Einbeziehung bildender Künstler in die Sozialversicherung

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Transkript:

Einbeziehung bildender Künstler in die Sozialversicherung 2017 Deutscher Bundestag

Seite 2 Einbeziehung bildender Künstler in die Sozialversicherung Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 27. März 2017 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung von Künstlern 4 2. Abhängig beschäftigte bildende Künstler 4 3. Selbständig tätige bildende Künstler 5

Seite 4 1. Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung von Künstlern Künstlerische Leistungen können als freiberufliche selbständige Tätigkeit oder im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers. Für in einem Arbeitsverhältnis beschäftigte Künstler sind die für die übrigen Arbeitnehmer geltenden Sozialversicherungsgesetze anzuwenden. Der Ausübung einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit stehen keine besonderen Regelungen entgegen. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Schutz der Kunstfreiheit. Allerdings besteht in der Regel Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. 2. Abhängig beschäftigte bildende Künstler Soweit bildende Künstler in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, unterliegen sie nach denselben Regelungen der Sozialversicherungspflicht wie die übrigen versicherten Arbeitnehmer. Die Sozialversicherungsbeiträge sind von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu tragen und bemessen sich nach einem bestimmten Prozentsatz des Bruttoarbeitsentgelts, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Im Jahr 2017 gelten folgende auf die Arbeitnehmer entfallenden Werte: Versicherungszweig Beitragssatz in Prozent Jährliche Beitragsbemessungsgrenzen in Euro Westdeutschland Ostdeutschland Krankenversicherung 7,3 Pflegeversicherung 1,275 Arbeitslosenversicherung 1,5 Rentenversicherung 9,35 52.200 76.200 68.400 Der Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenversicherung erhöht sich je nach frei wählbarer Krankenkasse um einen Zusatzbeitrag bis zu 1,8 Prozent. Im Land Sachsen beträgt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung 1,775 Prozent Im Niedriglohnbereich bis 850 Euro im Monat sind von den Arbeitnehmern geringere Beiträge zur Sozialversicherung zu leisten. Während der Arbeitgeberanteil an den Beiträgen zur Sozialversicherung dem der sonstigen versicherungspflichtig Beschäftigten entspricht, steigt die Beitragsbelastung des Arbeitnehmers mit dem Einkommen bis zu einem Verdienst von 800 Euro an. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird von der Krankenkasse eingezogen und an die einzelnen Sozialversicherungszweige weitergeleitet.

Seite 5 3. Selbständig tätige bildende Künstler Selbständig tätige Künstler und Publizisten unterliegen in Deutschland der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Künstler im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist unter anderem, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Künstler und Publizisten, die keine Mitarbeiter beschäftigen und aus ihrer selbständigen Tätigkeit mindestens 3.900 Euro im Jahr erzielen, sind in die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, nicht aber in die Arbeitslosenversicherung, einbezogen. In den ersten drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer künstlerischen Tätigkeit erfolgt auch dann eine Einbeziehung in die Künstlersozialversicherung, wenn ein Arbeitseinkommen unter 3.900 Euro erzielt wird. Nach Ablauf von drei Jahren führt ein Arbeitseinkommen unter 3.900 Euro zur Versicherungsfreiheit. Innerhalb von sechs Jahren kann die Geringfügigkeitsgrenze bis zu zweimal unterschritten werden, ohne dass der Versicherungsschutz verloren geht. Die künstlerische Tätigkeit muss selbständig, erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausgeübt werden. Selbständig ist jede Berufstätigkeit, die nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Von einer Erwerbsmäßigkeit ist auszugehen, wenn die Tätigkeit nicht nur als Hobby bzw. aus Liebhaberei ausgeübt wird, sondern auf eine ernsthafte Beteiligung am Wirtschaftsleben und auf die Erzielung von Arbeitseinkommen ausgerichtet ist. Wie Arbeitnehmer zahlen versicherungspflichtige selbständige Künstler nur die Hälfte der Versicherungsbeiträge; die andere Beitragshälfte übernimmt die Künstlersozialkasse. Die hierfür erforderlichen Mittel werden aus einem Zuschuss des Bundes und aus einer Abgabe der Unternehmen finanziert, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten. Dies sind zum Beispiel Verlage, Konzertdirektionen, Rundfunk, Fernsehen, Werbeagenturen, Galerien. Die für die Durchführung der Künstlersozialversicherung bundesweit zuständige Künstlersozialkasse in Wilhelmshaven stellt die Versicherungspflicht nach dem KSVG fest, zieht von den Künstlern die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein und leitet sie dorthin weiter. Die Leistungen werden ausschließlich von den Kranken- und Pflegekassen und den Rentenversicherungsträgern erbracht. Eine Einbeziehung selbständiger Künstler und Publizisten in die Arbeitslosenversicherung sieht das KSVG nicht vor. Die für abhängig Beschäftigte geltenden Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gelten für selbständig tätige Künstler entsprechend. Beitragsbemessungsgrundlage ist das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen, zudem auch die Vergütung für die Verwertung und Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen zählt. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Ermittlung des voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens maßgebend waren, werden auf Antrag berücksichtigt. Im Bereich bildende Kunst einschließlich Design waren im Jahr 2015 knapp 64.000 Künstler in der Künstlersozialkasse versichert. Dies entspricht einem Anteil von nahezu 35 Prozent der Gesamtversichertenanzahl. ***