Az.: 11 W 1377/01 Leitsatz Haben die Parteien sich vor Gericht materiell rechtlich dadurch verglichen, dass der Beklagte ein bestimmtes Verhalten verspricht, der Kläger darauf die Klage zurücknimmt und der Beklagte Kostenantrag nach 269 III ZPO stellt, haben sie aber "aus Kostengründen" ausdrücklich darauf verzichtet, den Vergleich vom Gericht protokollieren zu lassen, dann gehören die Vergleichskosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits, die der Kläger nach 269 III ZPO tragen muss. Darauf haben sich die Parteien im Sinne des 98 I ZPO gerade nicht geeinigt. In einem solchen Fall sind die Vergleichskosten gegeneinander aufzuheben. Stichworte: Vergleich keine Protokollierung Kosten 98 Satz 1 und 2 ZPO
Oberlandesgericht Dresden Aktenzeichen: 11 W 1377/01 9-O-2291/01 LG Leipzig Beschluss des 11. Zivilsenats vom 10.09.2001 In dem Rechtsstreit D T AG, vertr. d. d. D T I und S GmbH, vertr. d. d. GF Dr. N u.a., - Verfügungsklägerin und Beschwerdeführerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V & Kollegen, gegen T Z - Verfügungsbeklagter und Beschwerdegegner - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A M wegen Beschwerde
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht und Richter am Landgericht beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Verfügungsklägerin vom 20.08.2001 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Leipzig vom 01.08.2001 geändert: Die von der Verfügungsklägerin an den Verfügungsbeklagten zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 1.434,92 DM und 4 % Jahreszinsen vom 25.04.2001 an. 2. Der Beschwerdegegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. 3. Der Beschwerdewert ist 694,26 DM. G r ü n d e : Die Verfügungsklägerin wollte mit einstweiliger Verfügung den Zutritt zu einem eigenen Grundstück erzwingen über ein Grundstück des Verfügungsbeklagten. In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien zu Protokoll erklärt, wie während der Baumaßnahme der Verfügungsklägerin der Zutritt geregelt werden kann und sie haben sich verständigt, das Wegerecht im Hauptsacheverfahren auszuprozessieren. Einen Vergleich haben sie ausdrücklich nicht geschlossen. Nachdem beide Parteien ihre Verhaltensankündigungen zu Protokoll gegeben haben, nahm die Verfügungsklägerin ihren Antrag auf einstweilige Verfügung zurück, der Verfügungsbeklagte stellte Kostenantrag, das Landgericht sprach aus, dass gemäß 269 Abs. 3 ZPO die Verfügungsklägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.
Der Beklagtenvertreter beantragte, die Kosten so festzusetzen, dass ihm neben der Prozess- und der Erörterungsgebühr auch eine Vergleichsgebühr aus dem Streitwert in Höhe von 598,50 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer erstattet werde. Dagegen hat sich die Verfügungsklägerin gewehrt: Beide Parteien hätten einen Vergleich deswegen nicht protokollieren lassen, um die Vergleichsgebühr nicht anfallen zu lassen. Der Beklagtenvertreter hat dazu erklärt, er habe schon in der mündlichen Verhandlung dargelegt, es komme nicht darauf an, ob die Parteien eine Vereinbarung für einen Vergleich halten wollten oder nicht, materiell-rechtlich sei ein Vergleich geschlossen worden. Das Landgericht hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt und damit die Verfügungsklägerin verpflichtet, dem Beklagten 2.129,18 DM und 4 % Zinsen seit 25.04.2001 zu erstatten. Diesen Beschluss vom 01.08.2001 hat das Landgericht dem Klägervertreter am 10.08.2001 zugestellt. Am 20.08.2001 ging ein die Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 04.04.2001 (die Kostengrundentscheidung nach 269 Abs. 3 ZPO) mit dem Antrag, den Beschluss insoweit abzuändern, dass die Verfügungsklägerin die Kosten gemäß 269 Abs. 3 ZPO mit Ausnahme der Vergleichsgebühr der Bevollmächtigten des Verfügungsbeklagten zu tragen hat: Der Beklagtenvertreter habe auf die Erhebung der Vergleichsgebühr in der mündlichen Verhandlung verzichtet. Das hat der Beklagtenvertreter bestritten. Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 04.09.2001 die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung vom 04.04.2001 ist nicht mehr zulässig. Dieser Beschluss unterlag der sofortigen Beschwerde ( 269 Abs. 3 Satz 5 ZPO). Deren Frist ist längst abgelaufen. Diese Beschwerde war aber, nach dem Ziel des Beschwerdeführers, zu deuten in eine noch rechtzeitige sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 01.08.2001. Der Beschwerdeführer will mit Recht verhindern, dass der Beklagtenvertreter das Verhandlungsergebnis vom 04.04.2001 dahin verfälscht, dass die Verfügungsklägerin die Vergleichskosten zu tragen hat. Die Kostengrundentscheidung vom 04.04.2001 ist richtig. Schon der Beschwerdeantrag zeigt, dass der Beschwerdeführer diese Kostengrundentscheidung nicht ändern will. Er will nur verhindern, dass der Kostenfestsetzungsbeamte aus dieser Kostengrundentscheidung ableitet die
Pflicht der Klägerin, dem Beklagten eine Vergleichsgebühr zu erstatten. Da eine solche Pflicht in der Kostengrundentscheidung nach 269 Abs. 3 ohnehin nicht enthalten ist, rügt der Beschwerdeführer in Wirklichkeit den Kostenfestsetzungsbeschluss. Damit hat er im Ergebnis Erfolg. Dem Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass die Parteien im Termin vom 04.04.2001 der Sache nach einen Vergleich geschlossen haben und dass deswegen beide Anwälte einen Anspruch auf je eine Vergleichsgebühr haben. Der Beklagtenvertreter - und mit ihm das Landgericht im Kostenfestsetzungsbeschluss - geht aber zu Unrecht davon aus, dass diese Vergleichsgebühr nach 269 Abs. 3 ZPO von der Verfügungsklägerin zu tragen sei, weil sie den Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgenommen habe. Der Vergleich, der materiell-rechtlich zustande gekommen ist, hat die Kosten nicht geregelt. Deswegen ist über die Kosten des Vergleichs nach 98 Satz 1 ZPO zu entscheiden: Sie sind gegeneinander aufzuheben, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Für die Kosten des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits ( 98 Satz 2) gilt das nicht, weil die Parteien insoweit durch Rücknahme und Kostenantrag nach 269 Abs. 3 ein anderes bestimmt haben. Aus der Erklärung des Beklagtenvertreters, des Klägervertreters und der Richterin ergibt sich übereinstimmend, dass die Parteien keinen gerichtlich protokollierten Vergleich wollten und dass sie die Kosten des etwa materiell-rechtlich zustande gekommenen Vergleichs nicht geregelt haben. Darauf bezieht sich der Klägervertreter, wenn er den Versuch des Beklagtenvertreters, im Kostenfestsetzungsverfahren die Vergleichsgebühr einzuführen, als treuwidrig bezeichnet. Ist aber davon auszugehen, dass die Vergleichskosten gegeneinander aufgehoben sind, dann hat jede Partei die Vergleichsgebühr selbst zu tragen, sie ist aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss herauszunehmen. Die Vergleichsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer ist der Streitwert des Beschwerdeverfahrens. Die Verfügungsklägerin war in der Beschwerde erfolgreich, deswegen hat der Verfügungsbeklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, 91 ZPO.