Aufgabe 3. Rechtsquellen

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Transkript:

Aufgabe 3 Rechtsquellen 1. Wodurch unterscheiden sich Volksgesetze und Plebiszite? Gehen Sie bei Ihrer Antwort auch auf die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe ein. Texte 1 und 2 2. Worauf stützt sich die Rechtsverbindlichkeit von Senatsbeschlüssen, magistratischen Edikten und Kaiserkonstitutionen? Berücksichtigen Sie bei Ihrer Antwort die verfassungsrechtliche Entwicklung der entsprechenden Organe zur Zeit der Republik und des Prinzipats. Texte 1, 3 und 4 3. Unter welchen Voraussetzungen sind die Gutachten von Rechtsgelehrten rechtsverbindlich? Vergleichen Sie damit die Anordnungen des sogenannten Zitiergesetzes der Kaiser Valentinian III. und Theodosius II. aus dem Jahr 426. Texte 1, 5 und 6 4. Was verstehen Sie unter dem Begriff edictum perpetuum? Texte 1 und 7 LITERATUR: Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 2 Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, 5-8 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, 32 Bürge, Römisches Privatrecht, S. 94 ff. 1

Text 1 Gai institutiones 1.2-7 2. Constant autem iura populi Romani ex legibus, plebiscitis, senatusconsultis, constitutionibus principum, edictis eorum qui ius edicendi habent, responsis prudentium. 3. Lex est, quod populus iubet atque constituit. Plebiscitum est, quod plebs iubet atque constituit. Plebs autem a populo eo distat, quod populi appellatione universi cives significantur connumeratis etiam patriciis; plebis autem appellatione sine patriciis ceteri cives significantur; unde olim patricii dicebant plebiscitis se non teneri, quia sine auctoritate eorum facta essent; sed postea lex Hortensia lata est, qua cautum est, ut plebiscita universum populum tenerent; itaque eo modo legibus exaequata sunt. 4. Senatusconsultum est, quod senatus iubet atque constituit, idque legis vicem optinet, quamvis fuerit quaesitum. 5. Constitutio principis est, quod imperator decreto vel edicto vel epistula constituit. Nec umquam dubitatum est, quin id legis vicem optineat, cum ipse imperator per legem imperium accipiat. 6. Edicta sunt praecepta eorum, qui ius edicendum habent. Ius autem edicendi habent magistratus populi Romani; sed amplissimum ius est in edictis quorum praetorum, urbani et peregrini, quorum in provinciis iurisdictionem praesides earum habent; item in edictis aedilium curulium, quorum iurisdictionem in provinciis populi Romani quaestores habent; nam in provincias Caesaris omnino quaestores non mittuntur, et ob id hoc edictum in his provinciis non proponitur. 2. Das Recht des römischen Volkes besteht aber aus Gesetzen, Volksbeschlüssen, Senatsbeschlüssen, Kaiserkonstitutionen, Edikten derer, die das Recht zum Erlass von Edikten haben, und Gutachten von Rechtsgelehrten. 3. Ein Gesetz ist das, was das Volk durch seine Festsetzung befiehlt. Ein Volksbeschluss ist das, was die Plebs befiehlt und festsetzt. Die Plebs unterscheidet sich aber vom Volk darin, dass mit populus alle Bürger einschließlich der Patrizier bezeichnet werden; während mit plebs der Rest der Bürger mit Ausnahme der Patrizier bezeichnet wird; daher sagten die Patrizier einst, sie seien an die Volksbeschlüsse nicht gebunden, da diese ohne ihre Mitwirkung erlassen worden seien; aber später wurde die Lex Hortensia erlassen, die vorsieht, dass Volksbeschlüsse für das ganze Volk Gültigkeit haben; daher wurden sie auf diese Weise den Gesetzen gleichgestellt. 4. Ein Senatsbeschluss ist das, was der Senat durch seine Festsetzung befiehlt, und er hat die Geltungskraft eines Gesetzes, mag dies auch umstritten gewesen sein. 5. Eine Kaiserkonstitution ist das, was der Kaiser durch Dekret, Edikt oder Brief festgesetzt hat. Dass sie die Geltungskraft eines Gesetzes hat, war nie umstritten, da der Kaiser seine Amtsgewalt durch Gesetz erhält. 6. Edikte sind Vorschriften derjenigen, die das Recht haben, Edikte zu erlassen. Dieses Recht haben aber die Beamten des römischen Volkes; am umfangreichsten ist aber das Recht der beiden Prätoren, des städtischen und des für Fremde zuständigen, deren Gerichtsbarkeit in den Provinzen die Statthalter ausüben; außerdem in den Edikten der kurulischen Ädilen, deren Gerichtsbarkeit in den Provinzen des römischen Volkes die Quästoren innehaben. In die Provinzen des Kaisers werden nämlich keine Quästoren gesandt und deshalb wird dieses Edikt in diesen Provinzen nicht ausgehängt. 2

7. Responsa prudentium sunt sententiae et opiniones eorum, quibus permissum est iura condere. Quorum omnium si in unum sententiae concurrunt, id quod ita sentiunt, legis vicem optinet; si vero dissentiunt, iudici licet quam velit sententiam sequi; idque rescripto divi Hadriani significatur. 7. Gutachten von Rechtsgelehrten sind Ansichten und Meinungen derer, denen erlaubt ist, Recht zu schaffen. Wenn alle Meinungen von ihnen zum gleichen Ergebnis kommen, dann hat das, was sie meinen, die Geltungskraft eines Gesetzes; wenn sie aber nicht übereinstimmen, so kann der Richter der Meinung folgen, der er folgen will; und das ist in einem Reskript des vergöttlichten Hadrian festgelegt. Text 2 Ulpian 18 ad edictum D. 9.2.1 pr-1 Lex Aquilia omnibus legibus, quae ante de damno iniuria locutae sunt, derogavit, sive duodecim tabulis, sive alia quae fuit: quas leges nunc referre non est necesse. 1. Quae lex Aquilia plebiscitum est, cum eam Aquilius tribunus plebis a plebe rogavit. Die Lex Aquilia hat alle Gesetze aufgehoben, die vor ihr über einen widerrechtlich zugefügten Schaden gesprochen haben, sei es die [entsprechende] Bestimmung der Zwölftafeln, sei es irgendein anderes Gesetz, das es gegeben hat. Eine Wiedergabe dieser Gesetze ist daher nicht notwendig. 1. Die Lex Aquilia ist ein Plebiszit, weil der Volkstribun Aquilius sie bei der Plebs beantragt hat. Text 3 Papinian 2 definitionum D. 1.1.7 Ius autem civile est, quod ex legibus, plebis scitis, senatus consultis, decretis principum, auctoritate prudentium venit. ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. Quod et honorarium dicitur ad honorem praetorum sic nominatum. Das Zivilrecht ist das, das von Gesetzen, Volksbeschlüssen, Senatsbeschlüssen, Entscheidungen der Kaiser und von den Meinungen der Rechtsgelehrten herrührt. Das prätorische Recht ist das, das die Prätoren zur Unterstützung, Ergänzung oder Verbesserung des Zivilrechts zum öffentlichen Nutzen eingeführt haben. Es heißt auch - benannt nach dem Ehrenamt (honor) der Prätoren - Honorarrecht. Text 4 Ulpian 1 institutionum D. 1.4.1 pr-1 Quod principi placuit, legis habet vigorem: utpote cum lege regia, quae de imperio eius lata est, populus ei et in eum omne suum imperium et potestatem conferat. 1. Quodcumque igitur imperator per epistulam et subscriptionem statuit vel cognoscens Was der Kaiser bestimmt, hat Gesetzeskraft, weil ja das Volk durch das königliche Gesetz, das über die Herrschaft des Kaisers ergangen ist, diesem und auf diesen seine gesamte Herrschaftsgewalt übertragen hat. 1. Alles, was der Kaiser durch Brief oder Bescheid auf der Eingabe bestimmt, aufgrund 3

decrevit vel de plano interlocutus est vel edicto praecepit, legem esse constat. haec sunt quas vulgo constitutiones appellamus. streitiger Verhandlung entscheidet oder ohne streitige Verhandlung verfügt oder durch Edikt verordnet, ist daher anerkanntermaßen Gesetz. All dies bezeichnen wir gewöhnlich als Konstitutionen. Text 5 Pomponius libro singulari enchiridii D. 1.2.2.49 Et, ut obiter sciamus, ante tempora Augusti publice respondendi ius non a principibus dabatur, sed qui fiduciam studiorum suorum habebant, consulentibus respondebant: neque utique signata dabant, sed plerumque iudicibus ipsi scribebant, aut testabantur qui illos consulebant. Primus divus Augustus, ut maior iuris auctoritas haberentur, constituit, ut ex auctoritate eius responderent: et ex illo tempore peti hoc pro beneficio coepit. Et ideo optimus princeps Hadrianus, cum ab eo viri praetorii peterent, ut sibi liceret respondere, rescipsit eis hoc non peti, sed praestari solere et ideo, si quis fiduciam sui haberet, delectari se populo ad respondendum se praepararet. Und wie wir beiläufig gesagt wissen sollten, wurde das Recht, öffentlich Rechtsgutachten zu erstellen, vor der Zeit des Augustus nicht erteilt, sondern es erteilten diejenigen Leute, die von ihrer Wissenschaft überzeugt waren, den Rechtssuchenden Rechtsgutachten. Aber sie gaben sie niemals in versiegelter Form, sondern sie schrieben meist selbst an die Richter oder die das Gutachten von ihnen eingeholt hatten, erklärten es vor Zeugen. Erst der vergöttlichte Augustus erließ, damit die Autorität des Rechts gesteigert werde, eine Konstitution, dass sie aufgrund seiner Autorität Rechtsgutachten erstellen können. Und seit jener Zeit begann man dies als Gunst zu erbitten. Und daher hat der beste Kaiser Hadrian, als ihn praetorische Männer um die Erlaubnis zu Rechtsgutachten baten, diesen durch ein Reskript mitgeteilt, dass dies nicht gefordert, sondern nur gewährt werden könne; daher sollte derjenige, der von sich überzeugt sei, erfreut sein, wenn er sich für die Erstellung von Rechtsgutachten an das Volk vorbereite. Text 6 Codex Theodosianus 1.4.3 IMPP. THEODOSIUS ET VALENTINIANUS AA. AD SENATUM URBIS ROMAE POST ALIA. Papiniani, Pauli, Gai, Ulpiani atque Modestini scripta universa firmamus ita, ut Gaium quae Paulum, Ulpianum et ceteros comitetur auctoritas lectionesque ex omni eius corpore recitentur. Eorum quoque scientiam, quorum tractatus atque sententias praedicti omnes suis operibus miscuerunt, ratam esse censemus, ut Scaevolae, Sabini, Iuliani atque Marcelli omniumque, quos illi DIE KAISER THEODOSIUS II. UND VALENTINIANUS III., DIE ERHABENEN, AN DEN SENAT DER STADT ROM. NACH ANDEREM. Wir bekräftigen die gesamten Schriften von Papinian, Paulus, Gaius, Ulpianus und Modestinus dergestalt, dass Gaius dieselbe Geltung wie Paulus, Ulpian und die übrigen besitzt und Stellen aus seinem gesamten Werk vorgetragen werden können. Auch die Auffassungen derer, deren Abhandlungen und Meinungen alle soeben Genannten in ihren Werken 4

celebrarunt, si tamen eorum libri propter antiquitatis incertum codicum collatione firmentur. Ubi autem diversae sententiae proferuntur, potior numerus vincat auctorum, vel, si numerus aequalis sit, eius partis praecedat auctoritas, in qua excellentis ingenii vir Papinianus emineat, qui ut singulos vincit, ita cedit duobus. Notas etiam Pauli atque Ulpiani in Papiniani corpus factas, sicut dudum statutum est, praecipimus infirmari. Ubi autem eorum pares sententiae recitantur, quorum par censetur auctoritas, quos sequi debeat, eligat moderatio iudicantis. Pauli quoque sententias semper valere praecipimus. ET CETERA. DAT. VII ID. NOVEMB. RAVENNA DD. NN. THEODOSIO XII ET VALENTINIANO II AA. CONSS anführen, erklären wir für gültig, wie diejenigen des Scaevola, des Sabinus, des Iulianus und des Marcellus und aller, die jene zitieren, wenn nur ihre Bücher wegen der altersbedingten Unsicherheit durch einen Vergleich von Handschriften bestätigt werden. Wo aber verschiedene Meinungen vorgetragen werden, dort soll die Mehrheit der Autoren siegen, oder, wenn die Anzahl gleich ist, soll diejenige Seite vorgehen, auf der der scharfsinnige Papinian hervorragt, der, wie er Einzelne besiegt, so Zweien weichen muss. Auch ordnen wir an, dass die Anmerkungen von Paulus und Ulpian zu dem Gesamtwerk Papinians, wie es bereits früher festgesetzt wurde, ungültig sind. Wo sich aber gleichviel Meinungen solcher Juristen gegenüberstehen, deren Ansehen als gleich anzusehen ist, soll der Richter nach seinem Ermessen entscheiden, welcher er folgen will. Wir ordnen auch an, dass die Sententiae des Paulus stets gültig sein sollen. UND DAS ÜBRIGE. GEGEBEN AM SIEBTEN TAG VOR DEN IDEN DES NOVEMBERS IN RAVENNA ALS UNSERE HERREN THEODOSIUS UND VALENTINIAN ZUM ZWÖLFTEN UND ZWEITEN MAL KONSULN WAREN. Text 7 Constitutio Tanta 18 Et hoc non primum a nobis dictum est, sed ab antiqua descendit prosapia: cum et ipse Iulianus legum et edicti perpetui subtilissimus conditor in suis libris hoc rettulit, ut, si quid imperfectum inveniatur, ab imperiali sanctione hoc repleatur. et non ipse solus, sed et divus Hadrianus in compositione edicti et senatus consulto, quod eam secutum est, hoc apertissime definivit, ut, si quid in edicto positum non inveniatur, hoc ad eius regulas eiusque coniecturas et imitationes possit nova instruere auctoritas. Und das ist nicht zuerst von uns ausgesprochen worden, sondern geht auf einen alten Ursprung zurück. Denn auch Julian, der überaus scharfsinnige Rechtsschöpfer und Begründer des ständigen Edikts, hat in seinen Schriften ausgeführt, dass dann, wenn man etwas unvollkommen geregelt findet, dies von der kaiserlichen Rechtssetzung ergänzt werden soll. Aber nicht nur er allein, sondern auch der vergöttlichte Kaiser Hadrian hat bei der Neuordnung des Edikts und in dem Senatsbeschluss, der ihr folgte, in sehr klarer Weise die Bestimmung getroffen, dass dann, wenn sich etwas im Edikt nicht geregelt findet, aufgrund der Vorschriften des Edikts und der von ihnen aus möglichen Schlussfolgerungen und Analogien, der Kaiser eine Regelung treffen kann. 5

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