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Transkript:

1 Berlin, im November 2009 Stellungnahme Nr. 52/09 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Ausschuss Ausländer- und Asylrecht Überarbeitung der Altfallregelung ( 104a, 104b AufenthG) Mitglieder des Ausschusses: Rechtsanwältin Susanne Schröder, Blumenauerstraße 1, 30449 Hannover (Vorsitzende und Berichterstatterin) Rechtsanwalt Helmut Bäcker, Klingerstraße 24, 60313 Frankfurt/M. Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Breidenbach. Universitätsring 12, 06108 Halle Rechtsanwalt Dr. Marco Bruns, Große Friedberger Straße 16-20, 60313 Frankfurt/M. Rechtsanwalt Victor Pfaff, Allerheiligentor 2-4, 60311 Frankfurt/M. Rechtsanwältin Silke C. Schäfer, Papendiek 24-26, 37073 Göttingen (Berichterstatterin) Rechtsanwalt Rainer Schmid, Vorstadtplatz 15, 72202 Nagold Rechtsanwalt Rolf Stahmann, Rosenthaler Straße 46/47, 10178 Berlin zuständige DAV-Geschäftsführerin: Rechtsanwältin Bettina Bachmann

2 Verteiler: Bundesministerium des Innern Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Landesministerien und Senatsverwaltungen des Inneren UNHCR Deutschland Katholisches Büro in Berlin Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland Bundesrechtsanwaltskammer Deutscher Richterbund Bund Deutscher Verwaltungsrichter PRO ASYL, Bundesweite Arbeitsgruppe für Flüchtlinge e. V. Deutscher Gewerkschaftsbund (Bundesvorstand) Neue Richtervereinigung (NRV) Vorsitzende der DAV-Gesetzgebungsausschüsse Landesverbände des DAV Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht NVwZ ZAR Asylmagazin ANA

3 Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der DAV mit derzeit ca. 67.000 Mitgliedern vertritt die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Anlässlich der vom 02.12.-04.12.2009 stattfindenden Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder wendet sich der Deutsche Anwaltverein an die Teilnehmer der Konferenz. Der Deutsche Anwaltverein dankt für die Bereitschaft, es nicht beim gegenwärtigen Rechtszustand zu belassen und bittet, die bisher in 104a, 104b AufenthG geregelte Altfallregelung grundlegend zu überarbeiten und dabei die im Folgenden genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen. I. Hintergrund Weder die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 noch die Altfallregelung der 104a, 104b AufenthG haben in ihrer bisherigen Gestalt dazu geführt, dass der überwiegende Teil der langjährig in Deutschland nur mit einer Duldung lebenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach 23 Abs. 1 AufenthG erhalten konnte. Nach wie vor lebt eine große Anzahl von Ausländern im Bundesgebiet, deren Abschiebung ausgesetzt ist oder die nur eine Aufenthaltserlaubnis nach 104a AufenthG besitzen. Bei diesen besteht zurzeit nicht die Aussicht, dass sie in ihr Heimatland zurückkehren können. Sie haben auch keine Perspektive, einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erhalten. Familien mit Kindern sind ebenso wie alleinstehende Erwachsene und Eltern, deren Kinder bereits volljährig sind, betroffen. Dieser Zustand ist weder unter Menschenrechtsaspekten noch aus wirtschaftlichen Gründen weiter hinnehmbar. Abgesehen davon, dass diese Menschen in einem Zustand permanenter Unsicherheit leben, werden sie, soweit der Aufenthalt nur geduldet ist, davon abgehalten, zu ihrem eigenen Lebensunterhalt beizutragen.

4 Auch diejenigen Personen, die zunächst von der Altfallregelung profitiert haben, aber lediglich eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhielten, müssen nun erneut um ihr Aufenthaltsrecht bangen, weil die Voraussetzungen für die Verlängerung in 104a Abs. 5 AufenthG für viele aus Gründen, die sie oftmals nicht zu vertreten haben - nicht erfüllbar sind. Vor diesem Hintergrund ist die existierende Altfallregelung grundlegend zu überarbeiten: I. Herstellung der Fiktionswirkung Der Deutsche Anwaltverein ersucht die Innenminister und Innensenatoren darauf hinzuwirken, dass 104a Abs. 5 S. 5 AufenthG gestrichen wird. Die bisherige Regelung führt dazu, dass nach dem 31.12.2009 eine Vielzahl von Betroffenen, die bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe waren, ausreisepflichtig sein werden, weil noch nicht über ihren Verlängerungsantrag entschieden worden ist, dieser aber keine Fiktionswirkung haben soll. Dies führt zu einer außerordentlichen Belastung der Ausländerbehörden und damit zu einer erhöhten Gefahr von Fehlentscheidungen, da von den Behörden verlangt wird, innerhalb kürzester Zeit, die komplizierten Voraussetzungen für die Verlängerung prüfen zu müssen. Insbesondere diejenigen Personen, die am 31.12.2009 eine Arbeitstelle haben, möglicherweise aber trotzdem die Voraussetzungen des 104a Abs. 5 AufenthG nicht erfüllen, müssen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen, da ihnen die Erwerbstätigkeit nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis nicht mehr gestattet ist. Es muss daher darauf hingewirkt werden, dass die Fiktionswirkung wieder hergestellt wird. II. Einreisestichtag Der DAV hält es außerdem für erforderlich, künftig auf die Festlegung eines Einreisestichtages zu verzichten. Die bisherige Regelung führte dazu, dass eine Vielzahl von Menschen nicht von der Altfallregelung profitieren konnte, obwohl sie möglicherweise alle anderen Voraussetzungen erfüllten. Inzwischen leben heute bereits wieder über 60.000 Geduldete seit über sechs Jahren im Bundesgebiet.

5 Die Tatsache, dass es auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes nach wie vor zu Kettenduldungen kommt, erfordert eine flexible Lösung, wonach ein Bleiberecht gewährt werden kann, wenn der Betreffende sich mehrere Jahre geduldet im Bundesgebiet aufhält. Dies gilt nicht nur für Familien mit minderjährigen Kindern, sondern auch für Erwachsene, die ebenfalls nach mehreren Jahren in Deutschland verwurzelt sein können. III. Sicherung des Lebensunterhalts Die Regelung des 104a Abs. 5 S. 1 bis 4 AufenthG kann in der jetzigen Form keinen Bestand haben. Zahlreichen Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten haben, wird es nicht möglich sein, die Anforderungen der Lebensunterhaltssicherung zu erfüllen. Dies liegt sowohl darin begründet, dass sich die Wirtschaftkrise insbesondere auf den Arbeitsmarkt der ehemaligen Geduldeten ausgewirkt hat und noch stärker auswirken wird, als auch darin, dass viele der Betroffenen vor der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis über Jahre vom Arbeitsmarkt ferngehalten wurden. Dies macht es vielen Menschen insbesondere Familien mit Kindern unmöglich, Einkommen zu erzielen, mit denen sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie von Anfang an ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichern können. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass diese Anforderungen durch die Entscheidung des BVerwG vom 26.08.2008 (1 C 32.07) weiter verschärft wurden, indem nun auch die Anrechnung der Freibeträge des 30 SGB II verlangt wird. Aber auch alte oder kranke Menschen sind zumeist nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt eigenständig zu sichern. Die Ausnahmeregelungen in 104a Abs. 6 AufenthG fangen dies nicht auf, denn die Ausnahmefälle sind restriktiv formuliert und für diesen Personenkreis nicht erfüllbar. Eine humanitäre Lösung darf diesen Personenkreis nicht ausschließen. Das Aufenthaltsgesetz kennt Ausnahmen von dem Erfordernis der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts in 5 Abs. 3 AufenthG, wonach bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen auf dieses Erfordernis verzichtet werden kann.

6 Es wird daher vorgeschlagen, hinsichtlich der Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts darauf abzustellen, ob der Betroffene die Tatsache, dass er öffentliche Mittel in Anspruch nehmen muss, zu vertreten hat (vgl. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG). IV. Ausschlussgründe Die große Anzahl von Ausschlussgründen hat ebenfalls dazu beigetragen, den Erfolg der bisherigen Altfall- bzw. Bleiberechtsregelungen zu verhindern. Der Deutsche Anwaltverein fordert daher die Innenminister und Innensenatoren auf, künftig auf die Normierung von Ausschlussgründen zu verzichten. Dies betrifft insbesondere die bisher als Ausschlussgrund geltende Verletzung von Mitwirkungspflichten, Täuschung über Personalien und die geringe Tagessatzhöhe von 50 bzw. 90 Tagessätzen Geldstrafe. Die Regelung des 104a Abs. 3 AufenthG, wonach ganze Familien vom Bleiberecht ausgeschlossen sind, wenn ein Familienangehöriger eine Straftat begangen hat, hat den Beigeschmack von Sippenhaft und ist verfassungsrechtlich bedenklich. Weder in anderen EU-Ländern noch in anderen Rechtsgebieten werden etwaige Verfehlungen derartig langanhaltend und unpragmatisch durchgefochten. Dieser Ansatz sollte zugunsten eines Weges aufgegeben werden, der die faktische Verwurzelung der Menschen in der hiesigen Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt und auf eine Lösung zielt, die den humanitären Interessen der Betroffenen, aber auch der öffentlichen Hand gerecht wird.