Neue Empfehlungen zur Ferkelfütterung Dr. Wolfgang Sommer, Nottuln Mit einer leistungsfähigen Ernährung muss eine möglichst problemlose Aufzucht der Ferkel gewährleistet und die Grundlage für optimale Mastleistungen sowie hohe Muskelfleischanteile bei den Mastschweinen gelegt werden. Ziel sind hohe Wachstumsintensitäten und geringe Aufzuchtverluste. Die Voraussetzung dafür sind ausreichend hohe Geburtsgewichte von mindestens 1,4 kg, besser kg und das bei ausgeglichenen Würfen. Bei leichteren Ferkeln steigen die Verluste an und die Wachstumsraten in der Aufzucht und Mast verringern sich. Frohwüchsige Ferkel sollten mit vier Lebenswochen bereits 8 kg und mit 10 Lebenswochen 28 kg wiegen. Dieses Niveau kann nur unter besten Haltungs-, Hygiene- und Fütterungsbedingungen erreicht werden. Folgende Fütterungsgrundsätze sollten dabei berücksichtigt werden: - frühzeitiges Gewöhnen an feste, pflanzliche und damit stärkereiche Nahrung - stetes Angebot von schmackhaftem, hochwertigem Futter - schonender Futterwechsel in der gesamten Aufzucht - gezielter Einsatz bewährter Zusatzstoffe - rechtzeitiges Einleiten diätetischer Fütterungsmaßnahmen Optimaler Start mit Kolostralmilch Ganz entscheidend ist die unmittelbare Versorgung mit Kolostralmilch für das neugeborene Ferkel. Wichtig ist die ausreichende Aufnahme in den ersten drei Lebensstunden. Hierdurch wird die notwendige passive Immunisierung des Neugeborenen sichergestellt. Nach diesen ersten Stunden fällt die Konzentration der Abwehrstoffe in der Kolostralmilch ab. Hinzu kommt eine nachlassende Verwertung der vorhandenen Abwehrstoffe. Bereits 24 bis 36 Stunden nach der Geburt können die Schutzkörper aufgrund der abnehmenden Durchlässigkeit der Darmwand vom Ferkel nicht mehr so unproblematisch genutzt werden. 1
In den ersten beiden Lebenswochen wird der Nährstoffbedarf überwiegend über die Sauenmilch gedeckt. Der Einsatz eines hochwertigen Beifutters in Form eines Prestarters ist bereits in der 2. Lebenswoche sinnvoll. Dieser Prestarter dient vornehmlich der Ausbildung von wichtigen Verdauungsenzymen, die für die weitere Entwicklung des Ferkels notwendig sind. Durch dieses Enzymtraining wird die Verdauung angeregt, unterstützt und stabilisiert. Prestarter sind in der Regel sehr vielseitig zusammengesetzt und mit hochwertigen Komponenten, meist Milchprodukten, ausgestattet. Richtwerte für die Ferkelfuttertypen Bis zur 10. Lebenswoche haben die 28 bis 30 kg schweren Ferkel 35-38 kg Futter gefressen. Auch wenn die Aufzuchtphase und die dafür erforderliche Futtermenge gering erscheinen, muss den höchst unterschiedlichen Anforderungen an Futter und Fütterung in dieser Zeit durch Verwendung verschiedene Futtertypen Rechnung getragen werden. In der Tabelle 1 sind die verschiedenen Futtertypen aufgeführt, deren Einsatz zur Erzielung optimaler Aufzuchtergebnisse sinnvoll ist. Gegenüber den früheren Empfehlungen ist bei den Ferkeln heutiger Prägung aufgrund ihres schnelleren Wachstums und höheren Muskelfleischanteils insgesamt von einem gestiegenen Bedarf an Aminosäuren auszugehen. Hinsichtlich der Calcium- und Phosphorversorgung ist Gegenteiliges festzuhalten. In früheren Jahren war man immer von einem sehr hohen Calcium- und Phosphorbedarf der Ferkel ausgegangen. Die Fütterungspraxis der letzten Jahre zeigte, dass man auch mit geringeren Gehalten, vor allem beim Calcium auskam, ohne die Entwicklung der Ferkel zu stören. Nach umfangreichen Untersuchungen der GfE können die Empfehlungen zur Ca- und P-Versorgung gegenüber den älteren Empfehlungen erheblich reduziert werden, ohne Leistungseinbußen befürchten zu müssen. Bei den Gehalten an Spurenelementen und Vitaminen, haben sich gegenüber den früheren Empfehlungen nur geringe Änderungen ergeben. 2
Tabelle 1: Richtwerte für Ferkelfuttertypen (DLG, 2008) (Gehalte je kg Futter) Lebendgewicht Prestarter 5 bis 8 kg Absetzfutter 8 bis 12 kg Diätfutter *) 8 bis 12 kg Ferkelaufzuchtfutter I 12 bis 20 kg Ferkelaufzuchtfutter II 20 bis 30 kg Energie (ME) MJ 13,0 13,0 13,4 13,0 g Lysin/MJME 0,95 0,85 Lysin**)***) g 13,0 13,1 12,7 12,3 11,4 11,1 Rohprotein g 190 190 165 185 180 Rohfaser g - 40 min. 40 35 30 Calcium g 8,5 6,5 Phosphor****) g 5,0 5,0 verd. Phosphor g 3,3 3,3 Natrium g *) diätetisches Futter für einen befristeten Einsatz bei Darmstörungen **) Lys : Met/Cys : Thr : Try = 1 : 0,53 : 0,63 : 0,18 ***) unterstellte praecaecale Verdaulichkeit: 90 % ****) unter Zusatz von Phytase Es werden grundsätzlich vier verschiedene Futtertypen empfohlen, und zwar der Prestarter von 5 bis 8 kg Lebendgewicht, ein spezielles Absetzfutter von 8 bis 12 kg und zwei Ferkelaufzuchtfutter I und II von 12 bis 20 bzw. von 20 bis 30 kg Lebendgewicht. Anstelle eines normalen Absetzfutters kann in der Phase von etwa 8 bis 12 kg Lebendgewicht auch ein spezielles Diätfutter bei Verdauungsstörungen eingesetzt werden. Die Prestarterphase beginnt in der 2. Lebenswoche. In der Regel handelt es sich hierbei um sehr hochwertige Alleinfutter. Schmackhaftigkeit, Fütterungstechnik und Wasseraufnahme spielen eine wichtige Rolle beim erfolgreichen Prestartereinsatz. Fütterungsstrategien Kritisch ist immer die mit viel Stress verbundene Phase nach dem Absetzen. Die Fütterung sollte in dieser Zeit möglichst schonend erfolgen. Bewährt hat es sich beispielsweise, den Prestarter über den Absetzzeitpunkt hinaus zu verabreichen und dann allmählich mit dem Absetzfutter oder auch dem Ferkelaufzuchtfutter I zu verschneiden. 3
In der Praxis gibt es aber verschiedene Strategien, die zum Erfolg führen können. Bei ausreichend langer Säugezeit lässt sich der Prestarter beispielsweise auch vor dem Absetzen bereits mit dem Folgefutter verschneiden. Kommt es zu Umstellungsproblemen wie auftretenden Verdauungsstörungen, sind spezielle Diätfutter zu empfehlen. Diese müssen nicht unbedingt energiearm sein, sondern können durchaus bis zu 13,8 MJ ME/kg enthalten. Wichtig ist ein hoher Rohfaseranteil (min. 40 g/kg) und vor allem ein niedriger Protein- und Calciumgehalt. Etwa 165 g Rohprotein und 6,5 g Calcium je kg sollten möglichst nicht überschritten werden, um so in folge der verringerten Pufferkapazität die gewünschten Darm stabilisierenden Effekte zu erzielen. Alle Ferkelfuttertypen sind in der Regel mit besonderen Futterzusatzstoffen ausgestattet. In erster Linie mit organischen Säuren, Milchsäurebakterien und speziellen Enzymen, die insgesamt zu einer Stabilisierung der Verdauung und besseren Nährstoffverwertung beitragen. Hierauf zu verzichten, kann mehr Risiko für das Ferkel bedeuten. Deshalb sollte man die Mehrkosten für derartige Zusatzstoffe nicht scheuen. Häufigem Durchfallgeschehen kann mit einer rationierten Fütterung weniger konzentrierten Futters begegnet werden. Dabei sind Mehlfutter mit gröberer Struktur von Vorteil, weil Ferkel diese besser einspeicheln und langsamer aufnehmen. So kann dem Überfressen und einer Magenüberladung mit eventuell auftretenden Verdauungsstörungen vorgebeugt werden. Um Wachstumseinbrüche zu vermeiden, sollte der Wechsel von einem zum nächsten Futter mit einer ausreichenden Übergangsphase erfolgen, indem eine Verschneidungsdauer von jeweils etwa fünf Tagen eingerichtet wird. Auch sollten die verschiedenen Futtertypen nach Möglichkeit hinsichtlich Nährstoffkonzentration und Komponentenauswahl auf einander abgestimmt sein, um die Futterbekömmlichkeit zu erhöhen und die Übergänge beim Futterwechsel zu erleichtern. 4
Resümee für die Praxis Die Ziele der Ferkelaufzucht sind hohe Wachstumsraten und geringe Verluste. Die Voraussetzung dafür sind ausreichend hohe Geburtsgewichte von mind. 1,4 kg. Damit die Ferkel in 10 Lebenswochen problemlos etwa 28 bis 30 kg Lebendmasse erreichen können, muss in jedem Entwicklungsstadium neben der Haltung die Fütterung optimiert werden. Um dem gerecht zu werden, empfiehlt sich der Einsatz unterschiedlich konzipierter Ferkelfuttertypen. Zu den Zusammensetzungen dieser Futter und den notwendigen Fütterungsstrategien hat die DLG Empfehlungen praxisorientiert aktualisiert und veröffentlicht. Aufgrund der in den letzten Jahren festzustellenden enormen Leistungsfortschritte ist von einem erhöhten Bedarf der Ferkel hinsichtlich Energie- und Aminosäurenversorgung auszugehen. Hinsichtlich der Mineralstoffversorgung führten die umfangreichen wissenschaftliche Untersuchungen hingegen zu dem Ergebnis, dass das Versorgungsniveau an Calcium und Phosphor in der Vergangenheit überhöht war. In Zukunft sollte man deshalb Ferkelfutter mit geringeren Ca- und P-Gehalte ausstatten. 5