Versorgungsqualität und zuverlässigkeit als Standortfaktor München, 30. April 2013 Dr.-Ing. Serafin von Roon 1
Gliederung Motivation Erstellen eines Leitfaden im Auftrag der Bayerischen IHK Definition von Versorgungsqualität und -zuverlässigkeit Klassisches Monitoring der Versorgungszuverlässigkeit Neue Monitoringansätze Kurzunterbrechungen Ansätze zur Erhöhung der Versorgungsqualität und -zuverlässigkeit Zusammenfassung und Fazit 2
Sorge vor Kurzunterbrechungen und Angst vor dem Blackout Aufteilung der Versorgungsstörungen nach Vorfalltyp Entwicklung der Kurzunterbrechungen 3
4 Leitfaden im Auftrag der Bayerischen IHK
5 Erstellen eines Leitfadens im Auftrag der bayerischen IHK
6 Versorgungsqualität und -zuverlässigkeit
Versorgungszuverlässigkeit Definition Fähigkeit eines elektrischen Systems, seine Versorgungsaufgaben unter vorgegebenen Bedingungen während einer bestimmten Zeitspanne zu erfüllen. 7 Kenngrößen Unterbrechungshäufigkeit Unterbrechungsdauer Nichtverfügbarkeit sind international abgestimmt (DISQUAL) auf Kriterien ausgerichtet, die beinflussbar durch den Netzbetreiber sind müssen mit vertretbaren Aufwand erfasst werden
Kenngrößen der Versorgungszuverlässigkeit System Average Interruption Frequency Index (SAIFI) Mittlere Anzahl der Versorgungsunterbrechungen SAIFI = (unterbrochene Kunden je Fall) Gesamtzahl versorgter Kunden [ 1 a ] System Average Interruption Duration Index (SAIDI) Dauer der Versorgungsunterbrechungen im Mittel SAIDI = [(unterbrochene Kunden je Fall) (Dauer je Fall)] Gesamtzahl versorgter Kunden [ min a ] Customer Average Interruption Duration Index (CAIDI) Mittlere Unterbrechungsdauer je unterbrochenem Kunden CAIDI = [(unterbrochene Kunden je Fall) (Dauer je Fall)] unterbrochene Kunden je Fall [min] 8
Versorgungsqualität Versorgungsspannung mit konstanter Frequenz perfekter Sinus-Kurvenform konstanter Höhe Merkmale der Versorgungsspannung nach DIN EN 50160 Netzfrequenz zwischen 47 Hz und 52 Hz (DIN) Durch Einsatz von Regelleistung wird die Abweichung der Netzfrequenz auf +/- 0,4 Hz begrenzt Auswertung über 12 Monate: max. 50,16 Hz und min. 49,85 Hz Spannungsänderung: langsame Änderung der Bezugsspannung um +/- 10 % Spannungseinbrüche bzw. Spannungsüberhöhungen: schnelle Änderung der Bezugsspannung um +/- 10 % 9
Beeinträchtigung der Versorgungsqualität Gründe für Qualitätsbeeinträchtigungen Höhe des Stromverbrauchs und Grad des zeitgleichen Zu- und Abschaltens von Verbrauchern Versagen von Komponenten des Systems von Erzeugungs-, Übertragungsund Verteilanlagen Ursachen hierfür sind Extreme Wetterbedingungen Abnutzungs- und Alterungsprozesse Menschliche Eingriffe Vögel und andere Tiere 10
11 Monitoring der Versorgungszuverlässigkeit
Entwicklung der Versorgungszuverlässigkeit Unterbrechungsdauer in Mittel- und Niederspannung in Deutschland 12 SAIDI: System Average Interruption Duration Index Achtung: Versorgungsunterbrechungen <3 min werden nicht erfasst
Versorgungszuverlässigkeit im europäischen Vergleich Unterbrechungsdauer in Europa 13
Spannungseinbrüche Entwicklung aller Ereignisse ursächlich für Spannungseinbrüche 14 Quelle: Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE mit dem Fazit: Ein Zusammenhang mit der seit vielen Jahren stetig wachsenden Zahl dezentraler Erzeugungsanlagen lässt sich hier nicht erkennen.
15 Neue Monitoringsansätze
16 Monitoring-Bericht Energie der Zukunft
17 IHK-Energiewende-Barometer
18 Deutscher Energiewende-Index
19 Deutscher Energiewende-Index
20 Kurzunterbrechungen
Automatische Wiedereinschaltung Automatische Wiedereinschaltung (AWE) Eine automatische Wiedereinschaltung (AWE) ist die automatische Ab- und Wiederzuschaltung eines gestörten Stromkreises innerhalb der Zeit, die eine sichere Löschung des Kurzschlussbogens ermöglicht. Abschaltung des fehlerbehafteten Leitungsstücks < 1s. Im Hochspannungsnetz treten wegen des hohen Freileitungsanteils viele einpolige Fehler auf (Gewitter, Vogelkot ) Besondere Situation in Bayern Großteil des HS-Netzes ist ein NOSPE -Netz (niederohmige Sternpunkterdung). => Jeder einpolige Fehler ist ein Kurzschluss und erfordert die Abschaltung des fehlerbehafteten Leitungsteilstücks. In HS-Netzen mit RESPE -Netz (Resonanz-Sternpunkterdung) ist diese Beeinträchtigung deutlich geringer. 21
Erkenntnisse aus den Interviews Eingeschränkte Versorgungssicherheit Viele Kurzunterbrechungen Spannungsschwankungen Hohe Überspannungen Monitoring der Versorgungssicherheit Nur wenige Unternehmen mit Spannungsüberprüfung Überwiegende Anzahl der Unterbrechungen < 3 Minuten Ausweitung des Monitorings erwünscht 22
Praxisbeispiele Prozessunterbrechung Störung der Steuerungselektronik Mehrtägiger Beschichtungsprozess Totalverlust des Werkstücks Reset Containerüberfüllung 23
24 Praxisbeispiel: DIEHL Metall
25 Praxisbeispiel DIEHL Metall
Praxisbeispiel DIEHL Metall Ergebnisse der Tests zum Blackoutszenario Kühlung an allen Gießanlagen und Entleerung der Tiegelöfen möglich Warmhaltebetrieb an den Rinnenöfen mit Einschränkungen möglich Weitere Vorgehensweise zur Minimierung von Schäden bei Stromausfall Aufbau einer Notfall-Leitstelle für den Standort Überarbeitung der Elektroinfrastruktur unter dem Aspekt Notstrom Gegenmaßnahmen bei Ausfall der Gasversorgung (Flüssiggastanks) Einbeziehung weiterer Anlagen in die Notstromversorgung Ausbau der Notstromversorgung (Gasturbine) 26
27 Praxisbeispiel Flachglas Torgau GmbH (Saint-Gobain Glass)
Praxisbeispiel Flachglas Torgau GmbH (Saint-Gobain Glass) Einbruch der Versorgungsspannung für 1 s Floatglasanlage Gebläse fallen aus Pumpen in den Kühlkreisläufen fallen aus Liniensteuerung geht in Störung => defekte Messtechnik (Glasstandsmesser, Kameras, Kühler) => Schäden an Frequenzumrichtern, Sanftanlaufgeräten der Pumpen Magnetronbeschichtungsanlage Glas bleibt undefiniert in der Anlage liegen Alles muss per Hand rausgefahren werden => Glas aus der Anlage wird verschrottet => Produktionsparameter müssen neu eingestellt werden Verbundsicherheitsglasanlage Liniensteuerung verliert Informationen Störungen müssen quittiert werden 28 => 1s Einbruch der Versorgungsspannung führt zu mehreren Stunden Produktionsausfall
Erkenntnisse aus den Interviews Störanfälligkeit der Steuerungselektronik Steigende Sensibilität der Anlagen Oberschwingungen verursachen keine Probleme Investitionsentscheidungen zur Versorgungssicherheit Maßnahmen werden als teuer eingeschätzt Keine Maßnahmenumsetzung 29
30 Ansätze zur Erhöhung der Versorgungsqualität und -zuverlässigkeit
Handlungsempfehlung: Vermeidung von Störfällen Vermeidung von Störfällen Überprüfen, ob Anlagen gemäß DIN ausgelegt sind Klärung der individuellen Robustheit der Anlagen Optimierung der Steuerungseinrichtungen Kontakt zum Netzbetreiber Messung der Versorgungsqualität USV Bei Neuanschaffungen sollte auf sicheres Abfahren bei Spannungsabfall geachtet werden 31
Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit Ursache Folgen und Schäden Maßnahme Transiente Überspannung Spannungsüberhöhung Spannungseinbrüche Fehlende Halbwellen Netzfrequenzabweichungen Zerstörung von Betriebsmitteln (z.b. Trafo) Leistungsschwankung der Anlage, Ausfall Steuerungselektronik Leistungsschwankung der Anlage, Ausfall Steuerungselektronik Leistungsschwankung der Anlage, Ausfall Steuerungselektronik Kaum problematisch, weil nur geringe Abweichungen auftreten Überspannungsableiter Überspannungsableiter, Kondensatoren, Varistoren, Frequenzumrichter, Frequenzumrichter, USV Frequenzumrichter Frequenzumrichter 32
33 Zusammenfassung
Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung Hohe Versorgungssicherheit und niedrige Energiekosten sind unbedingte Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit Bisher keine konkreten Auswirkungen der Energiewende auf die Versorgungsqualität beim produzierende Gewerbe Aber: Mangelnde Versorgungsqualität wird zunehmend ein Problem für das produzierende Gewerbe Vorkehrungen können vor-ort ergriffen werden 34
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Ansprechpartner: Dr.-Ing. Serafin von Roon +49 (89) 158121-0 SRoon@ffe.de Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbh Am Blütenanger 71 80995 München www.ffegmbh.de 35