Barrierefreie Schulhäuser GRUNDLAGEN UND EMPFEHLUNGEN FÜR DIE INKLUSIVE BILDUNG VON HÖRBEHINDERTEN KINDERN

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Transkript:

Barrierefreie Schulhäuser GRUNDLAGEN UND EMPFEHLUNGEN FÜR DIE INKLUSIVE BILDUNG VON HÖRBEHINDERTEN KINDERN Schweizerischer Dachverband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen

GELEITWORT 3 Ein Recht auf inklusive Bildung J edes Kind mit einer Behinderung hat in der Schweiz grundsätzlich Anspruch auf Unterricht in einer Regelschule. Seit 2004 sind die Kantone durch das Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet, die Integration von Schülern mit «besonderem Bildungsbedarf» zu fördern. Niemand darf aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden. Im Mai 2015 ratifizierte die Schweiz als 144. von 193 UNO-Staaten die Behindertenrechtskonvention. Laut dieser soll allen Menschen die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen garantiert sein. Ein gemeinsames System zu schaffen, das niemanden ausgrenzt, ist der Grundgedanke der Inklusion. Menschen mit einer Behinderung müssen demnach einen gleichberechtigten Zugang zu einem inklusiven Schulsystem haben. Das Lernen soll gemeinsam erfolgen, wenn auch zum Teil mit unterschiedlichen Lernzielen. In der inklusiven Schule werden Schüler mit bestimmten funktionellen Störungen wie Lernschwäche, ADHS, Autismus, aber auch Seh- oder Hörbeeinträchtigung gemeinsam mit Regelschülern unterrichtet. Bis vor eini gen Jahren wurden diese Schüler in der Schweiz vor allem in Sonderschulen oder in speziellen Kleinklassen der Regelschule unterrichtet. Während Sonderschulen weit er bestehen, sind die Kleinklassen fast in allen Kantonen mittlerweile abgeschafft worden. Inklusive Schule diskriminiert niemanden. Und wer von klein auf mit Kindern mit Behinderung spielt und lernt, wird anderen auch später im Arbeitsleben oder in der Freizeit ohne Vorurteile begegnen. Ein wichtiger Schritt zur Unterstützung dieser Entwicklung ist, dass immer mehr Schulen sich baulich und technisch an die vielfältigen Bedürfnisse ihrer Schüler anpassen. Denn nur da, wo Barrierefreiheit zum Alltag gehört, kann Inklusion auf ganzer Linie gelingen. Mit der Forderung nach Inklusion für Menschen mit einer Hörbehinderung verändern sich auch die Raumanforderungen im Schulbau. Die gegenwärtig drängen de Frage für viele Schulen und Schulträger sind die Anforderungen an den Schulraum in Regelschulen, wenn bei steigenden Inklusionsanteilen mehr Schüler mit besonderem Bedarf in die Regelschulen kommen. Denn die Infrastruktur zahlreicher Schulhäuser entspricht nicht den Anforderungen einer inklusiv ausgerichteten Schule. Dabei ist die Phase Null von höchster Wichtigkeit: Um architektonische Lösungen zu ermöglichen, die auf das Wohlbefinden der hörbeeinträchtigten Schüler fokussieren, ist eine frühzeitige und nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Schulgemeinde und Architekten grundlegend. Beim Bauen für gehörlose und schwerhörige Menschen gilt das Zwei-Sinne-Prinzip. Damit ist gemeint, dass bei Beeinträchtigung eines Sinnesorgans die Kompensation der beeinträchtigten Wahrnehmung mit einem anderen Sinnesorgan möglich sein muss. Da gehörlose und schwerhörige Menschen akustische Alarmsignale nicht wahrnehmen können, muss die Alarmierung auch optisch, zum Beispiel durch Alarmlichter, wahrnehmbar sein. Das Zwei-Sinne-Prinzip entspricht dem Konzept des «design for all». Gut gefügte Räume, gut geführtes Licht, gute Typografie am Bau, sorgfältige Planung der Raumakustik dies alles sind Faktoren des hörbehindertengerechten Bauens. Dieses nützt nicht nur dem schwerhörigen oder gehörlosen Menschen, sondern allen. Sonos setzt sich seit über 100 Jahren dafür ein, Bar rie ren für Schwerhörige und Gehörlose abzubauen. In Zusammenarbeit mit seinen Mitgliederorganisationen aus der Selbst- und Fachhilfe, Vereinigungen von Eltern hörgeschädigter Kinder und Herstellern von technischen Hilfsmitteln trägt der Verband dazu bei, dass hörbeeinträchtigte Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihr Leben nach ihren Möglichkeiten selbstbestimmt und eigenverantwortlich gestalten können. Ein Schwerpunkt der Arbeit von Sonos ist die Frühförderung und Schulbildung für hörbehinderte Kinder und Jugendliche. Mit der Broschüre liegt nun ein wichtiger Ratgeber vor, um chancengleiche Bildung umzusetzen. Hannes Egli, Leiter der Geschäftsstelle von Sonos Barrierefreie Schulhäuser sonos

4 IMPRESSUM I INHALT VORWORT 5 Inhalt Vorwort Diese Publi kation wurde verfasst von der Geschäftsstelle Sonos unter Mit wirkung von Max Meyer, dipl. Architekt ETH/SIA (Biel). Max Meyer zeichnet verantwortlich für das Kapitel «Die raumakustische Gestaltung von Schulbauten». Sonos verwendet bei Personen zur Vereinfachung der Lesbarkeit die männliche Form, angesprochen sind beide Geschlechter. Mit Ihrer Spende tragen Sie dazu bei, dass wir hörbehinderten Kindern und Jugendlichen eine chancen gleiche Bildung ermöglichen. Sonos ist Träger der Berufsfachschule für Lernende mit Hör- und Kommunikationsbehinderung (BSFH) in Zürich-Oerlikon. Spendenkonto 30-35953-2 AUTOREN Andrea Eschbach, Zürich Max Meyer, Biel GESTALTUNG, ILLUSTRATIONEN Anja Piffaretti, Weesen www.creative-island.ch BILDER Titelbild: BraunS / istock by Getty Images S. 3 und S. 5: privat S. 6: contrastwerkstatt / Fotolia.com S. 7: Halfpoint / Fotolia.com S.14 / 15: Schule: Jost von Allmen S. 15: Porträt: Melanie Kocher S. 18: piotr_roae / Fotolia.com S. 18: Phonak S. 18: Cherries / Fotolia.com DRUCK Bartel Druck, Glarus, www.barteldruck.ch März 2017, 1. Auflage 2500 Exemplare COPYRIGHT, HERAUSGEBER UND BEZUGSQUELLE Sonos Schweizerischer Dachverband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen Feldeggstrasse 69, Postfach 1332 CH-8032 Zürich, Tel.: 044 421 40 10 E-Mail: info@sonos-info.ch www.info-sonos.ch UNTERSTÜTZUNG Die Herausgabe und kostenlose Abgabe dieser Publikation wurde unterstützt durch: Béatrice-Ederer-Weber Stiftung c/o Wenger & Vieli AG Dufourstrasse 56, CH-8034 Zürich 5 Vorwort 6 7 8 10 13 14 16 19 20 22 IST-ZUSTAND Der Ist-Zustand in Regelschulen FALLBEISPIEL Fallbeispiel einer gescheiterten Inklusion RAUMAKUSTIK Bauen für hörbehinderte Schüler Die raum akustische Gestaltung von Schulbauten SCHALLDÄMMENDE MASSNAHMEN Schalldämmende Massnahmen gegen Störgeräusche und Nachhall FALLBEISPIEL SCHULANLAGE Fallbeispiel einer hörbe hinderten gerechten Schulanlage INKLUSION IM KLASSENZIMMER Das inklusive Klassenzimmer Organisatorische Praxis- Tipps für Lehrpersonen Der Sitzplatz in der Klasse mit und ohne FM-Anlage ANHANG Gesetzliche Bestimmungen Kontaktstellen D amit ein inklusives Schulsystem funktionieren kann, ist zuerst eine geeignete Infrastruktur bereitzustellen. Die Mehrzahl in die Jahre gekommener Schulhäuser haben bezüglich barrierefreier Ausstattung im Allgemeinen und für sensoriell Benachteiligte im Besonderen erheblichen Sanierungsbedarf. Betroffen sind alle Lern- und Ausbildungsinstitute, von den Spielgruppen und Kitas, Kindergärten, Primarschulen, Schulen mit Tagesangeboten und Oberstufenschulen bis zu den Mittelschulen, Berufsschulen, Fachhochschulen und Hochschulen. Unser gesellschaftliches Ziel ist es, für Bildung ein qualitativ hochwertiges Lernfeld zu bieten und die Integration von Schülern und Schülerinnen in die Gesellschaft nachhaltig zu fördern und zu unterstützen. Also geht es ganz pragmatisch um die Verständigung untereinander. Der Unterricht ist bei einer hohen Umgebungslärmbelastung für normalhörende Kinder und Lehrerschaft zwar möglich, aber zu vermeiden. Kindern, die die Regionalsprache nicht beherrschen oder mit einer Hörbeeinträchti gung aufwachsen, gelingt dies jedoch nicht, wie das Fallbeispiel des Kindes Lea auf Seite 7 aufzeigt. Diese Broschüre macht deutlich, wie wichtig Massnahmen zur hörbehindertengerechten Gestaltung bei künftigen Sanierungen von Schulraum sind. Angesprochen sind die Entscheidungsträger in den Gemeinden und Institutionen. Schulleitungen und Lehrerschaften müssen sich den spezifischen Anforderungen bewusst werden, damit künftig Lerninhalte in den zur Verfügung stehenden Räumen auch wirklich kommuniziert werden können. Die Broschüre ist auch ein Nachschlagewerk für Architekten, Fachplaner und Unternehmer als Ratgeber und Planungshilfe. Ältere Schulhäuser werden den aktuel len gesellschaftlichen Anforderungen im Bildungswesen funktionell oft nicht mehr gerecht. Es sind quasi Baustellen, die mit den aufgezeigten Massnahmen und Hilfestellungen konzeptionell als Ganzes betrachtet werden müssen. Auf diese Weise werden Lösungen möglich, wie das Fallbeispiel der Schulanlage Dennigkofen in Ostermun digen demonstriert. Bei neuen Schulanlagen und Erweiterungen sind behindertengerechte Konzepte zur Inklusion sensoriell eingeschränkter Menschen selbstverständlich. Max Meyer, dipl. Architekt ETH/SIA sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

IST-ZUSTAND FALLBEISPIEL 6 7 Der Ist-Zustand in Regelschulen Fallbeispiel einer gescheiterten Inklusion U nter behindertengerechtem Bauen wird allgemein der Zugang zu Bauten für mobilitätsbe hin derte Menschen assoziiert. Aber auch Menschen mit Sinnesbehinderungen haben mit Barrieren zu käm pfen. Dieser Umstand wird jedoch in der Öffentlichkeit zu wenig zur Kenntnis genommen. In Unterrichtsräumen, bei deren Gestaltung raumakustische Aspekte nicht berücksichtigt wurden, reflektieren die Raumbegrenzungsflächen (Wände, Decken, Boden) den Schall oft sehr stark. Dies führt zu einem langen Nachhall, der die Sprachverständlichkeit reduziert und den Schallpegel im Raum erhöht. Der Nachhall wird von hörbehinderten Menschen als störend oder sogar als schmerzhaft empfunden. In Schulräumen sind nebst dem Arbeitslärm der Kinder oft viele weitere Lärmquellen vorhanden, beispielsweise Heizungen, Beleuchtungsanlagen oder Projektorventilatoren. Störlärm kommt durch Strassenverkehr oder Baulärm beispielsweise auch von aussen in den Schulraum. Durch die reduzierte Sprachverständlichkeit können die Schüler dem Unterricht nur unter grossen Anstrengungen oder nur teilweise folgen. Sie ermüden schneller und ihre Leistungsfähigkeit ist beeinträchtigt. Verschiedene Studien zeigen, dass sich die Gedächtnisleistungen unter Lärm um mehr als 20 Prozent verschlechtern. Speziell bei lauteren Unterrichtssituationen hat ein durch den Nachhall erhöhter Schallpegel deutliche Konsequenzen: Er macht lauteres Sprechen erforderlich, was die Geräuschbelastung noch weiter erhöht. Diese als Lombard-Effekt bekannte Selbstverstärkung schraubt die Geräuschbelastung weiter in die Höhe und kann zu einer für alle betroffenen Personen unangenehmen Belastungssituation führen. Für das Lehrpersonal können sich bei hohen Geräuschbelastungen im Unterricht Stressreaktionen ergeben. Gleichzeitig führt ein akustisch ungünstiges Klassenzimmer auch zu einer deutlich stärkeren Stimmbelastung der Lehrkräfte, möglicherweise mit der Folge von gesundheitlichen Problemen. Lärm und langer Nachhall setzen die Konzentration s fähigkeit der Schüler herab und beeinträchtigen sie stärker im Sprachverstehen als Erwachsene. Denn zum Verstehen der Sprache, zum Erlernen der Muttersprache und noch mehr zum Erlernen von Fremdsprachen brauchen Kinder optimale Hörbedingungen. Das gilt umso mehr für hörbehinderte Kinder. Denn auch mit Hör hilfen wie Hörgeräten und Cochlea-Implantaten hören sie niemals so wie Guthörende. D ie 12-jährige Lea* ist seit ihrer Geburt hochgradig schwerhörig. Bereits mit eineinhalb Jahren bekam sie ihr erstes Cochlea-Implantat (CI) und mit zweieinhalb das zweite. Das CI ist eine Hörprothese, welche in die Hörschnecke (lateinisch: Cochlea) eingesetzt wird. Es wandelt Töne und Geräusche in elektrische Signale um und sendet diese ans Hirn. CI-versorgte Menschen haben aber ein qualitativ reduziertes Hören. Hören heisst auch mit einem CI nicht immer Verstehen. Dank den Implantaten verlief Leas Sprachentwicklung sehr gut. Sie konnte die Regelschule in ihrem Wohnort in der Nähe von St.Gallen besuchen. Dennoch: Trotz allem technischen Fortschritt haben es CI-versorgte Kinder schwieriger als ihre normal hörenden Mitschüler. Das Verstehen von lautsprachlicher Kommunikation ist für CI-Kinder eine Herausforderung sie strengen sich jeden Tag riesig an. Und trotz der Anstrengung, möglichst viel aus der Hörenden-Welt mitzubekommen, verpassen CIversorgte Kinder immer wieder Kommunikationsfetzen. Etwa, wenn das Gegenüber undeutlich spricht, der Lärmpegel hoch ist oder die Schalldämmung innerhalb eines Gebäudes fehlt. Ab der 3. Klasse brauchte Lea vermehrt audiopädagogische Unterstützung. Auch der elterliche Aufwand, abends noch Schulstoff mit der Tochter zu repetieren, war hoch. Einer der Gründe lag für die Eltern in der raumakustischen Situation der nicht auf hörbeeinträchtigte Kinder ausgerichteten Schule: «Unse re Tochter wurde zwar immer in die vorderste Reihe gesetzt, den noch war der Störlärm immer zu gross für sie», erklärt ihr Vater. Das Schulhaus war alt, Schalldämmung in dem Betonbau kaum vorhanden. «Besonders schlimm war die Situation in den hohen Räumen der Turnhalle mit hohem Nachhall eine Katastrophe für unsere hörbeeinträchtigte Tochter.» Ab der 5. Klasse stiegen die Anforderungen, der Leistungsdruck wurde stärker. Der daraus entstandene Aufwand für Tochter und Eltern und die wachsenden gesundheitlichen Beschwerden der Tochter führten dazu, dass die Eltern eine schulpsychologische Abklärung angingen. Daraus resultierten Empfehlungen für eine Sonderschule. Heute geht das Mädchen auf den Landenhof, eine Schule für hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche im aargauischen Unterentfelden, weit weg vom Elternhaus. «Unse re Tochter bleibt daher von Montag bis Freitag dort im Internat.» (* Name geändert) sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

RAUMAKUSTIK RAUMAKUSTIK 8 9 Bauen für hörbehinderte Schüler Zusätzlich zu den generell zu beachtenden barrierefreien Bau- und Planungsgrundlagen für öffentliche Gebäude müssen bei der hörbehindertengerechten Gestaltung von Schulbauten folgende Punkte beachtet werden: Einfach erfassbare räumliche Gliederung: Da hörbeeinträchtigte Menschen in manchen Fällen in der räumlichen Orientierung beeinträchtigt sind, unterstützt eine einfach erfassbare räumliche Gliederung die Orientierung und Sicherheit der Betroffenen. Der Eingangsbereich ist kontrastreich und mit ausreichender Beleuchtung zu gestalten. Der Eingangsbereich muss auch für Schüler und Betreuer mit Sehbehinderung und eingeschränktem Hörvermögen leicht auffindbar und nutzbar sein. Orientierungshinweise für Schüler, Lehrer und Besucher der Schulanlagen müssen auch für Seh- und Hörbehinderte leicht erfassbar sein. Informationen können visuell, auditiv und taktil gestaltet werden. Es gilt das Zwei-Sinne-Prinzip. Das heisst, mit mindestens zwei der drei Sinne (Hören, Sehen, Fühlen) müssen die Orientierungshinweise erfassbar sein. Treppen sind ein Musterbeispiel für Barrieren. Für Schüler, Lehrer und Besucher mit leichten Gehbehinderungen sowie mit Seh- und Hörbehinderungen sind Treppen aber barrierefrei nutzbar, wenn sie gerade Läufe sowie Setzstufen und beidseitig durchgehende Handläufe haben. Die Treppenelemente, zum Beispiel die Markierungsstreifen an den Enden der Trittstufen, müssen gut erkennbar sein. Versammlungsräume wie Aulas müs sen mit induktiven Höranlagen oder FM-Anlagen ausgerüstet sein, um Schülern mit Hörbeeinträchtigung die gleichberechtigte Teil nahme an den verschiedenen Veranstaltungen zu ermöglichen. In den Unterrichtsräumen sollten alle Ecken und Kanten der Ein- richtungsgegenstände abgerundet sein. Durch eine hörbehindertengerechte Möblierung sollen gute Sichtbeziehungen und eine optische Orientierung hergestellt werden. Gute Lichtverhältnisse: Eine hörbehindertengerechte Beleuchtung ist zu berücksichtigen. Gemeint sind Die Raumakustik in Klassenzimmern Richtwerte zur Optimierung und Verbesserung der räumlichen Bedingungen Sprachverständlichkeit STI 0.70 STI 0.75 Raumangebot Nachhallzeit * Gruppenraum schalldämmend abtrennbar Raumvolumen bis 60 m 3 Sollwert T soll = 0.40 Sek. Sollwert T soll = 0.32 Sek.** Raumvolumen bis 75 m 3 Sollwert T soll = 0.43 Sek. Sollwert T soll = 0.35 Sek.** Raumvolumen bis 125 m 3 Sollwert T soll = 0.50 Sek. Sollwert T soll = 0.40 Sek.** Raumvolumen bis 250 m 3 Sollwert T soll = 0.60 Sek. Sollwert T soll = 0.48 Sek.** Raumvolumen bis 500 m 3 Sollwert T soll = 0.70 Sek. Störschalldruckpegel L NA BAU 35 db L NA BAU 30 db Geometrische Faktoren * Deckenfläche Raumakustik Rückwandfläche Seitenwandfläche * Anwendung gemäss Definition Norm SIA 181 ** Anwendung gemäss Definition Norm DIN 18041 in erster Linie Lichtverhältnisse, die nicht zur Ermüdung der Augen führen. Hörbeeinträchtigte Menschen sind auf das Lippenlesen angewiesen. Daher sollen Schlagschatten im Gesicht des Sprechers oder Blendungen möglichst vermieden werden. Dadurch wird es dem hörbehinderten Schüler erleichtert, Mimik und Mundbild des Sprechers Licht und Beleuchtung zu erkennen. Eine kontrastreiche Gestaltung mit hoher Leuchtdichte ist erforderlich. Der Einsatz von diffusem Licht empfiehlt sich. Die Lichtverteilung im Raum wird durch helle und matte Raumoberflächen verbessert. Die Raumakustik muss auf Hörbehinderte abgestimmt werden. Horiz. Beleuchtungsstärke Em h (lx) 500 lx Em h (lx) 750 lx Vertik. Beleuchtungsstärke Alarmierung Notruf- und Alarmanlagen Em v (lx) 0.5 Em h Alarmmelder akustisch und optisch in Teilbereichen wie Erschliessungszonen und isolierten Räumen (Garderoben) Alarmmelder akustisch und optisch in allen Räumen mit möglichem Personenaufenthalt Hörgeräte und Cochlea-Implantate können in Räumen mit wenig Nachhall die beste Wirkung erzielen. Eine entscheidende Kenngrösse für die Bewertung der Raumakustik ist darum die Nachhallzeit. Unter der Nachhallzeit versteht man die Zeitspanne, in der ein Schalldruckpegel nach Abschalten der Schallquelle in einem Raum um 60 Dezibel abfällt. Dies kann durch eine Schallpegelsenkung im Raum und durch eine Verringerung des Diffus-Schalls durch geringen Nachhall erreicht werden. Besondere Massnahmen des Schallschutzes, wie Verteilung der schallabsorbierenden und schallreflektierenden Flächen, sind in den Aufenthaltsbereichen der Schüler erforderlich. Schüler mit eingeschränktem Hörvermögen haben es bei hohen Nachhallzeiten in Unterrichtsräumen besonders schwer. Störgeräusche, die die Verständigung beeinträchtigen, müssen minimiert werden. Die Raumform, die Wahl und die Anordnung von schallabsorbierenden und schallreflektierenden Materialien und der Gesamtstörschalldruckpegel haben einen Einfluss auf ein gutes Sprachverständnis. Die Sprachverständlichkeit ist messbar und wird mittels des STI-Wertes beurteilt. Bei Räumen, die auf sprachliche Kommunikation ausgerichtet sind, werden STI-Werte um 0,70 oder höher empfohlen. Kommunikationsanlagen wie Türöffner- und Klingelanlagen, Gegensprech-, Notruf- und Telekommunikationsanlagen sind in die barrierefreie Gestaltung einzubeziehen. Bei Alarm muss eine optische Signalisierung in allen Räumen erfolgen. Durch das Zwei- Sinne-Prinzip wird der Sehsinn unterstützt, zum Beispiel beim Notsignal im Aufzug. Zusätzlich zur Wechselsprechanlage sollen Blinkanzeigen wie «Bitte sprechen» oder «Hilfe kommt» eingerichtet werden. Alle Alarm-, Warn- und Notsignale bei Gefahr für Leib und Leben müssen auf Grundlage des Zwei-Sinne-Prinzips eingerichtet werden. sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

RAUMAKUSTIK RAUMAKUSTIK 10 11 Die raum akustische Gestaltung von Schulbauten Sonos hat in Zusammenarbeit mit dem Architekten Max Meyer folgende Haupthindernisse für hörbeeinträchtigte Menschen in Regelschulen (Klassenzimmern, Mehrzweckräumen/Aulas sowie Sporthallen) ausgemacht: 1. Ungenügende Sprachverständlichkeit Lösungsvorschläge: Raumakustische Massnahmen und Nachbesserungen nach Norm SIA 500 mit Einforderung des Nachweises (raumakustischer Bericht). Ausrüstung mit induktiven Höranlagen und Einfordern des Abnahmeberichts. Bereitstellen von geeigneten Mikrofonen und Instruktion des richtigen Besprechens. Installation qualitativ guter Audio- und Videoanlagen zur akustischen und visuellen Vermittlung der Unterrichtsinhalte (zum Beispiel interaktive Whiteboards). 2. Ungeeignete Schulzimmerform für eine optimale Möblierung Lösungsvorschlag: Eher quadratische Schulzimmer eignen sich besser als längliche. 3. Ungenügende Beleuchtung Lösungsvorschläge: Ausgeglichene Beleuchtung mit guter Leuchtdichte über den ganzen Unterrichtsraum. Es sollte eine hohe Lichtreflexion der Oberflächen angestrebt werden. 4. Unflexible Raumnutzung Lösungsvorschläge: Schaffen von alternativen kleineren Unterrichtsräumen. Geeignete bestehende Korridorbereiche können mit geeigneten Massnahmen zu Lernraum umgestaltet werden. Die Raumakustik in Mehrzweckräumen / Aulas Richtwerte zur Optimierung und Verbesserung der räumlichen Bedingungen Raumakustik Sprachverständlichkeit STI 0.70 Nachhallzeit * Raumvolumen bis 500 m 3 Raumvolumen bis 1000 m 3 * Anwendung gemäss Definition Norm DIN 18041 Sollwert T soll = 0.86 bis 1.28 Sek. Sollwert T soll = 0.97 bis 1.42 Sek. Raumvolumen bis 2500 m 3 Sollwert T soll = 1.12 bis 1.60 Sek. Raumvolumen bis 5000 m 3 Sollwert T soll = 1.23 bis 1.73 Sek. Störschalldruckpegel L NA BAU 35 db L NA BAU 30 db Geometrische Faktoren * Deckenfläche Rückwandfläche Seitenwandfläche Die Sprachverständlichkeit verbessert sich, je kürzer die Nachhallzeiten ausfallen. Musikdarbietungen verbessern sich durch etwas längere Nachhallzeiten. Daher sind für Musikdarbietungen extra konzipierte Räume zu schaffen. Für Räume mit Sprachdarbietungen sollen sich die Nachhallzeiten nach den kürzeren Sollwerten richten. Optimierung und Verbesserung der audio-/videotechnischen Bedingungen Sprachverständlichkeit STI 0.70 STI 0.75 Höranlage Beschallungsanlagen Licht und Beleuchtung Das Sprachsignal soll um 10 bis 15 db höher sein als der Störschalldruckpegel Installation induktive Höranlage 100 % Abdeckung der Zuhörerbereiche, in Spezialfällen Konferenzsystem Horiz. Beleuchtungsstärke Em h (lx) 500 lx Em h (lx) 750 lx Vertik. Beleuchtungsstärke Em v (lx) 0.5 Em h Für die Raumoberflächen sollten hohe Lichtreflexionswerte angestrebt werden. Die Referenten- und Projektionsbereiche sollten gut ausgeleuchtet sein. Alarmierung Notruf- und Alarmanlage Alarmmelder akustisch und optisch sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

RAUMAKUSTIK SCHALLDÄMMENDE MASSNAHMEN 12 13 Die Raumakustik in Turnhallen Schalldämmende Massnahmen gegen Störgeräusche und Nachhall Richtwerte zur Optimierung und Verbesserung der räumlichen Bedingungen Nachhallzeit* Raumvolumen bis 2000 m 3 Raumvolumen bis 5000 m 3 Raumvolumen bis 8000 m 3 Sollwert T soll = 1.70 Sek. Sollwert T soll = 2.20 Sek. Sollwert T soll = 2.47 Sek. Störschalldruckpegel L NA BAU 35 db L NA BAU 30 db Geometrische Faktoren ** Deckenfläche Raumakustik Rückwandfläche äche Seitenwandfläche * Anwendung gemäss Definition Norm SIA 181 ** Anwendung gemäss Definition Norm DIN 18041 Die Sprachverständlichkeit verbessert sich, je kürzer die Nachhallzeiten ausfallen. Schallabsorberflächen sind fix in geeigneten Wandbereichen einzubauen. Zur Einhaltung der zitierten Normen muss ein akustischer Bericht vorliegen. Für Räume mit Sprachdarbietungen sollen sich die Nachhallzeiten nach den kürzeren Sollwerten richten. Licht und Beleuchtung Horiz. Beleuchtungsstärke Vertik. Beleuchtungsstärke Anstreben hoher Lichtreflexionswerte der Raum-Oberflächen. Alarmierung Notruf- und Alarmanlage Em h (lx) 500 lx Em v (lx) 0.5 Em h Alarmmelder akustisch und optisch in Teilbereichen wie Erschliessungszonen und isolierten Räumen (Garderoben) Alarmmelder akustisch und optisch in allen Räumen mit möglichem Personenaufenthalt Schallabsorberflächen können fix oder als mobile Elemente bei geeigneten Decken- und Wandbereichen oder als Raumteiler installiert werden. Räume sollen nicht hellhörig sein, nicht hallen und Störgeräusche minimieren. Decken, Wände und Böden sind Resonanzkörper, die die Akustik beeinflussen. Zur Erreichung der auf den Seiten 8 bis 12 definierten Nachhallzeiten in Unterrichtsräumen, Sporthallen und Aulas sind Deckenund Wandflächen schallabsorbierend nachzurüsten. In grossen Räumen sind die Wände massgebend, in kleinen Räumen wirkt sich vor allem die Decke auf die Klangqualität aus. Schallabsorptionsmaterial verkürzt die Nachhallzeit. Schallabsorptionsplatten Für schallabsorbierende Decken kommen alle Mineralfaserplatten mit offenporiger Oberfläche, einige offenporige Schäume, zementgebundene Holzwollplatten und Glaswollplatten in Frage. Dieselben Materialien kommen bei schallabsorbierenden Wandpaneelen zum Einsatz. Eine Auswahl an Herstellern Schallabsorbierende Decken- und Wandverkleidungen: Tschanz Deckenverkleidungen AG, Münchenbuchsee, www.tschanz-decken.ch Röösli AG Akustikdecken, Rothenburg, www.akustikdecken.ch NH Akustik+Design AG Topakustik, Lungern, www.topakustik.ch Lignokustik AG, Benken, www.lignokustik.ch Lignotrend AG Deutschland, www.lignotrend.de Holz&Funktion AG Wauwil, www.holzfunktion.ch Eternit Akustikspanplatten, Niederurnen, www.swisspearl.ch Acouver Isol AG, Develier, www.acouver.ch Cridea Akustik AG, Altendorf, www.cridea-akustik.ch Süssmann AG, Regensdorf, www.suessmann.ch AcousticsFirst, Richmond (USA), www.acousticsfirst.com Raumakustische Systeme, schallabsorbierende Elemente: Acoutech GmbH, Lachen, www.acoutech.ch Vicoustic Innovative Acoustic Solutions, Carvalhosa (Portugal), www.vicoustic.com GoWild AG, Zug, www.gowild.ch Süssmann AG, Regensdorf, www.suessmann.ch Schallschluckende Vorhänge Es gibt speziell schallabsorbierende Textilien: Akustikstoffe steuern den Raumklang und machen ihn angenehmer. Dabei haben diese funktionalen Stoffe oft Zusatzfunktionen, die sie für öffentliche Räume auszeichnen wie beispielsweise Schwerentflammbarkeit, Verdunkelung, Sicht- und Blendschutz. Transparente Akustikstoffe gibt es bislang nur von wenigen Herstellern (siehe Auswahl), blickdichte Akustikstoffe hingegen von zahlreichen Herstellern. Eine Auswahl an Herstellern Création Baumann, Langenthal, www.creationbaumann.com Annette Douglas Textiles AG, Wettingen, www.douglas-textiles.ch Schallschluckende Teppiche In grossen Räumen und langen Fluren, die überwiegend durch harte Materialien geprägt sind, hallen Geräusche besonders lange nach. Trittschall beispielsweise kann sehr störend wirken. In Klassenzimmern sorgen auch die Bewegungen im Raum wie Tische- oder Stühlerücken, umfallende Theks oder herunterfallende Stifte für Geräusche. Teppichböden wirken schallschluckend und weisen ein Trittschallverbesserungsmass zwischen 20 und 35 Dezibel auf. Teppiche lassen sich auch als schalldämmender Wandvorhang einsetzen. Praxis-Tipps zur Verbesserung der Raum-Akustik Befestigen Sie Filzgleiter oder Gummikappen an den Stuhlbeinen, um Kratz- und Quietschgeräusche zu dämpfen. Verwenden Sie Schreibunterlagen aus Gummi oder Karton, um laute Geräusche zu verhindern. Bringen Sie Gumminoppen unter den Pultdeckeln an, um laute Klapp-Geräusche zu verhindern. Legen Sie Teppiche im Raum aus, die die Geräusche absorbieren. Stellen Sie Hindernisse für die Schallausbreitung in den Raum. So lässt sich beispielsweise ein Raum mit Paravents, Pflanzen oder offenen Schränken unterteilen. Hängen Sie Vorhänge auf, die Schall abfangen und Halleffekte minimieren. Auch Kissen schlucken Schall. (Quelle: Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprache Münchenbuchsee HSM) sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

14 FALLBEISPIEL SCHULANLAGE FALLBEISPIEL SCHULANLAGE 15 Interview mit dem Architekten Marcel Uetz, Wenger Architekten, Ostermundigen Fallbeispiel einer hörbehinderten gerechten Schulanlage D ie 1973 gebaute Schulanlage Dennigkofen in Ostermundigen war in die Jahre gekommen. Sie entsprach insgesamt nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Schule, es fehlte zudem der Platz für neue und erweiterte schulische Einrichtungen. Die gesamte Anlage wurde zwischen 1997 und 2010 etappenweise erneuert. Die Gemeinde Ostermundigen vergab den Auftrag der Sanierung an das Büro Wenger Architekten aus Ostermundigen. Ein Ziel dabei war, die gesamte Schulanlage hindernisfrei zu gestalten. Dabei galt der Raumakustik besondere Aufmerksamkeit. Die durchgehenden Akustikdecken in der Schulanlage absorbieren in allen Räumen den störenden Nachhall und schaffen ein angenehmes akustisches Klima, welches eine störungsfreie Konversation zulässt. Diese Aussage bestätigte ein hörbeeinträchtigtes Schulkind, welches während des Unterrichts nach seiner Befindlichkeit und subjektiven akustischen Wahrnehmung befragt wurde. Das Kind sagte aus, sich in den Schulzimmern wohl zu fühlen. Es verstehe die Lehrerin gut und auch im Gruppenunterricht sei die Sprachverständlichkeit aus seiner Sicht gut und bereite keine Schwierigkeiten. Auch in den Sporthallen wurden an den Wänden und der Decke raumakustische Massnahmen durchgeführt. In der neuen Aula wurde auf eine sehr gute Sprachverständlichkeit geachtet. Der hohe Raum wurde raumakustisch verbessert, was zu sehr kurzen Nachhallzeiten führte. Dadurch wurde es möglich, zum Beispiel Schultheater oder Schülerdarbietungen ohne Mikrofonunterstützung aufzuführen. Zudem wurde die Aula mit einer induktiven Höranlage ausgerüstet, die rund 75 Prozent des Zuhörerbereichs versorgt. Beim Zugang zur Aula ist das Piktogramm für Höranlagen gut sichtbar angebracht. In der ganzen Anlage wurden gute Lichtverhältnisse durch grosszügige Verglasungen erzielt, in den Unter richtsräumen wurden nichtblendende Rasterleuchten verwendet. Die hörbehindertengerechte Schulanlage wurde 2014 mit dem Preis «Bauen für hörbehinderte und gehörlose Menschen» ausgezeichnet. Der von der IGGH Inte res sengemeinschaft Gehörlose und Hörbehinderte der Kan tone Bern und Freiburg vergebene Preis war mit 5 000 Franken dotiert. Die Jury sah im Bau die Umsetzung des hörbehindertengerechten Bauens als Vorbild für zukünftige Schulanlagen und lobte dessen Signalwirkung für öffentliche Bauten. Herr Uetz, jedes Kind mit einer Behinderung hat in der Schweiz grundsätzlich Anspruch auf Unterricht in einer Regelschule. Was bedeutet das für die Architektur? MARCEL UETZ: Die notwendigen Massnahmen, um Kindern mit eingeschränkter Mobilität den Zugang und die Teilnahme an einer Regelschule zu ermöglichen, sind in der Architektur mittlerweile weitgehend eine Selbstverständlichkeit. Sei dies in Schulen, aber auch in allen anderen Gebäuden des öffentlichen Lebens. Anders scheint es mit Massnahmen bei Hör- oder Sehbehinderungen zu sein. Hier fehlt es den Architektinnen und Architekten oftmals an Wissen und Sensibilität. Die Einflussnahme und die Beratung durch Fachstellen und Spezialisten finden wir somit begrüssenswert. Im Projekt Schulbau Dennigkofen bekam die ganze Schulanlage neue Akustikdecken. Haben Sie für die Berechnung einer guten Raumakustik externe Berater zugezogen? Ja, wir griffen dabei auf einen spezialisierten Akustiker zurück. Die Aula ist ein hoher Raum mit langem Nachhall. Was wurde unternommen, dass der Raum dennoch eine gute Sprachverständlichkeit bietet? Die Verkleidung von Wänden und Decken des zu einer Aula umgebauten Hallenbades mit furnierten Holzplatten war ein Bestandteil des Farb- und Materialkonzepts. In Zusammenarbeit mit dem Akus - ti ker wurden dafür die Flächen mit Lochanteilen und Hinterlagen mit Dämmmaterialien festgelegt. Eine unter dem Parkett verlegte induktive Höranlage ermöglicht Hörgeräteträgerinnen auf rund drei «Im Bereich der Hör- oder Seh be hinderung fehlt es den Architekten oftmals an Wissen und Sensibilität.» Vierteln der Fläche ein störungsfreies Audiosignal. Auch Sporthallen sind oft schwierig für hörbeeinträchtigte Kinder. Was wurde hier unternommen, um die Raumakustik zu verbessern? Die Stirnseiten der Hallen sowie die Decken sind auch hier mit hinterlegten Lochplatten bestückt, um die gewünschte Raumakustik zu gewährleisten. Bei den drei Sporthallen dient zudem die unterschiedliche Farbgebung den Schülerinnen und Schülern zur Orientierung im Gebäude. Sehen Sie einen Widerspruch zwischen guter Architektur und hindernisfreiem Bauen? Bei jedem Projekt gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um die Massnahmen für hindernisfreies Bauen umzusetzen, ohne dadurch gute Architektur zu beeinträchtigen oder gar zu verunmöglichen. Danke für das Interview, Herr Uetz. sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

16 INKLUSION IM KLASSENZIMMER INKLUSION IM KLASSENZIMMER 17 Das inklusive Klassenzimmer 1 T 5 D amit hörbehinderte Schüler in grossen Räumen oder Hallen akustische Übertragungen verstehen können, sind sie auf einwandfrei funk tionierende Beschallungs- und Höranlagen angewiesen. Das Sprachsignal soll ohne Hall, Stör- und Neben geräusche auf das Hörgerät oder Cochlea-Implantat des hörbeeinträchtigten Schülers übertragen werden. Bei den Höranlagen wird zwischen der induktiven Übertragung (T), der Infrarot-Übertragung (IR) und der Funk- Übertragung (FM) unterschieden. Welches die zweckmässigste Übertragungsart ist, muss situativ bestimmt werden. 1 Induktive Höranlagen Grössere Versammlungsräume mit Mikrofonbetrieb sind mit Höranlagen auszustatten. Dabei eignen sich raumbezogene Höranlagen mit induktiver Übertragung des Audiosignals vom Mikrofon auf das Hörsystem/Cochlea-Implantat. 4 3 1 Induktive Übertragung (T) 1 Mikrofon 2 Konstant stromverstärker 2 3 Induktionsleitung 4 Hörgeräte mit Induktionsem pfangsspule (Telefonspule) 5 Piktogramm «Induktiv- Höranlage» Die induktive Übertragung ist die einzige Übertragungsart, welche ohne Zusatzgeräte drahtlos an die Induktionsspule (Telefonspule) des Hörgeräts/Cochlea-Implan tats angekoppelt werden kann. Hier wird das Sprachsignal des Mikrofons über einen speziellen Verstärker auf eine bauseitig verlegte Induktionsleitung übertragen und in ein Magnetfeld umgewandelt. Die Induktionsempfangsspule im Hörgerät beziehungsweise Implantatsystem wandelt das Magnetfeld wieder in ein elektrisches Signal um. Damit wird ein wahrnehmbares Sprachsignal erzeugt. Hall, Echos und Nebengeräusche werden so umgangen. Weil das Signal bei der induktiven Übertragung direkt auf das Hörgerät beziehungsweise Implantatsystem übertragen wird, brauchen Hörgeräte- beziehungsweise Implantat-Tragende keine Zusatzgeräte. Für besondere Anwendungen wie Dolmetschbetrieb können anstelle der Induktionsanlagen auch FM- oder IR-Höranlagen als raumbezogene Höranlagen gewählt werden. Funkübertragungsanlagen Funkübertragungsanlagen werden in der Regel durch die Invalidenversicherung (IV) finanziert und durch die hörbeeinträchtigten Schüler in den Unterricht mitgebracht. Das FM-System (FM = Frequenzmodulation) verbindet per Funksignal eine sprechende mit einer zuhörenden Person. Durch diese Technologie können hörbeeinträchtigte Menschen in lauten Situationen, in halliger Umgebung und auf Entfernung Sprache besser hören und verstehen. Im Unterricht wird die Kommunikation zwischen Lehrperson und Schülern mit einer Hörbeeinträchtigung verbessert. Ein FM-System besteht aus einem Sender und einem Empfänger. Die Stimme der sprechenden Person wird von einem Mikrofon aufgenommen und vom Sender über Funkwellen zum Empfänger, der mit dem Hörgerät verbunden ist, übertragen. Der Empfänger kann dabei drahtgebunden (induktive Nackenschleife) oder drahtlos (FM-Empfänger bereits ins Hörgerät integriert) mit dem Hörgerät verbunden sein. Die Frequenz von Sender und Empfänger muss die gleiche sein. Bei angrenzen den Schulzimmern muss für jedes Zimmer eine eigene Frequenz eingestellt sein, da das System sehr weit «streut». 1 Siehe Clerici, Angelo; Manser, Joe A.: Richtlinien «Hörbehindertengerechtes Bauen». Bauliche und technische Anforderungen. Schweizerische Fachstelle für hörbehindertengerechtes Bauen. Zürich 2014 FM 5 Einsatz der FM-Anlage im Unterricht Mit wenig Aufwand kann dem hörbehinderten Kind die Teilnahme am mündlichen Unterricht erleichtert werden. Die Vor- und Nachteile sowie auch der korrekte Einsatz einer FM-Anlage in bestimmten Schulsituationen müssen individuell mit den Betroffenen geklärt werden. Bei Kindern mit einer hochgradigen Hörbeeinträchtigung wird die FM-Anlage üblicherweise immer eingesetzt. Die Anlage wird auch gezielt eingesetzt, zum Beispiel bei Diktaten, Vorträgen (der Vortragende spricht in das Mikrofon) oder Gruppenarbeiten. Falls nur ein Mikrofon für die Lehrperson verwendet wird, kann ein zusätzliches Handmikrofon für die Mitschülerinnen und Mitschüler die Teilhabe des hörbeeinträchtigten Kindes am Unterrichtsgespräch erhöhen. Ein Zusatzmikrofon bewährt sich, wenn gleichzeitig eine zweite Lehrkraft die Klasse unterrichtet (Teamteaching). Der Sender hat einen Eingang für ein Audiokabel. Er kann somit mit allen technischen Geräten wie TV, Computer, DVD-Player etc. verbunden werden. Oft ist es sinnvoll, die Anlage auch ausserhalb des Unterrichtes einzusetzen, beispielsweise bei einer Führung im Museum, beim Fernsehen und beim Musikbeziehungsweise Radio-Hören. Achtung: Die FM-Anlage hebt die Stimme der Lehrperson, welche Mikrofon und Sender benutzt, hervor, nicht aber die der Mitschüler! Es ist für das betroffene Kind hilfreich, wenn die Lehrperson die Beiträge der anderen Kinder sinngemäss wiederholt. (Quelle: Zentrum für Gehör und Sprache ZGSZ) 4 3 2 Funk-Übertragung (FM) 1 Mikrofon 2 Verstärker 3 Funk-Sender 4 Funk-Empfänger oder Induktions- Halsschleife Hörgerät oder Implantatsystem mit Induktionsempfangs spule (Telefonspule) 5 Piktogramm «Funk-Höranlage» sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

INKLUSION IM KLASSENZIMMER INKLUSION IM KLASSENZIMMER 18 19 Weitere technische Hilfsmittel Neben dem persönlichen Hörgerät oder Cochlea-Implantat (CI) gibt es heute verschiedene zusätzliche technische Hilfsmittel. Diese bieten Schülern mit Hörbehinderung eine grosse Unterstützung von den Induktionshalsschleifen bis hin zu Wireless-Lösungen für die Kommunikation. Wir stellen zwei innovative Produkte vor (Stand: 2017). Da die Hörtechnologie sich in rasantem Tempo entwickelt, informieren Sie sich bitte für die neusten tech - nologischen Trends auf den Websites von Herstellern wie GHE-CES Electronic, Humantechnik GHL, Gleichcom, Phonak, VerbaVoice und MED-EL sowie bei Ihrem Hörgeräteakustiker. Interaktives Whiteboard Ein interaktives Whiteboard oder eine «digitale Tafel» ist eine elektronische Projektionswand beziehungsweise eine Weisswandtafel, die in Verbindung mit einem Computer und einem Projektor/ Beamer funktioniert. Digitale Tafeln beziehungsweise interaktive Whiteboards (IWBs) halten immer mehr Einzug in die Schulen denn Visualisierung und Flexibilität sind essenziell für eine inklusive Unterrichtsgestaltung. Roger Pen Der Roger Pen von Phonak ist ein drahtloses Mikrofon für Schule und zu Hause, das gute Sprachverständlichkeit in lauten Umgebungen und über Distanz ermöglicht. Das stiftähnliche Hightech-Mikrofon mit Bluetooth-Konnektivität überbrückt Sprachbarrieren. Das mobile Gerät lässt sich einfach bedienen. Es erfasst die Stimme der sprechenden Person, bevor es diese drahtlos über miniaturisierte Empfänger zu den Hörgeräten oder Cochlea- Implantaten eines Kindes überträgt. Das Mikrofon kann unterschiedlich eingesetzt werden: Bei jüngeren Kindern wird das Mikrofon normalerweise von der Person getragen, die in erster Linie mit dem Kind spricht (zum Beispiel einem Elternteil oder der Lehrperson). Für ältere Kinder gibt es mehrere Möglichkeiten: Sie können bei einer Unterhaltung mit Freunden das Mikrofon in der Mitte des Tisches platzieren; sie können aber auch in Ruhe jemandem zuhören, der weiter entfernt ist, indem sie mit dem Gerät in dessen Richtung zeigen. Oder sie können in lauten Umgebungen den Roger Pen wie ein Reportermikrofon halten oder ihn der sprechenden Person um den Hals hängen. Organisatorische Praxis-Tipps für Lehrpersonen Reibungslose Kommunikation erfordert Gesprächsdisziplin. Dem Lehrer kommt dabei in der inklusiven Klassengemeinschaft auch die Rolle des Moderators zu. Deshalb sollte er anfangs die wichtigsten Kommunikationsregeln erklären, wie zum Beispiel immer in Richtung des hörbeeinträchtigten Schülers zu sprechen und bei Diskussionen immer auf die Mikrofonweitergabe zu achten. Tipps zur Unterrichtsführung in einer inklusiven Klasse Sprechen Sie klar, deutlich und nicht zu schnell. Ausgeprägte Mundbewegungen erleichtern das Ablesen. Sprechen Sie nicht beim Schreiben an der Tafel. Kündigen Sie neue Themen an der Tafel oder am Whiteboard an. Schreiben Sie wichtige Informationen wie Hausaufgaben und Termine an die Tafel oder aufs Whiteboard. Wenn Sie Tonaufnahmen, Musik oder Hörbeispiele abspielen, geben Sie dem betroffenen Schüler ein Transkript. Schalten Sie beim Filmeschauen die Untertitel ein. Setzen Sie das Kind in Ihre Nähe. Überprüfen Sie, ob der Schüler alles verstanden hat, indem Sie ihn mit eigenen Worten wiederholen lassen, was Sie gesagt haben. Setzen Sie laute Schüler von ihrem hörbehinderten Schulkameraden weg. Sorgen Sie dafür, dass immer nur eine Person spricht. Falls Ihr Schüler auf das Lippenlesen angewiesen ist, sorgen Sie für eine gute Beleuchtung. (Quelle: Merkblatt zur Hörbehinderung in der Schule, SVEHK) sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

INKLUSION IM KLASSENZIMMER INKLUSION IM KLASSENZIMME 20 21 Der Sitzplatz in der Klasse mit und ohne FM-Anlage Die richtige Sitzposition im Klassenzimmer trägt entscheidend zur hörbehindertengerechten Kommunikation bei. Drehstühle erleichtern die Kommunikation, da sich der Schüler immer zum Sprechenden wenden kann. Der Sitzplatz des hörbeeinträchtigten Kindes beeinflusst seine Aufnahmefähigkeit und damit die Teilnahme am Unterricht. Eine kurze Distanz zum Sprecher ist in jedem Fall ein Vorteil. Bei einseitiger Hörbeeinträchtigung des Schülers soll das bessere Ohr der Schallquelle zugewandt sein. Der Blickkontakt sollte zu allen Sprechern möglich sein. Bei freien Gesprächen ist die kreisförmige Anordnung der Stühle ein Vorteil. Der Schüler sollte nahe bei der Wand sitzen, da dies den Nachhall reduziert. (Quelle: Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprache Münchenbuchsee HSM) Optimaler Sitzplatz vorne in der 1. Reihe. Nachteil: Der hörbeeinträchtigte Schüler sieht die Mitschüler nicht. Gute Position bei Gruppenarbeit, eventuell mit Trennwand oder in anderem Zimmer. Gegenlicht verunmöglicht das Ablesen. Optimaler Sitzplatz bei Hufeisenform. Mit Drehstuhl. Vorteil: Der hörbeeinträchtigte Schüler sieht alle Mitschüler. Natürliche Lichtquellen (Fenster) sollten sich im Rücken des hörbehinderten Kindes befinden. Im Kreis mit FM-Anlage. Mit Drehstuhl. Im Kreis ohne FM-Anlage. Mit Drehstuhl. sonos Barrierefreie Schulhäuser Barrierefreie Schulhäuser sonos

22 ANHANG Gesetzliche Bestimmungen UN-Behindertenrechtskonvention Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) Verordnung über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiV) Kantonales Baugesetz Kantonale Bauverordnung SIA Norm 500 «Hindernisfreie Bauten» SIA Norm 181 «Schallschutz im Hochbau» (insbesondere Kap. 3.3; Raumakustische Anforderungen an Unterrichtsräume und Sporthallen) DIN Norm 18040-1: Barrierefreies Bauen Öffentlich zugängliche Gebäude DIN Norm 18041:2016 «Hörsamkeit in kleinen bis mittelgrossen Räumen» Kontaktstellen Schweizer Fachstelle für behindertengerechtes Bauen www.hindernisfrei-bauen.ch Beratungsstellen für hörbehindertengerechtes Bauen in den Kantonen www.hindernisfrei-bauen.ch Schweizerische Gesellschaft für Raumakustik www.sga-ssa.ch SUVA www.suva.ch

Die Broschüre «Barrierefreie Schulhäuser» legt den Fokus auf raumakustische Lösungen für hörbehinderte Schülerinnen und Schüler. Der Ratgeber wurde von Sonos, dem Schweizerischen Dachverband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten- Organisationen, in Zusammenarbeit mit dem Architekten Max Meyer erarbeitet. Die Publikation richtet sich an Schulgemeinden, Schulleitungen, Architekten und Fachplaner. Sie gibt Grundlagen und Empfehlungen für ein inklusives Schulsystem und dessen Infrastruktur. Denn mit der Forderung nach Inklusion für Kinder und Jugendliche mit einer Hörbehinderung verändern sich auch die Raumanforderungen im Schulbau. Zu den Kernpunkten dieser Broschüre für chancengleiche Bildung gehören unter anderem das Kapitel zur raumakustischen Gestaltung von Unterrichtsräumen (mit Tabellen zu Richtwerten für Raumakustik), Informationen zu schalldämmenden Massnahmen und Praxistipps für Lehrerinnen und Lehrer. Schweizerischer Dachverband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen Feldeggstrasse 69 I Postfach 1332 I 8032 Zürich