Verfahren zur P-Rückgewinnung Phosphor im Abwasser - Emission, Reduzierung, Recycling Thilo Koegst (Universität Rostock)
P-Recycling Ressource Phosphor Marokko/ West Sahara 70% Andere 12% Syrien 2% Algerien 3% China 5% Irak 8% P-Erzreserven 2011 71 Mrd/t Jahresfördermenge 2011: 0,2 Mrd/t/a = statische Reichweite 350 Jahre 2
Abwasseranfall und Beschaffenheit Einwohnerspezifische Frachten und mittlere Konzentrationen Parameter Tägliche Fracht je Einwohner g/(e*d) Typischer Konzentrationsbereich im Abwasser mg/l CSB 110 120 700-1000 BSB5 50-60 300-500 TS 50-70 300 600 N 10-11 70-90 P 1,5 2,0 10 20 K 3,5 4,5 20-40 4
Sandfang/Fettfang Vorklärung: Belebung: Nachklärung: Fettl Primärschlamm Rücklaufschlamm Eindicker, MÜSE: Überschussschlamm Rohschlamm Entwässerung: Stoffliche Verwertung Anaerobe Stabilisierung: Prozesswasser Verbrennung 6
Stöchiometrie des heterotrophen aeroben Stoffwechsels Vereinfachte Formel für aeroben heterotrophen Stoffwechsel 3 2 + 3 + 4 + 2 106 180 16 1 + 2 + 2 265 CH O 16 NH PO 146,5 O C H N P 159 CO 199 H O ergibt: CSB : N = 20,8 : 1 CSB : P = 150:1 IST-Zusammensetzung für kommunales Abwasser: Einwohnerwerte (g/(e d): CSB: 120 N: 11 P: 1,8 ergibt CSB : N = 10,9: 1 CSB : P = 66:1 Hoher Nährstoffüberschuss! 7
Möglichkeiten der P-Elimination P-Einbau in die Biomasse P-Gehalt heterotropher Biomasse: ca. 2,5% Günstige Bedingungen für P-Elimination: Niedriges P/CSB-Verhältnis hohe spezifische Schlammproduktion (= niedriges Schlammalter) durch Bio-P ließe sich die Elimination ca. verdoppeln 8
Bio-P Bio-P Anaerob P-Rücklösung Aerob P-Aufnahme Netto- Elimination 9
Bio-P Hauptstromverfahren DN Anaerob DN N ÜS Zahlreiche verfahrenstechnische Spezifikationen möglich (z.b. Bardenpho-, UCT-, Johannesbourg-, ISAH-Verfahren) Erreichbare P-Elimination sinkt mit steigendem Schlammalter Richtwert: 0,005 0,007 * CSB Zulauf BB bei Anlagen mit anaerober Schlamm-Stabilisierung wird Phosphat teilweise wieder rückgelöst und mindert den Effekt 10
Phosphat-Fällung Fällung mit einer Metall-Kation Grundreaktion 3+ 3 4 4 Me + PO MePO 3 Nebenreaktion ( ) + + + 2 + 3 Me 3 H O Me OH 3 H Fällung mit Kalk (Anwendung vorrangig zur ph-wert-anhebung) Grundreaktion (weitere Reaktionsformen möglich) Nebenreaktion ( ) 2 4 4 2 Ca OH + H PO CaHPO + H O + OH 2 2+ 2 + 3 3 Ca CO CaCO Nebenreaktionen sind unerwünscht aber nicht vermeidbar mehr Fällmittelverbrauch mehr Schlammanfall Verbrauch von Säurekapazität 11
Möglichkeiten der P-Elimination Umsetzung der Fällung Vorfällung Simultanfällung Nachfällung Fällung und Abzug im VKB Vorteile: Entlastung Biologie Fällung von Sulfiden Mehr Primärschlamm Energie Einhaltung Rest-P für Biomasse Anwendung: Teiche, PKA, TK, STK, (Belebg.) Fällung im BB, Abzug mit ÜS Vorteile: Einfache Umsetzung Depotwirkung Beschwerung Belebtschlamm Anwendung: alle Belebungsverfahren, (TK, STK im Zulauf NK), Teiche? Fällung nach Biologie, separater Rückhalt erforderlich Vorteile: Fällung nach Bedarf Niedrige P-Konz. möglich Fällschlamm verwertbar aufwändigstes Verfahren Anwendung: alle Verfahren 13
Möglichkeiten zur P-Eliminierung auf kleinen Kläranlagen Betriebliche Optimierung Verkürzung des Schlammalters (Absenkung TS, Volumenreduktion) Einführung einer Bio-P Kostengünstig, nur bei Belebungsverfahren einsetzbar keine sichere Einhaltung von Grenzwerten Alternativsysteme Sorptionsbodenfilter Schwimmpflanzensysteme Schönungsteiche Keine sichere Einhaltung von Grenzwerten Platzbedarf, Logistik, Verwertung? Fällung Überall einsetzbar Investitions- und Betriebskosten 21
Ansatzpunkte für P-Rückgewinnung 23
Frachten in Abwasserteilströmen [g/(e d)] Urin Fäzes Grauwasser 100% 80% 47 18 71 1 1.5 0.5 1 60% 0.5 0.7 40% 20% 60 20 38 57 10.4 1 2.5 0% Daten aus DWA, 2009 10 5 CSB BSB TS (TR) N P K 24
Ansatzpunkte für P-Rückgewinnung 27
Charakterisierung der Einsatzstellen zur P- Rückgewinnung Einsatzstelle Bindungsform Kläranlagenablauf (Hauptstrom) Schlammwasser (Teilstrom) Entwässerter Faulschlamm Klärschlammasche Volumen-/ Massenstrom 200 l/(e d) 1-10 l/(e d) 0,15 l/(e d) 0,03 kg/(e d) Relativer Volumen-/ Massenstrom P-Konz. 100% < 5 mg/l 1 Relative Aufkonzentrierung Rückgewinnungs -potential bezogen auf Zulaufffracht gelöst max. 55% 0,5-5% 20-100 mg/l 4-20 gelöst max. 50% 0,075% 10 g/kg TS 2.000 Biologisch/ chemisch gebunden 0,015% 64 g/kg 12.800 Chemisch gebunden 90% 90% nach Adam & Simon (2010) 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 28
Fällung/Kristallisation gelöstes Phosphat Prinzip: Überführung gelöster Phosphate in schwer lösliche Salze Zugabe CaCl 2, Ca(OH)2 oder MgCl 2, MgO, Mg(OH) 2 Fällung als Ca 3 (PO 4 ) 2, CaHPO 4 oder Mg 3 (PO 4 ) 2, MgHPO 4, MAP Bildung von Pellets in Kristallisationsreaktor Bsp.: MAP-Fällung / Kristallisation Mg + NH + PO + 6H O MgNH PO 6H O 2 + + 3 4 4 2 4 4 2 Löslichkeit stark abhängig vom ph-wert Abscheidung durch Kristallisation anstreben sinnvoll anwendbar bei hohen Phosphat-Konzentration anaerobe Schlammbehandlung, mg/l 0 10 20 30 40 50 60 70 MAP Fällung PO4-P NH4-N 7 8 9 10 11 ph 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 29
Prozessschritte zur P-Rückgewinnung aus Klärschlamm Faulung Saurer Aufschluss Phasen- Trennung SM-Fällung, Komplexierung Faul- bzw. Klärschlamm Thermische Hydrolyse Superkritische Wasseroxidation Fällung MAP CaP FeP Schmelzvergasung P- Schlacke 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 30
Prozessschritte zur P-Rückgewinnung aus Klärschlammasche Basischer Aufschluss P < 30% SM 0% Phasen-Trennung Klärschlammasche Saurer Aufschluss P > 80%, SM 10-90% Ionen-Austausch Fest-Flüssig- Extraktion Fällung CaP FeP Protolyse Sequentielle Fällung H 3 PO 4 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 31
Entsorgung der Reststoffe? Ausgelaugter Klärschlamm Monoverbrennung SM-haltiger Reststoff Zementindustrie Co- Verbrennung Ausgelaugte Klärschlammasche Bauwirtschaft Deponie P aus Klärschlamm P- und SM-armer Klärschlamm P-armer Klärschlamm mit original SM-Gehalten SM-reicher Fällschlamm oder (Sulfidische Fällung) SM-reicher immobilisierter Körper (HDT-Verfahren) P aus Klärschlammasche Feuchte, saure Asche SM-reicher Reststoff (Schlamm, Festkörper, Flüssigkeit) 32
Verfahren zur P-Rückgewinnung Abwasser nasschemisch Klärschlamm Klärschlammasche nasschemisch thermochemisch nasschemisch thermochemisch MAP-Fällung MAP-Fällung Mephrec BioCon Mephrec DHV- Crystalactor Seaborne ATZ- Verfahren Sephos ATZ-Verfahren Phostrip Aqua-Reci PASCH SUSAN-Verfahren P-RoC Peco Tetra- Phos Ash-Dec PRISA Phosnix Thermphos Rephos KREPRO RIM NUT CAMBI PHOSIEDI PHOXNAN Budenheim ReAlPhos 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 33
Nasschemisches Recycling aus Klärschlamm Bsp.: Stuttgarter-Verfahren ph 3,0 (2012) 4,5 (2013) 5,0 (2013) Rückgewinnungsrate 62% 48% 38% Steimetz et al. (2013) 34
Nasschemisches Recycling aus Klärschlamm Bsp.: Budenheim-Verfahren CO 2 -Druck 10 bar Rückgewinnungsrate ca. 40% Schnee und Stössl (2014) 35
Nasschemisches Recycling aus Asche Bsp. TetraPhos-Verfahren 36
Kosten vs. mögliche Erlöse 37
Kostenvergleich P-Rückgewinnung Quelle: Egle et al (2014) Endbericht: Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasser 2014 UNIVERSITÄT ROSTOCK AGRAR- UND UMWELTWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT 38
Rechtliche und politische Vorgaben Düngemittelverordnung ( Studie Friedrich (2013)) Politisch beschlossener Ausstieg aus landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung Gebot zum P-Recycling nach einer Übergangsfrist Referentenentwurf zur KlärschlammVO BMU (08/215): Pflicht einer Rückgewinnung ab P-Schwellenwert im Klärschlamm von 20 g/kg TS Ausnahmen KA der GK 1 bis 3 Anforderung an Rückgewinnungsverfahren P-Rest-Konzentration < 20 g/kg TS oder Wirkungsgrad > 50% Bei Monoverbrennung ohne Rückgewinnung gesonderte Lagerung der Asche Keine Vorgabe von technischen Verfahren Übergangsfrist von 10 Jahren 39
Trends? Geschätzte künftige Entsorgungsanteile für Klärschlamm (Langenohl, 2015) Angaben in t/a 2013 2014 2015 2016 2018 2020 2022 2024 2026 Landwirtschaft 491 300 442 170 309 520 294 080 263 200 232 320 216 880 201 440 186 000 Landschaftsbau 203 700 190 000 133 000 122 625 101 875 81 125 70 750 60 375 50 000 Thermik 1 039 000 1 112 530 1 302 180 1 327 995 1 379 625 1 431 255 1 457 070 1 482 885 1 508 700 Sonstiges 60 700 50 000 50 000 50 000 50 000 50 000 50 000 50 000 50 000 42
Trends für das P-Recycling aus Abwasser? Klärschlamm mit P-Gehalt > Schwellenwert P-Recycling aus Klärschlamm Landwirtschaftliche Verwertung Monoverbrennung Deponie P-Asche P-Recycling aus Asche Deponie Mitverbrennung, Zementindustrie, Deponie 44
Take home messages einwohnerspezifische P-Fracht im Abwasser: 1,5 2 g/d P-Eliminierung in KA ab Größenklasse 4 (> 10.000 EW) Standardverfahren: Fällung In ländlichen Räumen und bei sensiblen Gewässern ggf.auch P-Fällung auch für kleinere KA-Größen sinnvoll P-Importe nach Deutschland: ca. 100.000 t/a politische Abhängigkeit, Belastung mit Schwermetallen und Radioaktivität P-Rückgewinnungspotential aus Abwasser: ca. 55.000 t/a (> 50% der Importmenge) Effiziente Rückgewinnung aus Klärschlamm oder Klärschlamm-Asche Zahlreiche Rückgewinnungsverfahren verfügbar, aber Kosten i.d.r. >> P-Preis Gesetzgebung wird P-Recycling verbindlich einführen Verstärkt Trend zur Monoverbrennung, Kapazitätsprobleme absehbar To do: großtechnische Lösungen, Pflanzenverfügbarkeit, qualitative Überlegenheit gegenüber KS und P-Dünger, Ökobilanz, Gebührenbelastung, Vermarktung 45
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 46