Rettungsleitfaden. Hinweise zur Unfallrettung aus verunfallten Audi Fahrzeugen

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Transkript:

Rettungsleitfaden Hinweise zur Unfallrettung aus verunfallten Audi Fahrzeugen

Rechtlicher Hinweis: Dieser Leitfaden wurde ausschließlich für Rettungskräfte erstellt, die über eine spezielle Ausbildung auf dem Gebiet der technischen Hilfeleistung nach Verkehrsunfällen und damit der in diesem Leitfaden beschriebenen Tätigkeiten verfügen. Ferner enthält der Leitfaden Informationen über Fahrzeuge, die zum Verkauf in der Europäischen Union bestimmt sind. Der Leitfaden enthält hingegen keine Informationen über Fahrzeuge, die zum Verkauf außerhalb der Europäischen Union bestimmt sind. Spezifikationen und Sonderausstattungen der Audi Fahrzeuge sowie das Fahrzeugangebot der Audi AG unterliegen stetig etwaigen Änderungen. Daher behält sich Audi inhaltliche Anpassungen bzw. Änderungen an diesem Leitfaden jederzeit ausdrücklich vor. Beachten Sie bitte: Die in diesem Leitfaden enthaltenen Informationen sind nicht für Endkunden und ebenfalls nicht für Werkstätten und Händler bestimmt. Endkunden können den Bordbüchern ihres jeweiligen Audi Fahrzeuges detaillierte Informationen zu den Funktionen ihres Fahrzeuges sowie wichtige Sicherheitshinweise zur Fahrzeug- und Insassensicherheit entnehmen. Werkstätten und Händler erhalten Reparaturinformationen über die ihnen bekannten Bezugsquellen. (Stand: 01.05.2009) 3

Inhalt 1 Vorwort 07 2 Sicherheitssysteme 09 2.1 Steuergerät für Sicherheitssysteme 10 2.2 Airbags 2.2.1 Frontairbags 12 2.2.2 Zweistufige Frontairbags 16 2.2.3 Seitenairbags 17 2.2.4 Kopfairbags 18 2.2.5 Kopf-/Thorax Airbags 19 2.3 Airbag-Gasgeneratoren 20 2.4 Gurtstraffer 22 2.5 Überrollschutz 25 2.6 Einsatzhinweise 26 A Abstand halten 26 I Innenraum erkunden 27 R Rettungskräfte warnen 28 B Batteriemanagement 28 A Abnehmen der Innenverkleidung 29 G Gefahr an den Airbag-Komponenten 30 2.7 Airbag-Sicherungssysteme 31

3 Fahrzeugelektrik 33 3.1 Fahrzeugbatterien 33 3.2 Batterietrennelemente 34 3.3 Einsatzhinweise zum Umgang mit der Fahrzeugelektrik 35 1. Laufenden Fahrzeugmotor (Zündung) abschalten 35 2. Warnblinkanlage einschalten 35 3. Elektrische Komforteinrichtungen zum Nutzen der Rettung verwenden 35 4. Zündung ausschalten 36 5. Batterie(n) lokalisieren 36 6. Batterie(n) abklemmen 37 7. Spannungsfreiheit überprüfen 37 4 Karosserie und Werkstoffe 41 4.1 A-Säule 42 4.2 B-Säule 43 4.3 Schweller 44 4.4 Seitenaufprallschutz 44 4.5 Audi Space-Frame (ASF) Aluminiumkarosserie 45 4.6 Fahrzeugverglasung (Dämmglas) 46 Modellübersichten Spezifizierte Übersichten zu den Audi Modellen finden Sie im separaten Teil Modellübersichten Audi. 4 5

01 Vorwort Fahrer, Fahrzeug und Umfeld das sind die Faktoren, deren Zusammenspiel entscheidend für die Sicherheit im Straßenverkehr ist. Dem Fahrzeug kommen in der Unfallsituation drei Aufgaben zu: durch eine steife Fahrgastzelle einen Über - lebensraum weitgehend zu gewährleisten; durch intelligente Strukturkonzepte und Elemente die Fahrzeugenergie abzubauen; durch ein optimiertes Rückhaltesystem bestehend aus Airbags und Sicherheitsgurten mit Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern die Insassen wirkungsvoll zu schützen. Die Existenz einer kurzen, schnellen und effektiven Rettungskette bleibt unverzichtbar. Dieser Leitfaden soll Einsatzkräfte bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben mit den notwendigen Informationen zur Technik von Audi Fahrzeugen unterstützen. Er beinhaltet einen ausführlichen beschreibenden Fachteil und einen fahrzeug spezifischen Teil mit Detailinformationen zu den verschiedenen Fahrzeugen. Während die Informationen im Fachteil insbesondere für die Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte gedacht sind, sind die fahrzeugspezifischen Informationen für die Arbeit an der Unfallstelle gedacht. Den jeweils aktuellen Stand finden Sie unter www.audi.de/rettungsleitfaden. Die Erstellung des Rettungsleitfadens erfolgt mit freundlicher Unterstützung durch Moditech Rescue Solutions (www.moditech.com). Die im Anhang gezeigten Fahrzeugübersichten sind in interaktiver Form auch in der Datenbank Crash Recovery System enthalten. Technischer Stand: Mai 2009 6 7

02 Sicherheitssysteme Heutige Kraftfahrzeuge können je nach Fahrzeugtyp und Ausstattungsvariante über umfangreiche Insassenschutz- und Rückhaltesysteme verfügen. Diese Systeme bestehen in der Regel aus dem Schutzsystem selbst und der dazugehörigen Sensorik, die für die Unfallerkennung zuständig ist. Ein aktuelles und maximal ausgestattetes Fahrzeug (am Beispiel des Audi A4) umfasst folgende Hauptkomponenten. Airbags Gasgeneratoren Steuergerät für Sicherheitssysteme Sensoren Sicherheitsgurte mit Gurtstraffer ggf. Überrollschutz Die Auslösung und Aktivierung der Sicherheitssysteme erfolgt jeweils innerhalb der Systemgrenzen. Abb.: Airbagsystem im Audi A4 Beifahrerairbag Kopfairbag Fahrerairbag Seitenairbags AA4_D_11128_1 8 9

2.1 Steuergerät für Sicherheitssysteme Abb.: Die Auslösung der vom jeweiligen Modell abhängigen Sicherheitssysteme erfolgt in Abhängigkeit von der Unfallart bzw. der Anstoßrichtung 410_069 410_071 410_070 410_205 Die in dem Steuergerät für Sicherheitssysteme integrierte Elektronik hat die Aufgabe, die Fahrzeugverzöge rung bzw. Fahrzeugbeschleunigung zu erfassen und zu erkennen, ob eine Auslösung von Schutzsystemen erforderlich ist. Zur Erfassung der Fahr zeugverzögerung bzw. Fahrzeugbeschleunigung während eines Unfalls kommen neben den inter nen Sensoren im Steuergerät für Sicherheitssysteme auch externe Sensoren zum Einsatz. Erst wenn die Informationen aller Sensoren ausgewertet sind, entscheidet die Elektronik im Steuergerät für Sicherheitssysteme, ob bzw. wann welche Sicherheitskomponenten aktiviert werden. Bei geringer Unfallschwere werden im Regelfall nur die Gurtstraffer ausgelöst. Bei höherer Unfallschwere werden zusätzlich die für die spezifische Unfallkonstellation relevanten Airbagsysteme ausgelöst. i Das Steuergerät ist in den Modellübersichten wie folgt gekennzeichnet: Steuergerät Es werden nur die Schutzsysteme ausgelöst, die auch eine Schutzfunktion haben.

Neben der Hauptfunktion zur Steuerung der Sicherheitssysteme hat es noch weitere Funktionen wie: Notentriegelung der Zentralverriegelung Einschalten der Innenbeleuchtung Abschalten der Kraftstoffpumpe Einschalten der Warnblinkanlage Abb.: Schematischer zeitlicher Ablauf der Zündung von Gurtstraffern und Entfaltung von Frontairbags bei einem Frontalunfall. 410_009 10 11

2.2 Airbags Die aufgeblasenen Airbags schützen die angegurteten Fahrzeuginsassen bei einem schweren Unfall so weit wie möglich vor einem Aufprall auf Innenraumkonturen (z. B. Lenkrad, Schalttafel usw.). Gasgeneratoren erzeugen die zur Airbagfüllung erforderliche Gasmenge und blasen damit die Airbags auf. Je nach Einbauort und Anforderung kommen Gasgeneratoren in unterschiedlichen Bauformen bzw. mit unterschiedlichen Wirkprinzipien zum Einsatz. 2.2.1 Frontairbags Fahrerairbag Die Fahrerairbageinheit besteht im Wesentlichen aus Abdeckkappe, Luftsack und Gasgenerator. Sie ist im Lenkrad befestigt und über eine Kontakteinheit elektrisch mit dem Airbagsteuergerät verbunden. Der Luftsack befindet sich zusammengefaltet unter der Abdeckkappe und ist in Form und Größe so ausgelegt, dass er sich nach dem Füllen zwischen Fahrer und Lenkrad aufbaut. Abb.: Beispiel für einen Fahrerairbag Fahrerairbag aufgeblasen 410_061

Das Aufblasen des Fahrerairbags erfolgt durch einen Gasgenerator, der im Lenkrad verbaut ist. Der Generator wird sowohl in einstufiger als auch zweistufiger Ausführung verbaut. Der sich entfaltende Luftsack öffnet die Abdeckkappe des Lenkrades an einer vorbestimmten Aufreißlinie und wird in kürzester Zeit mit Gas befüllt. Der gesamte Vorgang vom Zünden des Gasgenerators bis zum aufgeblasenen Luftsack dauert ca. 30 Millisekunden. Über Ausströmöffnungen auf der vom Fahrer abgewandten Seite wird die Bewegungsenergie beim Eintauchen des Oberkörpers durch gleichmäßiges Ausströmen des Füllgases abgebaut. Abb.: Beispiel für den Aufbau eines Fahrerairbags Aufreißlinie Abdeckkappe RB_059 gefalteter Airbag Gasgenerator in runder Ausführung 12 13

Beifahrerairbag Die Airbageinheit für den Beifahrer befindet sich in der Schalttafel vor dem Beifahrersitz. Wegen des größeren Abstandes der Airbageinheit zum Insassen verfügt der Beifahrerluftsack über ein deutlich größeres Volumen. Die Abdeckkappe des Beifahrerairbags befindet sich in der Schalt tafel entweder als eingesetztes Teil oder als speziell ausgelegter Bereich mit zum Teil unsichtbaren Aufreißlinien. Die Wirkung des Beifahrerairbags, die Funktionsweise und der zeitliche Ablauf sind mit denen des Fahrerairbags vergleichbar. Für das Aufblasen des Beifahrerairbags werden in der Regel rohrförmige Gasgeneratoren ein ge - setzt. Sie können sowohl Festtreibstoffgene ra - to ren als auch Hybridgasgeneratoren sein. Abb.: Beispiel für einen Beifahrerairbag Beifahrerairbag aufgeblasen 410_062

Abb.: Beispiel für den Aufbau eines Beifahrerairbags Aufreißlinie Abdeckkappe RB_003 gefalteter Airbag Gasgenerator rohrförmig Austrittsöffnungen Befestigungsrahmen 14 15

2.2.2 Zweistufige Frontairbags Bei einem Airbag mit einstufigen Gasgenerator erfolgt die Zündung der gesamten Treibladung in einer Stufe. Bei Airbags deren Gasgeneratoren mit zwei Stufen arbeiten, werden die beiden Treibladun gen zeitversetzt nacheinander aktiviert. Je nach Schwere und Art des Unfalls entscheidet das Steuergerät für Sicherheitssysteme über den zeitlichen Ab stand zwischen den beiden Zündungen. Der Abstand kann sich je nach Fahrzeug zwischen 5 und 200 Millisekunden bewegen. Durch die zweite Stufe wird der Airbag mit einem zusätzlichen Gasvolumen versorgt. Der Zeitabstand zwischen den Zündungen beeinflusst die Aufblashärte des Airbags: Erfolgt die zweite Zündung später, so ist der Airbagdruck aus der ersten Zündung bereits teilweise wieder abgebaut, der Airbag wird mit geringerem Druck aufgeblasen. Erfolgen die Zündungen kurz nacheinander, ist der Airbagdruck aus der ersten Zündung noch nicht abgebaut und der Airbag wird härter. Grundsätzlich werden immer beide Stufen gezündet. Damit wird verhindert, dass nach einer Airbagauslösung eine Treibladung aktiv bleibt. Adaptive Frontairbags Einige neuere Audi Fahrzeuge verfügen bei Fahrer- und Beifahrerairbag über sogenannte adaptive (anpassungsfähige) Airbags. Es handelt sich hierbei um Airbagsysteme, deren Dämpfungseigenschaften mittels Aktivierung pyrotechnischer Einheiten am Airbaggasgenerator oder Airbagmodulgehäuse beeinflusst werden können. Dadurch wird erreicht, dass unterschiedliche Füllgrade des Airbags dargestellt werden können.

2.2.3 Seitenairbags Seitenairbags schützen bei Seitenunfällen den Thorax und das Becken der Fahrzeuginsassen auf der stosszugewandten Fahrzeugseite so weit wie möglich und reduzieren so die Belastung der Insassen. Sie positionieren sich seitlich zwischen Oberkörper und eindringenden Verkleidungsteilen und dämpfen so die Intrusionsbewegung. Außerdem werden die Belastungen hierdurch gleichmäßiger auf die Insassen verteilt. Die Seitenairbags befinden sich in der Sitzlehne des Fahrer- und Beifahrersitzes. Hierdurch wird in jeder Sitzstellung immer ein gleichbleibender Abstand zum Insassen gewährleistet. Außerdem können Seitenairbags auch für die Rücksitze ein gebaut werden, sie befinden sich dann in der Sitzlehne bzw. der Seitenverkleidung. Für das Aufblasen der Seitenairbags werden rohrförmige, einstufige Festtreibstoff- oder Hybridgasgeneratoren eingesetzt. Abb.: Beispiel für Seitenairbags Seitenairbag Beifahrer aufgeblasen Seitenairbag hinten Beifahrerseite aufgeblasen 410_063 Seitenairbag Fahrer aufgeblasen Seitenairbag hinten Fahrerseite aufgeblasen 16 17

2.2.4 Kopfairbags Der Kopfairbag dient dazu, den Kopf im Fall eines Seitenaufpralls so weit wie möglich zu schützen. Er besteht aus einem großflächigen Luftsack, der sich abhängig vom jeweiligen Modell von der A-Säule bis zur C-Säule bzw. D-Säule erstreckt und bis zur Fensterbrüstung hinunterreicht. Je nach Fahrzeugmodell können die Gasgeneratoren im Dachbereich vorn unter den Sonnenblenden, im Bereich der B-Säule, zwischen C- und D-Säule bzw. auch im Dachbereich hinten verbaut sein. Im Gegensatz zu Front- und Seitenairbags hält der Kopfairbag noch einige Zeit nach der Auslösung sein Volumen, um auch bei anschließenden Fahrzeugüberschlägen und Folgeunfällen noch eine Schutzwirkung zu haben. Sowohl Seiten- als auch Kopfairbags werden über das Steuergerät für Sicherheitssysteme ausgelöst, wenn ein dort hinterlegter Grenzwert erreicht wird. Ein Seitenaufprall wird durch Querbeschleunigungssensoren oder Drucksensoren in der Tür erfasst. Abb.: Beispiel für einen Kopfairbag Kopfairbag Beifahrerseite aufgeblasen 410_064

2.2.5 Kopf-/Thorax Airbags Bei Cabriolets und bei einigen Coupé-Fahrzeugen werden so genannte Kopf-Thorax-Airbags als Seitenairbags verbaut. Der Luftsack des Airbagmoduls ist so ausgebildet, dass er gleichzeitig die Aufgabe eines Seiten- und Kopfairbags übernimmt. Abb.: Beispiel für einen Kopf-/Thorax Airbag am Beispiel des A5 Cabriolet Kopf-/Thorax Airbags RLF_028 i Airbags sind in den Modellübersichten wie folgt gekennzeichnet: Fahrerairbag Seitenairbag Beifahrerairbag Kopfairbag mit Gasgenerator 18 19

2.3 Airbag-Gasgeneratoren Festtreibstoffgeneratoren Die Festtreibstoffgeneratoren bestehen aus einem Gehäuse, in dem ein Festtreibstoffsatz mit Zündeinheit integriert ist. Aufbau und Form des Generatorgehäuses sind jeweils den Einbauverhältnissen angepasst. So werden die Generatoren nach ihrer Bauform z. B. in Rundgasgeneratoren und Rohrgasgeneratoren unterschieden. Der Festtreibstoff wird in Tabletten- oder Ringform eingesetzt. Nach Zünden des Festtreibstoffes entsteht das für die Fahrzeuginsassen ungefährliche Füllgas, welches in der Regel einen hohen Stickstoffanteil enthält. Funktion: Der Zünder wird aktiviert. Die Treibladung wird gezündet und brennt ab. Das entstehende Gas strömt durch den Metallfilter in den Airbag. Abb.: Exemplarische Darstellung eines einstufigen Rundgasgenerators in einem Fahrerairbag (ungezündet/gezündet) Zünder 410_102 Metallfilter Festtreibstoffsatz Metallfilter Gas zum Airbag Gas zum Airbag 410_103 Zünder aktiviert

Hybridgasgeneratoren Die Hybridgasgeneratoren bestehen aus einem Gehäuse, in dem ein unter hohem Druck komprimiertes gespeichertes Gas und ein Festtreibstoffsatz mit Zündeinheit kombiniert sind. Aufbau und Form des Generatorgehäuses sind jeweils den Ein bauverhältnissen angepasst. Meist sind diese Generatoren rohrförmig. Hauptbauteile sind der Druckbehälter mit dem Airbag-Füllgas und die im Druckbehälter integrierte oder an ihm angeflanschte Treibladung (Festtreibstoff). Der Festtreibstoff wird in Tabletten- oder Ringform eingesetzt. Das gespeicherte und komprimierte Gas ist eine Mischung aus Edelgasen, z. B. Argon und Helium. Je nach Ausführung der Gasgeneratoren steht es unter einem Druck zwischen 200 bar und 600 bar. Durch das Zünden des Festtreibstoffes wird der Druckbehälter geöffnet und es entsteht ein Gas- gemisch aus dem Gas der Feststofftreibladung und der Edelgasmischung. Funktion: Der Zünder wird aktiviert und die Treibladung wird gezündet. Das entstehende Gas durchbricht die Berstscheibe 1 und der Druck in der Druckgasflasche steigt an, bis die Berstscheibe 2 bricht. Das Gasgemisch strömt nun aus der Druckgasflasche über den Metallfilter in den Airbag. Hybridgasgeneratoren können sowohl ein- als auch zweistufig ausgeführt sein. Gasgeneratoren von adaptiven Airbags sind mit einer zusätzlichen Abströmöffnung versehen, über die das Füllgas nach einer definierten Zeit in die Atmosphäre und nicht in den Luftsack strömt. Hierdurch kann die Airbagfüllung an die Unfallschwere angepasst werden. Abb.: Exemplarische Darstellung eines einstufigen Gasgenerators in einem Kopfairbag Treibladung Metallfilter 410_135 Zünder Berstscheibe 1 geöffnet Berstscheibe 2 geöffnet Austrittsöffnungen Druckgasflasche! Gasgeneratoren bei Rettungsarbeiten nicht beschädigen! Das komprimierte Gas im Druck - be hälter und die pyrotechnischen Treibstoffe stellen eine potentielle Gefahr für die Rettungskräfte dar. 20 21

2.4 Gurtstraffer Gurtstraffer wickeln den Gurt bei einem Unfall entgegen der Zugrichtung des Gurtes auf. Dadurch wird die Gurtlose (Spielraum zwischen Gurt und Körper) reduziert. Der Insasse wird hierdurch bereits frühzeitig an der Vorwärtsbe wegung (relativ zur Bewegung des Fahrzeuges) gehindert. Ein Gurtstraffer ist in der Lage, inner halb von wenigen Millisekunden den Sicherheits gurt bis ca. 130 mm aufzurollen. Ist die Gegen kraft, die auf den Sicherheitsgurt einwirkt größer als die Kraft des Gurtstraffers, so ist die Gurtstraffung beendet. Bei Audi erfolgt die Auslösung der Zündung des Gurtstraffersystems ausschließlich elektrisch. Die Gurtstraffer sind innerhalb des Gurtsystems integriert. Sie können aber je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich räumlich verbaut sein (in der B-Säule, im Schweller neben den Sitzen oder an den Außenseiten der Rücksitze) und haben unterschiedliche Funktionsprinzipien. Abb.: Beispiel für einen Kugelgurtstraffer pyrotechnische Gurt Treibladung Beispielhaft soll anhand eines sog. Kugelgurtstraffers die Auslösung näher erläutert werden: Der Kugelgurtstraffer besteht aus einer kompakten Einheit, die durch Kugeln angetrieben wird. Die Kugeln sind in einem Vorratsrohr gelagert. Bei einem Crash erfolgt die Zündung der Treibladung durch eine Auslöseeinheit. Beim elektrisch auslösenden Gurtstraffer wird die Auslöseeinheit vom Steuergerät für Sicherheitssysteme aktiviert. Ist die Treibladung gezündet, setzen die expandierenden Gase die Kugeln in Bewegung und treiben sie über ein Zahnrad in den Kugelfangbehälter. Da der Gurtwickel fest mit dem Zahnrad verbunden ist, wird sie durch die Kugeln mitgedreht und der Gurt angezogen.! i Gurtaufrollautomaten mit Gurtstraffern sollten möglichst nicht mit Rettungsge - räten beschädigt werden. Der Sicherheitsgurt sollte, wenn es die Lage erlaubt, möglichst frühzeitig abgelegt oder abgeschnitten werden. Kugelfangbehälter Zahnrad Vorratsrohr mit Kugeln 410_016

Abb.: Schematische Darstellung der Vorgänge während der Zündung eines Kugelgurtstraffers Treibladung Auslösung Gurt 410_017 Vorratsrohr mit Kugeln Gurtwickel Zahnrad Kugelfangbehälter 410_018 22 23

Abb.: Übersicht der Gurtstraffervarianten Variante 1 Beim Kompaktstraffer vorn bilden Automatikgurt und Gurtstraffer mit elektrischer oder mechanischer Auslösung der Zündung eine Einheit und sind in der B-Säule verbaut. RLF_005 Variante 2 Beim Kompaktstraffer hinten bilden Automatikgurt und Gurtstraffer mit elektrischer oder mechanischer Auslösung der Zündung eine Einheit und sind in der Hutablage oder in der Rücksitzlehne verbaut. i Gurtstraffer sind in den Modellübersichten wie folgt gekennzeichnet: RLF_019 Gurtstraffer zylinderförmiger Gurtstraffer

2.5 Überrollschutz Cabriolets müssen den Insassen auch bei geöffnetem Dach einen größtmöglichen Schutz bieten. Deshalb wird bei bei diesen Fahrzeugen ein Überrollschutzsystem verwendet welches in Verbindung mit den verstärkten A-Säulen eine Schutzzone für die Insassen herstellt. Es gibt hier starre und automatische Überrollschutzsysteme. Wird ein automatischer Überrollschutz verwendet, ist im Steuergerät für Sicherheitssysteme ein Sensor zur Erkennung eines drohenden Überschlags eingebaut. Zusammen mit weiteren im Steuergerät verbauten Sensoren wird die Unfallschwere ermittelt und der Überrollschutz sowie die Gurtstraffer ausgelöst. Der Überrollschutz wird vorsorglich auch bei Front-, Seiten- oder Heckaufprall mit höherer Unfallschwere ausgelöst, sobald ein Gurtstraffer oder Airbag gezündet wird. spannung ~250 N) wird der Bügel in die Schutzstellung gebracht (ca. innerhalb 0,25 s) und mit der Rastschiene im ausgefahrenen Zustand arretiert.! i Bei geschlossenem Verdeck fährt das aus - gelöste Überrollschuztsystem bis zum Anschlag an die Heckscheibe. Ist die Heckscheibe bei der Auslösung des Überrollschutzes noch intakt wird diese durch den Überrollschutz nicht durch bro chen. Wird die Scheibe im Zuge der Rettungsmaß - nahmen entfernt, wird der Überrollbügel weitere 10 cm nach oben gedrückt. Dabei könn ten Einsatzkräfte getroffen und Glassplitter umhergeschleudert werden. Der Überrollschutz ist in den Modellübersichten wie folgt gekennzeichnet: Die Auslösung erfolgt über einen elektronischen Schalter. Durch eine vorgespannte Feder (Vor- Überrollschutz Abb.: Beispiel für einen dynamischen Überrollschutz RLF_020 RLF_021 RLF_022 24 25

2.6 Einsatzhinweise A Abstand halten I Innenraum erkunden R Rettungskräfte warnen B Batteriemanagement A Abnehmen der Innenverkleidung G Gefahr an den Airbag-Komponenten A Abstand halten Die Wirkbereiche nicht ausgelöster Sicherheitssysteme sollten freigehalten werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn schwere Rettungsgeräte zum Einsatz kommen oder Kabelverbindungen durchtrennt werden. In dieser Zeit sollten sich weder Körper noch Werkzeuge im Wirkbereich der Airbags befinden. Sofern medizinisch vertretbar sollte auch der Patient aus dem Wirkbereich gebracht werden. Angelegte Sicherheitsgurte sollten im Hinblick auf nicht ausgelöste Gurtstraffer durchtrennt oder abgelegt werden. Sind nicht ausgelöste Überrollbügel vorhanden sollte auch deren Wirkbereich freigehalten werden. Abb.: Wirkbereiche der Airbags [cm] 30 90 60 30 RLF_023

I Innenraum erkunden Um den Status der Sicherheitssysteme festzustellen muss zu Beginn der Rettungsarbeiten der Fahrzeuginnenraum erkundet werden. Abb.: Fahrerairbag i Die maximal mögliche Airbagausstattung kann den Modellübersichten im Anhang entnommen werden! Alle Airbagmodule sind mit dem Schriftzug AIRBAG gekennzeichnet. Die Kennzeichnung findet sich dabei in der Regel auf dem Airbagmodul oder in dessen Nähe. Bei den in den Sitzlehnen verbauten Seitenairbags kann die Kennzeichnung auch mittels einer im Sitzlehnenbezug eingenähten Fahne erfolgen. Bei Kopfairbags findet man oftmals mehrere Kennzeichnungen im oberen Bereich der Fahrzeugsäulen oder entlang des Dachholmes. Abb.: Beifahrerairbag Abb.: Seitenairbag vorn! Kennzeichnungen von Seitenairbags können durch den Sicherheitsgurt oder durch Schonbezüge verdeckt sein! Vorhandene Gurtstraffer sind nicht gekennzeichnet. Haben sie ausgelöst können sie aber ggf. am verriegelten Gurt erkannt werden. Abb.: Seitenairbag vorn und hinten Der Überrollschutz wird nur bei Cabriolets verwendet und ist dort hinter den hinteren Kopfstützen eingebaut. Die Abdeckung des Überrollschutzes ist mit der Aufschrift do not cover versehen. i Die Einbauorte der Gurtstraffer und des Überrollschutzes können den Modellübersichten im Anhang entnommen werden! Abb.: Kopfairbag 26 27

R Rettungskräfte warnen Alle eingesetzten Einsatzkräfte am Unfallfahrzeug sollten nach Abschluss der Erkundung unverzüglich über Art und Status der angetroffenen Sicherheitssysteme informiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass während der Rettungsarbeiten alle erforderlichen Sicherheitsregeln eingehalten werden. B Batteriemanagement Da die Fahrzeuge des VW-Konzerns alle mit elektrischen Zündsystemen für den Airbag und teilweise auch für die Gurtstraffer ausgestattet sind, kann eine elektrische Aktivierung der Airbags bei unterbrochener Spannungsversorgung nicht erfolgen. Um die Sicherheitssysteme zu deaktivieren, sollte das Unfallfahrzeug deshalb stromlos geschaltet werden. Hierbei bietet sich die folgende Systematik an (vgl. Fahrzeugelektrik): 1. Laufenden Fahrzeugmotor abschalten 2. Warnblinkanlage einschalten 3. Elektrische Komforteinrichtungen zum Nutzen der Rettung verwenden 4. Zündung ausschalten 5. Batterie(n) lokalisieren 6. Batterie(n) abklemmen 7. Spannungsfreiheit überprüfen Weiter Informationen zum Umgang mit der Fahrzeugelektrik entnehmen sie bitte dem Kapitel Fahrzeugelektrik. i Die Lage der Batterien kann den Modellübersichten im Anhang entnommen werden. Batterien sind wie folgt gekennzeichnet: Batterie

A Abnehmen der Innenverkleidung Unabhängig von ihrer Bauart sollten nicht ausgelöste Gasgeneratoren von Airbags und nicht ausgelöste Gurtstraffer nicht beschädigt werden. Dies ist insbesondere bei der Dachentfernung, speziell beim Trennen der Fahrzeugsäulen oder beim Durchtrennen der B-Säule im unteren Bereich von Bedeutung. Um sicherzustellen, dass man Gurtstraffer und Gasgeneratoren nicht beschädigt werden folgende Möglichkeiten empfohlen: Abnehmen der Innenverkleidung Bevor Fahrzeugsäulen durchtrennt werden, sollte die Innenverkleidung im geplanten Schnittbereich entfernt werden. Evtl. vorhandene Gasgeneratoren oder Gurtstraffer werden dann sichtbar und der Schnittverlauf kann so gewählt werden, dass eine Beschädigung vermieden wird. Gasgeneratoren von Kopfairbags sind in Audi Fahrzeugen spiegelbildlich angeordnet. Ist der Einbauort auf einer Fahrzeugseite bekannt, befindet sich der Gasgenerator auf der anderen Fahrzeugseite an derselben Position. Kontrolle der Einbaulage mit Hilfe der Modellübersichten Die Modellübersichten im Anhang zeigen u. a. die Einbaulage von Gasgeneratoren und Gurtstraffern. Der Einsatz der Rettungsgeräte kann so geplant werden, dass eine Beschädigung dieser Komponenten verhindert wird. 28 29

G Gefahr an den Airbag-Komponenten Ausgelöste Airbags, Gurtstraffer und ausgelöster Überrollschutz Von ausgelösten Airbags, Gurtstraffern und einem ausgelösten Überrollschutz gehen im weiteren Verlauf der Rettung keine Gefahren aus. Dies gilt auch für zweistufige und adaptive Front - airbags, da (zeitversetzt) immer beide Stufen gezündet werden. Stört ein ausgelöster Airbag, so kann dieser weggedrückt oder notfalls abgeschnitten werden. Der beim Auslösen des Airbags und beim Zusammendrücken des Airbags austretenden Staub kann eine leichte Reizung der Schleimhäute und der Haut hervorrufen. Der Fahrzeug innenraum sollte nach Möglichkeit belüftet werden. Das Tragen von Schutzhandschuhen/Schutzbrille wird angeraten. Ungeschützte Hautpartien sollten nach dem Einsatz vorsorglich mit Wasser abgewaschen werden. Da der Bereich des Gasgenerators noch einige Zeit heiß sein kann, sollte man sich nicht auf einem ausgelösten Airbagmodul abstützen. Nicht ausgelöste Airbags, Gurtstraffer und nicht ausgelöster Überrollschutz Gasgeneratoren von nicht ausgelösten Airbags nicht beschädigen. Nicht in Airbagmodule hineinschneiden. Beschädigungen am Steuergerät für Sicherheitssysteme im Zuge der Rettungsarbeiten vermeiden. Die Lage des Steuergerätes kann den Modell übersichten im Anhang entnommen werden. In der Regel befindet sich das Steuergerät auf dem Mitteltunnel im Bereich des Schalt hebels. Keine Gegenstände auf nicht ausgelösten Air - bagmodulen und nicht ausgelöstem Überrollschutz ablegen. Hitzeeinwirkung auf Airbag-Module, z. B. durch den Einsatz von Brennschneidgeräten, vermeiden. Der Gasgenerator im Airbag hat eine Selbstzündungstemperatur von ca. 200 C. Bei brennenden Fahrzeugen lösen die Airbags deshalb nach längerer Hitzeeinwirkung aus. Nicht ausgelöste Gurtstraffer nach Möglichkeit nicht beschädigen. Vorsicht beim Kippen bzw. Anheben des Fahr - zeugs bei eingeschalteter Zündung und ange - klemmter Batterie. Ein nicht ausgelöster Überrollschutz kann ggf. aktiviert werden.

2.7 Airbag-Sicherungssysteme Bei Schutzvorrichtungen, die nach einem Unfall vor Airbagauslösungen schützen sollen, besteht die Gefahr, dass diese Schutzvorrichtungen durch die Airbagauslösung weggeschleudert werden und dadurch ein zusätzliches Gefährdungspotential für Verunfallte und Helfer entsteht. Vom Einsatz von Schutzvorrichtungen, die das Luftsackgewebe durchlöchern und so einen Druckaufbau verhindern sollen, raten wir ab, da dann bei einer Auslösung des Airbags die heißen Abbrandgase ungehindert ausströmen und zu Verbrennungen führen können. 30 31

03 Fahrzeugelektrik Mit der immer umfangreicher werdenden Ausstattung von Fahrzeugen, steigt auch die Anzahl der Energieverbraucher und damit die Forderung nach größeren oder mehr Energiespeichern. Dies hat auch Auswirkungen auf den Rettungseinsatz, da insbesondere bei der Deaktivierung der Fahrzeugelektrik (Ausschalten der Zündung, Abklemmen der Fahrzeugbatterie) zusätzliche Punkte beachtet werden müssen. Durch die Deaktivierung der Fahrzeugelektrik wird zum einen die Brandgefahr durch Kurzschlüsse, aber auch die Gefahr einer nachträglichen Aktivierung von Airbags, Gurtstraffern oder des Überrollschutzes reduziert. Bei Deaktivierung der Fahrzeugelektrik sollte auch darauf geachtet werden, dass die Stromversorgung von ggf. vorhandenen Anhängern getrennt und ggf. vorhandene Solarelemente im Schiebedach abgedeckt werden. 3.1 Fahrzeugbatterien Audi Fahrzeuge verfügen in der Regel über eine, Sonderfahrzeuge ggf. über mehrere Fahrzeugbatterien.!! Audi Fahrzeuge verfügen (ggf. mit Aus - nahme von Sonderfahrzeugen) über eine Fahrzeugbatterie. Der Einbauort der Fahrzeugbatterie kann Abhängig von der Motorisierung bzw. der Ausstattung variieren. Nach Unfällen sollen diese wenn möglich immer abgeklemmt werden! Generell ist beim Einsatz an unfallbeteiligten Fahrzeugen die Zündung abzuschalten! 32 33

3.2 Batterietrennelemente Wenn die Starterbatterie im Innenraum oder im Kofferraum des Fahrzeuges verbaut ist, kann ein Batterietrennelement zum Einsatz kommen. Die Aufgabe dieses Trennelementes ist es, die Leitung von der Starterbatterie zum Anlasser und Generator zu unterbrechen. Dies kann pyrotechnisch, z. B. durch ein sogenanntes Trennelement oder durch ein Relais für Batterieabschaltung erfolgen. Sollte bei einem Unfall ein Kurzschluss an der Leitung zum Anlas ser und Generator vorliegen, werden durch die Trennung evtl. mögliche Fahrzeugbrände vermieden.! Ein Batterietrennelement trennt nur die Batterie-Plus-Leitung zum Starter bzw. der Starter-Batterie. Weitere Fahrzeugfunktionen wie Warnblinklicht, Innen - raumbe leuchtung und Sicherheitssysteme bleiben weiterhin funktionsfähig. D. h. die Batterie muss trotzdem abgeklemmt werden! Abb.: Verbauort der Sicherheitsbatterieklemme Wird bei einem Unfall ein Airbag gezündet, so wird automatisch auch das Batterietrennelement aktiviert. Bei einem Heckcrash erfolgt das Aktivieren des Batterietrennelementes mit Auslösung der Gurtstraffer. RLF_024 Abb.: Sicherheitsbatterieklemme Ausgangsstellung Abb.: Sicherheitsbatterieklemme Zünden Verbindungselement mit Anschlüssen Bolzen Verbindungselement mit Anschlüssen Bolzen mit Kolben Zünder 410_122 410_123 Zünder

3.3 Einsatzhinweise zum Umgang mit der Fahrzeugelektrik Das Abschalten der Spannungsversorgung des Fahrzeugs kann nach folgender Systematik erfolgen: 1. Laufenden Fahrzeugmotor abschalten Es sind Situationen denkbar, in denen es notwendig sein kann, dass Rettungskräfte den laufenden Motor eines Fahrzeugs abschalten müssen. Das Abschalten des Motors kann dann in der Regel mit dem Zündschlüssel erfolgen. Optional können einige Modelle mit einem schlüssellosen Zugangs- und Startberechtigungssystem ausgestattet werden. Das Ausschalten des laufenden Motors erfolgt durch Drücken der Start-/Stopp-Taste neben dem Schalthebel.! Je nach Fahrzeugtyp und Baujahr wird die Kraftstoffpumpe bei einem Unfall durch das Steuergerät für Sicherheitssysteme abgeschaltet. Ein Weiterlaufen des Motors nach einem Unfall wird so nahezu ausgeschlossen. 2. Warnblinkanlage einschalten Die eingeschaltete Warnblinkanlage kann für alle Einsatzkräfte ein sichtbares Zeichen für die aktive Spannungsversorgung des Fahrzeugs sein.! Je nach Fahrzeugtyp und Baujahr wird die Warnblinkanlage bei Unfällen automatisch durch das Steuergerät für Sicherheitssysteme eingeschaltet. 3. Elektrische Komforteinrichtungen zum Nutzen der Rettung verwenden Je nach Modellreihe und Fahrzeugausstattung ver fügen Audi Fahrzeuge über eine ganze Reihe von elektrisch betriebenen Komforteinrichtungen, z. B.: elektrische Fensterheber elektrisches Schiebedach elektrische Sitzverstellung elektrische Verstellung der Lenksäule elektrische Entriegelung des Kofferraumes Nach dem Abklemmen der Batterie(n) können sie nicht mehr verwendet werden!! Sofern möglich, sollten die elektrischen Komforteinrichtungen vor dem Abklemmen der Batterie zum Nutzen der Rettung verwendet werden! 34 35

4. Zündung ausschalten Durch das Ausschalten der Zündung wird auch die Spannungsversorgung des Steuergerätes für Airbag unterbrochen. Eine elektrische Zündung von Airbags, Gurtstraffern und des Überrollschutzes über das Steuergerät ist nach spätestens 30 Sekunden nicht mehr möglich. i Bei Automatik-Fahrzeugen muss zum Ausschalten der Zündung der Wählhebel in die Stellung P gebracht werden. Bei Fahrzeugen mit schlüssellosem Zugangs- und Startberechtigungssystem wird die Zündung durch einmalige Betätigung des Start/Stop- Knopfes bzw. durch Vollständiges herausziehen des Schlüssels aus dem Schalter für Startberechtigung ausgeschaltet.! Bei der Betätigung der Start/Stop-Taste darf das Pedal der Fussbremse nicht be - tätigt sein, da dies als Startbefehl für den Motor gewertet wird. 5. Batterie(n) lokalisieren Parallel zu den vorhergehenden Maßnahmen sollte(n) die Batterie(n) lokalisiert werden. Die Fahrzeugbatterien bei Audifahrzeugen befinden sich je nach Fahrzeugmodell und Motorisierung: im Motorraum im Kofferraum (Seitentaschen oder Reserveradmulde) unter dem Fahrersitz (nur Audi Q7) unter dem Rücksitz (bei älteren Modellen) i i Die Lage der Batterie(n) kann den Modellübersichten im Anhang entnommen werden. Um Zugang zum Motor- bzw. Gepäckraum zu erlangen bieten sich die konventionellen Öffnungsmethoden (Haubenzug, Zündschlüssel etc.) an, funktionieren diese nicht, können Motorhaube und Gepäckraumklappe gewaltsam mit Brech - stange oder hydraulischem Spreizer geöffnet werden.

6. Batterie(n) abklemmen Konnte der Zugang zur Batterie hergestellt werden, werden nach Nutzung der elektrischen Komforteinrichtungen beide Batteriepole an allen Batterien abgeklemmt. Hierzu wird ein Ring-/ Gabelschlüssel mit Schlüsselweite 10/13 mm benötigt. i! Die Batterie muss auch abgeklemmt werden, wenn eine Batterietrennelement an gebracht ist. Beim Abklemmen der Batterie zuerst die Masseleitung (Minuspol) abklemmen, sonst besteht Kurzschlussgefahr! Hinweise zum Abklemmen der Batterie bei bestimmten Fahrzeugmodellen... Audi Q7 Die Batterie des Q7 befindet sich unter dem Fahrersitz und ist nur nach dem kompletten Zurückfahren des Sitzes zugänglich. Es ist möglich, das Massekabel der Batterie durch Trennen einer Schraubverbindung zu unterbrechen. Diese Verbindung befindet sich im Fußraum vor dem Fahrersitz und ist nach dem Entfernen des Teppichs zugänglich. Abb.: Abklemmen des Masseanschlusses der Batterie beim Q7 7. Spannungsfreiheit überprüfen Ist die Batterie abgeklemmt sollte überprüft werden, ob das Fahrzeug tatsächlich spannungsfrei ist. Das Verlöschen der Warnblinkanlage oder der Innenraumbeleuchtung kann dabei als Zeichen dienen. RLF_016 36 37

Audi A3 V6 Beim A3 V6 ist die Batterie im Kofferraum des Fahrzeugs unter einer Abdeckung verbaut. Diese Abdeckung ist mit mehreren Schrauben befestigt. Nach dem Entfernen kann die Batterie dort abgeklemmt werden. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, den Masseanschluss der Batterie von der Karosserie zu trennen. Das Massekabel wird aus dem Batteriekasten geführt und endet im Kofferraum hinten rechts. Abb.: Batterieabdeckung im Kofferraum des A3 V6 Abb.: Abklemmen des Masseanschlusses RLF_022 RLF_023 Abb.: Massekabel mit Masseanschluss beim A3 V6 RLF_024

Besonderheit bei Batterien in der Reserveradmulde (modellübergreifend) Je nach Batteriekonzept, kann sich die Batterie bei unterschiedlichen Audi Modellen auch im Kofferraum unter dem Reserverad befinden. Abb.: Lösen des Ersatzrades Abb.: Abklemmen des Masseanschlusses RLF_018 RLF_017 38 39

04 Karosserie und Werkstoffe Eine hohe Sicherheit für die Fahrzeuginsassen kann insbesondere dadurch erreicht werden, dass die Fahrgastzelle möglichst steif ausge legt wird, um Intrusion zu minimieren. Dies wird duch den Einsatz höherfester Stähle, größerer Wandstärken und einen mehrschaligen Aufbau erreicht. Bei mordernen Fahrzeugen werden unter anderem im Bereich B-Säule und Schweller höchstfeste Stähle (warmumgeformt/formgehärtet) verbaut. Diese höchstfesten Stähle lassen sich mit aktuellen hydraulischen Standard-Schneidgeräten durchtrennen. Bei modernen Fahrzeugen sind geeignete Schneidgeräte zu verwenden. Abb.: Beispiel einer Karosseriestruktur am Beispiel des Q5 Legende höchstfest formgehärtet höchstfest höherfest hochfest Normalstahl 433_078 40 41

4.1 A-Säule Insbesondere bei Cabriolets (Audi A3/A4/A5 Cabrio let, Audi TT Roadster) wird die Karosserie zusätzlich verstärkt, um auch ohne Dach eine entsprechende Karosseriesteifigkeit zu erzielen. Hierzu werden an verschiedenen Stellen des Fahrzeugs (u. a. in der A-Säule) Rohrverstärkungen und höchstfeste Stähle eingebaut. Der so verstärkte Windschutzscheibenrahmen soll den Schutzraum bei Fahrzeugüberschlägen zusammen mit dem Überrollschutz erhöhen.! Aufgrund der Verstärkung der A-Säule im unteren Bereich wird empfohlen die A-Säule soweit notwendig im oberen Bereich zu schneiden. Gegebenenfalls ist ein Öffnen des Cabriolet- Daches auch auf dem konventionellen Weg oder durch das Hochdrücken des Faltdaches mit einem Rettungs zylinder möglich. i Die Lage besonderer Verstärkungsmaßnahmen in den einzelnen Fahrzeugen kann den Modellübersichten im Anhang entnommen werden! Die Verstärkungsmaßnahmen sind wie folgt dargestellt: Verstärkungsmaßnahme Abb.: Beispiel für Rohrverstärkungen der A-Säulen RLF_025

4.2 B-Säule Durch den Einsatz höchstfester Bleche und eines mehrschaligen Aufbaus, wird insbesondere die B-Säule verstärkt. Hinzu kommt, dass moderne B-Säulen im Gegensatz zu früher einen größeren Durchmesser aufweisen. i Das Durchtrennen von Fahrzeugsäulen ist im Bereich oberhalb der Gurthöhenver - stellung in der Regel am einfachsten. Hier ist jedoch auf die Bauteile des Kopfairbags zu achten. Im Bereich der Gurtumlenkung ist mit dem Gurthöhenversteller eine zusätzliche Metallschiene an die Säule montiert, die das Durchtrennen schwieriger gestaltet. Diese Bereiche sollten deshalb gezielt umgangen werden. Die Säule kann auch im unteren Bereich durchtrennt werden. Es sollte dabei beachtet werden, dass der Säulen-Durchmesser sehr groß ist und sich dort in der Regel die Gurt straffer befinden.! In jedem Fall sind die Modellübersichten zu beachten! Abb.: Beispiel B-Säule Abb.: Beispiel für eine B-Säule mit mehrschaligem Aufbau S318_066 RLF_026 Seitenteil außen B-Säule Seitenteil innen 42 43

4.3 Schweller Eine zusätzliche Rohrverstärkung wird beispielsweise im Schweller des Audi Q7 verwendet. Auch diese dient zur Erhöhung der Sicherheit beim Seitencrash, insbesondere beim Pfahlaufprall. Abb.: Beispiel für rohrverstärkte Schweller Die Wandstärke des hochfesten Rohres beträgt 3 mm. Die Verstärkung lässt sich nur mit modernen Rettungsgeräten durchtrennen. Versuche haben gezeigt, dass es möglich ist, das Verstärkungsrohr zu durchtrennen, indem man es zuerst mit den Spitzen des Schneidgerätes durchdringt. Dabei ist jedoch die mögliche Gefahr des Verdrehens des Schneidgerätes zu beachten. S297_010 4.4 Seitenaufprallschutz Der Seitenaufprallschutz besteht bei den Fahr zeugen des Volkswagen Konzerns aus Stahlrohren, Stahl profilen oder Aluminiumstangenpressprofilen. Die Rohre oder Profile sind waagrecht oder schräg hinter den Türaußen blechen angeordnet. Bei sehr schweren Unfällen können sich die hochfesten Seitenaufprallprofile durch das Türblech stanzen und mit der B-Säule verhaken. Dann lässt sich die Tür nicht mehr öffnen. Die hochfesten Profile lassen sich nur mit modernen, leistungsstarken hydraulischen Schneidgeräten trennen. Abb.: Beispiel für Seitenaufprallschutz i Die Lage besonderer Verstärkungsmaßnahmen in den einzelnen Fahrzeugen kann den Modellübersichten im Anhang entnommen werden! Die Verstärkungsmaßnahmen sind wie folgt dargestellt: Verstärkungsmaßnahme bzw. Seitenaufprallschutz RLF_027

4.5 Audi Space-Frame (ASF ) Aluminiumkarosserie Die ASF -Konstruktion besteht aus Aluminium- Strangpressprofilen, die mit Vakuumdruckgussknoten verbunden werden und den Fahrgastraum umschließen. Bei gleicher Festigkeit wie Stahl zeigt das ASF -Konzept eine höhere Steifigkeit. Dieser äußerst stabile Rahmen bildet zusammen mit Aluminiumblechen eine Rohkarosserie, die sich durch hohe Steifigkeit bei geringem Gewicht auszeichnet. Die hohe Festigkeit und Stabilität des ASF wird bestimmt durch die Knotenverbindungen. Dafür wurden Hochleistungs-Aluminiumlegierungen und ein optimiertes Vakuumverfahren entwickelt. Der Audi A8 war die erste große Serienlimousine der Welt, deren selbsttragende Karosserie vollständig aus einer Aluminiumlegierung gefertigt ist. Neben dem Audi A8 sind auch die Karosserien des Audi A2 und R8 in Space-Frame Technologie gebaut. i! Bei der Bekämpfung von Fahrzeugbränden bestehen keine Unterschiede zwischen dem Audi Space Frame und konventionellen Stahlkarosserien. In beiden Fällen kön - nen die üblichen Löschmittel wie Wasser und Schaum eingesetzt werden. Bedingt durch die Eigenschaften des Werkstoffs Aluminium ist es möglich, das einzelne Rettungstechniken bei Aluminium - bauteilen nur noch bedingt funktionieren. Versuche haben gezeigt, dass Aluminiumteile beispielsweise beim Ansetzen von Spreizer oder Rettungszylinder früher einreißen als z. B. Teile aus Stahl. Abb.: Beispiel für den Aufbau einer ASF Aluminiumkarosserie beim Audi R8 AR8_D_10084 44 45

4.6 Fahrzeugverglasung (Dämmglas) Audifahrzeuge werden mit zwei verschiedenen Verglasungsarten ausgestattet: Einscheibensicherheitsglas (ESG) wird für die Seitenscheiben, die Heckscheiben und die Schiebedächer der Fahrzeuge verwendet. Es besteht aus thermisch vorbehandeltem Glas welches hohen Belastungen standhalten kann. Wird die Belastung zu hoch zerspringt das Glas in viele nicht besonders scharfkantige Krümel. i Es ist möglich das intakte ESG-Scheiben beim Einsatz von Rettungsgeräten schlagartig zerspringen. Je nach Unfallsituation und Umfang der Rettungsarbeiten sollten vorher die ESG-Scheiben entfernt werden. Verbundsicherheitsglas (VSG) wird in den Frontscheiben und ggf. in den Seitenscheiben der Fahrzeuge A6 und A8 verwendet. Es besteht aus zwei Glasscheiben die durch eine Folie zusammengehalten werden. Die Scheiben bleiben deshalb bei Beschädigung weitgehend intakt. Die Frontscheiben bestehen bei allen Fahrzeugen aus VSG und werden mit der Karosserie verklebt. Seitenscheiben und Schiebedächer sind in der Regel aus ESG und sind entweder beweglich gelagert, als Ausstellfenster ausgeführt oder ebenfalls eingeklebt. Zur Entfernung von Verbundsicherheitsglas eignen sich insbesondere spezielle Glassägen oder Blechaufreißer. i Da Verbundsicherheitsglas bei Arbeiten mit hydraulischen Rettungsgeräten nicht schlagartig zerspringen kann, müssen derartige Scheiben nur entfernt werden, wenn eine einsatztaktische Notwendigkeit besteht. Einscheibensicherheitsglas kann durch punktförmige Belastung, zum Beispiel mit einem Federkörner oder einem Nothammer entfernt werden. Die Scheibe sollte vorher entsprechend gesichert werden. i Vor dem Entfernen von Glasscheiben muss grundsätzlich der Fahrzeuginsasse gegen Staub und Splitter geschützt werden.

Vorsprung durch Technik www.audi.de AUDI AG Fahrzeugsicherheit I/EK-55 85045 Ingolstadt Stand: Mai 2009 Printed in Germany 033/1301.46.00