griechische Zeitungen. (Was daran liegt, dass ich nur schlecht griechisch lese obwohl meine Cousine Anna in Piräus mir in unserer Kindheit regelmäßig griechische Comics zum Üben schickte. Doch seither haben sich meine griechischen Lesekünste nicht verbessert, deshalb lese ich immer noch so langsam wie eine Grundschülerin.) Ehrlich gesagt, habe ich meine griechischen Wurzeln jahrzehntelang kaum gepflegt. Und wenn mir in Deutschland wirklich mal der Sinn nach griechischer Atmosphäre stand, bin ich einfach zum Griechen essen gegangen. Um den lärmenden Kellnern und Köchen zu lauschen, Retsina zu schmecken und mir den Bauch mit gefüllten Weinblättern vollzuschlagen. Das kann allerdings jeder, dazu muss man keine halbe Griechin sein.
Immerhin konnte ich bei der Gelegenheit griechisch sprechen:»mia merida kalamaria, parakalo«eine Portion Kalamari. Oder:»Mou fernete ton logariasmo«die Rechnung bitte. Nicht gerade eine ausgewachsene griechische Konversation. Wenn mir danach der Sinn stand, musste ich mich hier in München schon an den hier lebenden griechischen Teil meiner Familie wenden. Als da wäre: genau eine einzige Person meine Mutter. Allerdings spricht nicht einmal sie richtig griechisch mit mir. Als ich noch ein Kind war, hat sie zu Hause gar kein Griechisch gesprochen, sondern ausschließlich Deutsch. Ihre Muttersprache habe ich nicht von ihr, sondern von meiner griechischen Großmutter, der Yiayia, gelernt. Als ich es dann beherrschte, sprachen auch Mama und ich endlich Griechisch
miteinander. Allerdings kein richtiges. Die Sprache, in der wir beide uns unterhalten, verstehen weder Griechen noch Deutsche so ganz. Sie klingt ungefähr so:»fere ta piata aus der Küche, na strossoume sto Wohnzimmer. Was willst du trinken? Coca Cola i nero?«wir sprechen Mischimaschi. Wie viele ausländische Familien, die schon lange hier leben. Leider sprechen auch meine beiden Kinder kein Griechisch. Obwohl ich mir das eigentlich gewünscht hatte. Der Plan war, dass Mama ihnen die Sprache beibringen sollte. Als mein Sohn auf die Welt kam, betreute sie ihn praktischerweise ein paar Jahre lang fast täglich. Da würde sich das ganz automatisch einstellen, dachten wir. Merkwürdig war nur, dass mein Sohn in der ganzen Zeit nur zwei griechische Worte
lernte: Yiayiaka Omilein. Und kotoula Hühnchen. Mehr sagte er auf Griechisch nie. Mama schwört aber, er hätte in jener Kleinkinderzeit immerhin Griechisch verstanden.»einmal chabe ich zum Beispiel den Färnbedienung nicht mehr gefunden, und ich sagte, mähr zu mir selbst, auf Griechisch: Wo ist denn nur der Färnbedienung! Da läuft er in die Küche und kommt mit den Färnbedienung! Da war er chöchstens eineinchalb. Und verstand schon jädes griechische Wort!«Als sie die Geschichte gefühlte siebenhundert Mal wiedergegeben hatte, ging mir ein Licht auf:»mama, weißt du überhaupt, was Fernbedienung auf Griechisch heißt?ach so äh nein.«1958, als Mama zum Studium nach Deutschland kam, gab es TV-Fernbedienungen nämlich noch nicht.
Weder hier, noch dort. Und so stellte sich heraus, dass Mama wahrscheinlich nur dachte, sie hätte Griechisch mit ihrem Enkelsohn gesprochen. Tatsächlich war es jedoch Deutsch. Als dann ihre Enkeltochter geboren wurde, ließen wir das Experiment Zweisprachigkeit gleich ganz sein, deshalb spricht sie ebenfalls kein Griechisch. Mein Onkel Michalis in Athen, Mamas jüngerer Bruder, wollte sich vor Lachen ausschütten, als er die Geschichte mit der Fernbedienung von mir hörte.»ihr wisst nicht, wie das heißt?! Verrückt! Wo lebt ihr denn?! Das ist doch der Täläkomandär.«Der Telekommander. Dass ich das nicht ahnte, sagt viel über mein Griechisch: Ich habe es in den Sechzigerjahren von einer alten Frau, meiner Yiayia, gelernt und seither hauptsächlich mit einer Frau geübt, die seit den Fünfzigerjahren nicht mehr in