GESCHICHTE KAPITEL 4 (S. 1) Papa hat wieder Haare Der Herbst hat schon seit einer Weile begonnen. Die Blätter sind ganz farbig geworden und tanzen nun mit dem Wind davon. Der Wind ist kühl. Bald werden die ersten Schneeflocken fallen. Die Kinder freuen sich darauf, besonders Jonas, denn er will seinen neuen Schlitten ausprobieren. Heute möchte Familie Waser einkaufen fahren. Alle ziehen sich warm an: Schal, Handschuhe und Mütze dürfen nicht fehlen. Auch Papa zieht eine Mütze an. Papa geht es viel besser. Die Operation ist vorbei und er muss nicht mehr so häufig zu Arztterminen. Er hat auch wieder mehr Energie. Anna darf sogar auf Papas Schultern reiten. Plötzlich zupft sie die Mütze von Papas Kopf und ruft: Überraschung! Alle blicken auf Papas Kopf und staunen. Tatsächlich, auf Papas Kopf sind feine Härchen zu sehen. Deine Haare wachsen nach, sagt Mama liebevoll, das freut mich für dich!
GESCHICHTE KAPITEL 4 (S. 2) Vieles ist gleich geblieben, aber noch nicht so wie früher Nach dem Einkaufen ist wie immer Zimmerstunde. Die Zimmerstunde hat es schon gegeben, bevor Papa krank wurde. Das ist die Zeit, wo Mama und Papa im Wohnzimmer sitzen und sich unterhalten. Die Kinder treffen sich meistens in Jonas Zimmer, denn dort haben sie eine tolle Bastelecke eingerichtet. Da gibt es viele Buntstifte, Klebeband, farbiges und gepunktetes Papier, Kreide, Scheren, seidige Bänder und vieles, vieles mehr. Anna schneidet gerne tolle Muster in das farbige Papier. Und Jonas faltet gerade ein neues Fliegermodell. Nur auf Leon müssen sie immer noch aufpassen, denn Leon malt manchmal über das Blatt hinaus auf den Tisch. Auch anderes ist in der Familie Waser gleich geblieben. Mama arbeitet immer noch am Morgen. Und immer noch kommen die Grosseltern vorbei, um Mittagessen zu kochen. Es gibt jetzt einfach nicht mehr so oft ein Restekuddelmuddel-Essen, weil Papa wieder richtig Appetit hat. Auch macht die ganze Familie immer noch gerne Ausflüge. Und die Kinder freuen sich jetzt noch mehr darauf, denn Papa mag wieder viel mehr mitspielen. Manchmal ist Papa aber immer noch müde. Er sagt, dass es noch eine Weile dauern wird, bis alles so läuft wie früher. Jonas hat Papa gefragt, ob der Krebs denn jetzt weg ist. Papa überlegte zuerst und erklärte dann, dass die Chemo den Krebs ganz klein gemacht hat und man ihn nun herausoperiert hat. Er erklärte auch, dass darum die nächste Chemo nicht mehr so stark sein wird und sie dann aber vielleicht alles, was übrig geblieben ist, weg machen wird.
GESCHICHTE KAPITEL 4 (S. 3) Was ich alles gelernt habe Es ist Freitagnachmittag. Jonas und Anna dürfen nach dem Mittagessen auf den Spielplatz. Wenn Jonas dabei ist, darf Anna nun auch ohne Eltern zum Spielplatz gehen. Jonas hat gelernt, auf Anna aufzupassen. Das macht Jonas gerne, er ist ja schliesslich der grosse Bruder. Heute wollen sie aber zu Fabian und Sara zum Spielen. Sara und Fabian sind gerade dabei, im Zimmer eine Kajüte aus Tüchern zu bauen. Sara ist zwar schon gross, aber manchmal spielt sie trotzdem noch gerne mit Fabian mit. Fabian hat sich einen Holzsäbel umgebunden und ruft mit tiefer Stimme: Hoihoihoiiii! Ich bin Pirat Silbersäbel, wer bittet um Eintritt auf mein Schiff? Steuermann Hinkebein und Prinzessin von der Erbse!, antwortet ihm Jonas. Sara und Anna kichern. Das ist gut. Dann können Sie uns ja zur blauen Insel fahren. Da ist nämlich der Goldschatz vergraben, fordert Fabian. Ajaj Sir!, antwortet Jonas. Frauen können wir aber nicht auf dem Schiff gebrauchen. Klar könnt ihr!, entgegnet Sara entrüstet. Ich kann die Karte lesen! Und ich kann jetzt Spaghetti kochen, prahlt Anna. Woher kannst du das denn?, fragen Jonas und Fabian verblüfft. Na, Oma hat es mir gezeigt. Und ich kann jetzt auch meine Schuhe binden und ein bisschen lesen. Und überhaupt kenne ich viele Lieder, die man auf dem Schiff singen kann, gibt Anna stolz an. Da bist du deinen Eltern und der Oma sicher eine grosse Hilfe, Anna. Das hast du alles seit dem Sommer gelernt?, bewundert Sara. Ja, klar. Und Jonas kann jetzt ganz schwierige Rechenaufgaben lösen und hilft Mama, wenn sie etwas zusammenzählen muss, fügt Anna an. Steuermann Hinkebein, ich denke, wenn das so ist, sind die Frauen erlaubt. Sie, Herr Hinkebein, werden dann die Goldstücke zählen. Ich sorge inzwischen dafür, dass die Kannibalen uns nicht angreifen, beschliesst Fabian und begibt sich an Bord des Schiffes.
GESCHICHTE KAPITEL 4 (S. 4) Zurück blicken An einem Sonntag sitzen Jonas, Anna, Leon und Sara im Wohnzimmer von Familie Waser. Sie basteln einen Papierdrachen für Fabian. Fabian wird morgen schon 7 Jahre alt. Die Kinder beginnen, sich von ihren Geburtstagen zu erzählen. Mama hat zu meinem Geburtstag einen Schokoladenkuchen gebacken. Aber da war Papa ganz müde, weil er vorher Chemo hatte. Es blieb dann einfach ein Stück mehr für uns übrig, erzählt Jonas. Und ausserdem hast du einen tollen Dinosaurier geschenkt bekommen, sagt Anna neidisch und Jonas nickt. Sara berichtet: Ich weiss noch, als meine Mutter Chemo hatte, haben wir meinen Geburtstag bei Papa gefeiert. Das war irgendwie komisch, weil er sonst zu uns kommt. Aber es war ganz lustig. Ich fand es schön, so viel mit Papa zu machen. Bei uns war Papa nicht immer mit dabei, als er krank war. Aber beim Tretbootfahren (Pedalofahren) ist er mitgekommen, das war schön!, erinnert sich Anna. Stimmt, Papa hat mir das Steuer übergeben und dann habe ich die ganze Familie über den See gefahren, sagt Jonas stolz. Ich fand es schön, dass Mama viel mehr zu Hause war, als sie Krebs hatte, erzählt Sara. Und ich finde, Grossmutter könnte doch weiterhin die Lasagne zum Mittagessen kochen, schwärmt Anna. Am nächsten Morgen bekommt Fabian den Drachen. Er freut sich riesig und die Kinder lassen den Drachen gleich steigen.
GESCHICHTE KAPITEL 4 (S. 5) Der erste Schnee: was wir uns wünschen Aufwachen, lieber Jonas. Schau mal zum Fenster raus, weckt Papa Jonas. Jonas springt aufgeregt an das Fenster: Schneeee! Anna, Leon! Schneeee! Die Kinder rennen in die Küche: Mama, wir wollen rausgehen! Leon hüpft vor Freude von einem Bein auf das andere. Zuerst anziehen, dann zum Aufwärmen heisse Schokolade trinken und dann können wir alle zusammen rausgehen, kommandiert die Mama ruhig. Noch nie haben Anna, Leon und Jonas die Schokolade so schnell getrunken wie an diesem Sonntagmorgen. Schnell haben alle ihre warmen Schneehosen angezogen und die Mütze aufgesetzt. Mama und Papa haben sich dick eingewickelt. Auch Sara und Fabian sind mit ihrer Mama schon im Garten. Kommt, wir bauen einen Schneemann, schlägt Papa vor. Und alle helfen mit, runde Schneekugeln zu rollen. Als der Schneemann fertig ist, holt die Mama Waser eine Karotte, schwarze Knöpfe und einen Strohhut. Den Strohhut hat der Papa im Sommer manchmal getragen. Jetzt bekommt der Schneemann ihn und ein Gesicht dazu. Die Mama Haller bringt einen Schal, den sie dem Schneemann um den Hals legt. Und sie hat eine Kerze mitgebracht. Heute ist der erste Geburtstag von Herrn Schneemann, erklärt sie und drückt dem Schneemann eine Kerze in die Hand. Da darf sich jetzt jeder etwas wünschen. Ich wünsche mir, dass er gaaanz lange bleibt, meint Anna. Ich wünsche mir, dass wir alle zusammen Schlitten fahren gehen, wünscht sich Jonas. Ich möchte, dass wir bald einmal einen Spieleabend machen können, hofft Sara. Ich wünsche mir eine Rennbahn!, ruft Fabian. Und dass Mama dann mit mir ein Autorennen macht. Ich wünsche mir, dass ihr Kinder immer mit all euren Fragen und Anliegen zu uns kommt. Und dass Jonas weiterhin ins Judo geht, Leon schöne Bilder malt und Anna so viel lacht, sagt die Mama von Jonas, Anna und Leon. Und ich wünsche mir, dass wir im nächsten Frühling in die Ferien fahren, irgendwohin, wo es schön warm ist und sie eine andere Sprache sprechen, wünscht sich Papa. Ich finde es toll, wie ihr Kinder alle miteinander auskommt und einander helft. Ich wünsche mir, dass das so bleibt, sagt die Mama von Sara und Fabian. Und ich?, fragt der kleine Leon. Ich wünsche mir auch noch etwas. Nämlich, dass Jonas mich mit dem Dinosaurier spielen lässt. Na klar!, ruft Jonas vergnügt.