AUSGABE 2/2006 DER GIFTZWERG ZEITUNG DER BÜRGERINITIATIVE»DAS BESSERE MÜLLKONZEPT - VERMEIDEN STATT VERBRENNEN«Ums Pfand betrogen Teile des Handels und der in Einweg abfüllenden Getränkeindustrie versuchen systematisch, die Verbraucher um die ihnen zustehenden Pfandbeträge zu prellen. Diesen Vorwurf erhebt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und nennt als Beispiel den Verkauf von Radeberger Bierflaschen in Six-Packs in den Penny-Märkten der Rewe-Gruppe. Die Flaschen seien ordnungsgemäß als Einwegflaschen gekennzeichnet und werden mit jeweils 25 Cent bepfandet. Allerdings seien die Flaschen mit der braunen 0,5-Liter-NRW- Mehrweg-Bierflasche identisch. Viele Rücknahmeautomaten würden deshalb nur den ermäßigten Pfandbetrag von acht Cent auszahlen. Dem Kunden gehen 17 Cent je Flasche verloren. Weil solche Machenschaften laut DUH ausgeufert sind, will der Verband spektakuläre Fälle veröffentlichen und vor Gericht bringen. Die DUH fordert Bund und Länder auf, im Rahmen der 5. Novelle der Verpackungsverordnung Regelungen zum Schutz der Verbraucher mit aufzunehmen. Dazu gehöre, dass der Pfandbetrag auf den Flaschen deutlich sichtbar zu lesen sein müsse. Zugenommen hätten auch die Klagen, dass Händler leere Flaschen nicht zurücknehmen, weil das Etikett fehlt oder sie zerbeult sind. Bitte mehr BIO in die Tonne! Durch den Ausbau der Biotonne könnte man 1,7 Mio. t organische Abfälle getrennt erfassen und dabei die Entsorgung entlasten. Dies rechnete Michael Kern vom Witzenhausen-Institut auf einer Tagung des Arbeitskreises für die Nutzbarmachung von Siedlungsabfällen (ANS) vor. Dabei ging er davon aus, dass sich in den derzeit anfallenden 14,3 Mio t Hausmüll 5,7 Mio t Biomüll befänden. Davon müsste man 30 Prozent getrennt erfassen. Diese Mengen zu verarbeiten, sei kein Problem, da derzeit rein rechnerisch freie Kapazitäten bis 6 Mio t bestünden. Das ist eben sein Beitrag zum Umweltschutz! Positiv wertete das DUH, dass im Rahmen der anstehenden Novelle das Pfand auch auf diätische Getränke und Sportlergetränke ausgedehnt werden soll. Hersteller hatten diese Schlupflöcher genutzt, um durch kleine Rezepturänderungen ihre Produkte weiterhin ohne Pfand verkaufen zu können. Dennoch sei die Neuordnung des Einwegpfandes seit 1. Mai 2006 ein Erfolg, meint die DUH. Denn: Die Getränkedose ist mausetot. -rf- Bundesweit gibt es Kern zufolge 880 Kompostierungsanlagen mit 11,1 Mio t Kapazität sowie 85 Vergärungsanlagen, die 2,3 Mio t Biomüll verarbeiten können. Dass die getrennte Erfassung von Biomüll billiger sei als dessen Entsorgung über die Restmülltonne, belegte bereits eine Studie des INFA-Instituts in Ahlen. Diese Untersuchung wurde nun aktualisiert. Ergebnis: Wegen der gestiegenen Entsorgungskosten für den Restmüll schneidet die Biotonne jetzt noch besser ab. Selbst kompostieren ist natürlich die sinnvollste aller Möglichkeiten, sofern der Platz dafür vorhanden ist und der selbst hergestellte Kompost im eigenen Garten Verwendung findet. rf- Weitere Informationen und ständige Aktualisierungen zu diesem Thema auf unserer WebSite unter http://www. dasbesseremuellkonzept-vsv.de/start/start.html
Der Giftzwerg 2/2006 Seite 2 Meine Meinung: Wilder Müll wird NICHT durch größere Abfallbehälter reduziert Im Gäuboten erschien kürzlich ein Artikel, der beinhaltete, dass angeblich das Sacksystem in Großwohnanlagen wilden Müll verursache und der Kreis wolle im Rundumschlag gleich diese mustergültige Einrichtung abschaffen. Der Tenor des Artikels war, dass das Landratsamt den wilden Müll in Verbindung bringt mit den mangelnden Entsorgungsmöglichkeiten für Kleinsperrmüll in Großwohnanlagen. Die Schleusensysteme dort würden z.b. keine Skistiefel fassen und beim Hausmeister erhältliche Säcke seien zu klein. Umweltdezernent Eisenmann geht insgesamt von dem Ansatz aus, dass größere Müll-Behälter (eine der Begründungen bei der Einführung der 120/240l Behälter) dazu führen, dass der wilde Müll zurückgeht und potenzielle Müllsünder dazu übergingen, ihre sperrigen Überbleibsel in die nun großen Eimer zu stecken. Dieser Ansatz ist falsch. Die Ablagerung von wildem Müll ist NICHT von der Behältergröße wesentlich beeinflusst. Auch wir (die BI Das Bessere Müllkonzept/VSV) haben die Beschaffenheit der Ablagerungen statistisch untersucht. Die absolute Majorität sind ganz gewöhnliche Kleinteile, die sehr wohl in Kleinsäcke passen (Skistiefel waren da nie darunter) und ein ausgedientes Sofa passt sowieso in keinen Sack. Es ist ein Trauerspiel, dass das Landratsamt diesen abstrusen Sachverhalt zum Anlass nimmt, um weiter mengenabhängige Gebührenstrukturen einzudämmen (und das Sacksystem in Großwohnanlagen ist ein Musterbeispiel für eine umweltfreundliche, müllreduzierende Gebührenstruktur). Dieses System muss erhalten bleiben. Lösung für die Reduzierung der der wilden Ablagerungen kann nur sein, den Leuten, die sich nicht scheuen, Säcke mit Kleinmüll aus dem Autofenster zu werfen oder Sofas im Wald abzustellen, deutlich zu machen, dass dies ein Gebaren miesester Art ist. In den 90er Jahren hat der Kreis in vorbildlicher Art Marketingkampagnen durchgeführt (z.b. Zeitungsanzeigen lieber lose als aus der Dose) und Abfallberater beschäftigt, die einen direkten, positiven Einfluss hatten. Dies gilt es, verstärkt wieder aufzunehmen. Marketingaktivitäten, welche die Sozialschädlichkeit und Folgen von wilden Ablagerungen deutlich machen sowie lang anhaltende Aktivitäten von Abfallberatern, die zum Beispiel einschlägige Broschüren erstellen und nicht zuletzt auf Ausländervereine zugehen, um nicht nur dort eine Bewusstseinsänderung zu erreichen. Klaus Ulbrich Müllrebellen - es gibt sie noch Elf Müllrebellen aus dem Schwarzwaldstädtchen Schönau, das eigentlich dadurch bekannt wurde, dass die Bürger der EVS (heute EnBW) deren überteuertes Stromnetz abkauften und es heute in eigener Regier betreiben, haben sich zusammengetan. Sie streben eine Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Freiburg gegen die Müllgebühren des Landkreises Lörrach an. Wenn man ihre Klagepunkte liest, kommen diese uns von der Bürgerinitiative nur allzu vertaut vor: Der Hauptvorwurf ist der, dass der Anreiz zum Müllsparen fehle. Sie bemängeln, dass der kleine 35-Liter-Eimer abgeschafft worden ist und sie fordern, dass die Grundgebühr nicht höher sein darf als die einzelnen Leerungsgebühren und nicht von der Bewohnerzahl anhängen darf. Darüber hinaus soll die Leerungsgebühr linear und nicht degressiv sein. Also: kein Mengenrabatt bei großen Eimern. Die Gruppe wirbt für Mitstreiter, die sich für 5 Euro an einer Klage beteiligen können. 194 haben sich schon angeschlossen. Angestrebt wird die Zahl von 500 Gleichgesinnten. Unsere BI wird mit ihnen Kontakt aufnehmen und unsere gesammelten auch frustrierenden Erfahrungen zur Verfügung stellen. Wir wünschen ihnen viel Erfolg, Durchhaltevermögen - und auch pekuniäres Vermögen -, denn mit 2.500 Euro werden sie nicht weit kommen. Maya Wulz... denn Naturkost kostet nicht die Welt Keimling Naturkost Tübinger Straße 37 71083 Herrenberg Tel. 07032/23132
Seite 3 Der Giftzwerg 2/2006 Energie-Betrachtungen Es steht außer Zweifel, dass die heutige Bevölkerung, vor allem die in den industrialisierten Ländern, den höchsten pro Kopf Bedarf an Energie in der Menschheitsgeschichte beansprucht. Überwiegend wird diese Energie aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas gewonnen. Wir wissen, dass diese Quellen sich beim gegenwärtigen und vor allem beim zukünftigen Gebrauch erschöpfen. Die Nutzung von Alternativen ist dringend geboten. Regenerative Energieressourcen wie Muskelkraft, Wind- und Wasserkraft, Solarenergie, über Jahrzehnte gesehen CO2-neutrale Bioenergie und die Energie der Meeresgezeiten genügen gegenwärtig dem Bedarf noch nicht. Da wäre noch die Geowärme, die zwar nicht regenerativ ist, aber in fast unerschöpflicher Menge zur Verfügung steht. Die Weiterentwicklung und der Ausbau dieser Energiequellen erfordert baldmöglichst große Anstrengungen. Die Muskelkraft ist weitgehend ausgeschöpft, vor allem im Hinblick auf geringeren Einsatz von Tieren zur Bedarfsdeckung und Anwendung von Maschinen als deren Ersatz. Wind- und Wasserkraft ist im Grunde mittelbare Solarenergie, deren Ausbau noch in gewissen Grenzen weltweit möglich ist, aber dennoch nur einen kleineren Teil des Energiebedarfs decken kann. Die unmittelbare Solarenergie bedarf einer spektralen Betrachtung: Die Sonnenstrahlung erreicht unsere Erdoberfläche in einem breiten Frequenzband: Die Infrarotstrahlung die vorwiegend thermisch und die Lichtstrahlung bis in den Ultraviolettbereich, die fotovoltaisch genutzt werden kann. Thermische Solarpanels erreichen Wirkungsgrade bis 95 %, fotovoltaische gegenwärtig bis 15 % der Stahlungsenergie. Da die überwiegende Energieform, die in Haushalten genutzt wird, letztendlich die Wärme ist, könnte die direkte Nutzung der Wärme durch geeignete Maßnahmen besser in Szene gesetzt werden. Denke man nur an die Warmwasserbeschickung von Wasch- und Geschirrspülmaschinen oder an Kochen und Kühlen mit geeigneten technischen Apparaten. Dachflächen stehen in großem Umfang ungenutzt zur Verfügung! Auch die Erzeugung elektrischer Energie durch Spiegelfelder, die Wasser verdampfen um damit Turbinen und Generatoren zu betreiben existieren bereits. Die Bioenergie, die letztlich durch Sonneneinstrahlung in Form von Pflanzen- und Tierprodukten entsteht, ist zwar auf überschaubare Frist gesehen CO2-neutral, aber endlich. Dennoch besteht auch hier noch ein großer Spielraum der Nutzung in Form von Biogasanlagen und Pelletsheizungen in Wohnhäusern. Gezeitenkraftwerke sind bisher nur in geringem Umfange verwirklicht, könnten aber einen interessanten Beitrag zur Energieversorgung leisten. Die Geowärme bietet interessante Aspekte, muss aber unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden: Die Wärmeenergie, die in der Luft und/oder in der Erdoberfläche (bis zu 100 m Tiefe) enthalten ist, wird in der Praxis mit Hilfe von elektrisch betriebenen Wärmepumpen für Gebäudeheizungen genutzt. Der Wärmewirkungsgrad dieser Pumpen liegt bei ca. 300 %. Das heißt, beim Einsatz von einer kwh Elektroenergie gewinnt man 3 kwh Wärmeenergie. Da Elektroenergie jedoch nur mit einem Wirkungsgrad von 30 35 % erzeugt werden kann, ist der Einsatz der Primärenergie hier etwa ebenso hoch wie bei einer guten Öl- oder Pelletsheizung. Tiefenbohrungen von 2000 bis 4000 Meter gestatten, an die Wärmeenergie des flüssigen Erdkerns zu kommen und diese durch Verdampfung geeigneter Flüssigkeiten für uns oberirdisch nutzbar zu machen. Solche Anlagen sind zwar sehr kostspielig und ermöglichen nur in großen Anlagen eine Verwirklichung, erschließen aber für die Menschheit eine großartige Perspektive. Die Atomenergie mit ihren bekannten Risiken und der begrenzten Verfügbarkeit von Uran ist in der heutigen Form demnach erschöpflich. Fusionskraftwerke sind noch nicht nutzbar und auch gewiss nicht ungefährlich. Auf dieses Pferd sollten wir mit den heutigen Möglichkeiten der Entsorgung von Atommüll und wegen der Gefahrenpotenziale nicht setzen. Die Sonne bietet uns ein Vielfaches unseres Energiebedarfs zu jeder Zeit -- an ausgewählten Orten. Lasst uns eine Revolution der Solarenergienutzung starten! Wir werden dafür von der künftigen Geschichte belohnt! Michael Krell
Der Giftzwerg 2/2006 Seite 4 Besuch der Umweltgruppen aus der Partnerstadt Fidenza/Italien Innovative Umweltprojekte im Oberen Gäu Mötzinger Regenwasser-Projekt und Öschelbronner Mega-Solardach besichtigt Zukunftsweisene Projekte Erneuerbarer Energien, Flächenentsiegelung mit Wasser- und Gebühreneinsparung und bürgerschaftlichem Engagement besichtigten die Gäste aus Fidenzas verschiedenen Umweltgruppen zusammen mit Mitgliedern der Herrenberger Umweltverbände DBM-VSV, BUS und BUND sowie mehreren StadträtInnen der Grünen- Fraktion im Gemeinderat. Im vergangenen September wurden die Fidentiner Freunde, Franco und Gabriella Giordani, Giuseppe und Margherita Aimi, Pini Gennari und Mann, Giorgio und Francesco Concari, Paolo Scita und Nunzia Parma, auf dem 2002 fertiggestelltem Sport-, Spiel- und Freizeitgelände in Mötzingen bei strahlendem Sonnenschein mit hausgemachten Kürbis- und Zwetschgenkuchen bewirtet. Mötzingens Kämmerer Dirk Gfrörer erklärte, wie die 30.000 Quadratmeter große Begegnungsstätte für Jung und Alt entstand: unter beispielhafter Mitwirkung von Bürgern, Vereinen, ortsansässigen Handwerkern und Firmen nach einer Bürgerbefragung 1998 innerhalb von 4 Jahren nach dem Motto: Mitmachen und Anpacken. Es wurden Eigenleistungen im Wert einer Viertel Million Euro erbracht bei Gesamtkosten von 600.000 Euro für die 3600 Einwohner zählende Gemeinde. Im Rathaus Mötzingen wurde den Fidentinern das zweite wichtige Umwelt-Projekt erläutert, das Förderprogramm für Entsiegelung, Speicherung, Nutzung, Verdunstung, Versickerung und gedrosselter Ableitung von Regenwasser, das Abwasserkosten senkt und die Umwelt schont. Projektleiter Günther Eisele führte die Besucher zu verschiedenen Grundstücken und Gebäuden, die zum Teil an Häuser, Gärten und Landschaften der Toscana erinnerten, wo das naturverträgliche Regenwasser- Förderprogramm schon umgesetzt wurde und große Resonanz bei den Mötzinger Bürgern findet: Mehr als die Hälfte der Bürger und Grundstücksbesitzer nehmen daran teil. Unter ungläubigem Staunen erfuhren die Teilnehmer, dass bislang erst zehn Gemeinden von Baden-Württemberg das vom Umweltministerium geförderte Programm umsetzen. Auf halbem Rückweg nach Herrenberg begrüßte der Gäufeldener Bürgermeister und ehemalige Landtagsabgeordnete Johannes Buchter (Bündnis 90 / Die Grünen) die Fidentiner Gruppe auf dem Gelände der Radrennbahn in Öschelbronn, die zum Jahresende 2006 ein gigantisches Solardach mit 2600 Modulen zu je 185 Kilowatt erhält und Energie für 125 Haushalte je vier Personen erzeugen wird. Zudem verwirklicht sich gleichzeitig ein Traum des Radsportvereins - ein Dach über der Radrennbahn - um in Zukunft dem maroden, noch zu erneuernden Holzbelag eine längere Lebensdauer zu geben. Sogar für eine Europameisterschaft wäre die neue Radrennbahn dann tauglich, meinte Johannes Buchter. Abschließend zeigte BM Buchter in Öschelbronn den Gästen eine im Bau befindliche private Biogasanlage. Der Impuls für die technische Anlage war die gleiche Quelle wie für die Solaranlage: das Einspeisegesetz für Erneuerbare Energien. Hatten bisher Landwirte nur wenig Geld für ihre Erzeugnisse bekommen und das Motto heißen musste: Wachsen oder Weichen, sei hier der Ertrag für den Landwirt über 20 Jahre lang gesichert. Landwirtin Kussmaul: Ich kann gut schlafen. Die vollkommen abgedichtete Biogasanlage mit einem Durchsatz von 15.500 Tonnen pro Jahr soll bis Ende Dezember 2006 fertiggestellt sein und verarbeitet dann während etwa 56 Tagen Vieh- und Pferdesubstrat, Gülle, Mist, gehäckselten Mais, Lebensmittelfette, Biokompost zu Biogas und Energie. Die Stromabnahme von 800 Kilowatt geht ins Jettinger Gewerbegebiet. Danach wird das vergorene Substrat auf den Äckern ausgebracht, wer anliefert ist auch wieder Abnehmer. Für Wachstum, Grundwasser und Atmosphäre sei die Verarbeitung besser als das rohe, unvergorene Substrat. Nach dem traditionellen Gedankenaustausch über Vereinsaktivitäten und Kommunalpolitik beim Brunch im Grünen Baum in Tailfingen Gastwirt Hemberle zeigte noch seine neue Kraftwärmekopplungsanlage, die Strom und Wärme erzeugt - verabschiedeten sich die Fidentiner Gäste bei ihren Freunden von den Herrenberger Umweltgruppen herzlich mit: Auf Wiedersehen, im nächsten Jahr in Fidenza! Irene Nestmann
Seite 5 Der Giftzwerg 2/2006 Angie aus Portishead oder: Wie eine Urlaubsbekanntschaft womöglich zum Bau einer biologisch-mechanischen Müllbehandlungsanlage führt In den neunziger Jahren verbrachte ich mit meiner Familie den Sommerurlaub in Form eines Haustausches in der kleinen englischen Stadt Portishead nahe Bristol. Gleich am ersten Abend klingelte es an der Haustür und eine etwa 12-jährige junge Dame aus dem Nachbarhaus namens Angie stattete uns einen Neugierigkeitsbesuch ab. Sie blieb bis nach Mitternacht und fühlte sich offensichtlich sehr wohl bei uns. Vor kurzem erst hatte sie in der Schule begonnen Deutsch zu lernen und probierte mutig an uns alle ihre neu gelernten Wörter aus. Viele waren es noch nicht! Obgleich sie und ihre Familie am nächsten Tag in Urlaub fuhren, riss unser Kontakt zu ihr nie ab. Jahrelang schrieben sich Angie und unsere Tochter lustige Briefe auf Denglisch, mit 15 Jahren Ein Meer aus Plastik Rund eine Million Seevögel und 100.000 Meeressäugetiere und Schildkröten gehen jährlich zugrunde an den Überresten von Plastikmüll, der in den Ozeanen treibt. kam sie dann zu uns zu Besuch. Dabei blieben ihr meine intensiven Aktivitäten in der BI Vermeiden Statt Verbrennen nicht verborgen (wie auch, wo ständig das Telefon läutete, Pressetermine durchgeführt und Plakate an- oder abmontiert wurden). Seit einiger Zeit arbeitet Angie nach abgeschlossenem Deutschstudium in der Verwaltung der walisischen Hauptstadt Cardiff und begleitete als Dolmetscherin die offizielle Delegation zur Partnerstadt Stuttgart. Dabei bekam sie Wind von den Plänen, in Cardiff eine Müllverbrennungsanlage zu bauen und stellte erstaunt fest, wie begeistert die Stuttgarter dieses Verfahren anpriesen. Das machte Angie stutzig: Offensichtlich war doch einiges von der gefährlichen und teuren Müllverbrennung und der umweltfreundlichen, Die Tiere ersticken in Sixpack-Trägern, strangulieren sich mit treibenden Netzresten oder verhungern, weil ihre Mägen mit Plastikteilen verstopft sind. So drastisch schildert Greenpeace die Folgen illegaler Abfallentsorgung durch die internationale Schiffahrt. Betroffen davon ist die Tierwelt der Nordsee ebenso wie die der pazifischen Gewässer vor Hawaii. flexiblen und kostengünstigen alternativen Müllbehandlungsmöglichkeit von ihrem lange zurückliegenden Besuch in Herrenberg hängen geblieben. Denn sie erzählte ihren Arbeitgebern, dass es durchaus eine Alternative gäbe. Das war vor einem Jahr. Jetzt, im Dezember 2006, ein Jahr nach diesem Gespräch, teilte uns unsere Freundin mit, dass eine Gruppe aus dem Cardiffer Abfallamt einen Besichtigungstermin bei der biologisch-mechanischen Müllanlage ISKA in Buchen/Odenwald wahrnehmen wird der Vorzeigeanlage, zu der massenhaft in- und ausländische Besuchergruppen pilgern. Jetzt habe ich einen kleinen Traum! Maya Wulz sieht Greenpeace in der Richtlinie für eine Meeresstrategie, die sie derzeit erarbeitet. Die Umweltorganisation fordert die Bundesregierung auf, ihre EU- Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 dazu zu nutzen, sich für einen starken Meeresschutz einzusetzen. -rf- Auch Haushalts- und Industrieabfälle fließen über die Flüsse in die Ozeane. Nach einer Studie von Meereswissenschaftlern der Nordseeanrainerstaaten gelangen jedes Jahr 20.000 t Müll in die Nordsee. Als Folge davon haben nach Angaben von Greenpeace Eissturmvögel in der Nordsee im Schnitt 0,3 g Plastikmüll im Magen. Hochgerechnet auf den Menschen sei das die Menge einer Brotdose voll mit scharfkantigen Plastikresten. Eine Chance, den Schutz der Meere voranzubringen, Moderner Ablasshandel mit Emissionsquoten
Der Giftzwerg 2/2006 Seite 6 Historisches vom Müll: Wegwerfamphoren Im römischen Weltreich wurden ein Großteil der Waren in Amphoren gefüllt: Flüssiges, wie Wein und Öl, sowie feste Stoffe und Getreide. Die Herstellung dieser Behälter war so billig, dass es teurer gewesen wäre, sie wieder zurück zum Ort der Verladung oder zum Exporteur zurückzutransportieren. Da wundert es nicht mehr, weshalb der Mittelmeerboden geradezu übersät ist mit Amphoren aus gekenterten Schiffen. -mw- Klopapier killt Wälder Täglich werden weltweit 270.000 Bäume als Papier die Toilette heruntergespült oder in Form von Taschentüchern weggeworfen. Grund: Der Großteil der Toiletten- und Hygienepapiere besteht aus Zellstofffasern von frisch gefällten Bäumen. Die Umweltstiftung WWF hat untersucht, wieviel Altpapier die fünf größten europäischen Hersteller von Klo- und Hygienepapieren für ihre Produkte einsetzen. Spitzenreiter ist SCA Tissue (Danke!) mit 69 Prozent, gefolgt von Metsa Tissue mit 53 Prozent. Kimberly Clark (40), Procter und Gamble (34) sowie Georgia Pacific (27) fielen dagegen durch eine sehr schwache Umweltleistung auf. Die fünf Unternehmen stellen mehr als drei Viertel der weltweiten verbrauchten Hygienepapiere her. Nur wenn die Produkte den Blauen Engel tragen, ist auch garantiert, dass die Herstellung aus 100 Prozent Altpapier erfolgte. Als zweitbeste Alternative empfiehlt der WWF Papiere mit dem FSC-Siegel. -rf- Kreis Böblingen auch mit Sperrmüll Spitze Nachdem Müllvermeidung auch weiterhin im Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises Böblingen keine Rolle spielt, musste Umweltdezernent Wolf Eisenmann Anfang November 2006 im Umwelt- und Verkehrsausschuss einräumen, dass der Sperrmüllberg im Landkreis weiter wächst. Während das Restmüllaufkommen aus den Privathaushalten leicht rückgängig, aber noch viel zu hoch ist, wächst der Sperrmüllberg immer stärker und katapultiert den Landkreis mit nunmehr 18.000 Tonnen (Vorjahr 14.000 Tonnen) an die Landesspitze. Ein trauriger Rekord. Dabei gibt es hervorragende Beispiele, die Sperrmüllflut einzudämmen: Unter dem Motto Tauschen statt wegwerfen fand bereits über 25 mal eine Warentauschbörse im Wechsel der Städte Böblingen und Sindelfingen statt. Zu Nachfragen, auch über die nächsten Termine, wenden sich Interessierte an die Abteilung Umwelt und Grünflächen der Stadt Böblingen, Frau Mayer unter Telefon 07031/669-556 oder an das Umweltamt der Stadt Sindelfingen, Frau Sommerer unter Telefon 07031/94-751. Auch in Herrenberg ist die jährlich zweimal stattfindende Warentauschbörse fest etabliert. Die nächsten Termine stehen bereits fest (siehe nebenstehender Kasten). Dazwischen sorgt eine wöchentlich im Herrenberger Amtsblatt veröffentlichte Sperr- Möbelbörse dafür, dass gebrauchte, aber brauchbare Sachen immer wieder neue, dankbare AbnehmerInnen finden. Auf diese Weise wird viel Sperrmüll vermeiden, der sonst im Bunker der Böblinger Müllverbrennungsanlage landen würde. Besser freilich wäre es, wenn die Idee der Warentausch-Börse auch in weiteren Städten und Gemeinden des Landkreises Schule machen würde. Unsere Bürgerinitiative liefert auf Anfrage Tipps und gibt Starthilfe zur Eigeninitiative. Ab der nächsten Giftzwerg - Ausgabe stellen wir weitere Warentausch-Börsen im Kreis vor, auf dass unser Sperrmüllberg wieder kleiner werden möge. Denn auf diesen Spitzenplatz können wir wahrlich verzichten. Helfen Sie mit! Andreas Ruoff Der Giftzwerg Zeitung der Bürgerinitiative DBM-VSV Böblingen e.v. Vorsitzender: Andreas Ruoff Domäne Niederreutin 71149 Bondorf Tel.: 07457-930672 Voicebox/Online-Fax: 01212-5-114-16-956 Fax: 07457-930675 Mail: a.ruoff@web.de Geschäftsstelle: Umweltzentrum Sindelfingen Herrenwäldlestraße 13 71065 Sindelfingen Mitgliederverwaltung: Dr. Wolfgang Wulz Goldregenstraße 6 71083 Herrenberg Mail: info@wulz.de Mitarbeiter/innen der Ausgabe 2/2006: Michael Krell Irene Nestmann Andreas Ruoff Klaus Ulbrich Maya Wulz Wolfgang Wulz (Redaktion) Homepage: www.dasbesseremuellkonzept-vsv.de Termine 2007 31. VSV- Warentauschbörse Samstag, 3. Februar, 8.30-12.30 Uhr Mehrzweckhalle Herrenberg 32. VSV- Warentauschbörse Samstag, 7. Oktober, 8.30-12.30 Uhr Mehrzweckhalle Herrenberg