Zum Entwurf des DSG vom 15. September 2017

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Transkript:

30. Oktober 2017/V009 RA Dr. David Vasella, CIPP/E david.vasella@walderwyss.com Das schweizerische Datenschutzrecht wird revidiert. Der Bundesrat hatte am 21. Dezember 2016 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung geschickt. Bis zum Ende der Vernehmlassungsfrist am 4. April 2017 gingen rund 220 Vernehmlassungen ein. Der Revisionsbedarf war weitgehend unbestritten. Auch die Angleichung des Datenschutzgesetzes (DSG) an die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurde begrüsst. Der Vorentwurf stiess dennoch auf erhebliche Kritik. Ein Hauptkritikpunkt waren schlecht begründete Abweichungen von der DSGVO ( Swiss Finish ). Der am 15. September 2017 veröffentlichte Entwurf des DSG (E-DSG) liegt näher bei der DSG- VO. Viele Kritikpunkte wurden aufgenommen. In einigen Punkten besteht aber nach wie vor Verbesserungsbedarf. Historie (Links) 21. Dezember 2016: Vernehmlassungsentwurf 29. August 2017: Veröffentlichung der Vernehmlassungsergebnisse 15. September 2017: Veröffentlichung des Entwurfs und der Botschaft 25. Mai 2018: Inkrafttreten der DSGVO Herbst 2018: frühestes Inkrafttreten des revidierten DSG Zwei Kernanliegen Augenmass: Es gehört zu den Vorzügen schweizerischer Gesetze, nicht jedes Detail zu regeln und mit Augenmass zu regulieren. Das ist heute auch beim DSG so. Durch die Anpassung an Europäisches Recht ändert sich dies bis zu einem gewissen Grad. Das ist nicht zu vermeiden, sollte aber auf das Mindestmass beschränkt werden. Eine Regulierung ohne konkretes Bedürfnis ist abzulehnen. Regulierungen sind prinzipienbasiert und technologieneutral auszugestalten. Kompatibilität mit EU-Recht: Anforderungen, die über die europäische Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) hinausgehen, sind zu vermeiden: Viele schweizerische Unternehmen setzen zurzeit mit erheblichem Aufwand die DSGVO um. Zusätzliche bzw. andere Anforderungen des schweizerischen DSG wären kaum zu bewältigen und würden schweizerische Unternehmen benachteiligen.

Kritikpunkte am Entwurf vom 15. September 2018 Die folgende Liste enthält eine Auswahl verbleibender, allgemeiner Kritikpunkte am Entwurf des DSG in der Reihenfolge des Gesetzes. Branchenspezifische Anliegen sind nicht berücksichtigt. Anwendbarkeit bei Verfahren (Art. 2 Abs. 3 E-DSG): Das DSG sollte während laufenden Verfahren nicht anwendbar sein. Andernfalls entstehen Abgrenzungsprobleme und Missbrauchspotential. Das ist heute so geregelt. Der Entwurf überlasst eine Regelung den Prozessgesetzen. Es wäre besser, das DSG würde diesen Punkt weiterhin wie heute regeln. Besonders schützenswerte Personendaten (Art. 4 lit. c E-DSG): Wie auch die DSGVO schützt das E-DSG bestimmte Daten besonders. Dazu zählen nach Art. 4 lit. c Ziff. 6 E-DSG Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe. Das widerspricht der DSGVO und führt zu Umsetzungsproblemen. Es ist auch nicht notwendig, weil Daten mit höheren Risiken ohnehin besser zu schützen sind (Art. 7 E-DSG). Art. 4 lit. c Ziff. 6 E-DSG ist daher zu streichen. Profiling (Art. 4 lit. f): Nach Art. 4 lit. f ist Profiling eine Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen auf der Grundlage automatisiert bearbeiteter Personendaten. Das schliesst Bewertungen von Hand ein, sofern die Datengrundlage automatisiert bearbeitet wurde. Im Ergebnis wäre damit jede Bewertung erfasst, da kaum mehr Bereiche existieren, wo die Datengrundlage nicht in der einen oder anderen Form automatisiert bearbeitet wird. Art. 4 lit. f ist entsprechend anzupassen. Einwilligung (Art. 5 Abs. 6 E-DSG): In bestimmten Fällen ist die Einwilligung nur wirksam, wenn sie ausdrücklich erfolgt. Was das heisst, ist schon heute unklar und wird im E-DSG nicht geklärt, auch nicht in der Botschaft. Art. 5 Abs. 6 E-DSG ist daher zu präzisieren. Die Einwilligung muss zudem neuerdings immer eindeutig sein. Die Bedeutung dieses Erfordernisses ist völlig unklar. Es führt zu Rechtsunsicherheit und ist zu streichen. Datenschutzberater (Art. 9 und 21 E-DSG): Der Entwurf sieht ähnlich wie das geltende Recht einen Datenschutzberater vor. Unternehmen mit Datenschutzberatern müssen nach Art. 21 Abs. 4 Datenschutz-Folgenabschätzungen nicht dem Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) melden. Das ist sinnvoll, sollte aber ausgebaut werden: Auch die Meldepflichten nach Art. 14 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 1 sollten entfallen, wenn ein Datenschutzberater bestellt wurde. Verhaltenskodizes (Art. 10 E-DSG): Der Vorentwurf hielt noch fest, dass bei Einhaltung von Verhaltenskodizes die Einhaltung des DSG vermutet wird, dass das DSG aber auch anders eingehalten werden kann (Art. 9 des Vorentwurfs). Diese Regelung war sinnvoll und sollte in Art. 10 überführt werden. Bekanntgabe ins Ausland (Art. 13 ff. E-DSG): Die Bekanntgabe ins Ausland ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wenn das Datenschutzniveau des Empfängers nicht angemessen ist (das betrifft z.b. die USA, Indien und China). Der Bundesrat ist berufen, die Angemessenheit festzulegen (Art. 13 Abs. 1). Hat Seite 2 von 5

der Bundesrat bei einem Land noch nicht über die Angemessenheit entschieden, ist der Export nach Art. 13 Abs. 1 verboten. Der Datenexporteur muss aber das Recht haben wie schon heute, die Angemessenheit in solchen Fällen selbst zu beurteilen. Art. 13 Abs. 1 ist entsprechend anzupassen. Fehlt ein angemessener Schutz, ist die Bekanntgabe u.a. mit Einwilligung möglich. Art. 14 Abs. 1 lit. a verlangt hier Ausdrücklichkeit. Heute genügt auch eine nicht-ausdrückliche Einwilligung, ohne dass dies zu Problemen geführt hätte. Das Ausdrücklichkeitserfordernis ist daher aus Art. 14 Abs. 1 lit. a zu streichen. Daten Verstorbener (Art. 16 E-DSG): Die Regelung von Einsichts- und Löschungsrechten bei Verstorbenen im DSG ist systemfremd: Verstorbene verfügen nicht über Persönlichkeitsrechte. Im DSG sollte kein neuartiger postmortaler Persönlichkeitsschutz eingeführt werden. Art. 16 ist zu streichen. Sollte Regelungsbedarf bestehen, wäre eine Regelung im Erbrecht zu prüfen. Informationspflicht (Art. 17 ff. E-DSG): Der Umfang der Informationspflicht wird über eine Generalklausel und eine Liste von Pflichtangaben bestimmt. Die Generalklausel in Art. 17 Abs. 2 ist zu streichen: Sie ist unnötig und geht sogar über die DSGVO hinaus. Das führt zu Rechtsunsicherheit und unverhältnismässigem Umsetzungsaufwand. Die Pflicht, bei Auslandsbekanntgabe über die einzelnen Empfängerstaaten zu informieren, geht ebenfalls über die DSGVO hinaus, und sie bringt den betroffenen Personen keinen Mehrwert. Art. 17 Abs. 4 ist so anzupassen, dass über die Empfängerstaaten nicht informiert werden muss. Art. 18 regelt die Ausnahmen von der Informationspflicht. Die Information kann u.a. dann eingeschränkt, aufgeschoben oder unterlassen werden, wenn der Verantwortliche ein entsprechendes, überwiegendes Interesse hat (z.b. Schutz von Geschäftsgeheimnissen). Die Berufung auf ein solches überwiegendes Interesse ist jedoch nur möglich, wenn die Daten nicht Dritten weitergegeben werden (Art. 18 Abs. 3 lit. c). Für diese Einschränkung fehlt jeder Grund. Dem Schutz der betroffenen Person wird ohnehin im Rahmen der Interessenabwägung Rechnung getragen. Diese Einschränkung wurde bereits in der Vernehmlassung erheblich kritisiert und ist zu streichen. Zu prüfen ist eine Kompetenz des Bundesrats, für KMU analog zu Art. 11 Abs. 5 Erleichterungen vorzusehen. Auskunftsrecht (Art. 23): Das Auskunftsrecht bezieht sich auf Personendaten (Art. 23 Abs. 2 lit. b). Dennoch werden oft Kopien von Dokumenten verlangt, die Personendaten enthalten. Das ist systemwidrig und schafft Anreize für Missbräuche. In Art. 23 Abs. 2 lit. b ist daher zu präzisieren, dass das Auskunftsrecht Daten betrifft, aber nicht Kopien von Dokumenten. Wie bei der erwähnten Informationspflicht sieht auch das Auskunftsrecht eine Generalklausel und eine Liste von Pflichtangaben vor. Die Generalklausel in Art. 23 Abs. 2 ist wiederum zu streichen: Sie ist unnötig, geht über die DSGVO hinaus und führt zu Rechtsunsicherheit Seite 3 von 5

und unverhältnismässigem Umsetzungsaufwand. Es ist eine abschliessende Liste von Pflichtangaben erforderlich. Hat der Verantwortliche eigene überwiegende Interessen, eine Auskunft nicht, nur beschränkt oder erst später zu erteilen, so darf er sich auf diese Interessen nur berufen, wenn er Daten nicht an Dritte weitergibt. Wie bei der analogen Ausnahme von der Informationspflicht ist diese Einschränkung auch hier unbegründet. Sie ist zu streichen. Automatisierte Einzelfallentscheidungen (Art. 19): Die besonderen Anforderungen bei automatisierten Einzelfallentscheidungen gelten u.a. dann nicht, wenn die betroffene Person ausdrücklich eingewilligt hat. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, hier eine ausdrückliche Einwilligung zu verlangen. Eine normale Einwilligung genügt. Das ergibt sich auch aus Art. 5 Abs. 6 (Ausdrücklichkeit nur bei besonders schützenswerten Personendaten und Profiling). Datenschutz-Folgenabschätzung (Art. 20 f.): Eine Datenschutz-Folgenabschätzung ist bei hohen Risiken durchzuführen (Art. 20 Abs. 2). Das soll nach Art. 20 Abs. 2 lit. b bei Profiling immer der Fall sein. Diese Fiktion ist nicht sachgerecht; viele Profiling-Vorgänge sind harmlos und sogar im Interesse der betroffenen Person (bspw. Betrugsprävention). Sie widerspricht auch dem EU-Recht, was zu unverhältnismässigem Umsetzungsaufwand führen würde. Art. 20 Abs. 2 lit. b ist daher zu streichen. Ist das Risiko im Einzelfall hoch, greift ohnehin die Generalklausel in Art. 20 Abs. 2. Der EDÖB ist nach Art. 21 zu konsultieren, wenn die Folgenabschätzung ergibt, dass ein hohes Risiko bestünde, wenn der Verantwortliche keine Massnahmen träfe. Diese Formulierung ist zumindest missverständlich. Es ist zu präzisieren, dass (wie nach der DSGVO) keine Konsultationspflicht besteht, wenn der Verantwortliche Sicherheitsmassnahmen trifft. Der EDÖB hat nach Art. 21 Abs. 2 bis zu drei Monate Zeit, sich zu einer Datenschutz- Folgenabschätzung zu äussern. Dies hemmt die Innovation im Bereich der Datenwirtschaft. Die Frist ist angemessen zu verkürzen. Bonitätsdaten (Art. 27 Abs. 2): Ein überwiegendes privates Interesse an der Datenbearbeitung wird weiterhin vermutet, wenn sie der Prüfung der Kreditwürdigkeit dient (Art. 27 Abs. 2 lit. c). Dieser Rechtfertigungsgrund greift jedoch nur noch, wenn kein Profiling stattfindet. Das ist widersinnig, weil die Prüfung der Kreditwürdigkeit sehr oft ein Profiling darstellt. Damit liefe der Rechtfertigungsgrund ins Leere. Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 ist daher zu streichen. Die Rechtfertigung entfällt zudem für Daten, die älter sind als fünf Jahre. Diese Beschränkung führt zu einer Verschlechterung der Datenbasis und damit der Bonitätsbeurteilungen. Adresshistorien und andere Daten müssen bis zu 20 Jahre lang gespeichert bleiben, weil Verlustscheine erst nach dieser Periode verjähren. Solange muss ein Gläubiger Bonitätsinformationen beziehen können. Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 3 ist deshalb zu streichen. Seite 4 von 5

Untersuchung des EDÖB (Art. 43): Die Pflicht des EDÖB, bei Anzeichen einer Verletzung eine Untersuchung zu eröffnen, ist zu streichen. Sie untergräbt das Vertrauen der Wirtschaft in den EDÖB und unterläuft die Beratungstätigkeit des EDÖB (Art. 52 Abs. 1). Die Eröffnung einer Untersuchung sollte dem Ermessen des EDÖB überlassen bleiben. Das Informationsrecht des Anzeigeerstatters (Art. 43 Abs. 4) ist zu streichen. Es lädt dazu ein, Anzeigen zu Ausforschungszwecken zu erstatten, und es widerspricht der Tatsache, dass der Anzeiger keine Verfahrenspartei ist (Art. 46 Abs. 2). Ist der Anzeigeerstatter selbst betroffene Person, steht ihm ohnehin das Auskunftsrecht zur Verfügung (Art. 23). Strafbestimmungen (Art. 54 ff.): Dass die Strafbarkeit bei bestimmten Verletzungen einzelne Personen und nicht die Unternehmen trifft, wurde in der Vernehmlassung zu Recht kritisiert. Der Bundesrat hat aber den Systementscheid getroffen, bei dieser Strafbarkeit zu bleiben. Umso wichtiger ist eine präzise Formulierung der Bestimmungen, deren Verletzung bestraft werden kann. Die Informations- und Auskunftspflichten nach Art. 17, 19 und 23 sind daher, angesichts der Strafdrohung von Art. 54 Abs. 1, restriktiv zu interpretieren. Die erwähnte Generalklausel bei der Informationspflicht (Art. 17 Abs. 2) ist auch aus diesem Grund zu streichen. Die Strafbarkeit der Offenbarung geheimer Personendaten ganz allgemein (Art. 56) ist zu weit. Heute ist die Offenbarung nur strafbar, wenn es sich um geheime besonders schützenswerte Personendaten handelt. Das sollte beibehalten werden. Viele Personendaten werden ohnehin durch besondere Geheimnisschutzbestimmungen (z.b. Art. 321 StGB für Daten von Patienten, Klienten eines Anwalts etc.) umfassend geschützt. Änderungen der Zivilprozessordnung (ZPO): Der Entwurf sieht mehrere Änderungen der ZPO vor, die das Ziel haben, Klagen nach dem DSG zu erleichtern (durch einen Klägergerichtstand und Befreiung von Sicherheiten und Gerichtskosten). Das soll dem EDÖB Vollstreckungsaufwand ersparen, beruht aber auf der falschen Annahme, das Datenschutzrecht sei Konsumentenschutzrecht. Es führt zu falschen Anreizen und belastet die Budgets der Kantone. Die vorgesehenen Änderungen sind fallenzulassen. Seite 5 von 5