Die Entwicklung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Abkommen von Dayton

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Transkript:

Politik Alexander Rüstau Die Entwicklung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Abkommen von Dayton Diplomarbeit

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de/ abrufbar. Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten. Copyright 2002 Diplomica Verlag GmbH ISBN: 9783832465261 http://www.diplom.de/e-book/221705/die-entwicklung-des-friedensprozesses-inbosnien-und-herzegowina-nach-dem

Alexander Rüstau Die Entwicklung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Abkommen von Dayton Diplom.de

Alexander Rüstau Die Entwicklung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Abkommen von Dayton Diplomarbeit an der Universität der Bundeswehr München Fachbereich Sozialwissenschaften Juli 2002 Abgabe ID 6526

ID 6526 Rüstau, Alexander: Die Entwicklung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Abkommen von Dayton Hamburg: Diplomica GmbH, 2003 Zugl.: München-Neubiberg, Universität der Bundeswehr, Diplomarbeit, 2002 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diplomica GmbH http://www.diplom.de, Hamburg 2003 Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1. Einleitung 4 1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit 6 1.3. Derzeitiger Forschungsstand 8 2. Der Krieg in Bosnien und Herzegowina 10 2.1. Die jugoslawische Republik Bosnien und Herzegowina 10 2.1.1. Die bosnischen Serben 13 2.1.2. Die bosnischen Kroaten 14 2.1.3. Die Muslime 15 2.2. Der Jugoslawien-Konflikt und die Unabhängigkeitserklärung 18 Bosnien und Herzegowinas 2.3. Der Beginn des Krieges und die Bildung nationaler Entitäten 21 2.4. Die Rolle der Nachbarstaaten Serbien und Kroatien im 28 Bosnien-Krieg 2.5. Der kroatisch-bosniakische Krieg im Kriege 33 2.6. Internationale Friedensbemühungen 36 2.7. Das Massaker von Srebrenica und die militärische Wende 45 3. Das Abkommen von Dayton und die Entwicklung des 51 Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina 3.1. Das Friedensabkommen von Dayton 51 3.1.1. Die Friedensverhandlungen 51 3.1.2. Das Vertragswerk 54 3.1.2.1. Die militärischen Aspekte des Abkommens 55 3.1.2.2. Die zivilen Aspekte des Abkommens 57 3.1.2.3. Die neue Verfassung für Bosnien und Herzegowina 62 3.2. Der Beginn des Friedensprozesses: der Einmarsch der IFOR und 67 der Amtsantritt des Hohen Repräsentanten 3.3. Die militärische Implementierung 70 3.3.1. Die Probleme bei der Übergabe der Region um Sarajevo 70

3.3.2. Die Umsetzung des Abkommens über regionale Stabilisierung 72 3.3.3. Der Sonderstatus von Brko 73 3.3.4. Von IFOR zu SFOR 75 3.4. Die zivile Implementierung 76 3.4.1. Die ersten Wahlen 76 3.4.2. Die Entwicklung der politischen Institutionalisierung 80 Bosnien und Herzegowinas und der Entitäten bis 1998 3.4.2.1. Bosnien und Herzegowina als Ganzes 81 3.4.2.2. Die Republika Srpska 86 3.4.2.3. Die bosniakisch-kroatische Föderation 91 3.5. Der wirtschaftliche Wiederaufbau 97 3.6. Die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen 101 3.7. Die weitere politische Entwicklung in Bosnien und Herzegowina 104 3.7.1. Die Wahlen 1998 104 3.7.2. Das robuste Mandat des Hohen Repräsentanten 106 3.7.3. Die Wahlen 2000 109 4. Abschließende Bemerkungen 113 4.1. Der Friedensprozess stagniert 113 4.2. Perspektiven für die Zukunft Bosnien und Herzegowinas 116 Anhang Bemerkungen zur Schreibweise Literatur- und Quellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Karten und Tafeln

1. Einleitung 1.1. Einführung in die Thematik Am 21. November 1995 wurde das Friedensabkommen von Dayton paraphiert. Mit der endgültigen Unterzeichnung dieses Abkommens in Paris am 14. Dezember 1995 wurde der Krieg in Bosnien und Herzegowina der schlimmste Krieg in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges beendet. Dieser Krieg forderte rund 200.000 Todesopfer, weitere 2,2 Millionen Menschen wurden aus ihrer angestammten Heimat vertrieben oder mussten fliehen. Mit dem Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien in den frühen neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts kehrten die ethnisch bedingten Konflikte auf die europäische Landkarte zurück. Vertreibung, Vergewaltigungen und Völkermord Vorgänge, die man nach 1945 aus Europa verschwunden glaubte spielten sich plötzlich vor den Augen der Weltöffentlichkeit ab. Während die Staaten der westlichen Welt immer stärkere Formen der internationalen Zusammenarbeit entwickelten, während die Europäische Gemeinschaft nach und nach von einer Wirtschaftsgemeinschaft zu einer politischen Union umstrukturiert wurde, strebten die Völker des zerfallenden Jugoslawiens genau gegensätzliche Ziele an: nationale Selbständigkeit, politische Souveränität, vor allen Dingen aber ethnische Homogenität. Mit diesen Bedingungen konfrontiert, die schließlich zu den kriegerischen Auseinandersetzungen im zerfallenden Jugoslawien geführt hatten, stand die internationale Gemeinschaft vor der Aufgabe, eine Friedenslösung für die gesamte Region zu erarbeiten, um damit die Stabilität und den Frieden in Europa wiederherzustellen. Doch wie sieht eine Friedenslösung aus, die über das bloße Andauern eines Waffenstillstandes hinausgeht? Eine langfristige Konsolidierung des Friedens ist gerade in ethnisch bedingten Konflikten weitaus schwieriger als die vorherige Beendigung des bewaffneten Konfliktes. 1 Um aus dem Zustand eines Waffenstillstandes eine dauerhafte politische Ordnung formen zu können, müssen humanitäre, politische, wirtschaftliche, soziale 1 Calic, Marie-Janine: Wege zur Konsolidierung des Friedens im ehemaligen Jugoslawien; in: Calic, Marie- Janine (Hrsg.): Friedenskonsolidierung im ehemaligen Jugoslawien. Sicherheitspolitische und zivile Aufgaben, Seite 19. 4

und psychologische Aufgaben erfüllt werden mit dem Ziel, die Konfliktparteien in die Lage zu versetzen, ihre Konflikte künftig gewaltfrei auszutragen. Die Agenda für den Frieden nennt als Instrumente einer andauernden Friedenslösung unter anderem: die Entwaffnung der Konfliktparteien; die Kontrolle von Waffen und vertrauensbildende Maßnahmen; die Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit durch den Aufbau von Polizeikräften und des Justizwesens; die Überwachung von Menschenrechten; die Rückführung von Flüchtlingen sowie die Bildung neuer politischer Institutionen und somit die Förderung demokratischer Strukturen. 2 Das Friedensabkommen von Dayton ist der Versuch der internationalen Gemeinschaft, diese vielfältigen Aufgabenbereiche in ein Gesamtkonzept zur Friedensregelung einzubinden. Es stützt sich gleichzeitig auf die Erfahrung mit bereits gescheiterten Versuchen einer Beendigung des Krieges in Bosnien und Herzegowina in den Jahre 1992 bis 1995. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Durchführbarkeit und des Erfolges einer derartigen Friedenslösung am Beispiel der Analyse des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina. 2 Die Haager Agenda für Frieden und Gerechtigkeit für das 21. Jahrhundert; http://www.haguespace.org 5

1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit beinhaltet eine umfassende Analyse des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina nach dem Friedensabkommen von Dayton. Vor dem Hintergrund des Konfliktes, der schließlich zum Krieg wurde, unter der Betrachtung seiner Vorgeschichte und seiner Ursachen, sowie mit Blick auf die Umstände, die 1995 zum Vertrag von Dayton geführt haben, soll untersucht werden, inwieweit die friedenserhaltenden Institutionen und Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft bislang erfolgreich waren, inwieweit die Konfliktparteien in die Friedensregelung einbezogen werden und schließlich, ob das Friedensabkommen von Dayton einen dauerhaften Frieden in Bosnien und Herzegowina gewährleisten kann. Begonnen wird zunächst mit einer kurzen politischen und landeskundlichen Vorstellung der jugoslawischen Republik Bosnien und Herzegowina vor dem Zerfall des Vielvölkerstaates. Dabei werden insbesondere die in Bosnien und Herzegowina lebenden Volksgruppen berücksichtigt. Fortlaufend werden vor dem Hintergrund des beginnenden Zerfalls Jugoslawiens die Ereignisse beschrieben, die zur Unabhängigkeitserklärung Bosnien und Herzegowinas und damit zum Beginn des Krieges geführt haben. Es folgt eine ausführliche Darstellung der Kriegsereignisse, wobei auf die Interessen der Kriegsparteien, den Einfluss der Nachbarstaaten und schließlich auf die Friedensbemühungen der internationalen Gemeinschaft eingegangen wird. Das Hauptkapitel der Arbeit befasst sich mit dem Friedensabkommen von Dayton sowie dessen Umsetzung. Nach einer Erläuterung des Ablaufs der Friedensverhandlungen werden die wesentlichen Inhalte des Abkommens dargestellt. Anschließend wird die praktische Umsetzung des Abkommens unter der Beteiligung der jeweils dafür vorgesehenen internationalen Organisationen und Institutionen sowie der Konfliktparteien untersucht. Zunächst wird die militärische Implementierung des Abkommens betrachtet, daran anschließend die zivile Implementierung, speziell hierbei die ersten Wahlen, der Aufbau der politischen Institutionen Bosnien und Herzegowinas sowie der beiden nationalen Entitäten, schließlich der Beginn des wirtschaftlichen Wiederaufbaus und die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen. Abschließend wird auf die weitere politische Entwicklung Bosnien und Herzegowinas ab dem Jahre 1998 eingegangen. 6

In der Schlussbetrachtung erfolgt eine Auswertung der Ergebnisse der vorangegangenen Analyse vor dem Hintergrund der eingangs formulierten Fragestellung sowie unter Berücksichtigung der aktuellen politischen Lage in Bosnien und Herzegowina. 7

1.3. Literatur- und Quellenlage Die Bearbeitung des Themas verlief hauptsächlich auf der Grundlage der Auswertung von Sekundärliteratur. Zur Thematik des Friedensprozesses sowie des vorangegangenen Krieges in Bosnien und Herzegowina existiert eine Vielzahl von Büchern und wissenschaftlichen Publikationen in deutscher und englischer Sprache sowie in den Landessprachen bosnisch, kroatisch und serbisch. Zu den Autoren gehören einerseits unmittelbar an der Architektur des Dayton-Abkommens beteiligte Personen, wie beispielsweise der ehemalige Chefunterhändler der USA, Richard Holbrooke, der in seinem Buch Meine Mission Vom Krieg zum Frieden in Bosnien (München, 1998) seine persönlichen Eindrücke des Krieges, der Friedensverhandlungen von Dayton sowie die ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertragswerkes äußerst detailliert beschreibt. Andererseits existieren Schriften von internationalen Politikern und Diplomaten, die mit der Erfüllung einer Aufgabe im Rahmen der Umsetzung des Friedensabkommens durch die internationale Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina betraut waren. Ein Beispiel hierfür ist das Buch Bosnien und Herzegowina 5 Jahre nach Dayton Hat der Friede eine Chance? (Klagenfurt, 2000) des ehemaligen Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, Wolfgang Petritsch. Des weiteren gibt es eine umfassende Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema. So hat beispielsweise die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit in Ebenhausen, Dr. Marie-Janine Calic, bereits mehrere Publikationen zum Konflikt in Bosnien und Herzegowina sowie zum Friedensabkommen von Dayton veröffentlicht. Unter der Leitung der wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Ost-Westeuropäischen Kultur- und Studienzentrums Palais Jalta, Dunja Meli, begleitet von einem Beirat mit Dozenten für südosteuropäische Geschichte verschiedener europäischer Hochschulen, entstand ein ausführliches wissenschaftliches Handbuch zum Jugoslawien-Konflikt mit dem Titel Der Jugoslawien-Krieg (Wiesbaden, 1999). Die Autoren der Beiträge in diesem Handbuch sind Fachleute aus allen Republiken des ehemaligen Jugoslawien, aus Deutschland, Großbritannien, Österreich, Frankreich, der Schweiz und den USA. 8

Schließlich äußerten sich viele namhafte europäische Politiker und Journalisten zur Bosnien- Problematik. Beispiele dieser Art von Schriften sind die Reportage Sarajevo und danach (München, 1998) des deutschen Journalisten Erich Rathfelder sowie das Buch Die bitteren Früchte von Dayton (Bozen, 1997) des Publizisten und ehemaligen Abgeordneten der Südtiroler Volkspartei im italienischen Parlament, Dr. Hans Benedikter. Primärmaterial lag in der Form des Originaltextes des Friedensabkommens von Dayton, des Washingtoner Abkommens von 1994 sowie zahlreicher Resolutionen des UN-Sicherheitsrates in englischer und deutscher Sprache vor. 9