I/E Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 1 von 38 analysieren und deuten Wiederholung und Übung sprachlicher Mittel für die Interpretation Dr. Kathleen Herzog, Dresden Die Kurzgeschichte Nacht erschließen sich Ihre Schüler u. a. über die Symbole die Stadt und den Berg. Rhetorische Figuren? Kann ich mir nicht merken! Damit Sie diesen Satz nicht von Ihren Schülern hören, wiederholen und üben sie in dieser Unterrichtsreihe anhand spielerischer Methoden die Wirkung rhetorischer Figuren. Ihre Lernenden beschreiben die rhetorischen Figuren und ihre Wirkung. Die eingesetzten Kurzgeschichten werden methodisch unterschiedlich bearbeitet, sodass Ihre Schüler verschiedenen Umgangsmöglichkeiten mit Texten begegnen. Die nächste Interpretation kann also kommen! Das Wichtigste auf einen Blick Dauer: Kompetenzen: 6 9 Stunden + LEK rhetorische Mittel beschreiben die Funktion und Wirkung bildhafter Figuren erarbeiten die Symbolik als Gestaltungsmittel erfassen selbst rhetorische Figuren in Texten gezielt einsetzen Colourbox.com
I/E Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 5 von 38 Schematische Verlaufsübersicht analysieren und deuten Wiederholung und Übung sprachlicher Mittel für die Interpretation Stunde 1 Sprache entschlüsseln Wiederholen rhetorischer Figuren M 1 Stunden 2/3 selbst die Tiere reden ausländisch bildhafte Figuren in Hauptsache weit M 2, M 3 Stunde 4 Zwischen Stadt und Berg Symbole in Nacht M 4 M 6 Stunden 5/6 Nacht wenn Worte zu Bildern werden M 7 M 10 Stunde 7 Wenn Bilder zu Worten werden von Assoziationen zu bildhaften Figuren M 11 Stunden 8/9 Nacht einen Perspektivwechsel mit rhetorischen Figuren gestalten M 12 Minimalplan Die Stunden 1 6 bilden den Kern der Unterrichtsreihe und sind daher obligatorisch. Die Stunden 7 9, in denen die Schüler selbst rhetorische Figuren verfassen, können bei Zeitmangel entfallen.
12 von 38 Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 I/E M 2 Aufbruch in ein unbekanntes Land eine Fantasiereise 5 10 15 20 (Material für die Lehrkraft: Die Lehrkraft liest den Text langsam und deutlich, mit gelegentlichen Zäsuren vor.) Du bist entspannt. Ruhe breitet sich in dir aus. Deine Augen sind geschlossen. Vielleicht möchtest du den Kopf auf den Tisch legen. Du konzentrierst dich nur auf deinen Atem. Wie er kommt und wie er geht. Du atmest ein und aus. Ein und aus. Die Geräusche der Umgebung hörst du zwar noch, aber sie stören dich nicht. Stell dir vor, dass die Sommerferien begonnen haben und du in den ersten Flieger steigst, der dir am Flughafen angeboten wird. Vor Aufregung hast du vergessen, wo es hingeht. Es wird aber ein Land sein, in dem es sehr warm ist. Der Flieger hebt ab. Langsam verschwindet Deutschland unter dir. Das Flugzeug durchbricht die Wolkendecke. Ab jetzt ist alles unter dir weiß und oben scheint sanft die Sonne. Um dich herum ist es ganz ruhig. Es vergeht einige Zeit. Du bist eingeschlafen und weißt nicht, wie viele Stunden vergangen sind. Das Flugzeug verliert an Höhe und unter dir erscheint wieder die Erde. Du siehst ein dir unbekanntes Land. Du bist neugierig, wie das Leben dort ist. Immer tiefer fliegt das Flugzeug, immer näher kommt das unbekannte Land. Das Flugzeug landet sanft inmitten eines Strandes, der an eine Stadt grenzt. Du steigst aus und läufst umher. Was siehst du? Wie sehen die Häuser der Stadt aus? Du öffnest die Tür eines Hauses. Was siehst du? Du gehst weiter und siehst mehrere Menschen. Wie sehen sie aus? Welche Kleidung tragen sie? Welche Sprache sprechen sie? Was machen Sie? Du gehst immer weiter und siehst verschiedene Pflanzen. Wie sehen sie aus? Kennst du sie von zu Hause? Du bist erschöpft vom vielen Gehen und ruhst dich aus. Du blickst um dich. Wie sieht das Leben hier aus? Was passiert um dich herum? Ist es laut oder leise? Welche Geräusche nimmst du wahr? Ist es hell oder dunkel? Riecht es wie zu Hause? 25 30 Der Flieger hebt ab. Plötzlich wunderst du dich über etwas und siehst im gleichen Moment das Flugzeug. Du entscheidest dich, wieder zurück in deine Heimat zu fliegen. Bevor du das Land verlässt und in das Flugzeug steigst, drehst du dich nochmal um: Worüber hast du dich gewundert? Was ist das Schönste an diesem fernen Ort? Du steigst ein. Das Flugzeug hebt ab und du fliegst zurück. Da ist Deutschland, (Bundesland einfügen), (Stadtnamen einfügen), deine Schule. Du bist wieder zurück im Hier und Jetzt. Dein Atem ist ruhig. Allmählich öffnest du die Augen. Du streckst und dehnst dich und atmest tief durch. Colourbox.com Aufgaben 1. Sie werden sich nun auf eine Fantasiereise begeben. Hierfür können Sie sich bequem hinsetzen. Konzentrieren Sie sich auf das Vorgelesene und lassen Sie Ihren Gedanken, die die Reise bei Ihnen weckt, freien Lauf. Versuchen Sie, sich die Ferne so konkret wie möglich vorzustellen. 2. Tauschen Sie sich in Dreiergruppen über das unbekannte Land, wie Sie es erlebt, gerochen, geschmeckt und gesehen haben, aus. Vergleichen Sie Ihre Eindrücke und halten Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede stichpunktartig fest.
18 von 38 Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 I/E M 4 Stadt und Berg Assoziationen sammeln Colourbox.com Colourbox.com Aufgabe Betrachten Sie die beiden Bilder. Welche Gedanken haben Sie dabei? Notieren Sie Ihre Assoziationen in Ihrem Heft.
I/E Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 19 von 38 M 5 Nacht eine Kurzgeschichte über ihre Symbole erschließen In der Kurzgeschichte Nacht der Autorin Sybille Berg endet ein Abend in der Stadt ganz unerwartet Sybille Berg 5 10 15 20 Nacht Sie waren mit Tausenden aus unterschiedlichen Türen in den Abend geschoben. Es war eng auf den Straßen, zu viele Menschen müde und sich zu dicht, der Himmel war rosa. Die Menschen würden den Himmel ignorieren, den Abend und würden nach Hause gehen. Säßen dann auf der Couch, würden Gurken essen und mit einem kleinen Schmerz den Himmel ansehen, der vom Rosa ins Hellblaue wechseln würde, dann lila, bevor er unterginge. Eine Nacht wie geschaffen, alles hinter sich zu lassen, aber wofür? Sie funktionierten in dem, was ihnen Halt schien, die Menschen in der Stadt, und Halt kennt keine Pausen, Regeln, keine stille Zeit, in der Unbekanntes Raum hätte zu verunsichern mit dummen Fragen. Das Mädchen und der Junge gingen nicht nach Hause. Sie waren jung, da hat man manchmal noch Mut. Etwas ganz Verrücktes müsste man heute tun, dachten beide unabhängig voneinander, doch das ist kein Wunder, denn bei so vielen Menschen auf der Welt kann es leicht vorkommen, dass sich Gedanken gleichen. Sie gingen auf einen Berg, der die Stadt beschützte. Dort stand ein hoher Aussichtsturm, bis zu den Alpen konnte man schauen und konnte ihnen Namen geben, den Alpen. Die hörten dann darauf, wenn man sie rief. Die beiden kannten sich nicht, wollten auch niemanden kennen in dieser Nacht, stiegen die 400 Stufen zum Aussichtsturm hinauf. Saßen an entgegengesetzten Enden, mürrisch zuerst, dass da noch einer war. So sind die Menschen, Revierverletzung nennt man das. Doch dann vergaßen sie die Anwesenheit und dachten in die Nacht. Vom Fliegen, vom Weggehen und Niemals-Zurückkommen handelten die Gedanken, und ohne dass es ihnen bewusst gewesen wäre, saßen sie bald nebeneinander und sagten die Gedanken laut. Die Gedanken ähnelten sich, was nicht verwundert, bei so vielen Menschen auf der Welt, und doch ist es wie Schicksal, einen zu treffen, der spricht, was du gerade sagen möchtest. Und die Worte wurden weich, in der Nacht, klare Sätze wichen dem süßen Brei, den Verliebte aus ihren Mündern lassen, um sich darauf zum Schlafen zu legen. Sie hielten sich an der Hand, die ganze Nacht, und wussten nicht, was schöner war. Die Geräusche, die der Wind machte, die Tiere, die sangen, oder der Geruch des anderen. Dabei ist es so einfach, sagte der Junge, man muss nur ab und zu mal nicht nach Hause gehen, sondern in den Wald. Und das Mädchen sagte, wir werden es wieder vergessen, das ist das Schlimme. Alles vergisst man, das einem gut tut, und dann steigt man wieder in die Straßenbahn, morgens, geht ins Büro, nach Hause, fragt 25 30 35 Sie gingen auf einen Berg sich, wo das Leben bleibt. Und sie saßen immer noch, als der Morgen kam, als die Stadt zu atmen begann. Tausende aus ihren Häusern, die Autos geschäftig geputzt, und die beiden erkannten, dass es das Ende von ihnen wäre, hinunterzugehen ins Leben. Ich wollte, es gäbe nur noch uns, sagte der Junge. Das Mädchen nickte, sie dachte kurz: So soll das sein, und im gleichen Moment verschwand die Welt. Nur noch ein Aussichtsturm, ein Wald, ein paar Berge blieben auf einem kleinen Stern. Colourbox.com Aus: Sibylle Berg, Das Unerfreuliche zuerst. Herrengeschichten. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2001. Sibylle Berg Aufgaben 1. Notieren Sie Ihre ersten Leseeindrücke stichpunktartig. 2. Tauschen Sie sich mit Ihrem Sitznachbarn über die Kurzgeschichte aus. Worum geht es? Formulieren Sie Ihr Ergebnis als Kernaussage in einem Satz. 3. Interpretieren Sie die Symbole (Farbsymbole, Stadt und Berg) im Kontext der Kurzgeschichte sowie unter Berücksichtigung kultureller Bezüge. Verwenden Sie hierfür auch Ihre anfangs gesammelten Assoziationen.
24 von 38 Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 I/E M 9 Das Memory der bildhaften Figuren Spielkarten Hyperbel Tausenden aus unterschiedlichen Türen in den Abend geschoben (Z. 1/2) Klimax den Himmel ansehen, der vom Rosa ins Hellblaue wechseln würde, dann lila (Z. 6/7) Rhetorische Frage Repetition Personifikation alles hinter sich zu lassen, aber wofür? (Z. 7/8) bei so vielen Menschen auf der Welt (Z. 12) bei so vielen Menschen auf der Welt ( Z. 21/22) auf einen Berg, der die Stadt beschützte (Z. 13/14) Personifikation die Tiere, die sangen (Z. 26) Metapher blieben auf einem kleinen Stern (Z. 34/35) Alliteration Worte wurden weich (Z. 23) Aufzählung und Halt kennt keine Pausen, Regeln, keine stille Zeit (Z. 8/9)
32 von 38 Prosa epochenübergreifend/thematisch Beitrag 7 I/E M 12 Perspektivwechsel mit rhetorischen Figuren gestalten produktives Schreiben In der Kurzgeschichte Nacht geht es um den Ausbruch aus dem Alltag. Die Schlussmeta - pher lässt verschiedene Interpretationen offen. Das Erzählverhalten wechselt vom auktorialen zum neutralen Erzähler. Nur der letzte Satz zeigt die Innensicht des Mädchens. Aufgaben 1. Beschreiben Sie die Ereignisse des Abends in Nacht aus der Sicht einer Figur Ihrer Wahl (Mädchen oder Junge). Verwenden Sie rhetorische Figuren (insbesondere bildhafte Figuren), ähnlich wie in der Kurzgeschichte und in der Übung aus der letzten Stunde. 2. Überarbeiten Sie Ihren Text. 3. Tauschen Sie Ihren Text mit dem Ihres Sitznachbarn. Korrigieren Sie Ihre Texte gegenseitig. Schreiben und überarbeiten Arbeitsschritte Schreibphase (ca. 2/3 der Zeit) Achten Sie beim Schreiben auf Folgendes: Innenperspektive: Die personale Ich-Erzählung vermittelt das Geschehen aus der Sicht des erlebenden Ichs (Junge oder Mädchen) und kann daher keine allwissenden oder neutralen Aussagen treffen. Ausbruch aus dem Alltag: Das Thema der Kurzgeschichte bleibt durch den Perspektivwechsel erhalten. Sprache: Integrieren Sie Wort-, Satz-, Klang- und bildhafte Figuren in Ihren Text. Folgende Wörter zum Thema können Ihnen dabei helfen: Sehnsucht, Sinnsuche, Orientierungslosigkeit, Identität Notieren Sie zunächst Assoziationen zu den Wörtern und formulieren Sie dann bildhafte Figuren. Hilfe: Nehmen Sie die Steckbriefe zur Stadt-, Berg- und Farbsymbolik zur Hilfe. Formales: Lassen Sie genügend Überarbeitungs- und Korrekturrand, indem Sie Ihr DIN-A4-Blatt längs knicken links der Text, rechts der Rand. Überarbeitungsphase (ca. 1/3 der Zeit) Überarbeiten Sie Ihren Text hinsichtlich des Verständnisses, der Aufgabenstellung und der Rechtschreib- und Ausdrucksfehler. Suchen Sie Stellen, die zum Beispiel durch bildhafte Vergleiche anschaulicher gestaltet werden können und fügen Sie bildhafte Vergleiche ein. Lesen Sie den Text Ihres Partners und notieren Sie Anmerkungen und Kommentare auf dem Rand. Lesen Sie Ihren Text mit den Anmerkungen und Kommentaren Ihres Lernpartners. Klären Sie, was Sie nicht verstehen. Achtung: Hierbei geht es nicht um Rechtfertigungen oder Erklärungen, sondern nur um das Verstehen der Anmerkungen und Korrekturen. Entscheiden Sie, welche Vorschläge Sie annehmen möchten. Beginnen Sie nun mit Ihrer zweiten Überarbeitung.