P F R. T O B I A S S C H Ä F E R Lutherring 9 67547 Worms Tel. 0 62 41 61 15 Fax 0 62 41 26 5 27 Email: propst@wormser-dom.de FASTNACHTSPREDIGT 2017 (8. Sonntag, LJ A): zu: Mt 6, 24-34 Sorgt euch um nichts! Vertraut auf den Herrn! Liebe Schwestern, liebe Brüder, so wie alle Jahre wieder ist, ihr habt s vielleicht vernommen, die Fastnacht über uns gekommen. Und die Fastnacht, ich sag s in diesem Rahmen, kennt kein Pardon und kein Erbarmen. Da hilft kein Verstecken und kein Ducken Kein Lamentieren und kein Mucken; Die Fastnacht lässt hier keinen kalt, macht nicht mal vor dem Dom hier Halt. Seit Wochen kann ich nicht mehr ruhig schlafen, denn die Leut erwarten vom Pfarrer, dem braven, dass er sie an Fastnacht wie jed Jahr, ihr Leut, mit einer gereimten Predigt erfreut. Drum hab ich selbst nachts noch Stift und Papier stets griffbereit gleich neben mir, und im Fall, dass ich im Traum werd erleucht und ein griffiger Vers mir in den Sinn hinein fleucht, bin ich sofort hellwach, hab s Papier gleich gefunden; ich greife zum Stift doch der Vers ist entschwunden.
Je näher der Sonntag kommt, umso größer der Druck. Ich greif schließlich zur Bibel, schlag sie auf und guck: Da steht für diesen Sonntag geschrieben wie zum Hohn: Sorgt euch um nichts. Jeder Tag hat genug eigene Sorge schon! Drum kümmert euch nicht um das Morgen, lebt einfach in den Tag hinein und lasst das Sorgen! Lieber Herr Jesus, bin ich leise am Beten, das hilft mir nicht weiter, du hast gut reden! Hast du eine Ahnung, was für Menschen da alle zum Gottesdienst kommen? Die Gläubigen und die Zweifler, Intellektuelle und die Frommen, einfache Leute und solche, die sich für was Besseres halten, junge Familien, Kinder, die Alten, Arme und Reiche, Paare und einsame Seelen, Leute, die gut drauf sind, und andre, die schlimme Sorgen quälen, Menschen, die vielleicht in Trauer sind, weil sie den Partner verloren, andre sind gerade frisch verliebt bis über beide Ohren. Und all diese unterschiedlichen Menschen erwarten von mir, Ein Wort, das ihnen hilft und sie aufbaut, deshalb sind sie hier! Und denen soll ich sagen klingt das nicht wie Hohn: Sorgt euch um nichts! Der liebe Gott kümmert sich schon? Für mich klingt das, mit Verlaub, wie wenn an Fastnacht die Narren Für ein paar Tage gemeinsam auf Ausgelassenheit machen, und voll Inbrunst singen: Lass doch die Sorgen zuhaus! Trink, trink, Brüderlein trink - und zieh doch die Stirn nicht so kraus! Dabei weiß jeder, wie das ausgeht und was am Aschermittwoch dann blüht; Denn dann singen dieselben Narren ein ganz anderes Lied: Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da? Samt dem Kopfweg und nem Kater na dann ist ja alles klar! Sprüche wie Sorgt euch um nichts, lebt in den Tag einfach heiter, lieber Herr Jesus, nichts für ungut, das hilft niemandem weiter! 2
Und während ich mich so in meinem Frust ergehe Und dem Herrn alles an den Kopf werfe, was ich nicht verstehe, spür ich im Herzen, wie er ganz leis zu mir spricht: Mein lieber Freund, gräme dich nicht! Da hast du mich gründlich missverstanden. Die Bergpredigt ist ein Text voller Ecken und Kanten. Gerade kein billiger Trost zu erbaulicher Plaisier, frei nach der Heile, heile Gänsje -Manier: Macht euch keine Sorgen, es wird schon wieder gut! So sülz ich den Leuten nicht nach ihrer Schnut. Hier in der Bergpredigt geht s vielmehr um das Vertrauen. Ihr dürft in allen Sorgen und Nöten fest auf den Vater bauen! Euer Vater im Himmel kennt euch, er kennt eure Sorgen, er weiß was euch ängstigt, heute und morgen; er weiß, wonach ihr euch sehnt, was ihr braucht, was euch bedrückt, er weiß, wo ihr gescheitert und was euch geglückt. Er sieht alles, er interessiert sich für euch, und zwar nicht wie die NSA oder Big brother oder son Zeuch; sondern wie ein gütiger Vater, der euch von Herzen liebt. Und euch deshalb alles, was ihr wirklich braucht, gerne auch gibt. Sorgt euch nicht, bedeutet also keineswegs, auch wenn ihr s vielleicht gerne wollt, dass ihr wie ein leichtfertiger Luftikus einfach in den Tag hinein leben sollt. Jesus macht uns Mut, in all unseren Sorgen auf Gott zu vertrauen, auf den Vater, der uns liebt, sollen wir schauen; und nicht, denn genau das würde uns im Gegenteil winken, in den tausend Sorgen und Bedenken unseres Alltags zu ertrinken. Das ist gemeint, das soll die Botschaft der Bergpredigt sein. Dazu fällt mir übrigens eine kleine Parabel noch ein: Zwei Frösche sind durch einen Unglücksfalle In einen großen Eimer mit Sahne gefalle. Da schwammen sie beide in der weißen Brüh; Und gaben sie sich auch noch soviel Müh, 3
sie kamen aus dem Eimer nicht raus. Das Ende ist nah, dachte der eine, o Graus. Es gibt keine Rettung, dachte er Sorgen beladen; Was soll ich dagegen noch anstrampeln? Meine Zukunft geht baden! Und während er so über seine Sorgen nachdenkt betroffen, ist er - ratz-fatz - abgesoffen. Der andere Frosch dagegen war voller Vertrauen. Ich gebe nicht auf, Gott wird nach mir schauen! Und in der Zwischenzeit kann ich, ich hab ja sonst nix zu tun, Schritt für Schritt weiter strampeln, was soll ich denn ruhn. Er strampelt und strampelt, und auf einmal er spürt Wie es unter den Flossen fester wird. Durch all sein Strampeln und sein Treten Hat er die Sahne zu Butter getreten. Da spürt er Halt, er springt ab und jettet hinaus aus dem Eimer: Da war er gerettet. Man kann auch in den eigenen Sorgen ersaufen! Lautet die Moral von der Geschicht. Drum, Mensch, vertrau in Gott, sorge dich nicht! Er weiß, was du wirklich brauchst zu Leben; Und wird es dir, weil er dich liebt, immer rechtzeitig geben! Während ich darüber für mich noch grüble und nachsinne, meine Lieben, schau ich auf mein Blatt Papier und stell fest: die Predigt ist praktisch schon geschrieben, und sogar, genau wie s an Fastnacht will der Brauch: stell ich staunend fest: reimen tut sie sich auch! Sorgt euch um nichts, der Herr gibt s den Seinen, ihr müsst euch nicht plagen Quod erat demonstrandum, hör ich schmunzelnd den Herrn zu mir sagen. Und damit komm ich mit der Predigt zum Schluß. Wobei ich am Ende noch sagen muss: Ich hab mit der gereimten Predigt wieder erfüllt meine Pflicht: Jetzt seid ihr dran: Vergesst mir die Kollekte gleich nicht! 4
Wisst ihr übrigens, warum ich doch ganz gern meines Amtes walte Und jed Jahr an Fastnacht die Predigt in Versform euch halte? Weil ganz egal, ob euch diese Predigt erfreut, auf diese Weise dennoch einmal im Jahr, ihr Leut, ausnahmslos die ganze Gemeinde spricht: Die Predigt vom Propst heut war ein Gedicht! Wenn die Narretei in diesen Tagen nun ihren Höhepunkt erklimmt, dann wünsch ich euch viel Spass noch und viel Freude bestimmt; So wie jed Jahr die Mahnung, allen die heute gekommen: Treibt s nicht zu doll, dass mir keine Klagen kommen! Für alle Narretei wünsch ich von Herzen, euch freut s. Wir sehn uns dann wieder beim Aschenkreuz. Wenn dann alle kommen, die heute auch kamen, dann freu ich mich auch. In Ewigkeit. Amen. 5