Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben
Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 Typische Standardprüfverfahren für Turbogetriebe wie in API 613 beschrieben enthalten normalerweise keine Tests bei Volllast. Jedenfalls können viele Getriebehersteller und Wartungsdienstleister keine Tests unter voller Last durchführen, da sie in ihren Anlagen nicht über ausreichend Bremsleistung verfügen. Die Alternative eines Verspannungsprüfstandes (back-to-back - Leistungskreislauf) erfordert zwei identische Getriebeeinheiten und ist daher bei der Prüfung von Spezialgetrieben eventuell undurchführbarg. Ohne die Möglichkeit, Getriebe unter Volllast zu prüfen, greifen die meisten Getriebespezialisten auf ein lastfreies Prüfverfahren zurück ein erprobtes Verfahren, das in den meisten Fällen alle erforderlichen Daten liefert. Die lastfreie Prüfung bestätigt nicht nur die wichtigsten Betriebseigenschaften eines Getriebes, einschließlich Rotordynamik und gleichmäßiger Zahnflankenkontakt, sondern kann auch die meisten Störungsursachen aufdecken. Trotzdem stoßen lastfreie Prüfverfahren bei Gleitlagern an ihre Grenzen. In Anwendungen, in denen die Lager bei hohen Drehzahlen und Lasten laufen, oft unter ungünstigen thermischen Bedingungen, spiegeln lastfreie Standardprüfverfahren nicht die Wirklichkeit wieder. Insbesondere können bestehende Auslegungswerkzeuge und lastfreie Prüfverfahren die Lagertemperaturen nicht präzise vorhersagen. Das Ergebnis ist, dass der Puffer für die Betriebssicherheit nicht genau vorhergesagt werden kann. Besonders für anspruchsvolle Anwendungen ist dies eindeutig unbefriedigend. Aufbau eines Lagerprüfstandes Um dieses Problem zu umgehen, hat Voith Turbo BHS einen speziellen Prüfstand für Gleitlager gebaut. Dieser ermöglicht, Lager unter realistischeren Betriebsbedingungen zu prüfen, einschließlich bei voller Drehzahl und unter voller Last. Dieser Artikel beschreibt die Prüfung der BHS UltraCool Lager für einen bekannten internationalen OEM unter voller Last und umreißt den Wert der dabei gewonnenen Daten. Abbildung 1 stellt den Prüfstand schematisch dar. Dieser kann sowohl für statische als auch dynamische Lagertests verwendet werden (wobei letztere den dynamischen Lagerkoeffizienten misst). Dieser Artikel befasst sich nur mit dem statischen Prüfverfahren und berücksichtigt nicht die rotordynamische Leistungsfähigkeit des Lagers. Der Aufbau besteht aus einer Dummy-Welle, zwei Stützlagern und einem Prüflager in einem Stützring, der wiederum mit einem System verbunden ist, das radiale Lasten aufbringt und misst. Die Dummy- Welle wird von einem Elektromotor und einem Getriebe mit der erforderlichen Umfangsgeschwindigkeit angetrieben (bis 160 m/s). Zwei mit angeordnete Pneumatikzylinder erzeugen die statische Last. Jeder Zylinder kann eine Kraft von 1 kn erzeugen und somit werden realistische Lasten für Lager bis 0 mm Durchmesser ermöglicht. Der Lastvektor am Prüflager wird durch Variieren der Kraftverteilung zwischen den beiden Zylindern angepasst. Bei Test mit Beharrungsbedigungen läuft das Prüflager bei verschiedenen Geschwindigkeitskombinationen, Lasten und Öldurchsatzmengen. Die Messung zeigt dann auf, wie die Lagertemperaturen und diese drei Parameter zusammenhängen. Abbildung 2 zeigt die Korrelation Temperatur-Last-Geschwindigkeit für ein Radialkippsegmentlager. Wie erwartet steigen die Lagertemperaturen bei zunehmender Last und Geschwindigkeit. Abbildung 1: Im Lagerprüfstand wird das Lager an einer von einem Elektromotor angetriebenen Dummy-Welle montiert. Zwei rechtwinklig angeordnete Pneumatikzylinder liefern die Radiallast. 2
Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 1 110 T 60 / 145 / 2 / 435 Abbildung 2: Beispiel der Korrelation Temperatur-Last-Geschwindigkeit für ein Radialkippsegmentlager. Das ungewöhnliche Ergebnis bei m/s ergibt sich aufgrund einer größeren Laminarströmung, die die Wärmeübertragung reduziert. Fallstudie: Ein anspruchsvolles Turbogetriebe In der vorangehenden Anwendung hat Voith Turbo BHS die Gleitlager eines Stirnradgetriebes getestet, das für 30 MW (40.0 PS) Leistungsübetragung zwischen einer Gasturbine und einem Kompressor ausgelegt ist. Die maximale konstante Drehzahl (Maximum Continuous Speed, MCS) dieser schnell laufenden Welle beträgt 10.000 min-1. Hydrodynamische Lager stehen unter diesen Bedingungen vor folgenden Herausforderungen: hohe Öleinlasstemperaturen (bis ) aufgrund der heißen Umgebung in der Anlage hohe Lasten (>3 MPa) und hohe Umfangsgeschwindigkeiten (> m/s) Voith Turbo BHS musste dem Kunden eine maximale Lagertemperatur von bei Volllast sowie Maximalnenndrehzahl sowohl für die schnell laufende Welle (1 mm) als auch die langsam laufende Welle (0 mm) garantieren. Die spezifizierten Ölbedingungen waren: Öl gemäß ISO VG32 Öleinlasstemperatur 60 und Öleinlassdruck barg Abbildung 3: Voith Turbo BHS UltraCool Bearing In dieser Anwendung wurden Lager vom Typ BHS UltraCool (Abbildung 3) eingesetzt, die normalerweise bei Lagerumfangsgeschwindigkeiten von 95 m/s und spezifischen Lasten bis 4 MPa eingesetzt werden. Laut Auslegungs berechnungen lagen die maximalen Lagertemperaturen in dieser Anwendung in der Nähe des vom Kunden angegebenen Grenzwertes. Voith Turbo BHS entschied in Zusammenarbeit mit dem Kunden, den Prüfstand zu verwenden, um das thermische Verhalten der Lager zu ermitteln. Ein Vorteil der separaten Prüfung der Lager ist, dass dies erfolgen kann, noch bevor das Getriebe zusammengebaut ist. Dies ermöglicht, die erforderlichen Anpassungen durchzuführen, ohne den Lieferzeitplan zu beeinträchtigen. 3
Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 Abbildung 4 zeigt den Prüfaufbau und Abbildung 5 die Positionen, an denen die Lagertemperaturen gemessen wurden. Die Temperatursonden wurden gemäß API 6 bei 25 % und % der Lagerbreite positioniert. Lager von Voith Turbo BHS sind an diesen Stellen bereits für Temperatursonden vorgebohrt. Abbildung 4: Aufbau des Lagerprüfstandes Abbildung 5: Messpunkte für Lagermetalltemperaturen 4
Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 Sequenztabelle: Der Testlauf beginnt, sobald der Beharrungszustand erreicht wird. Schritt Zeit Entspricht Drehzahl Last Öleinlassdruck Öleinlasstemp. Maßnahme [min] Leistung [%] [%] [barg] [] [kw] 1 Spülen 15 2 Hochfahren bis % Geschw. 10 400 1,3 3 Last anlegen 10 300 4 Maximalkonstantdrehzahl 10 300 und volle Last 5 Druck 10 300 6 Temperatur 10 300 7 Druck + Temperatur 10 300 8 Garantielastpunkt 10 300 60 Seq. 1. Sequenz: Sollzustand Dauer Schritte 2-8 9 Last anlegen bei % Geschw. 10 100 10 Maximalkonstantdrehzahl 10 100 und Nennlast 11 Druck 10 100 12 Temperatur 10 100 13 Druck + Temperatur 10 100 14 Drehzahl 10 100 15 Gegenprobe 10 100 16 Abschaltgeschwindigkeit 10 110,3 400 1,3 2. Sequenz: Nennzustand Dauer Schritte 9-16 Gesamtdauer Testschritte 1-16 1 Hinweise: 1. Öleinlassdruck, der Anlagenabschaltung auslöst = 0,9 barg Um eine unbeabsichtigte Abschaltung zu vermeiden, ist barg der niedrigste zulässige Öleinlassdruck am Prüfstand. 2. Öleinlasstemperatur, die Herunterfahren auslöst = Aufgrund der Heizkapazität der Schmierölkonsole des Prüfstandes liegt die zulässige Öleinlasstemperatur am Prüfstand bei etwa. Unter bestimmten Umständen kann die maximal erreichbarge Temperatur noch geringer sein. Diese wird als Maximalprüftemperatur eingestellt, falls innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht erreicht werden können. 5
6 Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 Ergebnisse für das Lager der schnell laufenden Welle (1 mm) Ergebnisse für das Lager der schnell laufenden Welle (0 mm) Schritt 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Drehzahl min-1 110 Last N 1,3 1,3 Winkel 0 0 Öleinlass 60 Ölauslass 62 Öldruck barg T1 89 87 83 T2 92 94 99 101 97 89 83 T3 T4 T5 85 86 T6 88 89 T7 T8 T1 T2 Schritt 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Drehzahl % 110 Last % 1,3 1,3 Lastwinkel 0 0 Öleinlass 60 Öleinlass Öldruck barg T3 86 88 T4 85 86 T5 83 T6 64 T7 89 92 T8 88 83
Test Hydrodynamischer Gleitlager von Getrieben von Steffen Kämmerer Juli 15 85 [] Auslegungseinlassdruck und -temperatur 60 Auslegungseinlasstemp., reduzierter Einlassdruck ( barg) erhöhte Einlasstemperatur ( ), reduzierter Druck ( barg) Abbildung 7: Metalltemperaturen eines Voith Turbo BHS UltraCool Hochgeschwindigkeitslagers bei verschiedenen Öleinlasstemperaturen und -drücken Zu F&E-Zwecken kann ein erweiterter Prüfaufbau mit etwa Temperatursonden verwendet werden (Abbildung 6). Dies ergibt eine engmaschigere Karte der Temperaturverteilung und somit ein vollständigeres Bild der thermischen Belastung. Abbildung 6: Zusätzliche Bohrungen für erweiterte Instrumentierung Prüfung bestätigt Betriebsverhalten Tabelle 1 zeigt den Prüfablauf für die Lager in dieser Fallstudie. Es wurden 16 verschiedene Schritte mit einer Dauer von jeweils 10 Minuten angewandt. Die gesamte Prüfdauer betrug daher lediglich 1 Minuten für jedes der beiden Lager. Die 10-minütigen Schritte sind lang genug, da die Lager unter den angegebenen Betriebs bedingungen schnell das thermische Gleichgewicht erreichen. Die Tabellen 2 und 3 zeigen die Prüfergebnisse bei verschiedenen Kombinationen von Drehzahl, Last, Lastwinkel, Öleinlass temperatur und Öldruck. Wie erwiesen, ergibt sich aus dem Aufbau des BHS UltraCool Bearing, dass unter diesen Bedingungen sowohl das langsam als auch das schnell laufende Lager deutlich unter der vom Kunden vorgegebenen Grenze von blieb. Abbildung 7 stellt die Lagertemperatur des schnell laufenden Lagers unter verschiedenen Öleinlassbedingungen grafisch gegenüber der Sommerfeldzahl (So) dar. Die Lagertemperatur steigt bei sinkendem Öldruck und steigender Öleinlasstemperatur. Daraus folgt, dass diese Lager und das gesamte Getriebe auch unter Worst-Case-Bedingungen sicher funktionieren. Die vom Prüfstand aufgezeichneten Lagertemperaturen blieben innerhalb von 2 des entsprechenden Messwerts des vollständig zusammengebauten Getriebes, und zwar sowohl unter lastfreien Bedingungen als auch unter Teillast. Dies schafft Vertrauen in die Genauigkeit und die Verwertbargkeit der Einzelkomponentenmessung der Lagertemperatur. Voith Turbo BHS kann durch das hier beschriebene Prüfverfahren anspruchsvolle Anforderungen beim Betrieb des Lagers und Getriebes verifizieren, noch bevor das Getriebe zusammengebaut wurde, wodurch der Kunde frühzeitig der Leistungsfähigkeit des Produkts vertrauen kann. 7
Voith Turbo BHS Getriebe GmbH Hans-Böckler-Straße 7 827 Sonthofen, Deutschland Telefon: +49 8321 2-0 sales.bhs@voith.com voith.com/bhs PU 06.001.01 de 17 aeg bax