischen Halbwertszeiten bei krebserzeugenden, erbgutschädigenden und reproduktionstoxischen Stoffen wenn Exposition luftmesstechnisch schwer erfassbar bei Gefahrstoffbelastungen, die durch körperliche Arbeit modifiziert werden wenn der Beschäftigte dies wünscht

Biological Monitoring Voraussetzungen biologisches Material analytische Methoden (SOP) - Qualitätssicherung biologische Parameter Grenzwerte - Referenzwerte - Toleranzwerte (BAT, EKA, BLW)

Biological Monitoring Untersuchungsmaterialien Vorteile Nachteile Blut - zentrales Kompartiment - geringes Volumen Harn - leicht verfügbar - großes Volumina? niedrige Nachweisgrenze? Umweltmedizin - toxische Metaboliten - zeitgewichtete Belastung - wechselnde Verdünnung - Nierenfunktion - exogene Kontamination

Grenzwerte - Arbeitsmedizin ambient biological Monitoring Monitoring nicht krebserzeugend Krebserzeugend MAK (TRK) BAT EKA-Korrelation MAK- Kommission der DFG Stoffe, für die weder BAT noch EKA aufgestellt werden können BLW MAK- Kommission der DFG Alle chemischen Substanzen Referenzwert (95. Perzentil Allgemeinbevölkerung) HBM- Kommission des Uba www.umweltbundesamt.de/gesundheit/ monitor/definitionen.htm

Biological Monitoring Anorganische Substanzen Metalle Blut Harn Aluminium + + Antimon - + Arsen - + Beryllium + + Blei + + Cadmium + + Chrom + + Cobalt + + Nickel + + Palladium - + Platin + + Quecksilber + + Selen + + Thallium - + Vanadium - +

Biological Monitoring - Lösungsmittel Arbeitsstoff Aromaten Benzol (B) Toluol (B) Xylole (B) Ethylbenzol, Styrol (B) Chlorbenzole Aliphaten n-hexan (B) Alkohole, Ketone (U) Halogenierte KW (B) Trichlorethen (B) Glykolether Schwefelkohlenstoff Vinylchlorid Untersuchungsparameter S-Phenylmercaptursäure (U) Muconsäure (U) o-kresol (U) Methylhippursäure (U) Dimethylphenole (U) Mandelsäure, Phenylgloxylsäure (U) Chlorphenol (U) Hexandion (U) Trichloressigsäure (U) Alkoxycarbansäuren (U) TTCA (U) Thiodiglycolsäure (U)

Biological Monitoring - spez. Stoffgruppen Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) HO-Pyren (U), HO-Phenanthren (U), HO-Naphtalin (U) Aromatische Amine (U) z.b. Naphtylamin, 4-AMB etc. Hb-Addukte (B) Alkylantien z.b. Ethylenoxid, Dimethylsulfat Hb-Addukte Pflanzenschutzmittel z.b. Pyrethroide, Organophosphate Metabolite (U) Organochlorverbindungen z.b. PCB, Dioxine, HCH

Das BM in der Zukunft Die anstehenden Aufgaben: - Ausbau des Parameterspektrums (z.b. Nitrosamine, Flammschutzmittel, etc.) - Evaluierung von Grenzwerten, Referenzwerten - Protein- und DNA-Addukte - biologisches Effektmonitoring Die Erfordernisse: - instrumentelle Analytik nach dem aktuellen Stand der Technik, u.a. GC-MS/MS, LC-MS/MS, ICPMS, etc. - Exzellenzzentren Die Akzeptanz des HBM: - weltweit stark zunehmend (Mitgliedsstaaten der EU, USA, etc.)

Gesundheitliche Beeinträchtigung Erwachsene / 8h BAT wahrscheinlich möglich, aber reversibel Blei (B) Männer/Frauen /Risikogruppen µg/l 400/(100) Allgemeinbevölkerung / 24h HBM II möglich nicht ausreichend 250/150 HBM I sicher ausgeschlossen nach derzeitiger Bewertung 150/100 Referenzwert unbedenklich 90/70 Nachweisgrenze 10