Liebe Weihekandidaten, liebe Familienangehörige, liebe Schwestern und Brüder!

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Transkript:

Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising: Predigt anlässlich der Weihe der Ständigen Diakone 1 München, Dom Zu Unserer Lieben Frau, 4. Oktober 2014, Fest des Hl. Franz von Assisi Biblische Texte der Liturgie Erste Lesung:1 Sam 3,1-10 Zweite Lesung:1 Petr 5,1-4 Evangelium: Mt 20,25-28 Liebe Weihekandidaten, liebe Familienangehörige, liebe Schwestern und Brüder! Rede, Herr; denn dein Diener hört. So sagt Samuel in der heutigen Lesung als er endlich begreift, dass hier etwas anderes passiert, dass er zu einem Dienst berufen ist, dass er in ein Gespräch gerufen ist, dass er in eine Beziehung gerufen ist. In den Gesprächen, die Sie, liebe Weihekandidaten, im Laufe der letzten Jahre geführt haben, ist diese Suche, aber auch die Bereitschaft, im Laufe des Lebens darauf zu antworten, aufgeleuchtet, auch beim Skrutinium bei mir, mit der Bereitschaft Rede, Herr; denn dein Diener hört. Diese Geschichte ist 3000 Jahre alt. Weit weg und doch erzählt sie etwas von der Grundstruktur der Berufung, der Grundstruktur des christlichen Lebens überhaupt: Dass wir irgendwann in unserem Leben begreifen, dass wir angesprochen sind. Dass jemand uns sucht. Dass jemand etwas mit uns vorhat. Dass wir eine Sendung haben, einen Auftrag. Dass wir uns entscheiden müssen, ob wir diesen Auftrag annehmen, und zunächst auch einmal diesen Auftrag besser verstehen: Das geschieht in der Familie, in der Bereitschaft eine Ehe einzugehen, in der Berufswahl, aber eben auch in der Gemeinschaft der Kirche. Wir müssen in der Gemeinschaft des Volkes Gottes fragen: Was ist mein Auftrag, was ist meine Sendung? Jeder ist Glied am Leibe Christi. Keiner kann sagen, lass das mal die anderen machen, dafür bin ich nicht zuständig. Wir sind ein Leib, ein Volk. Jeder und jede hat eine Sendung. Und dieser nachzuspüren ist ein Auftrag, der in der Taufe und in der Firmung an 1 Die frei gehaltene Predigt wurde für die Drucklegung nur geringfügig sprachlich bearbeitet.

uns ergeht. Und dann müssen wir weiter durch das ganze Leben hindurch im Gespräch bleiben mit dem Herrn, der uns anspricht und dem wir immer wieder sagen, wo wir auch sind, und welche Aufgabe wir auch haben: Rede Herr, denn dein Diener hört, deine Dienerin hört. Sprich zu mir, zeig mir den Weg, den ich jetzt gehen soll. Nicht nur für mich selber, sondern als Sendung für die Anderen. Niemand ist für sich alleine da. Jedes menschliche Leben ist ein Geschenk an die ganze Welt. Ich muss mein Leben leben. Wie soll das denn gehen? Ich kann ja nicht alleine leben. Ich bin bezogen auf die Anderen. Ich lebe von der Liebe der Anderen. Ich bin geboren, weil ich Eltern habe. Ich bin auf der Welt, weil Gott es will. Dieses Gespräch, liebe Schwestern und Brüder, liebe Weihekandidaten, geht unser ganzes Leben lang. Viele schauen natürlich auf diese Berufungsgeschichte, die 3000 Jahre alt ist. Das haben Sie auch getan in Exerzitien und Betrachtungen; so wie auch wir als Priester, Bischöfe, Ordensleute, aber auch natürlich viele andere Brüder und Schwestern des Volkes Gottes. Insbesondere schauen wir zunächst auf Samuel. Und vergessen oft den Eli. Der ist sehr wichtig. Eli ist der, der aufmerksam ist für das Leben der Menschen. Der aufmerksam ist dafür, was der Herr tut in den Herzen der Menschen. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass unsere Pfarrer, unsere Priester und auch viele andere wie Eli werden in dieser Zeit. Der Herr hat uns nicht verlassen. Wir haben genügend Berufungen. Wir müssen sie entdecken. Das sind nicht nur Berufungen zum Priestertum, zum Diakonat. Zur Aufmerksamkeit, zur Wachheit, zum geistlichen Sehen, zum Aufspüren von Berufungen lädt uns der Herr in dieser Zeit besonders ein. Viele klagen und jammern und sagen Wie soll es weitergehen? Aber ER geht mit uns. Mögen doch, liebe Mitbrüder, viele Eli, ja, alle Eli sein, die mit offenem Herzen, mit geistlichem Verstand und geistlicher Klugheit die Menschen begleiten und erkennen, dass hier jemand angesprochen ist, dass jemand berufen ist, dass jemand eine Aufgabe hat. Wir haben in der Klausur des Priesterrates in dieser Woche über die pastorale Situation gesprochen. Und neulich auch im Bischofsrat. Und in der Bischofskonferenz. Geredet wird ja genug in der Kirche, und beraten und getagt, getagt, getagt. Aber eine wichtige Erkenntnis war doch auch gerade in der Bischofskonferenz, so war mein Eindruck, dass wir unsere Betrachtungsweise verändern müssen. Wir gehen immer noch von der Arbeit aus, die wir in der Pastoral zu tun haben: Wo bekommen wir die Leute her für die viele Arbeit? Ein richtiger Gedanke. Aber der erste Gedanke müsste sein: Danke, Herr, für die viele Menschen, die mit uns gehen. Danke, Herr, für die vielen Berufungen. Nicht klagen und jammern, sondern

entdecken, was in den Einzelnen lebendig ist. Was in vielen Menschen wach ist an Möglichkeiten. Wir sollten nicht von unseren vielen Aufgaben her denken, die wir geerbt haben. Manche sind auch überflüssig geworden und nur Aufrechterhaltung eines Betriebssystems, weil wir uns daran gewöhnt haben. Sondern wir sollten auf das schauen, was in vielen Menschen lebendig ist an Möglichkeiten, an Begabungen, an Charismen - wie wir es in der theologischen Sprache der Kirche sagen, und dann den Begriff prägen einer an den Charismen orientierten Seelsorge, einer - wie die Ökonomen sagen würden - ressourcenorientierten Seelsorge. Schauen wir einmal was da ist und sagen dem Herrn: Halleluja, Danke. Welch wunderbares Geschenk, großartig. Aber ihr seid doch nicht alleine. Es ist doch nicht so, als seien unsere Gemeinden gestorben, als seien unsere Familien nicht lebendig, als hätten wir nicht Menschen, die sagen: Wie kann ich helfen? Was kann ich tun? Kann ich euch im Gebet unterstützen, kann ich euch zur Seite stehen? So sehen wir viele Begabungen, viele Wünsche, viele Möglichkeiten. Wir dürfen nicht von den Hindernissen ausgehen, nicht vom Negativen, nicht von dem, was nicht mehr geht, sondern von dem, was geht. Dazu braucht man Menschen wie Eli. Die schauen, da ist jemand, der ist gerufen. Da hat einer eine Begabung. Liebe Schwestern und Brüdern, so ist auch in einer Art geistlicher Suche der Diakonat wieder neu entdeckt worden in der Geschichte der Kirche in den Jahren nach dem Konzil. Mit dieser Haltung des was geht, nicht mit der Haltung, was alles nicht geht, was alles schwierig ist. Die Frage muss sein: Wo gibt es neue Möglichkeiten, wo gibt es neue Wege, wo gibt es neue Geschenke? Wie hilft uns der Herr? Und er hilft uns. Er gibt uns Menschen, viele, viele Menschen, die mitgehen wollen mit ihrer Begabung und mit ihren Möglichkeiten. Aber wenn wir ihnen sagen, du kannst nur das tun, was wir für dich vorgesehen haben, ist das vielleicht etwas schwierig. Eine ressourcen-, eine charismenorientierte Seelsorge und Pastoral schaut auf das, was der Herr uns schenkt. Daraus entwickeln wir dann den Weg der Kirche in die Zukunft. Natürlich brauchen wir unsere geregelten Aufgaben. Wir können nicht alle machen, was wir wollen. Das ist nicht gemeint mit charismenorientierter Seelsorge. Sondern diese Charismen fügen sich ein in das Ganze der Kirche, die in die Zukunft geht und die wir durchaus mit großer Hoffnung ansehen können, ohne ständig nur das zu sehen, was nicht mehr möglich ist, sondern das was möglich ist.

Der Diakonat, ich sagte es, ist ein solches großes Geschenk nach dem II. Vatikanischen Konzil, weil die Kirche sozusagen in ihrer Eli-Struktur hingeschaut hat, und gesehen hat, da ist etwas möglich, was wir nicht entdeckt haben über Jahrhunderte. Wir haben es neu gesehen, der Herr hilft uns doch, wenn wir nur die Augen aufmachen. Dürfen wir das nicht auch von den pastoralen Berufen sagen, die sich bei uns entwickelt haben? Oder in der Dritten Welt die Katechisten in vielen Bereichen? Auch im Bereich der Caritas ist unter Mitverantwortung der Laien mehr entstanden als vor hundert Jahren da war, an Möglichkeiten, an Entwicklungen, an Mitverantwortung aller Getauften und Gefirmten im Volk Gottes. Das ist eine Spur, die wir weiter verfolgen müssen. Und da werdet Ihr, liebe Weihekandidaten, jetzt auch ein wenig vom Samuel zum Eli. Vom Samuel zum Eli - das bedeutet Hinschauende zu werden, in die Gemeinden hinein zu sehen, was an Möglichkeiten da ist, was an Begabungen da ist, was an gutem Willen da ist. Liebe Schwestern und Brüder, der Diakon steht in besonderer Weise ich habe das zu Beginn im Blick auf das heutige Fest des Hl. Diakons Franz von Assisi gesagt, im Dienst des Heiles im Ganzen. Ihr stellt etwas dar von dem, was Christus wirklich will, nämlich das ganze Heil des Menschen. Nicht nur ein Teil, nicht nur die Seele, sondern Leib und Seele soll verwandelt werden. Deswegen ist es gut, dass die Diakone eine besondere Stellung in der Eucharistiefeier haben, und von daher die caritative Ausrichtung, die Ausrichtung auf die Wunden der Welt. Jesus geht zu den Kranken, zu den Schwachen, zu den Sündern, zur Grenze, wie es Papst Franziskus nennt, zur Peripherie. Aber das alles kommt aus der heiligen Eucharistie, aus der Messe. Die wichtigen Worte, vielleicht die wichtigsten Worte, die der Diakon spricht, sind: Ite missa est ein wenig schlecht übersetzt im Deutschen: Gehet hin in Frieden. Da sind schon einige eingeschlafen Gehet hin in Frieden das klingt so harmlos. Es meint aber: Begreift, was an euch geschehen ist, die große Verwandlung. Die Eucharistiefeier ist nicht der Ort, wo wir uns irgendwie erinnern an das, was Jesus getan hat, sondern wo wir verwandelt werden. Wie es im Evangelium heißt: Bei euch soll es nicht so sein. Das ist nicht zunächst eine moralische Überanstrengung. Jesus hebt nicht den Zeigefinger. Er beschreibt, was passiert, wenn sich jemand auf seinen Weg einlässt. Wer täglich die heilige Messe feiert oder oft wie Ihr es tun werdet in der heiligen Messe sitzend, betend oder auch als Diakon tätig ist, der spürt das. Ob das eine einfache, schlichte heilige Messe um sieben Uhr am Morgen ist oder ob wir ein großes Pontifikalamt feiern: Wenn wir uns auf den Weg Jesu einlassen, wenn wir ihn

kennenlernen, wenn wir ihm zuhören, wenn wir ihn wirklich in der Gemeinschaft erfahren, wenn wir zur eucharistischen Kommunion hinzutreten, wenn wir das wirklich mit offenen Herzen tun, dann werden wir immer wieder neu verwandelt und am Ende steht: Ihr seid gesendet. Denn das heißt eigentlich Ite missa est. Ihr seid gesendet mit eurem Auftrag, mit eurer Begabung, mit euren Charismen, mit euren Möglichkeiten, hineinzugehen in die Welt und in die Gemeinschaft des Volkes Gottes und euren Beitrag zu leisten im stillen Gebet, in der einfachen Wegbegleitung, im positiven Zuspruch, in der Familie, in der Arbeitswelt, wo immer wir hingestellt sind. Das ist keine Überanstrengung, das ist eine selbstverständliche Verwandlung für den, der in der Gemeinschaft mit Christus lebt. Deswegen sind das vielleicht die wichtigsten Worte, die der Diakon mit seinem Lebenszeugnis in die Gemeinde hineinruft am Ende der heiligen Messe. Ihr seid gesendet! Denkt daran. Liebe Schwestern und Brüder, und das rufe ich jetzt diesen Acht auch zu: Ihr seid gesendet, Gesandte in die Gemeinde hinein. Und ihr seid beides: Samuel und Eli. Samuel, weil ihr auf das Wort Gottes gehört habt. Und Eli, weil euer Auftrag auch jetzt darin besteht, anderen zu helfen, zu hören, und die eigene Sendung zu erkennen und zu leben. Amen.