interne Kommunikation als Führungsaufgabe



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Transkript:

SOCIALimages 2/96, S. 28ff interne Kommunikation als Führungsaufgabe Zur Bedeutung der Kommunikation (nicht nur) in sozialen Einrichtungen Die Kommunikation in Arbeits- und Gesprächskreisen ist immer geprägt von der internen Kommunikationskultur des Hauses, in der sie stattfindet. Die von uns häufig beobachteten Schwierigkeiten in der internen Kommunikation sind für uns Symptom eines tiefergehenden Problems, das wir in unserer Beratungspraxis strukturelle Unfreundlichkeit nennen. Ein bestimmter Teilaspekt dieser strukturellen Unfreundlichkeit, ist die Auswirkung des Führungsverhaltens auf die Interne Kommunikationsstruktur (nicht nur) sozialer Einrichtungen. Ein Bericht von: Hans Behrendt & Werner Reckert Organisationen leben von Kommunikation Ein hoch komplexes System wie eine Organisation lebt mit, durch und von der Kommunikation, die in ihr stattfindet. In gut geführten Organisationen zeigt sich ein besonderes Zusammenspiel von verschiedenen Kräften als Sinnbild der Qualität des sozialen Systems, in dem Menschen als Menschen und als Aufgabenträger produktiv in den Prozeß der Kommunikation eingebunden sind, auf den sie einwirken. Wir haben es bei unseren Beratungen von Non-Profit-Organisationen oft erlebt, daß gerade in diesen Einrichtungen der internen Kommunikation ein geringerer Stellenwert eingeräumt wird als der Beziehung zum Klientel. So waren wir zum Beispiel in einem größeren Wohlfahrtsverband Zeuge davon, wie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einer angegliederten Erziehungsberatungsstelle sich vor allem ihrem rat suchenden Klientel verpflichtet gefühlt haben. In dieser Arbeit proklamierten sie sowohl Freiheit der Wahl der Beratungsmethode als auch das Recht auf Geheimhaltung stattgefundener Kommunikation. Die Folge hiervon war ein nur geringer Rückfluß von täglichen Erfahrungen in den internen Austausch. Dieser Transfer passierte erst einmal innerhalb des Arbeitsteams. Doch genauso mager verlief der Austausch bezüglich des Weges in Richtung einer verbandlichen Kommunikation. Es fehlte hier so etwas wie ein innerverbandliches Marketing, eine durch Kommunikation gestaltete Trans-

parenz dessen, was innerhalb der Beratungsstelle vor sich ging. Die Folge war eine Abgrenzung des Teams von gesamtverbandlicher Kommunikation bis hin zu Unterstellungen, die als Resultat fehlenden Miteinanders in der Konstruktion von Wirklichkeit des Restverbandes kursierten. Vorwürfe des Desinteresses an verbandlicher Politik, Elfenbeinturmdenken bis hin zur Hochnäsigkeit wurden den Mitarbeitern von den restlichen Ebenen des Verbandes entgegengebracht. Kommunikationswidersprüche sind an der Tagesordnung Organisationen erleben wir häufig verstrickt in Kommunikationswidersprüchen. Aus allen Teilen der Einrichtung schallt uns der Ruf nach besserer Information und Kommunikation entgegen, nach mehr Austausch und mehr Transparenz. Und doch werden die von allen getragenen Bedürfnisse in der Realität blockiert und finden nicht statt. Es läßt sich fast sagen, daß uns in Organisationsentwicklungsprozessen präsentierte Probleme oft zu 80, manchmal zu 90 % hausgemachte, interne Kommunikationsprobleme sind. Da klagt der eine Abteilungsleiter über viel zu viele Informationen, der andere darüber, daß er sich davon abgeschnitten und außen vor fühlt. Da gibt es den Geschäftsführer eines sozialen Dienstleisters, der in Konferenzen durch scheibchenweises Herausgeben von Sachverhalten und Sachzwängen ein geschicktes Management by Informationsvorsprung betreibt und somit Entscheidungen gezielt zu beeinflussen bzw. herbeizuführen weiß. Dies bleibt auf Dauer natürlich nicht unbemerkt und selbstverständlich nicht ohne entsprechende Rachereaktion auf sein Verhalten. Da gibt es den ehrenamtlichen Vorstand eines Wohlfahrtsverbandes, der die professionellen Entwicklungen in der eigenen Einrichtung nur schwerlich nachvollziehen kann, weil er nur vierwöchentlich tagt. Er fühlt sich dementsprechend überfahren von den Entwicklungen, die ihm auch nur unzureichend nahe gebracht werden können, und lähmt seinerseits die nötige Weiterentwicklung der Organisation durch zeit-, energie- und vertrauensraubende Kontrollvorhaben. Da gibt es den bundesweit operierenden Dienstleister, der im Zuge,,trendgerechter Zentralisierung die Hauptverwaltung seiner Organisation in eine größere Stadt im Süden Deutschlands verlegt. Nun kommt es soweit, daß aus einer 600 km weit entfernt im Norden gelegenen Bezirksstelle dort angerufen werden muß, um für die heimischen Räume vor Ort einen Handwerker ordern zu lassen, der ein defektes Heizungsrohr repariert. Interne Kommunikation ist eine Führungsaufgabe Kommen Sie mal! Unsere Mitarbeiterinnen sind so unfreundlich. Wir denken an ein Seminar - ein Lächeltraining. Einen solchen Satz hören wir häufig, bevor wir mit einem sozialen Dienstleister ein Vorgespräch führen. Um es an dieser Stelle gleich zu sagen, wir halten viel davon, daß freundliche, zufriedene Mitarbeiterinnen im sozialen Bereich mit und an Klienten arbeiten. Nur so wird bei weiter wachsender Konkurrenz eine Einrichtung oder ein Dienst weiter empfohlen. Viel an positiver, dauerhafter Werbung hängt von einer solchen Erfahrung, die Klienten dort machen, ab. Dennoch läßt sich aus Erfahrung berichten, daß das Thema Freundlichkeit, ein Teil des Komplexes Klientenorien-

tierung, ein schwieriges Kapitel ist. Dies liegt an den Kommunikations- und lnformationsstrukturen der Einrichtung selbst. Hier treffen wir in unserer Beratungspraxis häufig auf eine strukturelle Unfreundlichkeit, die erst einmal nichts mit individuellen Indispositionen einzelner Mitarbeiterinnen oder Führungspersonen zu tun hat. Da muffelt eine Schwester in der Sozialstation ihre Klientin an, am Tresen einer Arztpraxis geht es zu wie auf dem Kasernenhof, im Altenheim geht man mit Bewohnern um wie mit Insassen - die Themenliste ließe sich beliebig fortsetzen. An Lustlosigkeit der Mitarbeiter sind die Einrichtungen selbst schuld Unfreundlichkeit, Lustlosigkeit an der Arbeit hat häufig eine Ursache, die im inneren Kontext von Einrichtungen selbst zu suchen ist. Das mag auf den ersten Blick erstaunen, doch läßt sich aus unserem Erleben von Einrichtungen diese These wie folgt untermauern: Stellen Sie sich einen Wohlfahrtsverband vor, z.b. einen Caritasverband im Dekanat XY, einen Kreisverband der AWO, sagen wir so etwa mit 300-500 MitarbeiterInnen, oder einen Medizindienstleister, der in der Entnahme von Blutkonserven etwa 100 Personen beschäftigt. Unterschiede in Kommunikationsstrukturen, die strukturelle Unfreundlichkeit bedingen, glauben Sie. Wir können Sie beruhigen, das ist nicht der Fall. In Workshops mit verschiedenen Mitarbeitergruppen oben angesprochener Einrichtungen geht es häufig bei einer Fragestellung wie z.b.,,was macht die Arbeit angenehm?. Was erschwert die Arbeit? zur Sache. Wir möchten die Leserlnnen mit einigen Zitaten konfrontieren: - Die da oben wissen ja nicht, wie es bei unserer Arbeit aussieht. - In unserem Verband mangelt es an Transparenz. - Uns fehlt der Rückhalt durch Verantwortliche im Verband. - Ich weiß nie, wo meine Kompetenzen aufhören und meine Grenzen beginnen. - Unsere Verbesserungsvorschläge werden nicht ernst genommen, weil sie von unten kommen. Diese Sätze sind nur ein winziger Ausschnitt der Facetten ähnlicher Aussagen, die uns die mangelnde Kommunikation zwischen Führungspersonen und Mitarbeiterinnen belegen. Sie sind nach unserer Erfahrung Zeugnis davon, wie sehr die Wurzeln für diese strukturelle Unfreundlichkeit innerhalb der Organisationen selbst zu suchen sind. An dieser Stelle soll eine Gleichung zur Verdeutlichung beitragen: Stimmt die Kommunikation zwischen Führungsperson und MitarbeiterIn, stimmt auch die Kommunikation zwischen Mitarbeiterin und Klient. Ursachen struktureller Unfreundlichkeit Woher kommt es im einzelnen zu einer solchen strukturellen Unfreundlichkeit? Wir möchten drei Thesen dazu formulieren: 1. Manchem sozialen Dienstleister geht es immer noch zu gut! Der Konkurrenz-

druck sitzt den Anbietern sozialer Leistungen noch zu wenig im Nacken, als das spürbare Veränderungen in Erwägung gezogen würden. Man sieht sich als Platzhirsch im jeweiligen Tätigkeitsbereich, man bezeichnet sich als Marktführer im jeweiligen Tätigkeitsgebiet und sieht, abgesehen von einigen oberflächlichen Korrekturen keine Veranlassung zur Veränderung der innerbetrieblichen Kommunikationsstrukturen. Es werden keine innerverbandlichen Ziele formuliert oder gar zwischen verschiedenen Dienstleistungsbereichen eines Verbandes/einer Einrichtung abgesprochen. Statt ein ernstgemeintes, realitätsnahes Leitbild zu formulieren, daraus resultierende Ziele und Aufgaben mit den MitarbeiterInnen zu diskutieren und festzulegen, betreiben Vorstand und Geschäftsführung die Ausrichtung der Verbandspolitik lieber im stillen Kämmerlein und zementieren dadurch ihre Macht. Auf der Strecke bleiben dabei Transparenz und zeitnahe Information, das Miteinbezogensein in Entscheidungsprozesse letztlich all die Dinge, die ein selbständiges Arbeiten im Sinne der Verbands/Einrichtungsziele möglich machen. Von der Motivationspsychologie her ist allzu bekannt, wie sehr die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit und die vom Arbeitgeber gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten mit der darin enthaltenen Anerkennung korrespondieren. Wer mitwirken darf, ist zufrieden, wer zufrieden ist, geht auch freundlich mit Klienten/Kunden um. 2. Die Personalauswahl bei der Vergabe von Führungspositionen in sozialen Verbänden ist suboptimal und verbesserungswürdig! Es wird bei der Auswahl der Führungspersonen viel Wert auf Fachlichkeit, leider aber viel zu wenig auf die Persönlichkeit bzw. auf die soziale Kompetenz geachtet. Soll strukturelle Unfreundlichkeit vermieden werden, benötigen Führungspersonen neben ihrer Fachlichkeit soziale Kompetenz, die im Charakter, einer kritischen Sympathie mit sich und anderen und nicht zuletzt in einer Kommunikations- und Dialogfähigkeit deutlich wird. Sicher ist niemand zur Führungsperson geboren, aber gerade im sozialen Bereich begegnet es uns oft, daß Führungspersonen zu ihren Führungsaufgaben kommen wie die Jungfrau zum Kinde. Wir verwenden hier ganz bewußt den Begriff der Führungsperson, um den Facettenreichtum der Aufgaben dieser Verantwortung deutlich hervorzuheben. Der eher technisch geprägte Begriff Führungskraft beschreibt die Kombination von Fach- und Sozialkompetenz unzureichend. Nach unserer Meinung sind ethische und charakterliche Reife der Vorgesetzten von größerer Bedeutung als angelernte Verhaltensmuster. Die Haltungen der MitarbeiterInnen sind geprägt durch das Modell ihrer Vorgesetzten. Offene Kommunikation, Innovation, Zielabsprache sind nur in einer Atmosphäre möglich, die frei von Angst und Machtausübung ist. Vertrauen und Vorleben sind wichtig für Produktivität, Kreativität und Humanität. Damit bilden sie die Basis für Zufriedenheit der MitarbeiterInnen und damit für einen freundlichen Umgang mit Klienten/Kunden. Das ist die Grundlage für strukturelle Freundlichkeit, an der es vielen Einrichtungen und Verbänden mangelt. 3. Viele Einrichtungen und Verbände gleichen einem Riesentanker! Sie haben die Größe von mittelständischen Unternehmen und müßten dementsprechend Wert auf die Förderung inner-

verbandlicher Kommunikation legen. Es wird Kommunikation reklamiert, gleichzeitig aber fleißig verunmöglicht! Die Verbandsstrukturen sind so angelegt, daß kleinere, überschaubare Einheiten fehlen, in denen durch Dezentralisierung (wider den allgemeinen Trend) und Delegation von Aufgaben die Selbstverantwortung einzelner MitarbeiterInnen im Vordergrund stehen. Kleinere Einheiten beinhalten kurze Kommunikations- und Entscheidungswege. Genau diese aber sind Wegbereiter für innerverbandliche Transparenz und letztlich für strukturelle Freundlichkeit für den Nutzer der Dienstleistung, dem Klienten/Kunden. Was tun? Das entscheidende beim Geschehen bzw. beim Nichtgeschehen von Kommunikation ist die Gefühlskomponente, die dieser Prozeß beinhaltet. So wie wir ja nach Watzlawick (Axiome der Kommunikation) nicht nicht kommunizieren können, läßt sich Kommunikation nicht nicht im Gefühlshaushalt verarbeiten. Wir nehmen sie wahr, wir nehmen sie auf, selektieren, filtern, lassen uns berühren und schaffen uns unsere Konstruktion von Wirklichkeit. Die Folge sind Bilder von Realitäten oder auch Meinungen über andere Menschen oder Abteilungen oder Teams, die einmal aufgrund eines Ereignisses entstanden und im schlimmsten Fall verkrustet sind. Bei der eigenen Meinung über den anderen zu bleiben kann somit zum Vorteil wachsen, da sich damit immer ein Schuldiger definieren läßt. Nicht selten haben auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Non-Profit- Organisationen eine lange Geschichte miteinander, die die Kommunikation prägt. Episoden aus früheren Zeiten noch intakter Kommunikation wurden uns mit Wehmut präsentiert, denn sie sind heute Vergangenheit. Das schnelle Wachstum der Einrichtung innerhalb kurzer Zeit hat zerstört, was heute artifiziell wiederhergestellt werden muß, nämlich die Chance, die Gelegenheit zur Kommunikation als Notwendigkeit zu betrachten. Was also sind Schritte auf dem Weg hin zu einer strukturellen Freundlichkeit? Verbände, Einrichtungen bzw. der darin wirkenden Führungspersonen, die sich auf diesen Weg begeben wollen, sollten folgendes nicht aus dem Auge verlieren: - Suchen Sie das direkte Gespräch mit Ihren Mitarbeiterinnen nicht erst dann, wenn der Schuh schon drückt - Sprechen Sie Probleme, die Konfliktfelder sind oder werden können, möglichst frühzeitig an - Denken Sie an möglichst kurze Kommunikationswege und sichern Sie diese in Ihrer Einrichtung strukturell ab (z. B. zu bestimmten Zeiten die offene Tür, Aufnahme von Kontakt zu Ihren Mitarbeiterinnen an deren Arbeitsstellen. Wie wäre es mit einer zeitweiligen Mitarbeit im Arbeitsfeld Ihrer Mitarbeiterinnen?). - Denken Sie an die Anerkennung Ihrer Mitarbeiterinnen. Daß heißt, erwischen Sie Ihre Mitarbeiterinnen doch einmal öfters dabei, wie sie etwas richtig machen. Anerkannte Mitarbeiter- Innen haben weniger Probleme damit, Ihre Führungspersonen anzuerkennen und in einem

strukturell freundlichen Klima miteinander umzugehen. Erwarten Sie nicht, daß der Weg zu einer strukturellen Freundlichkeit nur mit Rosen gebettet ist. Er ist im Gegenteil mit einer Vielzahl von Auseinandersetzungen und Konflikten verbunden. Doch keine Angst! Der Weg lohnt sich, denn Sie haben die große Chance, ein Reservoir kreativer Vorstellungen und Vorschläge aus der Mitarbeiterschaft zu bekommen. Sie, Ihre Mitarbeiterinnen, Ihr Verband/Ihre Einrichtung und letztlich Ihre Klienten/Kunden werden davon profitieren. Hans Behrendt, M.A. und Dipl. Päd. Werner Reckert sind in der Organisationsberatung und -entwicklung tätig. Der Arbeitsschwerpunkt liegt im Non-Profit- Bereich.