Praxis der ganzheitlichen Betrachtung der Wasser- und Energiewirtschaft in Berlin Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender Abschlusskonferenz zur BMF-Fördermaßnahme Zukunftsfähige Technologien und Konzepte für eine energieeffiziente und ressourcenschonende Wasserwirtschaft (ERWAS) am
Breites Wissen aus 160 Jahren Heute größtes integriertes Wasserunternehmen Deutschlands Gegründet 1856, schrittweise Fusionen durch Groß Berlin 1920, politische Trennung durch Mauer Verantwortlich für Trink-, Schmutzund Regenwasser 1992 Fusion West- Ost Teilprivatisiert 1999 (49,9%) Rekommunalisiert 2013 Größter integrierter Ver- und Entsorger Deutschlands 13.05.2017 Jörg Simon Die Berliner Wasserbetriebe 2
Struktur der Berlinwasser Gruppe 13.05.2017 Jörg Simon Die Berliner Wasserbetriebe 3
Berliner Wasserbetriebe in Kürze 206 Mio. m³ Wasserverkauf 9 Wasserwerke 700 Brunnen 8.000 km Rohrnetz < 5 % Wasserverlust 245 Mio. m³ Reinigungsleistung 6 Klär- und 158 Pumpwerke 9.700 km Kanalnetz 1.100 km Druckleitungen 1,15 Mrd. Umsatz 172 Mio. Jahresüberschuss 241 Mio. Investitionen 4.355 Beschäftigte Jörg Simon Zahlen des Geschäftsjahres 2016 4
Berlins einmaliger Wasserkreislauf Ganzheitliches Management Wasserwerke Klärwerke 95 % des Trinkwassers wird im Stadtgebiet gewonnen Wasser ist von sehr guter Qualität und wird naturnah aufbereitet 70 % Uferfiltrat, 30 % Grundwasser Zustand der Oberflächengewässer ist wichtig Bedeutender Rückgang des Wassergebrauchs nach 1989 (-40 %), aktuell: steigender Verbrauch (+4 %) Jörg Simon 5
Abwasser: Vernetzen und Speichern Optimiertes System zur Minimierung der Umweltfolgen Innenstadt; Mischwasserkanalisation (1.900 km), sonst Trennkanalisation Abwasser wird über große Distanzen gepumpt (1.100 km Druckleitungen) LISA optimiert Abwasserströme und minimiert Überläufe Reduzierung der Mischwasserüberläufe um ca. 20% - 1,5 Mio. m³/a Speicherkapazität für Mischwasser: 235.000 m³ In den nächsten Jahren + 70.000 m³ im Netz und + 90.000 m³ in Klärwerken Jörg Simon 6
Energieverbrauch Entspricht dem Energieverbrauch einer Stadt mit 280.000 Einwohnern CO 2 -Emissionen nach Quellen Strom Diesel ~ 300 GWh ~ 1.500 m³ Energiefresser: Abwasser (63 %) Fuhrpark (80 %) 90 % Strom je 3 % Diesel, Gas, Heizöl Gas Heizöl ~ 20,5 GWh ~ 1.500 m³ Wasser (45 %) Abwasser (93 %) Benzin ~ 150 m³ Fuhrpark (92 %) (2014) Jörg Simon 7
Energieverbrauch für Großanlagen Nutzung Haushalte, Gewerbe, Krankenhäuser Sammlung, Ableitung 0,2 0,2 Verteilung Behandlung 0,4-0,6 Energieverbrauch [kwh/m³] 0,2 Wasseraufbereitung 1,0-1,2 kwh/m³ Oberflächenwasser Grundwasser Jörg Simon 8
Tausend Tonnen pro Jahr Entwicklung der CO 2 -Emissionen 324 Entwicklung des Energieverbrauchs seit 2005 212 Strom -23 % 120 Diesel & Benzin -32 % Gas -73 % 1994 2004 2014 Strom Diesel Heizöl Gas Benzin Fernwärme Gleichzeitig: Steigerung der Biogaserzeugung seit 2005 um 19 % Heizöl -74 % Jörg Simon 9
Klimaschutzvereinbarung 2016 bis 2025 Verpflichtung: Weitere 10 % CO2 sparen Zweite Klimaschutzvereinbarung am 20.06.2016 unterschrieben Ziel: Bis 2025 Einsparung von 10% CO 2 - Emissionen gegenüber 2014 (jährlichen CO 2 - Ausstoß um insgesamt mind. 14.000 Tonnen CO 2 reduzieren) Aktivitäten z. B. in der Wasserver-, und Abwasserentsorgung, im Energiemanagement und in der Forschung und Entwicklung Jörg Simon 10
Klimaschutz bei den BWB Für das Erreichen der Ziele werden viele Maßnahmen umgesetzt Reduzieren des Energieeinsatzes / Effizienzsteigerung Erhöhen der Eigenenergieerzeugung / erneuerbare Energien Substitution von fossilen Brennstoffen Unterstützende Maßnahmen zur Energieoptimierung / Bewusstsein etc. Ausrichten des Energieeinkaufs / Einkauf von Grünstrom Jörg Simon 11
Energieoptimierung bei den Berliner Wasserbetrieben Konsequente KWK-Nutzung und Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Grünstrom BHKW und Mikrogasturbinen zur Verstromung von Biogas Nutzung von Wärme aus Abwasser Nutzung von Windenergie und Photovoltaik auf Betriebsgeländen Optimierung der Klärschlammverbrennung Einsatz von Elektrofahrzeugen Forschungsprojekte und -kooperationen ERWAS WINDNODE ENERWAG InfraLab Jörg Simon 12
Entwicklung des Energiebedarf Jörg Simon 13
Eigenenergieerzeugung in Klärwerken 63 % des Strom- und Wärmebedarfs aller Klärwerke werden heute aus erneuerbaren Energien erzeugt: Klärgas bzw. Klärschlamm. 53% 66% 84 % 61% 63% 80% 77% 35% 29% 17% 7% 6% 5% Ruhleben Waßmannsdorf Schönerlinde Stahnsdorf Münchehofe Wansdorf Eigenerzeugung Strom und Wärme Windräder Anteil an Gesamtreinigungsmenge Jörg Simon 14
Energiebedarf in der Abwasserentsorgung Konsequente Steigerung der eigenen Strom- und Gaserzeugung 55 % des Strombedarfs und 96 % des Wärmebedarfs aller Klärwerke werden heute aus dem erneuerbaren Energieträger Klärschlamm bzw. Klärgas erzeugt Eigenerzeugung des Klärwerks Schönerlinde wird sukzessive ausgebaut (BHKWs, Mikrogasturbinen, Windräder). Bereits heute versorgt sich das Klärwerk Schönerlinde zu etwa 84 % bilanziell selbst mit der benötigten Energie. Jörg Simon 15
Solarenergie in unseren Werken Eine der größten Solaranlagen Berlins steht im Wasserwerk Tegel. Kollektorfläche: 5.434 m² Stromleistung: 560 kwp Stromertrag: 486 MWh Die Menge reicht für die Trinkwasserversorgung von 24.000 Menschen Jährliche CO2 Ersparnis: 280 t CO 2 Betriebsdauer mehr als 20 Jahre Jörg Simon 16
Energie aus Windkraft Zwei Windräder stehen beim Klärwerk Schönerlinde. Zwei Windkraftanlagen mit je 2 Megawatt Leistung Inbetriebnahme im Dezember 2012 Gesamtkosten 11,2 Mio. bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit Jährliche CO2 Ersparnis: 8.600 t CO 2 Jörg Simon 17
Energie aus Klärschlamm aktuelle Klärschlammmenge 93.000 t/a TM werden verwertet intern extern 60 % 40 % Klärschlammmonoverbrennungsanlage Ruhleben 24.900 MWh Eigenenergieerzeugung entwässerter Schlamm Kraftwerke Mitverbrennung getrockneter Schlamm Zementwerke Landwirtschaftl. Verwertung keine Option Jörg Simon 18
Einsatz von Elektrofahrzeugen 62 Fahrzeuge des BWB- Fuhrparks werden in 2017 durch Elektrofahrzeuge ersetzt, damit sind es insgesamt 82 Elektrofahrzeuge Aufbau einer Ladeinfrastruktur an dezentralen Standorten Entwicklung eines intelligenten Lademanagements Systemdienliche Integration von Speichereinheiten an dezentralen innerstädtischen Standorten Jörg Simon 19
Wärme aus Abwasser IKEA Landsberger Allee IKEA Landsberger Allee erstmalig in Berlin Wärmetauscher an Abwasserdruckleitung 210 m Doppelmantelrohr-Wärmetauscher, Anschlussleistung 1,5 MW erzeugt rund 75 % Heizleistung im Winter und 100 % Kühlleistung im Sommer 770 t CO 2 werden jährlich vermieden Jörg Simon 20
Wärme aus Abwasser Abwasserwärme als regenerative Energie Schwimmhalle Schöneberg (Förderung durch EU) Freispiegelkanal Wärmetauscher: 167 kw, 90 Tonnen CO 2 -Einsparung Jörg Simon 21
WindNODE Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands Förderprogramm: Schaufenster intelligente Energie (SINTEG) Digitale Agenda für die Energiewende Partner: Über 40 Verbundpartner, Konsortialführung 50 Herz Berliner Wasserbetriebe als einziges Unternehmen aus der Wasserwirtschaft in den SINTEG-Projekten Quelle: WindNODE Jörg Simon 22
WindNODE - Arbeitspakete Arbeitspaket 6: Neue Flexibilitätsoptionen 6.1a: Elektromobilität und Batteriespeicher: Gesteuertes Laden bei einer batteriegetriebenen Nutzfahrzeugflotte Arbeitspaket 7: Flexibilisierung industrieller Lasten 7.5: Lastverschiebepotenziale in der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Quelle: WindNODE Jörg Simon 23
Forschungsprojekt Forschungsprojekt Energieeffizienz in der Wassergewinnung, Projektpartner BWB, DVGW-Forschungsstelle TUHH, Hamburg Wasser Untersucht wurde u.a. der Energieverlust in der Berliner Wassergewinnung Zwischenergebnisse: Für die Wassergewinnung benötigen die BWB rd. 100 GWh Energie jährlich. Wesentliche Energieverluste bestehen im Rohwasser und im Reinwasser. Energiebedarf Wassergewinnung Größtes Verbesserungspotenzial bei Brunnenpumpen (5-30 %) Größtes Verbesserungspotenzial bei Betriebsweise durch Einsatz von Drehzahlregelung (10-20 %) Senkung des Energieverlustes um ca. 7 % des Gesamtenergieverbrauchs scheint möglich (Investitionen notwendig) Jörg Simon 24
Leitungswasser Hochwertig und umweltfreundlich Pro Liter ungekühltes Mineralwasser entstehen 211 g CO 2 -Emissionen Pro Liter ungekühltes Leitungswasser entstehen 0,35 g CO 2 -Emissionen Berlin trinkt jährlich 469,2 Mio. Liter Wasser Würde Berlin Leitungswasser statt Mineralwasser trinken, könnten die CO 2 -Emissionen um rund 100.000 Tonnen/Jahr gesenkt werden. Jörg Simon 25
Berliner Stadtwerke: Öko-Strom von hier Ansiedlung bei den BWB Volksentscheid Neue Energie Berlin im November 2013 599.588 Stimmen für Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung Berliner Abgeordnetenhaus Beschluss zur Gründung eines Berliner Stadtwerks Gründung der Berliner Stadtwerke GmbH im Juni 2014 als kommunales Tochterunternehmen der Berliner Wasserbetriebe Ursprüngliche Aufgaben Erzeugung ausschließlich erneuerbarer Energien Verkauf von eigenproduzierter Energie Energiewirtschaftliche Dienstleistungen Koalitionsvertrag Ausbau der Berliner Stadtwerke klare gesetzliche Regelungen Finanzielle Ausstattung von 100 Mio. 04.05.2017 Jörg Simon Nachhaltige Synergien 26
Ausblick und Fazit Unternehmen der Wasserwirtschaft sind Umweltunternehmen Energieeffizienz und CO 2 -Reduzierung sind wichtige Zukunftsthemen unserer Branche Wasserwirtschaft ist wichtiger Partner der Kommunen bei der Lösung des CO 2 -Problems Zukünftige Anforderungen an die Reinigungsleistung der Anlagen müssen auch vor dem Hintergrund des Energieverbrauchs und der CO 2 -Bilanz bewertet werden Synergien zwischen den Berliner Wasserbetrieben und den Berliner Stadtwerken Jörg Simon 27