Kompromissvorschlag zum Themenkomplex "Innere Sicherheit"

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Transkript:

Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung Arbeitsunterlage 0111 Zur internen Verwendung Thomas Strobl, MdB Kompromissvorschlag zum Themenkomplex "Innere Sicherheit"

Postanschrift: 11011 Berlin Platz der Republik 1 'Thomas Strobl Mitglied des Deutschen Bundestages Abgeordneter des Wahlkreises Heilbronn Obmann der CDU/CSU Fraktion im Innenausschuss Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung Herren Vorsitzende Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber MdL Fraktionsvorsitzender Franz Müntefering MdB Per Fax: 01888/9100-653 Abgeordnetenbüro Berlin: Paul - Löbe - Haus (Am Reichstag) Eingang: Paul Löbe Allee 2 S - Bahn Haltestelle: Unter den Linden Bus (Linie 100) Haltestelle: Reichstag / Bundestag Telefon: 030 / 227-72542 Telefax: 030 / 227-70132 E-Mail: thomas.strobl@ bundestag.de Wahlkreisbüro Heilbronn: 74076 Heilbronn Schaeuffelenstraße 13 Bus: Linie 5; 12 Haltestelle: Hallenbad Telefon 0 71 31 / 9 82 42 0 Telefax 0 71 31 / 9 53 92 3 E-Mail thomas.strobl@wk. bundestag.de Internet: http:\\www.thomas-strobl.de 16.12.04 Sehr geehrte Herren Vorsitzende, obwohl es im Kompetenzfeld der Inneren Sicherheit derzeit noch keine Einigung gibt, besteht Einvernehmen, dass die Sicherheitsstrukturen unseres Landes den neuen Bedrohungen angepasst werden müssen. Gemeinsames Ziel ist, den Gefahren des internationalen Terrorismus angemessen begegnen zu können und für mögliche Großkatastrophen gewappnet zu sein. Im Zentrum der Diskussion in der Kommission stehen Fragen einer möglichen Kompetenzerweiterung des Bundes bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, im Bereich des Katastrophenschutzes sowie die Frage nach einem möglichen Bundeswehreinsatz im Innern. Obwohl es durchaus Unterschiede in den Vorschlägen zur Balance zwischen Bundes- und Landeskompetenzen in den verschiedenen Bereichen der Inneren Sicherheit gibt, bin ich der Überzeugung, dass bei einer Versachlichung der Debatte ein Kompromiss gefunden werden kann. Ich sehe weite Schnittmengen in den Positionen hinsichtlich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Auch bei der Frage des Bundeswehreinsatzes im Innern sehe ich Einigungsmöglichkeiten. Jetzt haben wir die Chance, Strukturen neu zu ordnen, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und unsere Sicherheitsarchitektur den Herausforderungen unserer Zeit anzupassen. Nachdem im Bereich der Inneren Sicherheit bis zur Stunde noch keine Einigung erzielt wurde, möchte ich Ihnen im Vorfeld unserer abschließenden Sitzung am Freitag nachfolgend einige Kompromissvorschläge unterbreiten, die zu Lösungen führen könnten. Ich habe in meine Vorschläge die Vorstellungen des Kollegen Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) einbezogen. I. Verbesserung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch eine sinnvolle Einbindung des Bundeskriminalamtes Grundsätzlich ist eine effektive Vorfeldermittlung notwendig, um den Bedrohungen des internationalen Terrorismus angemessen begegnen zu können. Da Anschläge durch den

2 internationalen Terrorismus meist nicht nur ausschließlich ein Bundesland bedrohen, könnte es sinnvoll sein, eine übergeordnete Koordinations- und Ermittlungsinstanz zu implementieren und dem Bundeskriminalamt eingeschränkte Befugnisse zur präventiven Ermittlung in Bereichen des internationalen Terrorismus zukommen zu lassen. Ich darf zunächst noch einmal den Vorschlag von Kollegen Herr Dr. Wiefelspütz in Erinnerung rufen: Nach Artikel 73 Nr. 10 GG wird folgende Nr. 10a eingefügt: 10 a. die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landesbehörde nicht erkennbar ist, die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht oder sofortiges Handeln erforderlich ist. [Keine Zustimmungsbedürftigkeit für Gesetze nach Artikel 73 Nr. 10a neu GG]. Ich möchte hierzu Folgendes anmerken: Nach dem Vorschlag gibt es vier Szenarien, die ein Tätigwerden des Bundes auslösen: 1. Es handelt sich um eine länderübergreifende Gefahr; 2. die Zuständigkeit einer Landesbehörde ist nicht erkennbar; 3. die oberste Landesbehörde ersucht um Unterstützung oder 4. sofortiges Handeln ist erforderlich. Bei den Ziffern 1.-3. handelt es sich meines Erachtens um Umstände, die ein Tätigwerden des Bundes sinnvoller Weise begründen könnten. Problematisch ist jedoch der vierte Punkt. Die Formulierung oder sofortiges Handeln erforderlich ist stellt eine Generalklausel dar, die dem Bund letztlich eine Allzuständigkeit in diesem Bereich eröffnen würde. Dies ist weder sachlich geboten, noch im Sinne einer vernünftigen Balance der Zuständigkeiten wünschenswert. Ich meine auch, dass das Hinzufügen einer Generalklausel nicht geboten ist, nachdem zuvor explizit Szenarien aufgezählt wurden, die ein Tätigwerden des Bundes sinnvoll begründen. Zudem sieht dieser Vorschlag keine Zustimmungsbedürftigkeit der Gesetze nach Artikel 73 Nr. 10a neu GG vor, so dass letztlich auch die Ausfüllung dieser Generalklausel allein dem Bund unterliegen würde. Besteht jedoch Konsens über die Notwendigkeit der Kooperation und Koordination, wäre es sinnvoll, die Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen nach Artikel 73 Nr. 10a neu GG und damit ein einvernehmliches Vorgehen vorzusehen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung auch der weiteren vorliegenden Vorschläge könnte aus meiner Sicht folgender Kompromiss denkbar sein: Nach Artikel 73 Nr. 10 GG wird folgende Nr. 10a eingefügt: 10 a. die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt und die Zuständigkeit einer Landesbehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht. [Gesetze nach Artikel 73 Nr. 10a neu GG bedürfen der Zustimmung des Bundesrates] II. Optimierung des Zivil- und Katastrophenschutzes Die Bekämpfung des Elbehochwassers im Sommer 2002 hat erneut die unabdingbare Mitwirkung der Bundeswehr bei der Bekämpfung und Bewältigung von Naturkatastrophen deutlich gemacht. Nach der bisherigen Rechtslage herrschen jedoch Unklarheiten über die

3 Bewältigung von Ereignissen, die über originäre Naturkatastrophen hinausgehen. Deshalb sollte ein Weg gesucht werden, die Mitwirkung der Bundeswehr zur Abwehr und Bekämpfung - neben Naturkatastrophen - bei allen sonstigen Ereignissen mit außergewöhnlichen Gefährdungspotentialen für Menschen, bedeutende Sachwerte und Lebensgrundlagen, die den Katastrophenfall auslösen, sicherzustellen. Der Vorschlag von Herrn Dr. Wiefelspütz sieht zur Verbesserung des Zivil- und Katastrophenschutzes Folgendes vor: 1. Art 35 Abs. 3 erhält folgende Fassung: Gefährdet die (Natur)Katastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern einzelne Maßnahmen koordinieren, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte oder Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen den betroffenen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten und Einrichtungen der Katastrophenhilfe des Bundes, des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur [_] Unterstützung der Polizei [_] oder anderer Kräfte und Einrichtungen einsetzen. Das Gleiche gilt bei (Natur)Katastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, die ein betroffenes Land nicht bewältigen kann, auf Antrag dieses Landes. Maßnahmen [_] nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im Übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben. 2. Artikel 73. Nr. 10 GG wird wie folgt ergänzt: 10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder d) zum Schutz der Bevölkerung (Zivil- und Katastrophenschutz), [Keine Zustimmungsbedürftigkeit für Gesetze nach Art. 73 Nr. 10 GG) Hierzu möchte ich folgendes anmerken: 1. Zu Artikel 35 Abs. 3 GG Die vorgesehene Ersetzung des Wortes Naturkatastrophe durch das Wort Katastrophe ist eine notwendige Anpassung an mögliche Bedrohungsszenarien. Nicht zweckmäßig erscheinen mir jedoch die weiteren Ergänzungen des Art 35 Abs. 3 GG. Dieses möchte ich im Einzelnen begründen. a) Zu oder Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen den betroffenen : Der Einschub dieser Formulierung würde eine Weisungsbefugnis des Bundes gegenüber der Vielzahl von Kräften und Einrichtungen anderer Verwaltungen der Länder Feuerwehren etc. begründen. Davon sollte bereits aus Gründen mangelnder Sachnähe Abstand genommen werden. Die Länder verfügen über weit reichende und umfassende Erfahrungen mit ihren Einsatzkräften und Einrichtungen sowie den erforderlichen Überblick hierüber. Dieser fehlt dem Bund in den einzelnen Ländern. Es wäre wenig sinnvoll, gut funktionierende Strukturen der Weisung dem auf diesem Gebiet unerfahrenen Bund zu überantworten. Nicht zuletzt hat jüngst die Krisenmanagementübung LÜKEX 2004 die effektiven Koordinationsund Steuerungsinstrumentarien der Länder im Katastrophenschutz bestätigt. b) Zu Einheiten und Einrichtungen der Katastrophenhilfe des Bundes, des Bundesgrenzschutzes und der und oder anderer Kräfte und Einrichtungen : Diese Formulierungen werfen die Frage auf, welche Einheiten und Einrichtungen der Katastrophenhilfe des Bundes gemeint sind. Diese Frage wird schwerlich zu beantworten sein, da der Bund keinerlei Kompetenzen, geschweige denn Einheiten und Einrichtungen, im

4 Bereich des Katastrophenschutzes besitzt. Eine Schaffung solcher Kräfte und Einrichtungen wäre aber kein Fortschritt hin zu einer effektiveren Sicherheitsarchitektur, da das Problem derzeit weniger die Anzahl von Kräften und Einrichtungen, als vielmehr deren Koordination und Zuständigkeiten ist. Vor diesem Hintergrund könnte aus meiner Sicht ein Kompromiss darin bestehen, das Wort Naturkatastrophe durch das Wort Katastrophe in Art. 35 Abs. 3 GG zu ersetzen. 2. Zu Art. 73 Nr. 10 d) GG Der vorige Vorschlag trägt dem Bedürfnis nach einer Verbesserung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes Rechnung. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Doch ist es nicht notwendig, dieses Zusammenwirken auch für den Einsatzfall durch eine ausschließliche Gesetzgebung des Bundes zu regeln. Für den Einsatzfall sind die Möglichkeiten des nach den Vorschlägen geänderten Artikels 35 Abs. 3 vollkommen ausreichend. Es ist daher zweckmäßig, die notwendige Koordinierung für präventive Maßnahmen wie die Besorgung von Impfstoffen etc. - der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes zu überantworten. Da es sich in diesem Fall wiederum um Koordination und Zusammenarbeit handelt, ist es zudem angebracht, diese notwendige Koordination durch die Zustimmungsbedürftigkeit einer entsprechenden Norm zu unterstreichen. Folgende Änderung wäre hier vorzunehmen: 1. Artikel 73 GG wird um folgende Nr. 12 ergänzt: die Koordinierung bei der Bevorratung, Beschaffung und Bereitstellung von Mitteln zur Bewältigung von (Natur)Katastrophen und besonders schweren Unglücksfällen, die das Gebiet mehr als eines Landes gefährden. Artikel 73 GG wird um folgenden Absatz 2 ergänzt: (2) Gesetze nach Absatz 1 Nr.12 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. III. Effektivere Nutzung der Mittel und Fähigkeiten der Bundeswehr im Innern 1. Schutz vor terroristischen Bedrohungen aus der Luft Der Vorschlag von Kollegen Dr. Wiefelspütz lautet wie folgt: 1.Art 35 Abs. 2 GG erhält folgende Fassung: Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedrohung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei der Verhinderung einer unmittelbar drohenden Katastrophe oder eines unmittelbar drohenden besonders schweren Unglücksfalls oder bei der Bewältigung ihrer Folgen kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern. Die Verpflichtung zur Amtshilfe nach Absatz 1 bleibt unberührt.

5 2.Hinweis: Zur Vermeidung eines Gegenschlusses ist bei Art 35 Abs. 3 GG auch dort Klarstellung angezeigt, dass Katastrophenhilfe des Bundes auch zur Verhinderung einer unmittelbar drohenden Katastrophe oder eines besonders schweren Unglücksfalles oder bei der Bewältigung ihrer Folgen möglich ist. Ergänzung des Eingangssatzes von Art. 35 Abs. 3 GG: Gefährdet die unmittelbar drohende oder bereits eingetretene (Natur)Katastrophe oder der unmittelbar drohende oder bereits eingetretene Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, [Artikel 87a Abs. 2 GG bleibt unverändert] Hierzu möchte ich anmerken: 1. Zu Artikel 35 Abs.2 GG In weiten Teilen stellt der Vorschlag eine verfassungsrechtliche Verankerung der nach dem Luftsicherheitsgesetz geltenden Rechtslage dar. Anzumerken ist jedoch, dass sie die herrschenden Rechtsunsicherheiten nicht gänzlich beseitigt. Dies gilt zum Beispiel für den Fall, dass Maschinen der Luftwaffe Flugzeuge warnen und/oder umleiten, denn der Einsatz der Bundeswehr im Sinne des Grundgesetzes ist die Ausübung von Zwang und staatlichem Handeln. Hierauf hat Herr Kollege Dr. Wiefelspütz in der Öffentlichen Anhörung zum Luftsicherheitsgesetz am 26. April 2004 zutreffend hingewiesen (Sitzungsprotokoll, Seite 25). Diese Fälle sind nach der heutigen Rechtslage aber auch nach den jetzigen Vorschlägen von Kollegen Dr. Wiefelspütz - nicht eindeutig von der Verfassung gedeckt. Eine Klarstellung an dieser Stelle ist wünschenswert, um Rechtsunsicherheiten endgültig zu beseitigen. In voller Kenntnis der Diskussionslinien zu diesem Punkt möchte ich gleichwohl an dieser Stelle noch einmal für die aus meiner Sicht rechtsdogmatisch und praktisch sauberste Lösung werben: Für eine Beseitigung der Rechtsunsicherheiten durch eine Neufassung von Art. 87a Abs. 2 GG. Aus unserer Sicht stellt ein großes Problem dar, dass auch nach den o. a. Änderungen Rechtsunsicherheiten weiter bestehen würden. Es ist mir bewusst, dass es gegen eine solche Änderung massive politische Vorbehalte gibt. Ich meine jedoch, diese sind unbegründet, denn letztlich würde es sich für die beschriebenen Szenarien nur um eine Klarstellung des Verteidigungsbegriffes handeln. Hierauf hat auch Kollege Dr. Wiefelspütz bereits hingewiesen (Dieter Wiefelspütz, Sicherheit vor den Gefahren des Internationalen Terrorismus durch den Einsatz der Streitkräfte? in: NZWehrr 2003, 45 [56]). So ist der Verteidigungsauftrag der Streitkräfte berührt, wenn ein möglicher Anschlag aus der Luft droht. Dies ist eben nicht der Fall, wenn es sich um ein im Inland entführtes Flugzeug handelt. Bundesgrenzschutz und die Länderpolizeien verfügen nicht über die Fähigkeiten und Mittel, terroristischen Anschlägen aus der Luft angemessen zu begegnen. Diese Anwendung des Verteidigungsbegriffes kann aber logischer Weise nicht nur für ausländische Maschinen gelten. Was macht es für einen Unterschied, ob ein in Wien gestartetes Flugzeug entführt und als Waffe eingesetzt wird oder eines, das in München gestartet ist? Die Bedrohungen sind die gleichen und auch die Gegenmaßnahmen müssen die gleichen sein. Eine diesbezügliche Klarstellung des Verteidigungsbegriffes wäre demnach nur konsequent und logisch. Deswegen möchte ich noch einmal um eine entsprechende Änderung von Art 87a Abs. 2 GG werben und folgenden Vorschlag unterbreiten:

6 Art. 82 Abs. 2 GG Außer zur Verteidigung, einschließlich der Abwehr solcher Gefahren aus der Luft, die nur unter Einsatz der Streitkräfte wirksam bekämpft werden können, dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit es dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. 2. Verbesserung des Schutzes ziviler Einrichtungen vor terroristischen Bedrohungen Die Bedrohungen des internationalen Terrorismus haben zu einer außerordentlichen Belastung der Sicherheitskräfte von Bund und Ländern geführt. Besonders die Überwachung von gefährdeten Objekten bindet Polizeikräfte, die damit nicht für andere polizeiliche Aufgaben zur Verfügung stehen. In solchen Situationen könnte der Einsatz von Kräften und Fähigkeiten der Streitkräfte zum Schutz ziviler Objekte zu einer deutlichen Entlastung der Polizei führen. Möglicherweise könnte folgender Formulierungsvorschlag zu einem Kompromiss führen: 1.Art 35 Abs. 2 GG erhält folgende Fassung: Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedrohung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Im Falle von drohenden länderübergreifenden Gefahren durch den internationalen Terrorismus kann ein Land Streitkräfte zur Unterstützung seiner Polizei beim Schutze von zivilen Objekten anfordern, wenn die Unterstützung durch Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes nach Nr.1 nicht ausreicht und zu deren wirksamem Schutz der Einsatz militärischer Mittel und Fähigkeiten erforderlich ist. Zur Hilfe bei der Verhinderung einer unmittelbar drohenden Katastrophe oder eines unmittelbar drohenden besonders schweren Unglücksfalls oder bei der Bewältigung ihrer Folgen kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern. Die Verpflichtung zur Amtshilfe nach Absatz 1 bleibt unberührt. 2.Hinweis: Zur Vermeidung eines Gegenschlusses ist bei Art 35 Abs. 3 GG auch dort eine Klarstellung angezeigt, dass Katastrophenhilfe des Bundes auch zur Verhinderung einer unmittelbar drohenden Katastrophe oder eines besonders schweren Unglücksfalles oder bei der Bewältigung ihrer Folgen möglich ist. Ich hoffe, dass angesichts der vermutlich leider noch sehr lange anhaltenden extrem großen Gefährdung durch den internationalen Terrorismus eine Einigung auf Basis dieser Kompromissvorschläge noch möglich ist. Mit freundlichen Grüßen