E Abschlussbericht zum Auslandspraktikum am Centre for Biophotonics and Laserscience der University of Queensland, Brisbane, Australien igentlich habe ich zunächst gar nicht gezielt nach einem Praktikum gesucht. Ich hatte meinen Bachelor in Physik gerade abgeschlossen und nach meinen guten Erfahrungen mit ERASMUS in Nottingham war klar, ich wollte unbedingt nochmal für ein oder zwei Semester ins Ausland - diesmal aber bitte außerhalb Europas. Da Englisch leider meine einzige Fremdsprache ist, standen also Neuseeland, Australien und die USA zur Wahl. Diese drei Länder haben neben der Sprache eines gemein: Die Studiengebühren sind utopisch. Ich habe mich monatelang nach Austauschprogrammen und Stipendien umgesehen, aber nichts Passendes gefunden. Besonders erschwert wurde meine Suche durch den verkorksten Bologna-Prozess, denn das Stipendienangebot des DAAD ist für Master bisher noch recht dünn. Zudem muss man sich beim DAAD laut Webseite mindestens 12 Monate im voraus bewerben sehr witzig, denn 12 Monate vor Beginn meines Aufenthalts war ich noch im Bachelor, der Masterstudiengang Physik war noch nicht einmal fertig geplant, und niemand wusste so Recht, wie viele von uns denn aufgenommen werden würden. Mir war am Ende gar nicht mehr so wichtig wo genau ich lande, Hauptsache ich finde irgendeinen Weg ins Ausland. Eines Abends im Januar 2010, nach stundenlanger frustrierender Stipendiensucherei war ich dann beinahe soweit, mich dem Bologna-Prozess geschlagen zu geben. Einen letzten Anlauf nahm ich aber noch allerdings diesmal andersherum. Ich suchte nicht nach irgendeinem Stipendium, sondern fragte mich: Wo möchte ich am liebsten hin? und Was interessiert mich Fachlich?. Ich wechselte also zu Google und suchte nach Biophotonics, Australia. Fünfter Treffer von oben: Das Centre for Biophotonics and Laser Science der University of Queensland. Eine Freundin von mir hat hier an der Uni ihren Bachelor gemacht und mir viel Gutes davon erzählt. Ich bewarb mich also per Email direkt bei der Direktorin, Prof. Halina Rubinsztein- Dunlop. Ich rechnete mir natürlich keinerlei echte Chancen aus, aber Sie antwortete tatsächlich binnen ein paar Stunden - und sie war interessiert. Sie hatte bereits zuvor Studenten aus Deutschland betreut, sowohl als Doktorand oder Austauschstudent als auch als Praktikant. Nach einigem hin und her stellte sich dann heraus, dass Praktikanten sich nicht einschreiben müssen und somit tatsächlich um die Studiengebühren herum kommen. Damit war meine Idee vom Auslandspraktikum geboren. G anz genau wusste ich nicht, was mich in Australien erwarten würde, denn die Webseite, über die ich mich beworben hatte stellte sich später als veraltet heraus und somit musste ich mich auf den Inhalt von Prof. Rubinsztein-Dunlops Emails verlassen. Sie kümmerte sich allerdings mit großem Engagement um all meine Anfragen und Probleme, und deshalb hatte ich die Hoffnung, dass ich auch nach meiner Ankunft in guten Händen sein würde. Dies hat sich bewahrheitet sie persönlich hat sogar Preise im Regal stehen, die ihr außerordentlich gute Arbeit bei der Betreuung von Studenten attestieren, aber auch die
anderen Mitglieder der Forschungsgruppe haben sich die ganze Zeit über sehr gut um mich gekümmert. Einer meiner Münchener Professoren legte mir nahe, darauf zu achten, dass ich aus dem Praktikum auch etwas Schriftliches mitnehme. Am besten wäre natürlich mein Name auf einer Publikation. Darauf wagte ich allerdings nicht wirklich zu hoffen, zumal ich ja noch nicht einmal meinen Master beendet hatte und mir ohnehin schon Sorgen machte, ob mich das Praktikum in dieser auf ihrem Gebiet führenden Forschungsgruppe nicht vielleicht überfordern würde. Ich war aber frech genug, diesen Kommentar meines Professors gegenüber Prof. Rubinstein-Dunlop zu erwähnen, als es um die Auswahl meines Projektes ging und tatsächlich sieht es im Moment so aus, als könne daraus noch etwas werden. B is zum Tag meiner Abreise war ich so sehr mit weltlichen Dingen wie Visum, Versicherungsfragen und anderem Papierkram beschäftigt, dass ich keine Gelegenheit hatte, mich über Australien als Kulturkreis zu informieren. Tatsächlich kam ich im Flugzeug nach Dubai zum ersten Mal dazu, meinen Reiseführer aufzuschlagen. Nein, ich habe nicht zu spät angefangen. Tatsächlich habe ich den Papierkrieg etwa 6 Monate vor Abreise begonnen. Ein Occupational Trainee -Visa-Antrag braucht viel Papier, Zeit und ist nicht unbedingt immer erfolgreich. Viele Praktikanten benutzen deshalb halblegal ein Working Holiday Visum, aber von dieser Möglichkeit habe ich erst zu spät erfahren. Im Nachhinein war mangelnde Vorbereitung aber kein Problem: Da ich schon in England studiert hatte und mein Studiengang ebenfalls komplett in Englisch läuft, kam ein Sprachkurs für mich nicht in Frage und ich bin auch nicht der Typ, der sich in eine andere Kultur einlesen kann. Dem Reiseführer habe ich folglich auch nur das allernötigste entnommen, z.b. abweichende Gesetze und Notrufnummern. A ls ich ankam, stellte sich heraus, dass die Doktorandin, die mich eigentlich betreuen sollte, kurzfristig in die Schweiz ausfliegen musste. Deshalb sollte ich statt in der Spektroskopie zunächst in der Optical Micromanipulation Group anfangen und dann ggf. wechseln, wenn sie zurück kommt. Dazu kam es allerdings nie, denn ich verstand mich mit den Leuten in der OMG so gut und genoss das Arbeiten so sehr, dass wir gemeinsam entschieden haben, dass ich einfach dort bleibe. Die Optical Micromanipulation Group beschäftigt sich damit, wenige Mikrometer große Teilchen mit Hilfe von stark Fokussierten Laserstrahlen einzufangen und zu kontrollieren. Ich wurde einem Postdoc namens Daryl Preece - halb Schotte, halb Kanadier - zugeordnet und im Nachhinein kann ich sagen, dass ich sicher mehr als 80% meiner neuen Fertigkeiten von Ihm gelernt habe. Die ersten paar Wochen über hat Daryl mir noch sehr viel geholfen und gemeinsam haben wir ein sehr Ich und mein erstes eingefangenes einfaches Optical Tweezer (dt. Optische Pinzette) - Mikroteilchen mit dem selbst gebauten Setup für Vorführzwecke gebaut. Dabei konnte ich Setup. die Grundlagen lernen und mich mit den Komponenten vertraut machen. Nebenher haben wir versucht, einen Ultrakurzpulslaser zum
Laufen zu bekommen, allerdings haben wir diese Aufgabe nicht fertig gestellt. Nach etwa 2 Monaten bekam ich dann mein eigenes Projekt: Messung der Viskosität und Viskoelastizität auf der Mikrometer-Skala mit Hilfe rotierender Mikroteilchen in einer Optischen Pinzette. Der Aufbau für dieses Experiment war im Prinzip schon da, musste allerdings modifiziert werden und war seit einigen Monaten nicht mehr benutzt worden. Anfangs dachten wir, dass dieses Projekt sehr einfach sein und ich sehr schnell zu brauchbaren Ergebnissen kommen würde. Zunächst machte ich auch gute Fortschritte, weswegen ich beinahe auf dem Australian Institute of Physics Congress in Melbourne hätte ein Poster über mein Projekt präsentieren können. Leider kamen wir genau einen Tag zu spät auf diese Idee und ich konnte es nicht mehr einreichen. Mitfahren durfte ich aber trotzdem und ich habe diese Gelegenheit natürlich genutzt, um mir Melbourne und die Great Ocean Road anzusehen. Oben: Mein Projekt, der Wiggler Unten: Guillaume, Daryl und Ich auf der Great Ocean Road Leider sind nach unserer Rückkehr aus Melbourne nach und nach immer wieder Einzelteile des Setups zu Bruch gegangen. Zudem kam im Januar die Jahrhundertflut über Brisbane, während der die Universität geschlossen und ich deshalb bei wildfremden Leuten Schlammschippen war. Ich selbst und mein Labor waren zum Glück nicht direkt betroffen aber es hat bis zum Ende meines Praktikums gedauert, bis ich in der wöchentlichen 2011 Brisbane Floods Gruppenbesprechung endlich Daten präsentieren konnte und trotz vieler (freiwilliger) Überstunden meinerseits sind diese leider immer noch nicht publikationsreif. Ein Student übernimmt jetzt mein Projekt. Ich bin guter Hoffnung, dass er es jetzt recht schnell zu Ende bringen kann. Ein paar Wochen mehr hätten mir vielleicht Zeit gegeben, es selbst zu Ende zu führen, aber das Stipendium lässt leider maximal 6 Monate zu, und ohne finanzielle Unterstützung kann ich mir nicht leisten, hier einfach weiter zu machen. W ährend meines Aufenthalts war ich die meiste Zeit über ziemlich ausgelastet. Ich hatte offiziell jeden Tag von 9 bis 5Uhr Uni. In Wirklichkeit schert hier niemanden, wann man kommt und geht, aber es wird schon erwartet, dass man vorwärts kommt und wie schon erwähnt war das Vorwärtskommen mit dem mir gegebenen Projekt nicht immer so einfach. Meist kam ich morgens so gegen 10am, ging aber selten vor 6pm nach Hause. In der Zeit kurz vor Ende meines Praktikums, kam es auch mal vor dass ich von 9am bis 1am im Labor war dazu zwingt einen aber niemand.
Ich hatte somit nur an den Wochenenden und über die Feiertage wirklich Freizeit und die habe ich natürlich zum Bersten mit Sport und Sightseeing gefüllt, so dass ich manches Mal ziemlich geschafft aus dem Wochenende kam. Im Allgemeinen sind hier an der Universität die Arbeitsbedingungen nicht anders als in Europa, was sicher auch mit dem hohen Anteil an Europäern zusammenhängt. Die Australier betreiben genauso viel Bürokratie wie die dafür so berüchtigten Deutschen - gleichzeitig fluchen sie allerdings darüber und suchen ständig nach Möglichkeiten, drum herum zu kommen. M eine Erfahrungen von den Praktika und der Bachelorarbeit an der LMU haben mir das Arbeiten hier sicher erleichtert, z.b. hatte ich im Praktikum schon mal mit einem fs- Ti:Sa-Laser gearbeitet und wusste darüber anfangs mehr als Daryl. Außerdem wusste ich schon so ungefähr, wie es in einer Forschungsgruppe so zugeht. Da ich sehr experimentell orientiert arbeite, habe ich von der an der LMU erlernten Theorie nicht allzu viel gebraucht, abgesehen vielleicht von der Optik und den Spezialvorlesungen über Nichtlineare Optik und Laser. Ich habe hier aber vor allem neue Dinge gelernt, z.b. wie man eine Optische Pinzette baut und benutzt, Objektträger Bauen, Programmieren in LabView, Löten, Laser Ausrichten, den Umgang mit den Jungs aus der Werkstatt, Erwartungsmanagement im Kontakt mit dem Gruppenleiter, wie eine Konferenz abläuft, und vieles mehr. Auch mein Englisch ist glücklicherweise wieder auf dem Stand, auf dem es in meiner Zeit in Nottingham war nur machen sich jetzt hierzulande Leute über meinen britischen Akzent lustig. Vermutlich werde ich auch noch lernen müssen, wie man zumindest einen Teil eines Papers schreibt, denn ich soll den Abschnitt über meinen Aufbau schreiben, wenn es soweit ist. D as Praktikum hat mir großen Spaß gemacht, insbesondere wegen meiner netten Kollegen. Die Gruppe setzt sich aus sehr verschiedenen Persönlichkeiten, Nationalitäten und Altersgruppen zusammen, aber jeder wird akzeptiert, wie er ist. Die Arbeitsatmosphäre war sehr angenehm und ihre Studenten sind Prof. Rubinsztein-Dunlops erste Priorität. Ich habe mich hier sehr willkommen gefühlt und ich werde ernsthaft darüber nachdenken, für eine Doktorarbeit zurückzukommen, wenn ich meine Masterarbeit in München hinter mir habe. Die OMG, auf dem AIP-Kongress in Melbourne. V.l.: Dr. Daryl Preece, Ich, Prof.Norman Heckenberg, Prof. Halina Rubinsztein-Dunlop, Alex Stilgoe, Dr. Timo Nieminen, Dr. Theo Gregorovich. Es Fehlt: Guillaume Meaucort. Ich denke, dass Prof. Halina Rubinsztein-Dunlop offen ist für neue Praktikanten, es kommen allerdings immer mehr als ich ging, kamen insgesamt 3 neue: 2 aus Frankreich und einer aus
Indien. Somit vermute ich dass sie in Zukunft ein bisschen wählerischer sein muss. Man hat allerdings immer einen kleinen Bonus, wenn man aus Deutschland kommt sie weiß die deutsche Physikausbildung zu schätzen und die Australier allgemein assoziieren Deutsche mit Ordnung, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit und sie mögen das. P rivat hatte ich auch eine gute Zeit. Die University of Queensland hat einen sehr großen Anteil an Auslandsstudenten und somit ist während des Semesters über die Queensland Exchange Student Society (QUEST) einiges an Ausflügen geboten. QUEST gibt es aber erst seit kurzem, davor war der Beachvolleyballclub der inoffizielle Treffpunkt für Exchange-Students und ist immer noch ein heißer Tipp, wenn man Freunde von überall auf der Welt finden möchte. Es gibt aber für jedes Interessengebiet einen Club, dem man für einen mehr oder weniger kleinen Beitrag beitreten kann. Leider lag der UQBVC Ausflug nach Byron Bay Großteil meines Praktikums in den hiesigen Sommersemesterferien, sodass ich das Uni-Leben nur zu Anfang und Ende meines Aufenthalts richtig genießen konnte. Da mein Praktikum von September bis März ging, habe ich 3 Sommer hintereinander erlebt - sehr praktisch, wenn man sich privat hauptsächlich mit Beachvolleyball und Surfen beschäftigt. Ich hatte am Anfang Schwierigkeiten mit der Wohnungssuche, wollte aber zuerst mein Leben hier auf die Reihe bekommen, bevor ich zum ersten Mal zum Beachvolleyball Training des University of Queensland Beachvolleyball Clubs (UQBVC) gegangen bin. Das war ein Fehler. Ich kam gegen Ende des hiesigen Wintersemesters an, und somit waren alle brauchbaren Studenten-WGs schon belegt. Als ich dann nach fast zwei Wochen erfolgloser Wohnungssuche doch mal bei den Beachvolleyballern vorbeigeschaut und erste Kontakte geknüpft habe, lösten sich diese Probleme plötzlich von selbst: Ah, du bist also der Basti, hatte mich schon gefragt, wann du endlich auftauchst! Du wohnst erst mal bei mir, hab ohnehin ein Zimmer zu viel. Ach, und brauchst du ein Auto? - eine Freundin, die hier studiert hatte, hatte die Beachvolleyballer bereits vorgewarnt, dass ich komme. Beim UQBVC habe ich sicher die meisten meiner Freunde kennen gelernt, unter anderem Beau, einen echten Australier (findet man hier nicht alle Tage), mit dem ich für das halbe Jahr seine Wohnung und seinen Zweitwagen teilen durfte. Wir haben dann auch zusammen die Queensland State Tour gespielt. Im Gegenzug habe ich mich stark im UQBVC engagiert (unter anderem die Tonne mit den Bällen aus den Beau und ich bei den Queensland Beach Volleyball Tour State Finals
Flutwassern gefischt) und wäre wohl neuer Präsident geworden, wenn ich nur länger hier geblieben wäre. Schade. Trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten würde ich anraten, nicht im Vorfeld von Deutschland aus eine Wohnung zu suchen. Ich habe das damals bei meinem Austausch nach England gemacht und muss sagen, die Sicherheit, gleich ein Dach über dem Kopf zu haben, hat die Tatsache, dass man sich Mitbewohner und Wohnung nicht persönlich anschauen kann und den Stress mit den vielen Emails nicht aufgewogen. Zudem haben Engländer sowie Australier eine etwas andere Vorstellung davon, was man einem Studenten als Bleibe zumuten kann. An dieser Stelle auch noch ein nützlicher Tipp zum Banking: Ich habe mir kein australisches Konto besorgt, sondern ein kostenloses online Konto bei der Deutschen Kreditbank (DKB) eröffnet. Man bekommt dazu eine kostenlose Visakarte mit der man, wiederum gebührenfrei, weltweit an allen Visa-Geldautomaten Bargeld abheben kann. Ein australisches Konto hätte ich nur gebraucht, wenn ich hier gejobbt hätte das erlaubt einem das Occupational-Trainee- Visum aber ohnehin nicht außerhalb des vereinbarten Praktikums. Z um Schluss kann ich sagen, dass der gemeine Australier offen, sehr Hilfsbereit und entspannt ist. Wildfremde Leute fahren einen spontan nach Hause, wenn man sie nach dem richtigen Bus fragt. Besonders während der Flut war es erstaunlich zu sehen, wie sozial die Menschen hier eingestellt sind. Jeder hilft jedem, ohne Frage nach Herkunft oder sozialem Status. Ein Nachteil ist, dass viele relativ unzuverlässig sind. Terminabsprachen oder das Organisieren eines gemeinsamen Ausflugs kann da schon zum Problem werden, denn es werden immer spontan Leute abspringen, oder jemand bringt einfach mal spontan 10 Freunde mit. Darauf muss man sich einstellen. Es wird aber auch nie erwartet, dass jemand alles perfekt organisiert hat improvisieren ist Volkssport. In diesem Sinne: No worries!