Magazin des Kolping-Bildungswerks Württemberg e. V. 2012 ZWEI ISSN 2192-6573 22



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Transkript:

bildungsseiten Magazin des Kolping-Bildungswerks Württemberg e. V. 2012 ZWEI ISSN 2192-6573 22 9 772192 657003

Impressum bildungsseiten Zwei 12 (Heft 22) Magazin des Kolping-Bildungswerks Württemberg e. V. Erscheint dreimal jährlich. Auflage 3.000 Herausgeber: Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V., Theodor-Heuss-Str. 34, 70174 Stuttgart. V.i.S.d.P.: Dr. Klaus Vogt, Vorstand Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. Chefredaktion: Monika Kech Redaktion EU-Seiten: Janine Koark Design/Satz: klip AG Stuttgart Druck: Logo Print GmbH Riederich Kontakt: bildungsseiten@kolping-bildungswerk.de ISSN 2192-6573 Titelfoto (3D-Technik): Manfred Kirschner

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, Foto: Michael Renner die Urlaubszeit hat begonnen, dennoch ist es (noch) nicht die Urlaubshitze, die Ihnen beim Betrachten unserer Titelseite die Augen flimmern lässt. Mit Ihrer Sehkraft dürfte alles in Ordnung sein, denn beim Titelbild handelt es sich um eine 3D-Fotografie des Fotografen Manfred Kirschner, der seit mittlerweile 31 Jahren mit Leidenschaft sein Fachwissen an junge Menschen bei uns im Kolping-Bildungswerk weiter gibt. Freuen Sie sich auf seine spannende Lebensgeschichte und weitere 3D- Bilder im Innenteil des neuen Heftes ebenso wie auf viele andere Informationen aus unseren Standorten. Beim Lesen werden Sie feststellen, dass wir für das kommende Schuljahr wieder einige neue Angebote entwickelt haben. Für diese Konzepte gilt: Das Kolping-Bildungswerk wird jünger. Dies betrifft zumindest die Nutznießer der verschiedenen Bildungsangebote. Der wertorientierte Bildungsansatz des Kolping-Bildungswerks soll zukünftig noch mehr verstärkt werden und alle Alters- und Gesellschaftsgruppen ansprechen. Dementsprechend wollen wir unsere Angebote Stück für Stück ausweiten. Mit der Veranstaltungsreihe Schule kreativ haben wir seit einigen Monaten erstmals Angebote für Jugendliche ab zehn Jahren im Programm. Diese Altersgruppe hat auch die neue Kolping-Realschule im Blick, die im Herbst 2012 in Fellbach eröffnet. Und im Frühjahr 2013 startet die erste Kolping-Kindertagesstätte. In der Stuttgarter Innenstadt werden 30 Betreuungsplätze für Kinder der Altersgruppe von null bis drei Jahren geschaffen. Vielleicht dürfen wir Sie ja mit unserer Lektüre in den Urlaub begleiten unser Magazin passt in jedes Reisegepäck! Aber ganz egal, wann und wo Sie uns lesen, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Freude und interessante Anregungen dabei! Sommerliche Grüße Ihr Klaus Vogt

Inhalt Seite 3 Editorial Seite 6 bis 9 KBW 50 Jahre ARS Die Abendrealschule feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Beim Festakt gratulierten Vertreter aus Bildung und Politik. Beim anschließenden Imbiss kam man ins Gespräch. Seite 12 KBW Neue Schulen Das KBW wächst weiter: Kindertagesstätte in Stuttgart, Sonderberufsfachschule in Crailsheim, Technische Oberschule in Rottenburg und Realschule mit Anschlussgarantie in Fellbach. Seite 10 KBW Kontakte Dr. Stefan Kaufmann MdB und Ute Kumpf MdB informierten sich über Angebote und Anliegen des KBW. VDP-Präsident Michael Büchler unterstreicht im Gastkommentar die Bedeutung der Privatschulen. Seite 13 KBW Schule kreativ Nach sechs Monaten zieht die Schule kreativ eine positive Bilanz: Die Mitarbeiter haben sich viel einfallen lassen, Kinder und Eltern waren begeistert. Seite 11 KBW Aufsichtsrat Im Porträt: Aufsichtsratsmitglied Manfred Schwab hat sich sein Leben lang in vielen Ehrenämtern engagiert und dem Zweiten Bildungsweg wichtige Impulse gegeben. Seite 14/15 3D-Fotografie Manfred Kirschner, Dozent am Berufskolleg für Grafik-Design in Heilbronn, ist ein Pionier auf dem Gebiet der 3D-Fotografie und auch Forscher, Designer und Pilot. Beeindruckende Fotos eine Rot-Cyan-Brille liegt bei. Seite 16 Familienstammbuch Im renommierten Kohlhammer Verlag erscheinen demnächst außergewöhnliche Stammbücher für Brautpaare. Grafik-Design-Schüler/-innen aus Fellbach haben sie entworfen.

Seite 17 Erlebniswelt der Sinne Die REHA-Azubis des Bildungszentrums Ellwangen erprobten sich in der Erlebniswelt der Sinne, hatten Spaß und sind dabei zu einem Team zusammengewachsen. Seite 22/23 Nachrichtenticker Praktikum in Nepal +++ Schnappschuss +++ Neue Perspektive mit 50 plus +++ Nostalgie und Moderne im Bildungsbahnhof +++ Open Air +++ Schaut nicht weg! Seite 18 Europaprojekte EU point informiert über künftige, laufende und abgeschlossene Projekte. Seite 24/25 Nachrichtenticker C LOU +++ Kolping Summer School in Bregenz +++ Sommerakademie +++ Schule für Medienprofis +++ Epochenreader +++ Flinke Finger +++ Theaterworkshop Seite 26 FBD-Theater FBD-Dozent Willi Hauptvogel spielt Theater: Als verwirrter Wissenschaftler ist er in Zuhause all inclusive im Feuerbacher Fairkaufhaus zu sehen. Seite 19 Europaprojekte Mit der Qualifikation Kaufmännische Bürokraft können Frauen neu durchstarten. Seite 27 Bregenz Guide Von Schülern für Schüler: Kolping-Kollegiat/-innen aus Ravensburg erstellen bei einem Projekt in der Villa Raczynski einen Bregenz Travel Guide. Seite 20-21 Europaprojekte Das Projekt CiLL Kreativität im Fremdsprachenunterricht ist abgeschlossen.

KBW 50 Jahre Abendrealschule Erfolg im zweiten Anlauf Das Kolping-Bildungswerk feiert 50 Jahre Abendrealschule 50 Jahre Abendrealschule Stuttgart das ist ein Grund zum Feiern. Von links: Manfred Schwab, Dr. Klaus Vogt, Werner Wölfle, Ulrich Ruisinger, Regina Margarete Rieß, Michael Büchler, Dr. Barbara Heußen, Dr. Norbert Lurz, Dr. Wolfgang Dannecker, Winfried Mack MdL, Wolfgang Bolsinger, Eduard Gutknecht. Stuttgart Mit einem Festakt feierte das Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. das 50-jährige Bestehen der Abendrealschule (ARS) Stuttgart. Schulleiterin Dr. Barbara Heußen begrüßte die Gäste. Neben Vertretern des Landes Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart und von Verbänden waren mit Dr. Wolfgang Dannecker und Eduard Gutknecht zwei Gründungsväter der Abendrealschule anwesend. 6 Dr. Barbara Heußen gab einen kurzen geschichtlichen Überblick über das Werden der ARS. Sie zeigte sich beeindruckt, wie weitsichtig die Gründer damals waren und jungen Menschen Bildungschancen gaben, die sich für viele Abendrealschüler persönlich und beruflich lohnten. Die neue Schülergeneration komme zu knapp 80 Prozent aus anderen Kulturen. Das erfordere eine andere Didaktik, neue Schulformen und vor allem eine dauerhafte Schulsozialarbeit. Selten kann man mit wenig Aufwand so viel erreichen: Integrationsförderung, Wirtschaftsförderung und Bildungsarbeit. Die Reihe von Grußworten eröffnete Werner Wölfle, Bürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart. Private Schulen haben in Stuttgart eine lange Tradition und eine wichtige Funktion, betonte er. Sie seien die Hefe im Teig der staatlichen Schulen und hätten manche Innovation angestoßen. Gerade heute sei die Abendrealschule wichtig für Menschen mit biografischen Brüchen. Als Sozialarbeiter wisse er, dass bei manchen nicht nur eine zweite, sondern sogar eine dritte Chance nötig sei.

Nach dem Festakt ergaben sich bei Häppchen und Sekt viele anregende Gespräche zwischen ehemaligen und aktiven Lehrer/-innen, Schüler/- innen und den Gästen aus Bildung und Politik. 7 Foto: Monika Kech Fotos: perfectfotos Michael List

KBW 50 Jahre Abendrealschule 8 Dr. Norbert Lurz, Leiter des Referats Weiterbildung, überbrachte die Grüße von Kultusministerin Gabriele Warminski- Leitheußer. Die Abendrealschule werde wieder zu 100 Prozent gefördert, die Kürzungen seien zurückgenommen. Lebenslanges Lernen bringe neue Bildungsbiografien hervor. Die Landesregierung arbeite an einem Pakt für Weiterbildung, der am Ende der Legislaturperiode vorliegen soll. Auf die Eigenschaft der Abendrealschule als freie Schule hob Michael Büchler, Präsident des Bundesverbands Deutscher Privatschulverbände ab und forderte die Anerkennung der Leistungen des privaten Schulwesens. Die Geschichte der Pädagogik ist eine Geschichte des freien Schulwesens, formulierte er als These und führte als Beispiele das Entdeckende Lernen, den Experimentalunterricht, die Förderung von Benachteiligten und die Ganztagesschule an und auch das Stuttgarter Modell Abendrealschule. Büchler: Ich beglückwünsche die Stadt Stuttgart und das Land Baden- Württemberg zu dieser freien Einrichtung als Impulsgeber. Winfried Mack, MdL, Vorsitzender des Landesverbands Abendrealschulen Baden-Württemberg forderte die Unterstützung der Schulsozialarbeit. Er würdigte die finanzielle Leistung der Kolpingsöhne bei den Anfängen der Abendrealschule im Jahr 1961, die als Stundenlohnopfer 17.000 DM aufbrachten. Ein Einfamilienhaus kostete damals 35.000 DM, so setzte er die Beträge in Beziehung. Baden-Württemberg sei das Land, in dem Menschen mehr leisten als sie eigentlich müssten, zitierte er Bundespräsident Joachim Gauck. Auch die Schüler und Lehrer der Abendrealschule leisteten mehr, als sie müssten. In seiner Ansprache zog KBW-Vorstand Dr. Klaus Vogt Parallelen zwischen dem Gründungsjahr der Abendrealschule und heute. Vor 50 Jahren machten lediglich zwölf Prozent der Bevölkerung Abitur, normal war der Hauptschulabschluss. Die Abendrealschüler waren tagsüber berufstätig, wollten aber beruflich weiterkommen und machten nach Feierabend den höheren Schulabschluss nach. Heute gibt es 30 Prozent Abiturienten, aber deren berufliche Zukunft nach der Schule ist of ungewiss: Viele wissen mit 16 noch nicht, was sie werden wollen. Viele Jugendliche hätten einen schlechten Zugang zu schulischen Angeboten, lebten in schwierigen familiären Verhältnissen, hätten Sprachbarrieren. Diese jungen Menschen brauchten eine zweite Chance. Denn in der Zeit der Globalisierung gebe es immer mehr Bedarf an Fachkräften. Die Abendrealschule sei aktueller denn je. Vogt: In der Abendrealschule leben wir unsere soziale Verantwortung als Bildungsträger. Zum neuen Schuljahr wird die Abendrealschule von ihrem bisherigen Standort an der Realschule Ostheim in die Rosensteinstraße 30 umziehen. Dr. Klaus Vogt übergab Schulleiterin Dr. Barbara Heußen symbolisch den Schlüssel für das neue Domizil. Damit sind dann alle allgemeinbildenden Schulen des Kolping-Bildungswerks am Standort Stuttgarter in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht. Vom Tatort Abendrealschule berichtete Regina Margarete Rieß, die seit 1980 dort unterrichtet. Hatte sie es zu Beginn ihrer Tätigkeit noch mit motivierten, interessierten Erwachsene, die freiwillig kommen, zu tun, seien die Schüler heute anders: Missglückte Schulkarrieren, bis oben gepackt mit persönlichen Problemen, oft ohne Ziel und mit einer wirklichkeitsfernen Selbsteinschätzung. Als Reaktion auf hohe Fehlzeiten und Aggression mache das Kollegium verstärkte pädagogische Arbeit. Wir Lehrer ziehen an einem Strang und lassen uns nicht entmutigen. Und: Wir können auf unsere Sozialarbeiter nicht verzichten! Sie dankte Dr. Heußen als tatkräftiger und gestaltungswilliger Schulleiterin, der das Weiterkommen ihrer Schülerinnen und Schüler am Herzen liege, und auch Ilona Schimanski im Sekretariat.

Das Schlusswort sprach Wolfgang Bolsinger, Vorsitzender des KBW- Aufsichtsrats. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt durch Emel Tahta, Schülerin ARS und dem Chor der Kulturen, einer Initiative der Kolpingsfamilie Bad Cannstatt, unter Leitung von Uljana Lauterbach. Das Kolping- Bildungswerk überreichte dem jungen Chor einen Scheck mit einer Spende von 1 100 Euro für die weitere Aufbauarbeit. Monika Kech Der Chor der Kulturen erhielt eine Spende für die weitere Aufbauarbeit (oben). ARS-Schülerin Emel Tahta interpretierte fünf Songs (unten). Historie Dezember 1961 Die Deutsche Kolpingfamilie Diözese Rottenburg beschließt, im Katholischen Gesellenhaus Stuttgart, Heusteigstraße 66, eine Abendmittelschule einzurichten. Ein Stundenlohnopfer jedes Kolpingsohnes der Diözese erbringt den Betrag von DM 17.000. Damit wird der Schulbetrieb in der ersten Zeit finanziert. 10. Januar 1962 Gründung des Vereins Abendmittelschule, Sitz Stuttgart. Gründungsmitglieder sind Erich Baum, Dr. Wolfgang Dannecker, Alexander Götz, Karl Gronmayer, Eduard Gutknecht, Dr. Alois Rölli, Julius Schumm, Dr. Dr. Adalbert Seifritz, Prälat Josef Vogel, Alfred Ziegler. 2. Mai 1962 Eröffnung der Abendmittelschule Stuttgart mit 80 Schüler/-innen in drei Klassen. 20. Juni 1962 Die Abendmittelschule Stuttgart wird als gemeinnützige Einrichtung anerkannt. Nach dem Stuttgarter Modell entstehen in Baden-Württemberg weitere Abendrealschulen 5. Mai 1968 40 Abendrealschulen schließen sich zum Landesverband Abendrealschulen Baden-Württemberg e. V. zusammen. Heute gehören dem Verband 39 Abendrealschulen mit 84 Klassen und rund 1.680 Schüler/-innen an. 14. Dezember 1968 Die Abendrealschule Stuttgart wird staatlich anerkannte Ersatzschule. Schuljahr 1977/78 Umzug ins Kolpinghaus Bad Cannstatt, Waiblinger Straße 27 1. September 1980 Schulamtsdirektor Karl Kunert wird vom Staatlichen Schulamt Stuttgart zum Schulleiter bestellt. 1. September 1985 Umzug der Abendrealschule Stuttgart in die Realschule Ostheim. Schuljahr 1995/96 Neue Lehrpläne werden eingeführt. Sie enthalten neben einer Zielbeschreibung für das jeweilige Fach in der Regel einen Pflichtbereich und einen ergänzenden Wahlbereich. Seit 1998 Pädagogische Wochenendtagungen und pädagogische Tage befassen sich mit den Themen Intervention, Evaluation, Kompetenz des Lehrers, Lernen mit Erwachsenen, Motivation. 1. Juli 2001 Die Abendrealschule Stuttgart ist im Internet zu besuchen. 1.September 2007 Dr. Barbara Heußen wird Schulleiterin. 2007 Beginn der Sozialarbeit durch ein Team der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (EVA) mit den Sozialarbeitern Kathrin Götz und Eddy Götz. 2012 Umstellung auf einen zweijährigen Ausbildungsgang. Das Projekt Abendrealschule plus (ARS+) startet. 9 Foto: Monika Kech Fotos: perfectfotos Michael List

KBW Kontakte Foto: Monika Kech Foto: Monika Kech Dr. Kaufmann MdB Stuttgart Dr. Stefan Kaufmann MdB (CDU) besuchte die Schule kreativ in den Stuttgarter Königsbau Passagen und zeigte sich beeindruckt von den vielfältigen Themenbereichen: Ich freue mich, dass das Kolping- Bildungswerk gerade auch in meiner Heimatstadt Stuttgart attraktive Aktivitäten für Teens und Kids anbietet. Dr. Kaufmann ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages. Ute Kumpf MdB Stuttgart Vom Bahnprojekt Stuttgart 21 direkt betroffen ist das Kolping-Bildungswerk (KBW) in der Stuttgarter Rosensteinstraße. Das Schulgebäude für Kolping-Kolleg, Sozialwissenschaftlichem Gymnasium und Abendrealschule mit insgesamt rund 1000 Schülern liegt direkt an der Logistikstraße, wo der Aushub des Feuerbacher Tunnels auf Güterzüge umgeladen wird. Der Lärmschutzwall, den die Deutsche Bahn baut, soll kurz vor dem Kolping-Gebäude enden. Bei einem Schulrundgang erörterte Ute Kumpf MdB (SPD) mit KBW-Vorstand Dr. Klaus Vogt mögliche Lösungen des Lärm- und Staubproblems. Die Abgeordnete versprach: Mit einem Schreiben werde ich mich in der Sache an Dr. Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, wenden und um Unterstützung bitten. 10 Dr. Stefan Kaufmann MdB (links) freute sich über das attraktive Angebot in der Schule kreativ. Rechts KBW-Vorstand Dr. Klaus Vogt. Partner in stürmischen Zeiten: Ute Kumpf MdB und KBW-Vorstand Dr. Klaus Vogt erörterten, wie Staub- und Lärmbelastungen durch das Bahnprojekt Stuttgart 21 für die Kolping- Schulen möglichst gering gehalten werden können. Gastkommentar Schulen in freier Trägerschaft unverzichtbarer Bestandteil der öffentlichen Schullandschaft Baden-Württembergs Seit jeher steht das Freie Schulwesen in Deutschland unter besonderer Beobachtung. Seine Stellung im Gesamtgefüge des Bildungssystems wird immer wieder kritisch in Frage gestellt und seine Leistungsfähigkeit muss es immer wieder neu beweisen. Nicht zuletzt aus dieser Lage heraus haben gerade die Freien Schulen entscheidende Impulse und pädagogische Innovationen hervorgebracht, von denen das gesamte deutsche Bildungswesen profitiert. So waren es die Freien Schulen, die als erste Ganztagsschulkonzepte erprobt und eingeführt haben, die Freiarbeit sowie Projekt- und Experimentalunterricht etabliert und sich speziell der Förderungen benachteiligter Kinder und Jugendlicher angenommen haben. Demgemäß sind Stuttgart und das Land Baden- Württemberg sehr zu beglückwünschen, da sie zahlreiche Freie Bildungseinrichtungen als Impulsgeber und Lernlabore zum Wohle aller Schüler vorweisen können. Michael Büchler, Präsident des Verbands Deutscher Privatschulverbände e. V. Mit dem stetigen Wachstum des Freien Schulwesens in Deutschland besucht mittlerweile jeder zwölfte Schüler eine freie Schule nehmen aber auch die Widerstände zu. Unter teilweiser Missachtung des Artikels 7 des Grundgesetzes, der den Bestand Freier Schulen ausdrücklich garantiert, müssen sie sich etwa gegen Zulassungsbeschränkungen und Finanzmittelkürzungen zur Wehr setzen. Dabei war in der Bevölkerung der Zuspruch zu freien Schulen nie größer als heute. Laut einer forsa-umfrage von 2011 bevorzugen 36 Prozent der Eltern für ihre Kinder eine freie Schule. Das derzeitige Angebot kann diese Nachfrage allerdings nur zu einem Drittel decken. In Baden-Württemberg haben die regierenden Parteien mit ihrem Koalitionsvertrag nun ein Signal gesetzt. Sie schreiben, dass sie Freie Schulen fair ausstatten wollen. Damit scheint hier eine Forderung des Verbands Deutscher Privatschulverbände e. V. (VDP), nämlich die rechtliche und finanzielle Gleichbehandlung staatlicher und freier Schulen, gehört worden zu sein. Die Regierung muss nun den Beweis antreten, dass sie ihren Worten in der Praxis auch Geltung verschaffen will. Vielleicht ist damit ein weiterer Schritt hin zu einer Neudefinition des Schulwesens getan: Das öffentliche Schulwesen besteht aus staatlichen, kommunalen und freien Bildungseinrichtungen. Mit dieser Grundhaltung kann qualitätsfördernder Wettbewerb entstehen, damit wir allen unseren Schülern ein leistungsfähiges und zukunftsfestes Bildungssystem anbieten können. Foto: privat

KBW Aufsichtsrat Bildung ist meine Leidenschaft KBW-Aufsichtsrat Manfred Schwab hat sich in vielen Ehrenämtern engagiert Bad Mergentheim Wenn beim Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. jährlich mehr als 1.000 Schüler/-innen die Fachhochschulreife erwerben können, dann ist das dem Wirken eines Mannes zu danken, der heute im Aufsichtsrat sitzt: Manfred Schwab. Er ist der Ideenträger und Initiator des Vorbereitungskurses zur Erlangung der Fachhochschulreife (heutiges Berufskolleg). Und noch manches mehr. Bildung ist meine Leidenschaft, sagt der gebürtige Bad Mergentheimer. Dort, in seiner Vaterstadt, startet der heute 71-jährige Manfred Schwab im Jahr 1966 eine Initiative zur Gründung einer Abendrealschule. Er wird ehrenamtlicher Geschäftsführer und ist das geblieben bis zum heutigen Tag. Ich halte es für meine staatsbürgerliche Pflicht, für die jungen Leute etwas zu machen. Die Mittlere Reife hat seit der Gründung der Abendrealschule Bad Mergentheim mehr als 200 Absolventen die Möglichkeit eröffnet, sich beruflich höher zu qualifizieren, beispielsweise an den staatlichen Schulen das Ingenieursdiplom zu erwerben. Aber 1980 erhalten die Ingenieur- und Höheren Wirtschaftsfachschulen des Landes den Status von Fachhochschulen. Der Realschulabschluss reicht nicht mehr aus für die Zulassung. Wieder wird Manfred Schwab initiativ: Es galt, Schulen des Zweiten Bildungswegs einzurichten, um die Lücke zwischen Realschule und Fachhochschule zu schließen. Mit Unterstützung des Landesverbands Abendrealschulen Baden-Württemberg entsteht 1974 in Bad Mergentheim ein Berufskolleg als Vorbereitungskurs zum Erwerb der Fachhochschulreife die dritte Schule dieser Art in Baden-Württemberg. Seither haben allein in Bad Mergentheim rund 1.200 Teilnehmer in der Tages- und Abendform die Fachhochschulreife erlangt und das mit einer durchschnittlichen Erfolgsquote von 97 Prozent! Von Anfang an ist Schwab ein leidenschaftlicher Kolpingsohn. Als junger Mann kommt er 1963 nach Stuttgart, um an der Verwaltungsfachhochschule zu studieren. Er wohnt im Kolpinghaus in der Heusteigstraße, begegnet dort Erich Baum und Ulrich Ruisinger, die beide ebenfalls an der Entwicklung des Kolping-Bildungswerks zu seiner heutigen Form maßgeblich mitgewirkt haben. Baum war Mitbegründer des ersten Kolping- Kollegs, Ruisinger war Gründungsmitglied, Aufsichtsrat und Aufsichtsratsvorsitzender des Kolping-Bildungswerks. Wenn du die Menschen für die Bildung gewinnen willst, musst du dein Herz zum Pfande geben diesen Ausspruch von Adolph Kolping haben die jungen Kolpingsöhne umgesetzt. 1962 entsteht in eben dieser Heusteigstraße die Kolping-Abendmittelschule später Abendrealschule als erste Einrichtung des Zweiten Bildungswegs in Baden-Württemberg. 1965 geht Schwab nach Bad Mergentheim zurück, die Idee der Abendrealschule im Gepäck. Als einige seiner Schulkameraden aus der Volksschule bedauern, dass man in Bad Mergentheim die Mittlere Reife nicht nachholen könne, wird Schwab aktiv. Zusammen mit dem Realschulrektor Günther Reschke und Mitgliedern der örtlichen Kolpingsfamilie gründet er den rechtsfähigen Verein Abendrealschule Bad Mergentheim. Mit Erfolg siehe oben. Keiner kam in die Abendrealschule ohne Bildungsberatung, sagt Manfred Schwab. Das gilt auch heute noch. Nach wie vor führt Schwab mit jedem einzelnen Bewerber ein Bildungsgespräch, ehrenamtlich selbstverständlich und in der Privatwohnung, abends nach Feierabend oder sonntags nach der Kirche. Allerlei Erfolgsgeschichten kann die Abendrealschule aufweisen. Da will eine 45-jährige Mutter die Mittlere Reife machen, weil sie mit ihrem Sohn, der die öffentliche Realschule besucht, eine Wette abgeschlossen hat: Wer schafft den besseren Abschluss? Am Ende hat die Mutter die Nase vorn das war klar! Eine steile Karriere macht ein junger Hohenloher Metzger, der eigentlich Tierarzt werden will. Über Abendrealschule und Abendgymnasium schafft er einen Numerus-clausus-fähigen Abiturdurchschnitt von 1,0, sattelt von Veterinär- auf Humanmedizin um und verlegt sich ganz folgerichtig auf die Chirurgie. Schwab ist selbst ein Mann des Zweiten Bildungswegs. Nach seinem Start in Stuttgart als persönlicher Referent des Ersten Bürgermeisters Dr. Jürgen Hahn steigt er bei den Stadtwerken Bad Mergentheim bis zum Vorsitzenden der Geschäftsführung auf. Unter seiner 40-jährigen Leitung wird die Wasser-, Strom- und Gasversorgung in der Region auf- und ausgebaut. Für sein großes ehrenamtliches Engagement erhält Schwab die silberne Bürgermedaille der Stadt Mergentheim und die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg. Als Vorbildbürger feiert ihn die Tauber-Zeitung in einem Artikel zu seinem 70. Geburtstag und zählt auf: Seit 1972 Mitglied im Fachbeirat und Aufsichtsrat des Kommunalen/Regionalen Rechenzentrums und der Datenzentrale, im Mittelstandszentrum Tauberfranken ehrenamtlicher Prokurist von 1993 bis 2007. Als ehrenamtlicher Geschäftsführer bis 2010 erweitert er das Technologiezentrum um drei fünfgeschossige Türme. Die Idee für die heutigen Berufskollegs stammt von Manfred Schwab. Derzeit streben beim KBW jährlich mehr als 1.000 Schüler/-innen die Fachhochschulreife an. Dazu kommen die Bildungs-Ehrenämter als Aufsichtsrat beim Kolping- Bildungswerk Württemberg e. V., als Vorstandsmitglied und Verwaltungsberater beim Landesverband der Abendrealschulen und als Vorsitzender des Vereins für berufliche Bildung an der Gewerblichen Schule Bad Mergentheim um nur einige zu nennen. Vielleicht hat der Bewegungsfanatiker Schwab sein Durchhaltevermögen auch aus seinen sportlichen Aktivitäten gezogen. Er hat den Montblanc und das Matterhorn bestiegen, war Übungsleiter in sportlichen Disziplinen, lief Marathon und war lange Jahre Rettungstaucher bei der DLRG. Und darüber hinaus ist er auch historisch interessiert: Zusammen mit dem Historiker Carl Gibson hat er fünf Bücher über die Geschichte der örtlichen Stadtwerke und der historischen Trinkwasserversorgung sowie über den Aufbau einer Erdgasversorgung in Tauberfranken und Hohenlohe herausgegeben. Monika Kech 11 Fotos: privat

KBW Projekte Neue Schulen und Projekte Stuttgart Erste Kolping-Kindertagesstätte Stuttgart Das Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. (KBW) wird sein Bildungsangebot im Bereich der Kinderbetreuung erweitern. Die erste Kolping-Kindertagesstätte, die in der Stuttgarter Innenstadt entstehen wird, ist in den Bedarfsplan der Landeshauptstadt Stuttgart aufgenommen worden. Ab Frühjahr 2013 können die ersten Kinder kommen. Ausschlaggebend für die positive Entscheidung war nicht nur der Bedarf in der Landeshauptstadt. Das KBW überzeugt mit einem eigenständigen Konzept, das die in vielen Einrichtungen bewährten Bildungsprozesse der Sach- und Lerngeschichten durch zwei weitere pädagogische Konzepte ergänzt: die Pädagogik nach Emmi Pikler und Elemente aus der Entwicklungstabelle nach Kuno Beller. Beide Lehren zielen sehr stark auf die individuelle und eigenständige Entwicklung der Kinder ab. Damit greift das Kolping-Bildungswerk auch in der Kindererziehung seine Philosophie auf: Jeder Mensch ist ein eigenständiges Individuum mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Anlagen. Jeder Mensch ist es wert, dass ihm Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden. Diese individuelle Förderung wird in einer gruppenorientierten Organisation der Tagesstätte umgesetzt. Raimund Gründler Rottenburg Technische Oberschule Rottenburg Ab dem Schuljahr 2012/13 richtet das Bildungszentrum Rottenburg eine Technische Oberschule ein. Voraussetzung zum Einstieg sind eine abgeschlossene Berufsausbildung im technischen Bereich und ein mittlerer Bildungsabschluss. Im Einjährigen Berufskolleg des Bildungszentrums Rottenburg gibt es jedes Jahr eine große Techniker-Klasse. Begabten Absolventen des Berufskollegs steht nun der Direkteinstieg in das zweite Jahr an der Technischen Oberschule offen. Für manch einen, der im Laufe des einjährigen Berufskollegs erst merkt, dass noch mehr Potential in ihm steckt, ist die Technische Oberschule natürlich eine feine Sache. An der bereits etablierten Berufsoberschule für Sozialwesen (SO) gibt es nur positive Erfahrungen mit Schülern, die vom Berufskolleg mit Schwerpunkt Biologie ins zweite Jahr der Berufsoberschule für Sozialwesen wechselten. Da die Lehrpläne der einjährigen Berufskollegs zur Erlangung der Fachhochschulreife mit denen des ersten Jahrgangs der Berufsoberschule synchronisiert sind, ergeben sich keine Übergangsprobleme. Im Gegenteil: Die Erfahrung zeigte, dass die Direkteinsteiger eher zu den besseren Schülern in der SO gehörten. Herbert Schwarz 12 Crailsheim Sonderberufsfachschule Crailsheim Ab dem Schuljahr 2012/13 startet in Crailsheim eine einjährige Sonderberufsfachschule (SBFS) als gemeinsames Projekt der Gewerblichen Schule und des Kolping-Bildungszentrums. Zielgruppe sind die Abgänger von Förderschulen, die bisher in ein berufsvorbereitendes Jahr (BVJ), Berufseinstiegsjahr (BEJ) oder Vorqualifizierungsjahr Arbeit / Beruf (VAB) gehen, die also noch nicht berufsreif sind oder Defizite im Sozialverhalten haben. Wir wollen den Teilnehmer/-innen einen Hauptschulabschluss geben und den Einstieg in den Beruf ermöglichen, sagt Standortleiter Axel Schmidt. Die Jugendlichen finden ihre Stärken und Vorlieben heraus und können verschiedene Berufsfelder ausprobieren. In Crailsheim sind das die Berufsfelder Holz und Metall. Dazu kommen sechs frei gestaltbare Praktika und ein Projekt- und Sozialtraining. Beim Kolping-Bildungswerk läuft diese Schulform schon seit 2004 am Standort Ellwangen. Schulleiterin Regina Schwarz, die auch in Crailsheim die SBFS führen wird, berichtet von erfolgreichen Bildungsbiografien: Drei von vier Schüler/-innen gehen anschließend direkt in eine Ausbildung, meist zum Fachwerker, also in geförderte REHA-Ausbildungen. Monika Kech Fellbach Realschule mit Anschlussgarantie Technisches Gymnasium Wirtschaftsaufbaugymnasium Fellbach Die neue Kolping-Realschule Fellbach startet zum Schuljahr 2012/13 mit einer kompletten Klasse, es gibt auch schon eine Warteliste. Die Resonanz auf unsere neue Schule war überwältigend, freut sich die Fellbacher Akademieleiterin Silvia Rippa-Louis. Grund für die zahlreichen Ameldungen ist sicher das durchdachte pädagogische Konzept, das bei den Fellbacher Eltern einen Nerv getroffen hat. Ein weiterer Pluspunkt sind die Fellbacher Räumlichkeiten, die viele Gestaltungsmöglichkeiten für die Kolping-Realschule eröffnen. Doch damit ist für die umtriebige Akademieleiterin noch lange nicht Schluss: Neben der Kolping-Realschule werden zum kommenden Schuljahr noch andere Schulformen starten, die den Standort Fellbach zukünftig nachhaltig verändern werden. Dabei stößt das neue Technische Gymnasium auf ähnlich rege Resonanz wie die Kolping-Realschule und kann einzügig gestartet werden. Gleiches gilt für das Berufskolleg Wirtschaftsinformatik, das die kaufmännische Ausrichtung in Fellbach breiter aufstellt. Am Wirtschaftsgymnasium können begabte Haupt- und Realschüler, die bestimmte Aufnahmekriterien erfüllen, in sechs Jahren das Abitur machen. Diese relativ neue Schulform soll perspektivisch ein Baustein der Kolping-Anschlussgarantie werden, die den Schüler/-innen die Wege zum nächsthöheren Bildungsabschluss oder zu einer beruflichen Ausbildung eröffnet. Tanja Wrage

KBW Schule kreativ Ein gelungenes Experiment Die Schule kreativ hat sechs Monate lang vielfältige Aktivitäten geboten Das Angebot der Schule kreativ wurde gern genutzt: Teens und Kids nähten, bastelten und versuchten sich im Tonstudio (oben) oder malten mit Licht (unten). Stuttgart Ein halbes Jahr lang von Januar bis Juli 2012 hat sich das Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. (KBW) mit einem Schaufenster in den Stuttgarter Königsbau Passagen engagiert. Was bleibt von Schule kreativ Betreuung für Kids und Teens in Stuttgarts Zentrum? Ein Rückblick. In Rekordzeit wurde in den letzten Wochen des alten Jahres ein Konzept entwickelt: Professionelle Hausaufgabenbetreuung, ein anspruchsvolles Freizeitprogramm, Spaß am Lernen und jede Menge Freiraum für Kreativität. Die Bildungszentren des KBW und besonders die Neuzugänge beim KBW, der FBD-Bildungspark, die cult: modeschule holzenbecher und das popcollege erhielten Gelegenheit, sich in exponierter Lage in der Stuttgarter Innenstadt zu präsentieren. Jeder Kooperationspartner engagierte sich weit über das erwartbare Maß hinaus. So konnte ein Programm entstehen, das die professionelle Produktpalette des KBW eindrucksvoll spiegelte. In wochenweise wechselnden Themenbereichen bekamen die Teens und Kids Einblicke in die Welt von Mode und Design, in Songwriting und Beatproducing, in künstlerische Betätigung und, und, und... Die jungen Gäste waren begeistert. Per Mail oder Telefon lobten Eltern das anspruchsvolle Programm und hoben sowohl die Vorzüge der Betreuung im Kontext der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als auch den hohen professionellen und pädagogischen Anspruch der Freizeitgestaltung hervor. Und die Gesichter der jungen Künstler sprachen ebenfalls Bände. Mit Feuereifer waren sie bei der Sache, nähten, bastelten, malten mit Licht, probierten sich aus, lernten, schufen Neues und erlebten in jedem Fall eine tolle Zeit. Claudia Sünder 13 Foto: Monika Kech

3D Fotografie Die Dinge sichtbar machen Fotodesign-Dozent Manfred Kirschner arbeitet in den Grenzbereichen der Fotogr Heilbronn Bilder sind sein Medium. Wenn er sie dramaturgisch mit Musik verknüpft, kann er alles ausdrücken. Manfred Kirschner ist Fotograf: Ich komme ohne das Wort aus. Von seiner Arbeit spricht er begeistert, eben wie einer, der das, womit er sich beschäftigt, durchdringen will. Noch mit 66 Jahren unterrichtet er mit Leidenschaft Fotografie, die Disziplin, die ihn sein Leben lang begleitet hat. Aber die einfache Bezeichnung Fotograf greift zu kurz. Kirschner würde sich selbst eher als Universalisten bezeichnen. Weil er vieles studiert, erlernt und ergründet hat. Weil ihn der Forschergeist wie eh und je antreibt. Weil ihm die Neugier aus den hellwachen Augen blitzt, wenn er erzählt, was er noch gerne herausfinden möchte. Seine Geschichte ist spannend. Die erste Kamera, eine Edixa Mat Reflex, hat der gebürtige Bietigheimer auf Raten gekauft. Das Geld dafür verdiente er sich als freier Mitarbeiter bei Zeitungen. Der Drang, die Dinge im Bild darzustellen, war schon in der Schulzeit mächtig: Mein Vater wollte mir keine Kamera kaufen, erinnert er sich. Aus Verzweiflung habe ich angefangen zu zeichnen und zu malen. Anfänge in der Sportfotografie Foto: Manfred Kirschner Seine Sportbegeisterung beschert Manfred Kirschner einen ersten großen Erfolg. Auf einem Zufallsbild lichtet er auf dem Hockenheimring die Gesichter der Motorrad-Weltmeister Mike Halewood und Phil Read so treffend ab, dass es das Bild in die Medien und auf das Cover einer Langspielplatte schafft. Seinen ersten Fotopreis verdankt er der Frontalperspektive auf einen 10.000-Meter-Lauf. In der Werkstatt des Vaters entwickelt Kirschner seine ersten Filme. Später, als Flotillenfotograf bei der Marine, entsteht sein erstes Buch in Handarbeit. Auf See hat das Schiff die Entwicklungsbäder im Schwarz-Weiß-Labor automatisch bewegt, lacht Kirschner, so, wie er immer lacht: genießerisch. Fotograf wollte er werden, Musiker, Pilot. Dem Rat des Vaters folgend, landet er bei Bosch in einer Mechanikerlehre. Studiert hat er dann Naturwissenschaften und kommt seinen Träumen näher. Ich bin ein fotografischer Autodidakt, sagt er nüchtern. Die Kamera ist für ihn Handwerks- 14 zeug der Ästhetik ebenso wie ein Mittel, die Dinge sichtbar zu machen. Vor allem reizt ihn das, was man (noch) nicht sehen kann, wie etwa die Farbsprünge im Schillern von Seifenblasen, mit denen er sich seit den 1970er Jahren immer wieder beschäftigt. Wissenschaftliche Forschung und Fotografie gehen bei ihm Hand in Hand. Kirschners Nahaufnahmen offenbaren die Struktur ästhetischer Farbspiele ebenso wie das Phänomen, dass dünner werdende Seifenblasenhäute plötzlich kein sichtbares Licht mehr reflektieren. Das ist Quantenmechanik, sagt Kirschner und seine Seifenblasenfotos sehen aus wie Kunst. Jahr für Jahr experimentieren Grafik-Design-Schüler an der Schule für Gestaltung (SfG) Heilbronn im Fach Fotodesign mit Seifenblasen, Jahr für Jahr bringt Kirschner ihnen bei, wie 3D-Fotografie funktioniert. 3D wird sich etablieren Die stereoskopische Technik, die das räumliche Sehen ermöglicht, gab es schon in der Anfangszeit der Fotografie. Die Betrachtung zweier aus der Perspektive des linken und des rechten Auges aufgenommenen Bilder nach dem Wheatstoneschen Verfahren fasziniert nicht nur die Schüler. Auch der Lehrer Manfred Kirschner findet es immer wieder bereichernd, wenn ich Input geben und den Jungen etwas begreiflich machen kann. 3D ist längst kein Hype mehr und wird sich langfristig etablieren, da ist er sich sicher. Sein Interesse dafür wurde vor vielen Jahren auf der Photokina entfacht. Da feiert er längst seine Erfolge: Audiovisionsschauen mit 45 Projektoren in der Kölner Kunsthalle verschaffen ihm Ansehen in der Fachwelt, 1978 gewinnt Kirschner den Obelisken für besondere Leistungen auf der weltweit beachteten Fotografie-Messe. Seine Arbeiten mit der Kirlian-Fotografie, einem fotografischen Verfahren zur Visualisierung von schwachen elektrischen Entladungen, fanden vielfach Niederschlag in wissenschaftlichen Publikationen. Auftrageber aus der Wirtschaft ließen ihm freie Hand bei Medienproduktionen. Seine Freiheit, sich den optischen Phänomenen zu widmen, die ihn interessierten, bewahrte er sich immer. So entstand sein Kommunikationsmodell zu Ursprung von Form und Farbe der Beginn einer langjährigen Dozententätigkeit an der Hochschule der Medien (hdm) in Stuttgart. Hier unterrichtet er mittlerweile im 31. Jahr: Ich bin dort das älteste Fossil, grinst er. In den nächsten Jahren wird Kirschner sich aus der Lehrtätigkeit zurückziehen. Das Forschen kann er indessen nicht lassen. Wie sich Bildsensoren in Zukunft entwickeln werden, interessiert ihn, ebenso Infrarot-, UV- und Röntgenfotografie. Er ist alles geworden, was er werden wollte: Forscher, Fotograf, AV-Designer und Pilot. Und Dozent. Annette Gast-Prior Multitalent und Fotodesign-Dozent Manfred Kirschner fotografiert schillernde Seifenblasen (oben). Der 3D-Blick auf Zehnder am Markt in Heilbronn (rechts) und das Kirschner-Porträt sind Schülerarbeiten. Foto: SfG

afie 15 Foto: Schüler der Schule für Gestaltung (SfG) Heilbronn, Fachrichtung Grafik-Design.

Projekt Familienstammbuch International kommt an Grafik-Design-Schüler/-innen entwerfen Stammbücher für Brautpaare Fotos: Eduard Buchmüller Die Fellbacher Grafik-Design-Schüler/-innen präsentierten ihre Stammbuch-Entwürfe im Kohlhammer Verlag (ganz oben) und durften dabei einen Blick in die Produktion werfen (rechts). Fachfrau Bettina Höchstetter (linkes Foto, Mitte) war mit dem Experiment mehr als zufrieden. Fellbach Im Wonnemonat Mai wird gern geheiratet. Damit die neue Familie perfekt ist, braucht sei ein Stammbuch. Der Kohlhammer Verlag, einer der Produzenten solcher Stammbücher, hat zwei Klassen von Grafikdesignschülern der Akademie Fellbach im Kolping-Bildungswerk beauftragt, für die Kollektion 2012/14 Entwürfe zu fertigen. Die besten sollen in das Stammbuch-Angebot des Stuttgarter Verlags aufgenommen werden. Momentan sind bei Stammbüchern die Farben Weiß, Kirsch- und Dunkelrot angesagt, auch Silber wird gerne genommen. Die meisten sind dezent gehalten. Viele tragen nur den Schriftzug Stammbuch, andere haben als zusätzliche Zierde zwei verschlungene Ringe oder Herzen, die geprägt oder aufgesetzt sind. Der aktuelle Katalog des Verlags spiegelt die derzeitigen Vorlieben von Hochzeitern wider. Im nächsten Jahr werden dann einige der im Vergleich dazu außergewöhnlichen Stammbücher der Grafikdesignschüler aufgenommen. Es ist das erste Mal, dass wir ein solches Projekt machen, und wir haben den Schülern für den Wettbewerb freie Hand gelassen, sagt Bettina Höchstetter, die beim Kohlhammer Verlag für die Produktentwicklung zuständig ist. Vorgegeben waren nur die gängigen Formate sowie eine Auswahl von Materialien wie Leder, Stoffe, Filz. Dem Verlag sei es wichtig gewesen, jungen kreativen Köpfen eine Chance zu geben, die andere Entwürfe wagen als die etablierten Designer, sagt Bettina Höchstetter. Mit den Ergebnissen des Experiments ist die Fachfrau mehr als zufrieden und 16 überzeugt, dass das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro, das insgesamt ausgeschüttet wurde, gut angelegt ist. Die Schüler von Sabine Münst nahmen die Aufgabe an und die Sache ernst. Sie befassten sich mit Hochzeitskultur, Trends und Stilanalysen, entwickelten eigene Ideen und zeichneten Entwürfe. Ich fand das Thema sofort spannend, sagt Natalie Kinderknecht. Sie und ihre Mitschüler entwarfen rund 200 Stammbuch-Variationen und übergaben sie dem Verlag. Wir haben unseren Mitarbeitern die Entwürfe gezeigt und sie gebeten, sie zu bewerten, sagt Bettina Höchstetter. Die Umfrage hab eine Tendenz für zehn Bücher gegeben, und einen Sieger: Marco Schmeisers Idee, das Stammbuch international, in bunten Farben und verschiedenen Sprachen, zu gestalten, gefiel am besten. Mit Marco Schmeisers Entwurf, aber auch mit den anderen Favoriten der Verlagsbelegschaft, wird nun weitergearbeitet. Prototypen werden gefertigt, und der Herstellungsprozess wird zeigen, welche der Schüler-Ideen realisierbar sind und zu welchem Preis. Auf den einen oder anderen Kompromiss würden sie sich schon einlassen, sagt Kim Sina Linz: wenn dann produziert wird. Entscheidend aber ist, ob die Stammbücher der Grafikdesignschüler den Geschmack treffen. Das stellt sich aber erst heraus, wenn die Außendienstler mit den neuen Katalogen zu den Standesämtern gehen. Es ist natürlich auch ein Risiko; vielleicht kommt das eine oder andere gar nicht an, aber das glaube ich nicht, sagt Bettina Höchstetter. Eva Herschmann, Fellbacher Zeitung vom 19. Mai 2012

Erlebniswelt der Sinne In der Erlebniswelt der Sinne REHA-Azubis probieren sich aus und werden als Team stark nichts als Gelb. Man war ganz orientierungslos, hat auch Eva-Maria Schulz erfahren. Wieder muss man Vertrauen zu den Vorderleuten haben, die einen auch sicher durchlotsen. Attraktionen zum Fühlen, Tasten, Riechen Nur mit gegenseitiger Hilfe kommen alle sicher über die Wackelbrücke. Ellwangen Probieren geht über studieren Erfahrungen kann man nicht vermitteln, man muss sie machen. Im Erfahrungsfeld der Sinne eins und alles in Welzheim lernten die 32 Azubis der REHA-Ausbildungen am Kolping-Bildungszentrum Ellwangen, die Welt mit allen Sinnen wahrzunehmen. Begleitet wurden sie von den Sozialpädagoginnen Eva-Maria Schulz und Petra Harsch-Mohr. Zunächst war Teamtraining angesagt. In zwei Gruppen ging s auf den Pfad durchs Moor. Die 16- bis 24-Jährigen müssen herausfinden, wie man mit Hilfe der viel zu wenigen grünen Platten, auf denen man sicher stehen kann, durch den Sumpf kommt. Das geht nur in enger Zusammenarbeit: Die Platten müssen zu mehreren geteilt und weitergegeben werden. Ganz wichtig: Kein Gruppenmitglied im Stich lassen! Im Niedrigseilgarten ist großer Mut und Abenteuerlust gefragt. Hindernisse müssen gemeinsam überwunden werden: Wie kommt man zusammen über die Wackelbrücke? Stärkere Mitglieder unterstützen die Schwachen, so werden beispielsweise einigen Azubis die Augen verbunden, und die anderen, die ja sehen können, bringen sie sicher durch den Parcours. Man sieht alles ganz neu Auf der kleinen Wanderung den 3,5 Kilometer langen Erlebnispfad entlang begegnen der Gruppe viele unterschiedliche Sinnesstationen. So kann man zum Beispiel in einem Waldwohnzimmer mit Fernseher Platz nehmen. Der Fernseher allerdings ist lediglich ein Holzrahmen, durch den man einen Wasserfall betrachten kann. Es gibt sogar einer Fernbedienung, auch aus Holz und somit gar nicht zu gebrauchen. Aber: Man sieht alles wirklich ganz neu, das stellen die Azubis fest. In den richtigen Rahmen gerückt, sieht der Wasserfall aus wie ein Gemälde. Mit Hilfe unterschiedlicher Naturmaterialen lassen sich Geräusche machen: mit einem Stock auf hohle Holzstäbe und Baumstämme draufhauen, oder Steine, die an Fäden aufgehängt sind, gegeneinander schlagen lassen, was ein irgendwie dumpfes Geräusch erzeugt. Wohlklänge verströmen dagegen metallene Klangschalen, und die in einem Gerüst aufgehängten großen bunten Holzstäbe schwingen und tönen wie ein Xylophon, wenn man durchrennt. In einem kurzen Tunnel hängt ein dichter Spaghettivorhang aus vielen gelben dünnen Stofffäden. Da kann man durchlaufen und sieht erst mal Das Aktionshaus Rote Achse bietet unterschiedliche Attraktionen zum Fühlen, Tasten, Riechen. Zwischen überdimensional großen Möbeln kann man nachempfinden, wie die Welt aus Kinderperspektive aussieht. Große Krüge beherbergen Überraschungen beim hineingreifen: Etwas ganz Weiches? Das sind Schwanenfedern. Etwas Schlabbriges? Das ist ein alter Fahrradschlauch. Und was da so piekt, das sind Tannennadeln. Übrigens: Schon in ein unbekanntes Gefäß hineinzugreifen, erfordert ganz schön Mut. Wer erkennt die Gewürze und Kräuter nur am Duft? Lavendel und Zimt, das ist noch ziemlich einfach aber Rosmarin? Das riecht wie Badewasser, findet einer, und liegt damit auch beim nächsten Geruchsproblem ganz richtig: Fichte! Und wer den Mut hat, in ein großes Fass zu kriechen, wird olfaktorisch geradezu überwältigt: Das Fass ist ganz mit Bienenwachs ausgekleidet. Mitunter wehen Schwaden von Kaffeeduft durch die Luft. Die kommen aber nicht vom Sinnespfad, sondern von der Kaffeerösterei, die mit zur Anlage gehört und etliche Arbeitsplätze für Behinderte bietet. Denn das Erfahrungsfeld der Sinne wird als Werkstatt für behinderte Menschen von der Christophorus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft e. V. (WfbM) betrieben. Große Klappe und nichts dahinter Den Azubis hat der Ausflug sehr gut gefallen. Sie haben neue Erfahrungen mit sich selbst gemacht, haben Herausforderungen angenommen, auch wenn es manchmal Überwindung gekostet hat. Dabei kamen oft die Unscheinbaren groß raus, während die bisherigen Wortführer mit der großen Klappe sich ganz von selbst auf Normalmaß stutzten: Die Gruppe konnte sehr gut beurteilen, was hinter dem schnoddrigen Dazu hab ich keine Lust bei einer Aufgabe, die Mut erforderte, steckte. Der Teamgeist sei gestärkt worden, stellt Eva-Maria Schulz abschließend fest. Etliche, die wenig integriert waren, hätten Anschluss gefunden. Und: Es war gut, auch einmal mit Menschen mit Behinderung in Berührung zu kommen, um Berührungsängste abzubauen. Allen hat die Sache sehr gut getan. Und alle hatten dabei eine ganze Menge Spaß. Monika Kech Durch einen Fernseh -Rahmen sieht man sich die Welt viel genauer an. 17 Fotos: Eva-Maria Schulz

europaprojekte Neues aus den Projekten Projekt DLQ Lehrerinnen und Lehrer für Film- und Medientraining gesucht Foto: Declan Cassidy Stuttgart / Fellbach Im Projekt DLQ Digital Latin Quarter findet im Zeitraum Herbst / Winter 2012 ein Film- und Medientraining für Lehrkräfte statt, die in ihrer täglichen Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen arbeiten. Für dieses Training sind noch drei Plätze frei. Das Medientraining besteht aus einem dreitägigen Präsenz-Workshop und Online-Schulungsmaterial. Es werden alle notwendigen Kenntnisse für die Planung und Umsetzung eines Filmprojektes mit Jugendlichen vermittelt. Auch die praktische Handhabung des technischen Equipments wird geübt. Das Medientraining ist in ein Konzept zur Berufsberatung eingebunden. Interessierte Lehrkräfte melden sich bei Petra Schmidt, petra.schmidt@kolping-bildungswerk.de. Verantwortung und Erfolg im Mittelstand Auftaktveranstaltung im Rathaus Stuttgart Stuttgart Am 12. Juli 2012 findet die Auftaktveranstaltung des Projekts SIA Verantwortung und Erfolg im Mittelstand im Rathaus Stuttgart statt. Interessierte Unternehmen erfahren, wie sie von dem Projekt profitieren und im Rahmen des Projekts ein Konzept zur sozialen Unternehmensverantwortung einführen können. Referenten der Robert Bosch GmbH und TRUMPF GmbH sowie zwei Vertreter kleinerer Unternehmen zeigen auf, wie vielfältig soziale Unternehmensverantwortung auch in kleinen Unternehmen umsetzbar ist. Das Projekt wird von der Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart in Kooperation mit dem Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. und der uve GmbH für Managementberatung durchgeführt und im Rahmen des ESF-Programms Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand (CSR) gefördert. Weitere Informationen erteilen die EU point Mitarbeiterinnen. Abschlusskonferenz SMECODE SME Competence Development Barcelona Zwei Monate vor Ende des Projektes SMECODE fand in Barcelona die Abschlusskonferenz statt. Den Konferenzteilnehmenden aus spanischen Betrieben und Bildungseinrichtungen wurden die erarbeiteten Ergebnisse der Partnerländer Dänemark, Spanien, Türkei und Deutschland vorgestellt. Professor Madsen von der Universität Süddänemark präsentierte Rechercheergebnisse zum Thema Strategisches Personalmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die er in Kürze in einer dänischen Fachzeitschrift veröffentlichen wird. Die Projektpartner berichteten von ihren Erfahrungen mit der Umsetzung des entwickelten Seminarprogramms Strategisches Personalmanagement KMU. Am Ende entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zwischen Dozenten und Teilnehmern und es wurden viele neue Kontakte geknüpft. Fotos: Selma Bjorg 18

Neue Chance: Durchstarten zur Kaufmännischen Bürokraft Ravensburg Jetzt will ich durchstarten und beruflich Fuß fassen, sagt Dragana Vejinovic entschlossen. Die 31-Jährige Serbin ist eine von neun Frauen, die derzeit am Kolping-Bildungszentrum in Ravensburg an dem neuen Qualifizierungskurs zur Kaufmännischen Bürokraft teilnehmen. Fast alle von ihnen waren länger als ein Jahr auf Arbeitssuche, sind teils ohne abgeschlossene Berufsausbildung, allein erziehend oder Berufsrückkehrerinnen nach einer langen Familienphase. Seit 13. Februar drücken die Frauen täglich von 8 bis 12 Uhr die Schulbank, während ihre Kinder in den Kindergarten oder zur Schule gehen. Die Unterrichtszeiten familienfreundlich zu gestalten ist sehr wichtig bei Weiterbildungsangeboten für Frauen, weiß Angela Konrad- Mak, Leiterin der Allgemeinen Weiterbildung am Kolping-Bildungszentrum in Ravensburg. Fünf Monate dauert der intensive Kurs, der 485 Unterrichtsstunden umfasst. Ende Juli haben es Dragana Vejinovic und ihre Kurskolleginnen dann geschafft. Das Rüstzeug, um in Unternehmen, Handwerksbetrieben oder im Dienstleistungsbereich als zertifizierte Kaufmännische Bürokraft eingesetzt zu werden, haben sie bis dahin erworben. Im Lehrplan des zweistufigen Kurses stehen u. a. Büroorganisation, Kommunikationstraining, Schriftverkehr, Buchhaltung, gängige EDV-Officeprogramme, sowie Buchhaltungsprogramme wie DATEV und Lexware. Coaching, Berufswegplanung, Bewerbungstraining und ein Kurzpraktikum gehören zu dem besonderen Plus. Dragana Vejinovic jedenfalls ist froh, dass ihr ein zertifizierter Abschluss ermöglicht wird. Ich bin glücklich, dass ich diesen Kurs belegen kann, bin sehr zufrieden mit den Dozenten und finde das Lernen in der Gruppe super, sagt die junge Frau, die ihre Zukunft in der Reiseveranstalterbranche sieht, wo sie bereits als ungelernte Kraft erste Erfahrungen gesammelt hat. Jetzt freut sie sich auf ihr Praktikum in einem Reisebüro. Sie und ihre Kurskolleginnen sind bereit, endlich loszulegen. Kaufmännische Bürokraft Projektträger Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V. Ansprechpartner Angela Konrad-Mak, Leiterin Allgemeine Weiterbildung und Fachschule für Sozialwirte, Kolping-Bildungszentrum Ravensburg angela.konrad-mak@kolping-bildungswerk.de EU-Förderprogramm Europäischer Sozialfonds Ziel 2 Fördersumme 31.723 Förderzeitraum 13.02.2012-26.07.2012 Unterstützt durch das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Dieses Qualifizierungsprojekt ist sehr erfolgreich, die Zusammenarbeit mit dem Landkreis läuft reibungslos, sagt Angela Konrad-Mak. Deshalb ist vorausgesetzt, die ESF-Mittel werden wieder genehmigt für Februar 2013 ein weiterer Kurs geplant. Christa Kohler-Jungwirth Foto: Christa Kohler-Jungwirth 19

20 europaprojekte CiLL Kreativität im Fremdsprachenunterricht EU-Förderprogramm Leonardo da Vinci Partnerschaft Projektpartner EUROPASS Centro Studi Europeo, Florenz, Italien Etelä-Pohjanmaan opisto, Ilmajoki, Finnland English Unlimited Sp. z o. o., Sopot, Polen Kolping College, Kaunas, Litauen Koordinator Kolping-Bildungswerk Württemberg e. V., Stuttgart, Deutschland (Koordinator) Ansprechpartnerin Patricia Hagenbach, Leiterin Kolping-Bildungszentrum Ostwürttemberg patricia.hagenbach@kolping-bildungswerk.de Gesamtfördersumme 18.000 Förderzeitraum 01.08.2010-31.07.2012 Dieses Projekt wird mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein die Verfasserin; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben. Kaunas Nach zwei Jahren, fünf internationalen Treffen und drei Intensiv-Workshops zu den kreativen Unterrichtmethoden Geschichten erzählen, Schauspiel und Filme machen bildete das letzte Treffen in Kaunas, Litauen, im Mai 2012 den Abschluss einer sehr erfolgreichen Lernpartnerschaft. Im Projekt CiLL Kreativität im Fremdsprachenunterricht arbeiteten Sprachlehrkräfte des Kolping-Bildungswerks gemeinsam mit Lehrkräften aus Finnland, Italien, Litauen und Polen daran, ihr Repertoire an kreativen Unterrichtsmethoden zu vergrößern und diese stärker in den Fremdsprachenunterricht zu integrieren. Wie lief es ab? Erstes Treffen in Stuttgart, Deutschland im November 2010 Vorbereitungsphase Workshop 1 Geschichten erzählen (Januar 2011 in Gdansk, Polen) Beim Geschichten erzählen werden die Zuhörer in die erzählte Geschichte eingebunden, damit sie den Inhalt der Geschichte leichter verstehen, eigenständig mitdenken und das zu vermittelnde Wissen besser verstehen und verinnerlichen können. Die Methode beinhaltet auch das Schreiben von Geschichten z. B. das Umschreiben von Teilen einer Geschichte. Testen der Methode Geschichte erzählen in den Partnerländern Workshop 2 Schauspiel (Juni 2011 in Ilmajoki, Finnland) Erfahrungsgemäß haben Schülerinnen und Schüler Spaß an Dialogen und Vergnügen am Spielen. Beim Einsatz der Schauspielmethode werden beispielsweise grammatikalische Strukturen spielerisch durch Wiederholungen automatisiert, das aktive Sprachvermögen wird gestärkt und an der Aussprache wird gefeilt. Testen der Methode Schauspiel in den Partnerländern Workshop 3 Filme machen (November 2011 in Florenz, Italien) Die Methode beinhaltet den Prozess der Ideenfindung, das Drehbuchschreiben und die Realisierung des Films. Die Schüler aktivieren ihre Sprachkenntnisse in realen Szenarien und verwenden die Fremdsprache als authentisches Verständigungsmittel. Testen der Methode Filme machen in den Partnerländern Abschlusskonferenz in Kaunas, Litauen im Mai 2012 Ergebnis: CiLL-Handbuch Das Handbuch enthält eine Zusammenfassung der getesteten Methoden, praktische Übungen für den Fremdsprachenunterricht sowie die Testberichte aus den Partnerländern inklusive Tipps der Lehrer/-innen. Es ist ab Herbst 2012 verfügbar.