Tagungsbericht zur bundesweiten öffentlichen Tagung Blühende Landschaft - Ein Segen für Tier und Mensch Samstag, 30. September 2006 9.00 bis 16.30 Uhr auf dem Gelände der Landesgartenschau in 89518 Heidenheim/Brenz (Baden-Württemberg) Veranstalter: in Zusammenarbeit mit Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund DBIB FÖR Heidenheim
1. Anlaß Blühende Landschaft? Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co. sind unersetzlich. Als Blütenbestäuber sorgen sie für die Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Doch wo finden diese Insekten heute noch ihre Nahrung? Auf Feldern und Wiesen, öffentlichen Flächen und in Gärten blüht es immer weniger. Die aktuellen und zum Teil dramatischen Verluste bei Honigbienen zeigen: Die Vitalität der Bienen vermindert sich zusehends. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Verarmung unserer Landschaft. Bienen und alle andere Blüten bestäubende Insekten brauchen mehr denn je bunt blühende Wiesen, Gärten und Ackerränder zum Überleben. Nur dann können sie die auch für den Menschen lebensnotwendige Bestäubungsarbeit der Kultur- und Wildpflanzen leisten. Was Landwirte, Gärtner und Gemeinden für das Überleben der Blütenbesucher beitragen können, stellt das in der Tagung Blühende Landschaft ein Segen für Tier und Mensch vor. 2. Veranstaltungsablauf 9.00 Begrüßung durch Günter Friedmann 9.15 Grußwort Herr Ministerialdirigent Joachim Hauk Vertreter des Ministers für ländlichen Raum Baden Württemberg 9.45 Biologie einer Begegnung - Insekten und Blüten Prof. Dr. Jürgen Tautz, Universität Würzburg 10.45 Entwicklung von Bienenvölkern in unterschiedlichen Landschaftstypen Arno Kuhn, Universität Göttingen 11.45 Blühender Chiemgau - Modell einer blühenden Landschaft Utto Baumgartner, 13.15 Bienen und Blüten - Kunst und Kultur Prof. Jeanette Zippel, Küpfendorf 14.00 Blüten in die Landschaft! Perspektiven für Naturentwicklung in der Kulturlandschaft Dr. Thomas van Elsen, FiBL Deutschland e.v. 14.45 Blumenstadt Mössingen - Wege zu einer blühenden Stadt Dieter Felger, Leiter der Stadtgärtnerei Mössingen 15.30 Was können wir konkret tun, um eine blühende Landschaft zu gestalten Diskussion Ende der Veranstaltung
3. Eröffnung Imkermeister Günter Friedmann begrüßte im Namen des Netzwerks Blühende Landschaft die Teilnehmer und wies dabei auf die Wichtigkeit einer vielfältigen blühenden Landschaft gerade aus imkerlicher Sicht hin. Herr Ministerialdirigent Joachim Hauk als Vertreter des Ministers für ländlichen Raum Baden Württemberg dankte in seiner Begrüßungsansprache gerade den zahlreich vertretenen Imker/innen aus der näheren aber auch weiteren Umgebung von Heidenheim für ihren Einsatz im Sinne eines angewandten Natur-und Artenschutzes. Als besonders positives Beispiel für Baden-Württemberg hob der Minister das von Dr. Rainer Oppermann betreute Projekt EVA hervor: Es reicht nicht nur zu pflegen, wir müssen auch blühende Flächen schaffen, wozu die Kirchen als Partner mit großem Grundbesitz Stichwort Schöpfung - Ihren Teil dazu beitragen können. 4. Vorträge 4.1 Biologie einer Begegnung - Insekten und Blüten Referent: Prof. Dr. Jürgen Tautz, Universität Würzburg Schon in frühester Zeit beobachtete Christian Ferdinand Sprengel, daß Blüten von Blumen von den Insekten aufgefressen wurden. Die Beobachtungen in seinem Werk, Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen diente schon Charles Darwin als Grundlage für seine Evolutionstheorie. Weiter ging Prof. Tautz der Frage nach, wie Insekten letztlich eine farbige Blüte wahrnehmen und welchen Einfluß die Blütengröße bzw. Beschaffenheit auf den Insektenflug auf eine Blütenpflanze hat. In zwei neuen Forschungsprojekten wird mittels Thermovision veranschaulicht, dass Hummeln die Nektar-Temperatur anhand der Blütenfarbe erkennen. Aber auch der Wärmehaushalt im Bienenvolk, der durch sog. heiße Bienen auf den verdeckelten Brutwaben geregelt wird, wurde sehr anschaulich dargestellt.
4.2 Entwicklung von Bienenvölkern in unterschiedlichen Landschaftstypen Referent: Arno Kuhn, Universität Göttingen In einem mehrjährigen Projekt wurde von Arno Kuhn die Entwicklung von Bienenvölkern in unterschiedlichen Landschaftstypen erforscht. Dabei wurden ca. 20 Bienenvölker in einem genau abgegrenzten Radius um die Stadt Göttingen herum aufgestellt. Mit Hilfe speziell präparierter Bienenkästen (mit Sensor und Videokamera ausgestattet) wurden die ankommenden und abfliegenden Bienen erfaßt und bei der Durchsicht der Bienenvölker ließ sich anhand der Volksstärke bzw. der Nektar- und Pollenversorgung auf eine günstigeren oder weniger günstigen Landschaftstyp für die Entwicklung von Bienenvölkern schließen. 4.3 Blühender Chiemgau - Modell einer blühenden Landschaft Referent: Utto Baumgartner, Der Chiemgau in voller Blüte, unter diesem Motto stand die Rundfahrt und die Informationsveranstaltung des Netzwerks Blühende Landschaft am vergangenen Freitag, den September. Bei der Rundfahrt durch den Chiemgau konnten die Teilnehmer zahlreiche Blühflächen besichtigen, die im Rahmen des Projektes Blühender Chiemgau bei Region Chiemgau-Inn-Salzach angelegt wurden. Etwa 50 Landwirte und die Stadt Traunstein auf ca. 100 Flächen im Chiemgau ein zusätzliches Nahrungsangebot für Honig- und Wildbienen, für Schmetterlinge und für alle anderen Blüten besuchenden Insekten geschaffen. Gleichzeitig haben sie damit vor Ort das Gesicht von Stadt und Land verändert. Bei der Rundfahrt wurden drei landwirtschaftliche Flächen besichtigt. Ferdinand Fürmann in Waldering hatte auf den Maisflächen, die beim Hagelunwetter im Juni völlig zerstört wurden, eine blühende Zwischenfrucht gesät. Hier hatten sich vor allem Buchweizen und Phacelia durchgesetzt - beides wertvolle Bienenpflanzen. Bei Hans Glück in Grassach und Stefan Schmutz in Weiding konnten verschiedene ein- und mehrjährige Blühmischungen besichtigt wurden, die sich sehr schön entwickelt hatten. Ralf Braun, ein Wildbienenspezialist, der den Besuch dieser Blütenpflanzen im Hinblick
auf ihren Wert für Wildbienen auswertet, betonte, dass bei einer größeren Vielfalt von Pflanzen deutlich mehr verschiedene Insektenarten dort ihre Nahrung finden, als wenn nur eine einzige Pflanze, wie z.b. der Senf angesät werden. Von der Wirkung des Projektes überzeugte sich auch der Traunsteiner Landrat Herrmann Steinmaßl, der sich in Traunstein die Blühflächen an der Blaue-Wand-Straße zeigen ließ. Er dankte Utto Baumgartner für seinen Einsatz für eine blühende Region und wünschte dem viel Erfolg dabei, nicht nur in Traunstein, sondern im gesamten Chiemgau und darüber hinaus wieder Farbe und Lebensräume für Bienen, Hummeln und Co. in die Kulturlandschaft zu bringen. Utto Baumgartner dankte Herrn Steinmaßl für die Unterstützung von Region aktiv und äußerte die Hoffnung, dass es mit Hilfe des Landkreises auch im nächsten Jahr wieder Region-aktiv -Projekte geben würde. Als Präsent überreichte er Herrn Steinmaßl einen bunten Strauß von Blumen, die auf den Blühflächen gepflückt worden waren und allesamt wertvolle Bienenweidepflanzen sind. Dazu bekam Landrat Steinmaßl ein farbenfrohes Feldschild mit der Aufschrift Hier blüht es für Bienen, Hummeln und Co.. Am Abend fand dann in stilvoller Atmosphäre im Schrannensaal des alten Rathauses Traunstein eine Infoveranstaltung zum Thema Blühender Chiemgau statt. Dazu konnte Utto Baumgartner die 3. Bürgermeisterin der Stadt, Frau Wiesholer-Niederlöhner begrüßen. Als Stadtratsreferentin für städtisches Grün stehe sie dem Projekt sehr positiv gegenüber und freue sich, dass in Traunstein zusätzliche Blühinseln geschaffen werden, die die Stadt optisch und ökologisch aufwerten würden. Utto Baumgartner bedankte sich herzlich bei Frau Wie sholer- Niederlöhner für die Bereitschaft der Stadt Traunstein, auf stadteigenen Flächen etwas für die wichtigen Blütenbestäuber zu tun. Dabei sei weniger die Größe als vielmehr die Vielfalt und die räumliche Verteilung von Bedeutung. Hier sei in Traunstein ein richtiger Schritt in eine gute Richtung gemacht worden. Das größte Projekt die Ausgleichsflächen im neuen Wohnbaugebiet Geißing-West konnte aufgrund der noch nicht vollendeten Bebauung in diesem Jahr noch nicht verwirklicht werden und soll im nächsten Jahr eingesät werden. Die Bürgermeisterin betonte, dass die Stadt auch in Zukunft an dem Ziel der blühenden Stadt Traunstein arbeiten werde. Auch Herr Niederbuchner, der Stadtgärtner von Traunstein, bestätigte, dass bienenfreundliche Blühflächen keinen Mehraufwand bedeuten müssen. Im Gegenteil benötigen Flächen deutlich weniger Pflege und auch die Anlage sei oft viel preiswerter als eine Wechselbepflanzung mit Zierblumen, die als gefüllt blühende Blumen meist für Bienen und Schmetterlinge wertlos sind. Die Stadtgärtnerei werde nach den guten Erfahrungen auf jeden Fall in Zukunft verstärkt solche Blühflächen anlegen. Nachhaltigkeit ist hier das Motto.
4.4 Bienen und Blüten - Kunst und Kultur Referent: Prof. Jeanette Zippel, Küpfendorf Der Mensch, dessen Körper, stehen für Konzentration, Verdichtung, Materialisierung, das Bienenvolk im Schwarmakt steht für Loslösen, Vergessen, Entmaterialisieren. Blick in die Ausstellung Auch hier werden wie im Werkkomplex Bien transparent" die Ebenen in ihrer Wirkung durch den Materialeinsatz unterstützt. Bienenwachs in seiner durchsonnten Farbigkeit als sinnlich anmutendes energetisches Material verhilft der verarbeiteten Tusche zu rationaler Entfaltung. Jeanette Zippel im Gespräch mit Ingrid Hartlieb Jeanette Zippel mit Galeristin Angelika Harthan
4.5 Blüten in die Landschaft! Perspektiven für Naturentwicklung in der Kulturlandschaft Referent: Dr. Thomas van Elsen, FiBL Deutschland e.v. Dr. Thomas van Elsen berichtete von seiner Tätigkeit als Projektleiter auf der Domäne Frankenhausen. Eine multifunktionale Landwirtschaft der Zukunft, wo nicht nur gesunde Lebensmittel produziert werden, sondern darüber hinaus die Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten in den historisch gewachsenen Kulturlandschaften zu erhalten ist. Durch den Verzicht auf Herbizide, Pestizide und leichtlösliche Handelsdünger und vielfältigere Fruchtfolgen und eine standortangepasste Tierhaltung bietet der Ökologische Landbau hierzu gute Voraussetzungen. Doch auch hier gibt es aufgrund ökonomischer Zwänge Zielkonflikte zwischen Landnutzung und Naturschutz und Verbesserungsmöglichkeiten aus Naturschutzsicht. Feldbegehung Hier setzt das Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben an, in dem zahlreiche Maßnahmen umgesetzt und untersucht werden, durch die sich die Auswirkungen der Bewirtschaftung auf die Natur verbessern lassen. Der Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen in der bewirtschafteten Fläche, die durch spezielles Mahdregime im Feldfutter Feldvögel fördern oder auf den Ackerflächen zur Re-Etablierung einer standortgemäßen Ackerwildkrautvegetation führen, deren Artenspektrum durch jahrzehntelangen Herbizideinsatz verarmt ist. Die Auswirkungen der Maßnahmen werden nicht nur naturschutzfachlich, sondern auch ökonomisch bewertet Ziel ist die Quantifizierung der betrieblichen und gesellschaftlichen Kosten, die die naturgerechte Bewirtschaftung eines Hochertragsstandortes verursacht. Zwischenfruchtanbau Daneben erfolgt eine umfangreiche Sanierung des Fließgewässersystems, das die Domäne durchzieht, sowie die Aufwertung der ausgeräumten Landschaft durch Strukturelemente, deren Einbeziehung in den Wirtschaftsbetrieb durch verschiedene Nutzungen angestrebt wird.
Erosionsschutzstreifen 4.6 Blumenstadt Mössingen - Wege zu einer blühenden Stadt Referent: Dieter Felger, Leiter der Stadtgärtnerei Mössingen Am Samstag, 1. September 2001, wurde in der Biosphärenhalle der Bundesgartenschau in Potsdam der erste nationale Wettbewerb "Unsere Stadt blüht auf" mit der Preisverleihung abgeschlossen. Bei der mit großer Spannung verfolgten Siegerehrung ist die Blumenstadt Mössingen mit der Goldmedaille ausgezeichnet worden. Die hohe Auszeichnung nahmen Bürgermeister Werner Fifka und der Leiter der Stadtgärtnerei, Dieter Felger, entgegen, die
sich zusammen mit den übrigen nach Potsdam gereisten Vertretern der Stadt riesig über den großartigen Erfolg des Mössinger Engagements freuten. In der Begründung der Jury hieß es: "Mössingen ist die Stadt der duften Blüten. Impressionen bunt blühender Wiesen und Rosen schmücken die Stadt auf das Schönste". Und in der Tat zeigte auch der Vergleich während der am selben Tag im Rahmen der Bundesgartenschau erfolgten Städtepräsentation die Besonderheit der Mössinger Blumenwiesen, die (noch) bundesweit nahezu einmalig dastehen. Aber auch das hohe bürgerschaftliche Engagement in der Stadt beeindruckte die Bewertungskommission nachhaltig. An dem vom Zentralverband Gartenbau mit Unterstützung des Deutschen Städtetags, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Deutschen Tourismusverbandes ausgelobten Bundeswettbewerb hatten 200 Kommunen Interesse gezeigt. Zugelassen worden waren schließlich 52 Städte und Gemeinden aus ganz Deutschland. Drei Jurys hatten daraufhin im Verlauf des Sommers insgesamt rund 23.000 Kilometer zurückgelegt, um das jeweilige Niveau im öffentlichen, privaten und gewerblichen Bereich sowie die örtliche Ökologie und Gartenkultur zu bewerten. Dabei spielten die städtische Grünpolitik und ein attraktives Stadtbild genauso eine Rolle, wie private Grüninitiativen oder die Lokale Agenda. Für einen Medaillenrang mussten die Städte in jeder der vier Wertungskategorien mindestens die Hälfte der möglichen Punktzahl erreichen. Dementsprechend wurden schließlich zwei lobende Erwähnungen (mindestens 69 Punkte), 18 Bronzemedaillen (mindestens 70 Punkte) und 17 Silbermedaillen (mindestens 80 Punkte) verliehen. Außerdem gab es deutschlandweit 15 Goldmedaillen für besondere Leistungen, die mit 90-100 (Höchst- )Punkten bewertet worden sind. Diese höchste Ehrung wurde in Baden-Württemberg, welches das stärkste Teilnehmerfeld gestellt hatte, neben Mössingen nur noch Baden-Baden und Sasbachwalden zuteil. Die niedersächsische Stadt Celle wird Deutschland im Europawettbewerb 2002 vertreten. Für Mössingen wird die gemeinsam errungene Goldmedaille sicherlich Ansporn sein, die so erfolgreich begonnenen oder - wie die Blumenwiesen - seit Jahren kontinuierlich fortentwickelten Themen,
weiter zu gestalten. Die Blumenstadt setzt dabei ganz im Sinne der Agenda 21 weiterhin auf eine breite bürgerschaftliche Beteiligung aller Kräfte, von den engagierten Mitarbeiter der Stadtgärtnerei und Verwaltung, über die kommunalen Gremien sowie Handel und Gewerbe, bis hin zum einzelnen begeisterungsfähigen Einwohner. Zum Abschluss des Bundeswettbewerbs präsentierte sich neben anderen Kommunen auch Mössingen auf der Bundesgartenschau in Potsdam. Am städtischen Stand freuen sich hier über die Goldmedaille für Mössingen: Kulturreferentin Danja Digel, Bürgermeister Werner Fifka, Stadtgärtnereileiter Dieter Felger, Daniela Felger und Benjamin Felger. Bunte Blüten schmücken die Straßenränder der Stadt