Benno List Universität Hamburg. VL Detektoren für die Teilchenphysik: Kalorimeter 1

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Transkript:

Kalorimeter 1 Benno List Universität Hamburg Vorlesung Detektoren für die Teilchenphysik Teil 9: Kalorimeter 1 17.12.2007 Seite 1

Literaturhinweise, Quellen Bücher T. Ferbel: Experimental techniques in high-energy nuclear and particle physics (2nd ed.), Singapore (World Scientific) 1991. C. Grupen: Teilchendetektoren, Mannheim (BI-Wiss.-Ver.) 1993. K. Kleinknecht: Detektoren für Teilchenstrahlung (4. Aufl.), Wiesbaden (Teubner) 2005. Übersichtsartikel: C. Leroy and P. Rancoita: Physics of cascading shower generation and propagation in matter: Principles of high-energy, ultrahigh-energy and compensating calorimetry, Rept. Prog. Phys. 63 (2000) 505. K. Kleinknecht: Particle Detectors, Phys. Rept. 84 (1982) 85. Review of Particle Properties: Artikel Passage of particles through matter und Particle detectors, siehe http://pdg.web.cern.ch/pdg/ Vorlesungen: M. Krammer: Detektoren, VL SS 07, http://wwwhephy.oeaw.ac.at/p3w/halbleiter/voteilchendetektoren.html. G. Steinbrück: Detektoren in der Teilchenphysik, Uni Hamburg, WS 06/07. Seite 2

Inhalt Heute: Einführung Elektromagnetische Kalorimeter: Elektromagnetische Schauer Bauformen Energieauflösung Beispiele Nächstes Mal: Hadronische Kalorimeter Hadronische Schauer Bauformen Auflösung Kompensierende Kalorimeter Neue Konzepte: Particle Flow Seite 3

Definition Calorimeters are instrumented blocks of matter in which the particle to be measured interacts and deposits all its energy in the form of a cascade of particles whose energy decreases progressively down to the threshold of ionization and excitations that are detectable by the readout media. (C. Fabjan 2000, p. 507) Vollständige Absorbtion der Teilchenenergie durch Schauerbildung Schauerteilchen erzeugen Auslesesignal Signal ist proportional zur Teilchenenergie Seite 4

Funktionsweise Hochenergetisches Teilchen wechselwirkt (el-m. oder hadronisch) -> es entstehen mehrere Teilchen mit niedrigerer Energie Prozess wiederholt sich so lange, bis Teilchenenergien unter eine Schwelle fallen, dann nur noch Ionisation Geladene Teilchen erzeugen Signal durch Ionisation, Szintillation oder Čerenkov-Strahlung Seite 5

Einteilung Zweck: Elektromagnetische Kalorimeter: Elektromagnetisch Für Elektronen und Photonen Homogen X Hadronische Kalorimeter: Sampling X für Hadronen aller Art Bauweise: Homogene Kalorimeter: Gesamtes Volumen ist sensitiv Sampling-Kalorimeter: Abwechselnd Absorber-Material (Schauerbildung) und Aktives Medium (Schauernachweis) Hadronisch X Seite 6

Warum Kalorimeter? Nachteile von Trackern: Neutrale Teilchen nicht erfasst Impulsauflösung wird mit p schlechter: σ(p) ~ p Kalorimeter sind komplementär: Alle Teilchen (außer Neutrinos und Myonen) werden gemessen Energieauflösung wird besser mit E: σ(e) ~ 1/ E Unterschiedliche Energiedeposition erlaubt Trennung von e/γ, μ, Hadron Seite 7

Elektromagnetische Schauer Zwei grundlegende Prozesse: Bremsstrahlung und Paarbildung Beide Prozesse finden im Kernfeld statt, γ haben gleiches Matrixelement e+ => gleiche Abhängigkeit vom Material Bei hohen Energien: ewq weitgehend energieunabhängig Aμ Charakteristische Länge für elektromagnetische Schauer: Strahlungslänge X0 e e γ Aμ Seite 8

Strahlungslänge X0 Definition: Die Strahlungslänge X0 ist die Distanz, auf der hochenergetische Elektronen ihre Energie durch Bremsstrahlung auf einen Anteil von 1/e reduzieren. Gleichzeitig: Mittlere freie Weglänge von Photonen für Paarbildung ist gegeben durch 9/7 X0. Einheit: Eigentlich cm, meist aber g/cm2. Umrechnung erfolgt mit Hilfe der Dichte ρ des Materials. Näherungsformel: Beachte: Bei gleicher Dichte ist X0 ist proportional zu 1/Z! (A/Z ~ 2 für fast alle Kerne außer Wasserstoff) Seite 9

Strahlungslänge für Material-Gemische Näherungsweise: betrachte Material-Gemisch wie einzelne Lagen aus reinem Material X0 = 100% / (Σj wj/x0,j) mit: X0 : Strahlungslänge des Gemischs (in g/cm2) wj: Gewichtsanteil von Material j (in %, Summe=100%) X0,j : Strahlungslänge von Material j (in g/cm2) Für chemische Verbindungen: wj = nj Aj / (Σi ni Ai), mit: nj : Anzahl der Atome vom Typ j im Molekül, Aj, Zj: Atomgewicht, Kernladungszahl der Atome vom Typ j Für Material aus verschiedenen Lagen: wj = dj ρj / (Σi di ρi), mit: dj: Dicke der Lage mit Material j (in cm), ρj: Dichte von Material j (in g/cm3) Seite 10

Wechselwirkung Photonen - Materie Beer's Gesetz: Iγ(x) = I0 e-μρx μ: Massenabsorptionskoeffizient [g-1cm2] μ = NA/A σ μ: Summiere über Photoeffekt Rayleigh-Streuung Compton-Streuung Kernphotoeffekt Paarbildung (am Kern / an Hüllenelektronen) Kohlenstoff, Z=6 20keV 30MeV Letzen Endes: Energie wird praktisch vollständig auf Elektronen übertragen Blei, Z=82 0,8MeV 5MeV Fig. 27.14 from Rev. Part. Phys. 2006 Seite 11

Energieverlust von Elektronen, Kritische Energie Hohe Energien (>>100MeV): Bremsstrahlung dominiert, rel. Verlust durch Bremsstrahlung praktisch energieunabhängig Niedrigere Energien: Ionisation dominiert Kritische Energie EC (Definition nach Rossi): Energie, bei der für Energieverlust durch Ionisation gilt: -de/dx = E/X0 EC Näherungsformel: EC = 800MeV/(Z+1.2) (genau auf ca. 20%) Fig. 27.10 aus Rev. Part. Phys. 2006 Seite 12

Schauer Abwechselnd Paarbildung - Bremsstrahlung Elektronen unterhalb kritischer Energie: nur noch Ionisation Photonen unterhalb Region, wo Paarbildung dominiert: Energietransfer auf Elektronen durch Compton-Streung und Photoeffekt => Ionisation Letztlich wird die gesamte Teilchenenergie durch Ionisation deponiert (falls keine Verluste durch Leckage auftreten!) Bleiplatten Nebelkammerphoto eines elektromagnetischen Schauers Seite 13

Rossi's Theorie des elektromagn. Schauers Annahmen (Rossi's Approximation B ): Der Wirkungsquerschnitt für Ionisation ist konstant: de/dx = -EC/X0 Coulomb-Vialfachstreuung wird vernachlässigt => Theorie erfasst nur longitudinale Schauerentwicklung! Energieverlust der Photonen durch Compton-Streuung wird vernachlässigt Mit diesen Annahmen kann man einige charakteristische Größen des Schauerprofils analytisch berechnen Seite 14

Qualitatives Modell der Schauerbildung Emissionswinkel bei Paarbildung und Bremsstrahlung klein => betrachte hier nur longitudinale Entwicklung Jedes e± mit E>EC gibt in einem X0 die halbe Energie an ein Bremsstrahlungsphoton ab (genauer: 0,7X0) Jedes Photon mit E>EC zerfällt nach einem X0 in ein e+e--paar; jedes e± erhält jeweils der halben Energie (genauer: nach 7/9 X0 werden 1-1/e=63% abgegeben, also 72% in einem X0) Alle anderen Effekte werden für E>EC vernachlässigt Für E<EC wird die Energie von e± und γ durch Ionisation deponiert Seite 15

Qualitatives Modell der Schauerbildung 2 Konsequenzen dieser Annahmen: Nach t Strahlungslängen: 2t Teilchen (e± und γ): N(t) = 2t Mittlere Teilchenenergie nach t Strahlungslängen: E(t) = E0 / N(t) = E0 2-t Schauer läuft aus, wenn E(t) < EC wird, also maximale Teilchenanzahl im Schauer bei tmax = ln (E0 /EC) / ln(2) Konsequenz: Länge des Schauers wächst nur logarithmisch mit der Teilchenenrgie E0 an! Seite 16

Rossi's Rechnung Rossi's Rechnung ist eine quantitative Version unseres Modells Resultate (mit y=e0 /EC): Elektronen Schauermaximum tmax 1.01(ln y 1) Schauermaximum tmax, PDG-Wert 1.0 (ln y 0.5) Schauerschwerpunkt tmed tmax + 1.4 Anzahl von e+ und e im Maximum 0.31 y (ln y-0.37)-½ Totale Weglänge T (in X0) y Photonen 1.01 (ln y 0.5) 1.0 (ln y + 0.5) tmax + 1.7 0.31 y (ln y-0.18)-½ y Seite 17

Longitudinales Schauerprofil Detaillierte Rechnungen mit Programm EGS4 Gute Näherung an Schauerprofil: Dabei: b 0.5 (aus Figur unten), a=b tmax+1 Fig. 27.18 aus Rev. Part. Phys. 2006 Fig. 27.19 aus Rev. Part. Phys. 2006 Seite 18

Laterales Schauerprofil Bremsstrahlung, Paarbildung: Sehr kleine Winkel Coulomb-Vielfachstreuung führt zu Ablenkung der Elektronen => vor allem bei kleinen Energien wichtig Charakteristische Länge: Molièreradius RM: RM= X0 Es/EC mit Es= 21.2MeV = me / (4π/α): Durchschnittliche transversale Ablenkung von Elektronen mit E=EC beim Durchgang durch 1X0 Näherungsformel: RM= 7g cm-2 A/Z => Konsequenzen Molièreradius in cm hängt primär von der Dichte ab, wird leicht größer für hohe Z, da dann A/Z>2 wird => minimal für sehr dichtes Material mit nicht zu größem Z: Wolfram Seite 19

Laterales Schauerprofil 2: Photonen Photonen mit E 2MeV: Minimale Absorbtion, maximale Reichweite => Verbreiterung des Schauers durch Photonen Kohlenstoff, Z=6 20keV 30MeV Blei, Z=82 0,8MeV 5MeV Fig. 27.14 from Rev. Part. Phys. 2006 Seite 20

Laterales Schauerprofil 3 Enger Kern, gegeben durch Molière-Radius, dominiert durch Elektronen/Positronen. Ca. 90% (95%, 99%) der Schauerenergie in 1 (2, 4) RM Weiter außen: exponentieller Abfall, dominiert durch Photonen, characteristische Länge: Mittlere freie Weglänge von Photonen mit minimaler Absorbtion λmin 1/E de/dr = a exp(-r/rm) + b exp(-r/λmin) Seite 21

Homogene Elektromagnetische Kalorimeter Nachweis der Energie: Szintillation: NaI(Tl), CsI(Tl), CsI, BaF, BGO, PbWO 2 4 Beste Energieauflösung Problem: Geschwindigkeit Beispiele: L3 (BGO), BaBar (CsI(Tl)), Belle (CsI(Tl)), CMS (PbWO4) Čerenkov-Strahlung Höhere Energieschwelle (7MeV), weniger Photonen schnell Beispiele: Jade (Bleiglas), OPAL (Bleiglas) Ladungsmessung: Flüssig-Argon, Flüssig-Krypton (meist in Sampling-Kalorimetern -> später) Beispiel: NA48 (LKr) Seite 22

Szintillator-Materialien für homogene Kalorimeter Anforderungen: Hohe Dichte, hohes Z, kleines X0 (in cm) => CsI(Tl), PbWO4 Hohe Photonenausbeute => NaI(Tl), BGO, CsI(Tl) Geschwindigkeit (beachte langsame Komponente!) =>CeF3, PbWO4 u.u. Strahlenhärte => PbWO4 Namen: NaI(Tl): Natrium-Iodid, Thallium-aktiviert (sodium iodide, thallium activated) BGO: Bi Ge O 4 3 12 : Bismuth-Germanat (bismuth germanate) CeF : Cer-Fluorid (cerium fluoride) 2 BaF2: Barium-Fluorid (barium fluoride) CsI(Tl): Cäsium-Iodid, T.a. (cesium iodide, t.a.) PbWO : Blei-Wolframat (lead tungstate) 4 Tab. 8 aus Leroy&Rancoita, Rept. Progr. Phys. 63 (2000) 505, S. 545 Seite 23

Homogene Kalorimeter Vorteile: Bestmögliche Energieauflösung, da gesamte Energie im aktiven Medium deponiert wird Nachteile: Teuer: Hochreine Kristalle/Gläser, oft Spezialentwicklungen für Hochenergiephysik => ausschließlich für elektromagnetische Kalorimeter Longitudinale Segmentierung schwierig Andere Probleme: Bei Szintillatoren/Čerenkov-Detektoren: Photomultiplier-Auslese schwierig in starken Magnetfeldern Seite 24

Homogene Kalorimeter Entscheidung für homogenes Kalorimeter: Motiviert durch Wunsch nach bestmöglicher elektromagnetischer Energieauflösung Hat oft weitreichende Konsequenzen für weiteres Detektordesign: Z.B. L3 (bei LEP): BGO-Kalorimeter => sehr teuer => Innendurchmesser klein => reduzierte Tracking-Performance Z.B. OPAL (bei LEP): Bleiglas-Kalorimeter mit Photomultiplier-Auslese => Spule musste innerhalb des Kalorimeters liegen => totes Material vor dem Kalorimeter => Energieauflösung nicht 10%/ E statt 6.3%/ E Seite 25

Sampling-Kalorimeter Regelmäßige Struktur aus abwechselnd: passives Absorber-Material (Blei, Kupfer, Uran, Wolfram) aktives Material zum Nachweis der Schauerteilchen: Plastik-Szintillator Flüssig-Argon (Krypton, Xenon) Gas-Kammern (Proportionalkammer, TPC) Silizium-Detektoren Vorteile: Mehr Flexibilität im Design durch Trennung der Anforderungen an Absorber (dicht, hohes Z) und Nachweismedium => Preisvorteil Bessere Integration mit hadronischem Kalorimeter Nachteil: Schlechtere Energieauflösung als bei homogenen Kalorimetern Seite 26

Absorbermaterialien Anforderungen: (Hohes Z), hohe Dichte, mechanische Stabilität Blei: Z=82, ρ=11,35g/cm3, X =0,56cm, R =1,60cm, preiswert 0 M => gute Alroundmaterial, aber weich Wolfram: Z=74, ρ=19,3g/cm3, X =0,35cm, R =0,92cm, sehr teuer 0 M => exzellentes Material für Spezialanwendungen Kupfer: Z=29, ρ=8,96g/cm3, X =1,43cm, R =1,60cm, teuer 0 M Uran: Z=92, ρ=18,95g/cm3, X0=0,32cm, RM=1,00cm, problematisch in der Handhabung (Radioaktivität) und Beschaffung => sehr kompakt, beliebtes Material für hadronische Kalorimeter Seite 27

Kalorimetermaterialien: Übersicht Aus: Leroy and Rancoita, Rept. Progr. Phys. 63 (2000) 505, Seite 510 Seite 28

Aktive Materialien Plastik-Szintillator: schnell, preiswert, sehr variabel formbar sehr verbreitet für hadronische Kalorimeter Flüssig-Argon: erlaubt sehr feine Granularität => gute Ortsauflösung mittelschnell (Ladungssammelzeit O(100ns)) Silizium: erlaubt extrem feine Granularität, teuer für Spezialanwendungen (Silicon Tungsten Calorimeter) Gas-Ionisationskammern (Proportional, TPC): Gasverstärkung => einfachere Elektronik, geringes Rauschen mit TPC: Sehr gute Ortsauflösung relativ Langsam Seite 29

Bauformen von Sampling-Kalorimetern Szintillor mit direkter Auslese: i.a. für kleine, freistehende Kalorimeter (Luminositätsmessung) Variante: Fasern statt Platten (Spaghetti-Kalorimeter) z.b. H1-SpaCal Szintillator mit Wellenlängenschieberauslese z.b. ZEUS Variante: Fasern als Wellenlängenschieber (Shashlik-Kalorimeter) Flüssig-Argon: z.b. H1, D0, ATLAS Gas-Ionisationskammer: z.b. DELPHI, ALEPH Bildquelle: W. Lucha & M. Regler: Elementarteilchenphysik, Verlag Paul Sappl 1997, aus Vorlesung M. Krammer Seite 30

Energieauflösung von Kalorimetern Beiträge: Sampling-Fluktuationen: σ(e) /E = a/ E sampling term Kalibration, Uniformität: σ(e) /E = b constant term Rauschen (Noise): σ(e) = c => σ(e) /E = c/e noise term Seite 31

Sampling-Term Generell: Energiedeposition durch Ionisation erzeugt Signal, z.b. Photonen (Szintillation oder Čerenkov-Strahlung) -> Photoelektronen => NPE ~ E0, Possonstatistik führt zu σ(e) ~ E => σ(e)/e ~ 1/ E Anzahl geladener Teilchen im aktiven Medium ebenfalls Poisson-verteilt Seite 32

Sampling-Term 2: Sampling-Fluktuationen Bei Sampling-Kalorimetern: Messe Ionisationsverluste der geladenen Teilchen nur im aktiven Medium. Modell: Passives Material dominiert, Absorberdicke pro Lage tabs (in Einheiten von X0) Messe Anzahl geladener Teilchen in dünnen Spalten => Ncp = Ttotal / tabs = E0 / (EC tabs ) Poisson-Fluktuation: σ(ncp)= Ncp => σ(e)/e = σ(ncp)/ncp = (EC tabs /E) Verbessertes Modell: Berücksichtige Schwellenverhalten für Teilchennachweis (η: Nachweiswahrscheinlichkeit). Ergebnis (semi-empirisch): (3.2% = sqrt(1mev/1gev)) Seite 33

Sampling-Term 3 Weitere Effekte in inhomogenen Kalorimetern: Weglängenfluktuationen: Vielfachstreuung führt zu Winkel zwischen Schauerachse und Flugrichtung => effektive Dicke einer Absorberlage wächst: tabs -> tabs /<cosθ> <cosθ> = 21MeV/(π EC) Landau-Fluktuationen: Bei sehr dünnen Absorbern (Gasdetektoren!): Energiedeposition hat Landau-Verteilung => zusätzliche Verschmierung Seite 34

Konstanter Term Kalibration jeder Zelle nur mit begrenzter Genauigkeit möglich => Beitrag σ(e)/e = b Dieser konstante Term dominiert bei hohen Energien! Entscheidendes Qualitätskriterium für Kalorimeter Verluste durch Leackage (leakage) tragen ebenfalls zum konstanten Term bei Seite 35

Rausch-Term Rauschen (Elektronik, radioaktive Zerfälle) führt zu konstantem Beitrag σ(e) = c => σ(e)/e = c/e Rausch-Term dominiert bei kleinen Energien Seite 36

Elektromagnetische Kalorimeter LEP: e+e- bei 90-200GeV, geringe Rate, geringe Strahlendosis OPAL: Bleiglas (homogen, Čerenkov), Photomultiplier (außerhalb der Spule) L3: BGO (homogen, Szintillator), Photodioden ALEPH: Blei/Proportionalkammern DELPHI: HPC (High-Density Proportional Chamber): Blei/TPC, Bleiglas (homogen, Čerenkov), Phototrioden HERA: ep bei 314GeV, hohe Rate (96ns), mittlere Strahlendosis H1: Blei/Flüssig-Argon, Blei/Szintillatorfasern (Spaghetti-Kalorimeter), Photomultiplier (in Spule) ZEUS: Uran/Plastik-Szintillator+Wellenlängenschieber, Photomultiplier (außerhalb der Spule) Tevatron: ppbar bei 1800GeV, hohe Rate (300ns), mittlere Strahlendosis D0: Uran/Flüssig-Argon CDF: Blei/Plastik-Szintillator+Wellenlängenschieberfasern, Photomultiplier Seite 37

Elektromagnetische Kalorimeter B-Fabriken: e+e- bei 10GeV, sehr hohe Rate, geringe Strahlendosis Belle: CsI(Tl), Photodioden BaBar: CsI (Tl), Si-PIN-Photodioden σe/e = 2.32%/E¼ + 1.85% NA48: Fixed-Targe-Experiment für K0S-Zerfall Flüssig-Krypton, homogen σe/e = 3.2%/ E + 9%/E + 0.42% LHC: pp bei 14TeV, sehr hohe Rate (25ns), hohe Strahlendosis CMS: PbWO4, homogen Atlas: Blei/Flüssig-Aron ( Akkordeon -Geometrie) ILC: e+e- bei 500GeV, mittlere Rate, mittlere Strahlendosis GLD: W / Szintillator Seite 38

Elektromagnetische Kalorimeter im Vergleich Homogene Kalorimeter 1/E¼ NA48 OPAL LKr Pb-Glas BaBar CsI(Tl) PbWO4 CMS H1-SpaCal D0 CDF Atlas 1/E 9,0% 2,32% 1 0,42% 0,2% (ohne Material) 1,85% 2,7% Sampling-Kalorimeter UA1 Pb/Sz SLD DELPHI ALEPH H1 1/E½ 3,2% 10% (6,3)% 0,55% design 15% Pb/LAr Pb/TPC Pb/Propch. Pb/LAr 8% 16% 17,8% 11,5% Pb/Sz Ur/LAr Ur/Sz Pb/LAr 6% 15,7% 13,5%/ sinθ 10% 1,9% 1% 0,7% 0,3% 0,7% design Seite 39

CMS-ECAL Seite 40

CMS-ECAL Seite 41

Reserve Seite 42

Hohes oder Mittleres Z? Vorteile von hohem Z: 2 Geringe Strahlungslänge X 0 in g/cm : geringes Gesamtgewicht des Kalorimeters Geringe Strahlungslänge X 0 in cm: kompaktes Kalorimeter Kleiner Molièreradius R : M Gute Ortsauflösung, Trennung einzelner Teilchen Vorteile von mittlerem Z: Z passt i.a. besser zum Z des aktiven Mediums => größeres e/mip-verhältnis (später) 2/3 / Z2: Kleineres Verhältnis X 0 / λint ~ A Hadronen werden im Vergleich zu Myonen besser gestoppt => Besserer Myon-Nachweis Seite 43