Umsetzung des Gebots der Entgeltregulierungskonsistenz bei Großhandelspreisen für ein Reselling von Telefonanschlüssen

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Transkript:

ZfTM-Work in Progress Nr. 46: Umsetzung des Gebots der Entgeltregulierungskonsistenz bei Großhandelspreisen für ein Reselling von Telefonanschlüssen Quantitative Analysen und qualitative Überlegungen angesichts der anstehenden TKG-Novelle Torsten J. Gerpott * /Peter Winzer **

2004 * ** Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, Lehrstuhl Planung & Organisation, Schwerpunkt Telekommunikationswirtschaft, Universität Duisburg- Essen, Lotharstr. 65, 47057 Duisburg. Prof. Dr. Peter Winzer, Lehrstuhl für Controlling, Fachbereich Medienwirtschaft der Fachhochschule Wiesbaden und Gesellschafter DIALOG CONSULT GmbH Duisburg.

ZfTM-Work in Progress Nr. 46 Entgeltregulierungskonsistenz Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen... 1 1.1. Konsistenzgebot als Voraussetzung für hohe Wettbewerbsvielfalt... 1 1.2. Vertikale Konsistenz von regulierten Entgelten für Festnetztelefonanschlüsse... 4 1.3. Anliegen und Datenquellen der eigenen Untersuchung... 6 2. Quantifizierung von Untergrenzen für regulierte Großhandelspreise für Reseller von Festnetztelefonanschlüssen... 9 2.1. Generelle kostenbezogene Kalkulationsannahmen... 9 2.2. TNB-Erstellungskosten für Telefonanschlüsse... 11 2.3. TNB-Deckungsbeiträge im Telefonanschluß- und -verbindungsgeschäft als Plausibilitätstest... 13 2.4. Vergleich von TNB-Erstellungskosten und Endkundenpreisen der Deutschen Telekom für Telefonanschlüsse... 16 3. Fazit... 20 3.1. Regulierte Großhandelsmindestpreise für Festnetztelefonanschlüsse... 20 3.2. Präzisierungen zur Umsetzung des Gebots der vertikalen Entgeltkonsistenz in der TKG-Novelle 2004... 24 Literaturverzeichnis... 27 I

ZfTM-Work in Progress Nr. 46 Entgeltregulierungskonsistenz 1. Grundlagen 1.1. Konsistenzgebot als Voraussetzung für hohe Wettbewerbsvielfalt Im Zuge der Fortentwicklung von Entgeltregulierungsmaßnahmen für den deutschen Telekommunikationsmarkt wird die Stimmigkeit verschiedener Entgeltvorgabeentscheidungen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) für Leistungen, die von Wettbewerbern der Deutschen Telekom (DT) vom Incumbent zugekauft werden oder die der Marktbeherrscher von seinen Endkunden erhebt, seit längerem intensiv unter den Marktteilnehmern auf der Anbieterseite diskutiert. Diese unter der Überschrift Konsistenzgebot geführte Diskussion adressiert im Kern folgendes Thema: Regulierungsvorgaben für Entgelte der DT in von ihr beherrschten Teilmärkten sollen so festgelegt werden, daß verschiedenen Anbietertypen mit unterschiedlichem Umfang selbst erbrachter und von der DT zugekaufter Leistungen prinzipiell die Chance eröffnet wird, wirtschaftlich operieren zu können (vgl. Kurth 2001, S. 657; Monopolkommission 2003, S. 59; Müller et al. 2003, S. 11f.). Als Anbietertypen lassen sich dabei, stark vereinfachend, infrastrukturbasierte Carrier und Wiederverkäufer/Reseller von TK-Diensten unterscheiden (vgl. a. Abb. 1). Letztere kaufen zu Großhandelspreisen Leistungen von infrastrukturbasierten Carriern, um sie dann mit einem Aufschlag im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zumeist an Endkunden weiter abzusetzen. Das Reseller-Geschäftskonzept hat im deutschen TK-Markt seit Anfang der 1990er Jahre vor allem im Mobilfunk größere Bedeutung erlangt, wo Unternehmen wie Debitel, Mobilcom oder Talkline als Reseller bzw. zusätzliche Vertriebskanäle der vier GSM-Netzbetreiber zu einer raschen Diffusion von Funktelefonanschlüssen beigetragen haben. Im Festnetzbereich hat dagegen in Deutschland das Reselling von Telefonverbindungsminuten oder -anschlüssen bislang keine so große Relevanz erlangt wie im Mobilfunksektor. Zu den infrastrukturbasierten Carriern sind einerseits Verbindungsnetzbetreiber (VNB) wie Tele2 oder 01051 zu zählen, die Endkunden über das Call-by-Call- und/oder Preselection-Verfahren Telefonate aus dem Festnetz über von ihnen selbst errichtete und/oder angemietete Infrastrukturen ermöglichen, die aber von der DT selbst keine Teilnehmeranschlußleitungen (TAL) anmieten und dementsprechend Endkun- 1

Entgeltregulierungskonsistenz ZfTM-Work in Progress Nr. 46 Verbindungsnetzbetreiber (VNB) Teilnehmernetzbetreiber (TNB) Reseller (Großhändler) Eingekaufte DT-Zugangsleistungen (Auswahl) Interconnection- Verbindungen/-Anschlüsse Carrierfestverbindungen Rechnungsstellung für Endkunden Teilnehmeranschlußleitungen (TAL) Interconnection-Verbindungen/-Anschlüsse Carrierfestverbindungen - Eingekaufte DT-Großhandelsleistungen - - Telefonanschlüsse Verbindungsminuten Selbst erbrachte Leistungen (Auswahl) Betrieb von Übertragungswegen (Verbindungsnetzebene) und Vermittlungsknoten Preisgestaltung, Vertrieb Betrieb von TAL, Übertragungswegen (Verbindungs- und Anschlußnetzebene) und Vermittlungsknoten Dienste- und Preisgestaltung, Vertrieb Preisgestaltung, Vertrieb Unternehmensbeispiele Tele2 01051 Telecom Talkline EWE TEL Netcologne M net Teleos Debitel Mobilcom Abbildung 1:Typisierung alternativer Anbieter von telefonnetzbasierten Diensten den auch nicht aus einer Hand einen Festnetzanschluß und Festnetztelefonverbindungen offerieren. Andererseits gehören zu den infrastrukturbasierten Carriern Teilnehmernetzbetreiber (TNB) wie EWE TEL oder Teleos, die von der DT TAL anmieten und zumeist regionale oder, seltener wie etwa Arcor, nationale Verbindungsnetze betreiben, um gleichermaßen Telefonanschlüsse und -verbindungen zu vermarkten. Gemäß dem Leitgebot der konsistenten Entgeltregulierung ist erstens sicherzustellen, daß die Höhe der Entgelte (1) für Zugangsleistungen, die infrastrukturbasierte alternative Carrier von der DT eingekaufen, (2) für Großhandelsleistungen, die Reseller nachfragen, und (3) für Endkundenleistungen so aufeinander abgestimmt ist, daß eine möglichst große Vielfalt von Wettbewerbern mit unterschiedlichen Wertschöpfungsumfängen Raum erhält, um im Markt zu agieren. Stellt man sich die Wertschöpfungsschritte bei der Bereitstellung von Festnetz-TK-Diensten als 2