Aspekte der Filmgestaltung 1 (Auswahl) 1. BILDKOMPOSITION - Anordnung auf der Bildebene - Aspekte der Bildkomposition als Bedeutungsträger 2. LICHT - Three-point-lighting - Backlight - Sidelight - Underlighting - Eyelight - Toplight - High key/low key lighting 3. SCHÄRFE - Schärfeverlagerung als Blicklenkung 4. PERSPEKTIVE - Point-of-view-shot Die Auswahl der hier genannten Stilmittel orientiert sich an ihrer Relevanz für die im germanistischen Seminar Literaturverfilmung gezeigten Filme - für einen generellen Überblick ist diese Zusammenstellung zu lückenhaft. Dennoch wird hier das Ziel verfolgt, auf die bewußte Einsetzung der oben genannten Mittel hinzuweisen und einen aufmerksameren Blick auf das Medium Film anzuregen. Der Aspekt der Beleuchtung wird detaillierter geschildert - als Beispiel für die Vielseitigkeit eines einzelnen Stilmittels. 1 Dieser kurze Überblick entlehnt seine Terminologie, sowie Teile seines Bildmaterials der Vierten Edition von FILM ART- An Introduction von David Bordwell und Kristin Thompson.
1. Bildkomposition Auf der Ebene der Bildkomposition stellen sich bei der Analyse folgende Fragen: Bordwell/Thompson (1993): FILM ART, S.166. i Wie sind die Elemente angeordnet und was wird damit bezweckt? Worauf wird unsere Aufmerksamkeit gelenkt (siehe Bild), was wird hervorgehoben und wodurch? (Zur Bildkomposition gehören Licht, Requisite, Kostüme, sowie Aspekte des Schauspiels) Aspekte der Bildgestaltung können auch Bedeutungsträger sein - so tanzt Kristin Scott Thomas in The English Patient vor ihrem Ehebruch in einem weißen, danach in einem schwarzen Kleid... Auf eine Möglichkeit der Betonung innerhalb der Bildkomposition geht der folgende Absatz detailliert ein, um die möglichen Aspekte und Funktionen eines einzelnen Stilmittels beispielhaft darzustellen: 2. Licht Die Beleuchtung ist ein vielseitiges Mittel der Bildgestaltung, das u. a. Akzente setzt und Stimmungen schafft. Interessant ist stets die Frage, ob das Licht diegetisch 2 ist d.h. seine Quelle innerhalb der filmischen Welt hat, oder ob es zusätzlich von außen z.b. eine besondere Hervorhebung bewirken soll. Three-point point-lighting Im klassischen Hollywood entstandene, immer noch bevorzugte Beleuchtungsvariante: Komposition aus key-, back- und fill-light. Hierbei geschieht folgendes: Bordwell/Thompson (1993): FILM ART, S.155. Die Hauptlichtquelle (keylight keylight) kommt von (schräg-)vorne. Durch das helle Licht treten auch Schatten hervor (linker Gesichtsrand). 2 Definition DIEGESE (nach Etienne Sourieau): Vom Film suggerierte, fiktive Welt bzw. dargestellte Welt
Deshalb wird die zweite Lichtquelle so positioniert, daß sie genau diese Schatten aufhebt (fill fill-light light). Die dritte Lichtquelle kommt von hinten (backlight backlight), sie trennt die Person vom Hintergrund, indem sie ihre Konturen deutlicher abhebt. 3-point point-lighting (in Kombination): In anderen Kontexten versieht das backlight den Darsteller mit einer hellen Silhouette, die ihn geheimnisvoll, evtl. auch verklärt darstellt (vgl. auch E.T.).
Sidelight Hier wird der Darsteller von einer Seite beleuchtet. Er erhält dadurch ein "zwielichtiges" Aussehen. Bestimmte Aspekte des Gesichts treten stärker hervor - Konturen, Nase etc., was einer Person u. a. mehr Profil verleihen kann. Underlighting Licht von unten lässt den Beleuchteten meist unheimlich wirken - kann aber auch nur auf eine natürliche Lichtquelle (Lagerfeuer o. ä. hinweisen). Bordwell/Thompson (1993): FILM ART, S.154. Links: Zusätzliche kleinere Scheinwerfer werden so positioniert, daß sie Lichtpunkte - so genanntes eyelight - in die Augen setzen. (Wirkungsvoll ist dies besonders bei Tränen, die somit stärker reflektieren, sowie in jedweder Art von Augen-blick, in dem der Ausdruck der Augen betont werden soll)
Toplighting Licht von oben betont bestimmte Aspekte der Physiognomie - Berühmtes Beispiel: Marlene Dietrich wurde stets von oben beleuchtet, weil dies ihre Wangenknochen besser zur Geltung brachte. (So kann Licht zur Konstituierung eines Stars bzw. seines "Image" beitragen!) High Key Als high-key-lighting bezeichnet man eine gleichmäßig helle Ausleuchtung des gefilmten Raumes, die nur geringe Hell-/Dunkelkontraste zulässt. Meist findet sich diese Beleuchtung in Tages-Szenen und in Komödien.
Low Key Geringe, einseitige Ausleuchtung, die starke Schatten und Kontraste hervorruft - in Nacht-Szenen, düsteren Umgebungen, überall, wo sich Abgründe auftun. (Jalousien werfen in Detektivfilmen häufig ein Hell/Dunkel-Raster auf die Gesichter von Verdächtigen etc.) Beispiel: Low key in THE MAN WHO WASN'T THERE (Coen Brothers) Jalousien lassen nur einen Teil des Lichts hindurch, die Darsteller befinden sich im Zwielicht - mit all seinen beabsichtigten Konnotationen... 3. Die Schärfe Durch bestimmte Schärfeverlagerungen ist es möglich, Personen oder Gegenstände hervorzuheben oder zu isolieren. Bordwell/Thompson: Ebd, Colour plate 52.
Plate 52: Hier wird die Aufmerksamkeit auf den Beobachter gelenkt, der wiederum deutlich macht, wer der Fokus SEINES Interesses ist. An dieser Stelle ( Plate 53) werden wir auf seine Perspektive hingewiesen und sehen dennoch nicht, was er sieht ( wir sehen das Mädchen unscharf). Ein interessante Beispiel, auch weil sich hier das Medium selbst zitiert - der Mann fängt das Mädchen in einem Bildausschnitt ein... 4. Perspektive: Point-of of-view view-shot Bordwell/Thompson: Ebd, Colour plate 53. Wenn der Zuschauer genau das sehen soll, was eine bestimmte Person sieht, wird meist ein Point of view shot eingesetzt. Es ist wichtig, dies im Hinterkopf zu behalten, weil wir in diesem Moment eine subjektive Sicht der Dinge haben! (vgl. Erzählperspektive im Roman: Fragt man sich in der Literatur wer spricht? um die Erzählposition zu erkennen, so entspricht dies im Film einem wer sieht? ) Der Gefängnisinsasse sieht nach draußen unser Blick erhält die gleiche Begrenzung wie seiner: Wir sehen durch Gitter sind in unserer Wahrnehmung Bordwell/Thompson (1993): FILM ART, S.215.
limitiert und genauso eingesperrt wie der Häftling. Solche Momente können zu Identifikation führen. (Fig.6.107+ 6.108) Im Film ist solch eine Aufnahme (wie 6.108) meist dadurch motiviert, daß wir jemandem dabei zusehen, daß er etwas sieht: Wir erwarten zu erfahren, was er da betrachtet und werden meist in der folgenden Einstellung (aus dem jeweiligen POV) informiert. (Fig. 3.1.- 3.3.) Bordwell/Thompson (1993): FILM ART, S.79.