Optimierungen von Kegelradgetrieben in KISSsoft

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Transkript:

Optimierungen von Kegelradgetrieben in KISSsoft KISSsoft AG - +41 55 254 20 50 Uetzikon 4 - +41 55 254 20 51 8634 Hombrechtikon - info@kisssoft.ag Switzerland - www.kisssoft.ag Optimierungen von Kegelradgetrieben in KISSsoft Dipl.-Ing. Jürg Langhart und Dipl.-Ing. Raine Kivelä, KISSsoft AG In der Getriebekonstruktion ist neben den Kriterien wie Festigkeit, Gewicht und Kosten häufig auch die Wellendeformation zu berücksichtigen. Das trifft insbesondere dann zu, wenn Verzahnungen auf der Welle montiert sind, welche für die optimale Drehmomentübertragung einen ebenso optimalen Zahnkontakt zum Gegenrad erfordern. Hierbei ist nicht relevant, ob es sich um Stirnräder, Schneckengetriebe, Schraubräder, Kronenrädern oder Kegelräder handelt. Während manche Verzahnungsarten wie evolventische Stirnräder oder Kronenräder beispielsweise Achsabstandsänderungen oder Längsverschiebungen des Ritzels gut aufnehmen können und der Zahnkontakt dadurch nahezu unbeeinträchtigt bleibt, können hingegen bei Kegelrädern kleine Lageänderungen von Ritzel sowie Tellerrad bereits eine ungünstige Tragbildlage verursachen. Obwohl die Kegelradverzahnungen üblicherweise Korrekturen an der Verzahnung enthalten, welche Verschiebungen der Tragbildlage aufnehmen können, sollte der Konstrukteur in der Lage sein, die Wellendeformationen möglichst wirklichkeitsgetreu zu bestimmen und zu optimieren. Die nach der Optimierung von Welle und Lagerung verbleibenden Abdrängungen des Ritzels zum Tellerrad unter Last sollte der Konstrukteur in der Folge korrekt ermitteln, da sie wiederum für eine abschliessende Zahnkontaktanalyse zu verwenden sind. Des Weiteren sollte der Konstrukteur auch Grundlagenkenntnisse der Kegelradverzahnung mitbringen, da sich insbesondere bei bogenverzahnten Kegelrädern egal ob nach Palloid-, Zyklopalloid -, oder Gleason-Verfahren hergestellten Kegelrädern bereits leichte Unterschiede in der Radsatzauslegung Auswirkungen im Laufverhalten und im Tragbildverhalten unter Last ergeben können. In den nachfolgenden Ausführungen wird die Wellendeformation als Ursache für den Zahneingriff unter Last betrachtet sowie die Möglichkeiten, wie eine solche Verformung über eine optimale Gestaltung der Lagerung beeinflusst werden kann. Anschliessend wird ein Einblick in die Eigenschaften der bogenverzahnten Kegelräder im Hinblick auf die verschiedenen Verzahnungsarten und Produktionsmöglichkeiten aufgezeigt. Schliesslich soll anhand eines Beispiels illustriert werden, wie der Konstrukteur einen Prüfstandversuch ideal mit den Berechnungsprogrammen von KISSsoft vergleichen und so die gerechneten Wellendeformationen gegenprüfen kann. Der Effekt der Wellendurchbiegung Die Wellendurchbiegung wird einerseits über die Wellengeometrie und andererseits über die Lagerung beeinflusst. Weitere Effekte können das Gehäuse mit den Gehäusesteifigkeiten, Abweichungen der Lagerbohrungslage oder Wärmedehnungen sein. Die Wellengeometrie ist weitgehend vorgegeben durch die zu erreichende Festigkeit der Welle, durch die Grösse der Lagerdurchmesser und der Durchmesser der Welle-Nabe-Verbindungen. Da die zu erreichende Festigkeit den Aussendurchmesser der Welle bestimmt, sollte der Konstrukteur dazu einige Punkte beachten: Insbesondere die Festigkeitsrechnung nach DIN 743 beinhaltet einen übersichtlichen, aber dennoch ausreichend detaillierten Umfang von Einflüssen zur Festigkeitsberechnung. Falls der Konstrukteur die verschiedenen Einflüsse kennt und die 1

entsprechenden Faktoren optimal einzustellen vermag, lässt sich der erforderliche Festigkeitsnachweis bereits bei einem kleineren Aussendurchmesser erreichen. Hervorzuheben sind die Einstellungen zur Beanspruchung der Welle, konstant, schwellend oder wechselnd, welche die Sicherheit gegen Dauerbruch stark beeinflussen können. Je nach dem Verhältnis der Mindestspannung zur Maximalspannung der Spannungsamplitude dem Spannungsverhältnis R wird die Ermüdungsbelastung unterschiedlich berechnet. Demzufolge sollte der Konstrukteur den tatsächlichen Beanspruchungsverlauf genau prüfen, um eine unnötige Überdimensionierung zu vermeiden. Auch um eine möglichst hohe Biegesteifigkeit zu erreichen, muss nicht zwangsläufig ein generell grosser Durchmesser angewendet werden, vielmehr sollte die Welle in den kritischen Querschnitten punktuell biegesteif ausgelegt sein. Um eine möglichst wirklichkeitsgetreue Modellierung der Wellendurchbiegung zu erhalten, kann der Konstrukteur die Welle in KISSsoft mit Hilfe der linearen oder nicht-linearen Biegetheorie rechnen, wobei sich wahlweise auch die Schubverformungen berücksichtigen lassen. Mit den grafischen Unterstützungen kann sich der Konstrukteur einen qualitativen und quantitativen Überblick über die wirkenden Kräfte, Dreh- und Biegemomente, verschaffen. KISSsoft bietet zusätzlich einen Vorschlag für den Wellen-Aussendurchmesser, womit der Konstrukteur einen Wert für die maximale Wellendurchbiegung oder Vergleichsspannung vorgeben kann. Anschliessend zeigt die Software den minimalen Aussendurchmesser für das Kriterium der maximalen Wellendurchbiegung (Abbildungen 1, lila Linie) oder der konstanten Vergleichsspannung (Abbildungen 1, grüne Linie) an. Abb. 1: Auslegung der Welle auf maximale Durchbiegung und konstante Vergleichsspannung am Ritzel und Tellerrad. Neben der eigentlichen Wellengeometrie wird die Durchbiegung der Welle durch angrenzende Teile beeinflusst wie Lagerungen, Verzahnungen oder Welle-Nabe-Verbindungen. Alle diese Elemente wirken an der tatsächlichen Welle der Durchbiegung der Welle entgegen und besitzen somit eine versteifende Wirkung. In der nachfolgenden Abbildung 2 sind an einer Welle mit Stirnrad zwei Varianten dargestellt: In der linken Variante wird die Passfederverbindung (linkes Wellenende) ohne Kippsteifigkeit und das Zahnrad nur als Lasteinleitung berücksichtigt. In der rechten Variante hingegen wird für die Passfeder eine Kippsteifigkeit modelliert und das Zahnrad mit Masse und Steifigkeit berücksichtigt. Somit wird das Zahnrad bis zum Teilkreisdurchmesser als Wellenabschnitt miteinkalkuliert und trägt dadurch zur Biege- und Torsionsversteifung der Welle bei, was einer optimalen Welle-Zahnrad- Verbindung entsprechen würde. Durch diese zwei Massnahmen zeigt die Welle im Bereich der Passfeder sowie im Bereich der Verzahnungen deutlich weniger Verformung. 2

Abb. 2: Wellendurchbiegung mit wahlweiser Berücksichtigung von Kippsteifigkeit und Stirnrad als Masse und Steifigkeit. Die Lagerungen stellen für den Konstrukteur die grösste Chance dar, die Wellendurchbiegung zu reduzieren, indem die Anzahl sowie Position der Lagerungen, der Lagertyp und auch unter Lagervorspannungen die Wellendurchbiegung optimal festgelegt werden. Von grösster Wichtigkeit ist zudem eine wirklichkeitsgetreue Modellierung der Lagerungen, und zwar sollen die Lagerungen Steifigkeitswerte aufweisen, welche ein realistisches Auslenken oder Verkippen der Welle innerhalb des Lagers aufzeigen. Da die Steifigkeitswerte häufig nicht oder nur ungefähr bekannt sind, ist die Anwendung der Lager-Berechnungsmethode nach ISO/TS 16281 sehr gut geeignet. Diese beinhaltet eine detaillierte Berechnungsmethode für die Lagerlebensdauer, welche weit über den Detailgrad der klassischen Katalogmethode hinausgeht. Diese liefert ausser einer vorgegebenen oder von KISSsoft approximierten inneren Lagergeometrie gleichzeitig auch die Steifigkeitswerte der Lagerungen, wodurch sich schliesslich das radiale und axiale Auslenken des Lagers berechnen lässt und (über die Kippsteifigkeit) in einer Versteifung der Welle resultiert. Es können auch die Gestaltung der Lagersitze (Press- oder Übergangssitze), das Lagerspiel, die Toleranzklasse und der Einfluss der Lagervorspannungen berücksichtigt sowie deren Einfluss auf die Wellendurchbiegung geprüft werden. Auch die Vorgabe eines durch die Last deformierten Aussenringes ist möglich, was sich ebenfalls in der Wellendurchbiegung bemerkbar macht. Wenn vom Gehäuse her die Lageabweichungen der Lagerbohrungen vorhanden sind, lassen sich diese gleichfalls direkt in die Wellenberechnung eingeben. Des Weiteren können die Gehäusesteifigkeiten, sofern sie aus den FE-Berechnungen bekannt sind, auch in den Steifigkeitswert mitvorgegeben werden. In der Abbildung 3 wird die Berechnungsmethode mit Berücksichtigung der inneren Lagergeometrie durchgeführt. Es fällt hierbei auf, dass die Welle an den Lagerstellen nicht durch die Nulllinie führt. Das ergibt sich aus der berechneten Steifigkeit der Lager, welche nun, aufgrund der einwirkenden Lagerkräfte, eine Verschiebung (Auslenkung) der Lager bewirkt. In der linken Abbildung sind die Lager ohne Lagervorspannung definiert. In der rechten Abbildung sind die Kegelrollenlager vorgespannt, wodurch sie ein Biegemoment aufnehmen können, was schliesslich zu einer geringeren Wellendurchbiegung führt. Das durch die Lagervorspannung entstehende Reibmoment kann mit der Software auf die gleiche Art geprüft werden, wie sie bei der Lagermontage mit dem Drehmoment-Schleppzeiger gemessen wird: In KISSsoft können die Drehzahl und das Drehmoment sehr niedrig eingegeben werden und in dieser Einstellung lässt sich anschliessend auch das Reibmoment berechnen, welches üblicherweise innerhalb weniger Newtonmeter liegt. 3

Abb. 3: Einfluss der Lagervorspannung auf die Wellendurchbiegung. Mit diesen Berechnungsmöglichkeiten kann der Konstrukteur eine optimale Gestaltung von Welle und Lagerungen hinsichtlich möglichst geringer Wellendurchbiegung vornehmen und zudem eine wirklichkeitsgetreue Modellierung der Wellendurchbiegung unter Last berechnen, was ja auch die Voraussetzung ist, um die Relativlage der Verzahnungen korrekt berechnen zu können. Die Berechnung der Relativlage Die Relativlage beschreibt die Abweichung der Verzahnungen von der idealen Lage und wird benötigt, um die Kontaktanalyse unter Last mit reellen Verhältnisse durchführen zu können. Bei Stirnrädern wird die Relativlage mit den Komponenten der Achsschränkung, Achsneigung und des tatsächlichen Achsabstandes beschrieben. Diese Werte werden aus den jeweiligen Wellensystemen der beiden Verzahnungen, beispielsweise mit KISSsys, ermittelt und die anschliessende Kontaktanalyse unter Last in KISSsoft durchgeführt. Bei den Kegelrädern hat sich eine Beschreibung der Relativlage mit vier Komponenten bewährt: Horizontallage Tellerrad Horizontallage Ritzel Achsversetzung Ritzel und Achswinkel Abb. 4: Relativlage Definition an Stirnrädern (links) und Kegelrädern (rechts). Für die Berechnung der Relativlage bei Kegelrädern wird die Wellendurchbiegung mit den Verzahnungskräften aus der Kegelradverzahnung nach ISO 23509, und natürlich anderen gegebenenfalls angreifenden Kräften berechnet. Die Kräfte der Kegelradverzahnung werden in der Zahnmitte der Kegelradflanke angenommen, was in der Praxis bedeutet, dass eine Tragbildlage über die ganze Flanke vorausgesetzt wird. Abbildung 5 zeigt die Kräfte im Kontaktpunkt anhand einer Kegelradverzahnung am Ritzel im Zugbetrieb. 4

Abb. 5: Kräfte einer Kegelradverzahnung am Ritzel im Zugbetrieb. Zur Berechnung der Relativlage an Kegelrädern sind zwei Bezugssysteme möglich: entweder zum theoretischen Kontaktpunkt in der Mitte der Kegelradverzahnung oder zum theoretischen Kreuzungspunkt von Tellerrad und Ritzel. Für das Bezugssystem des Kontaktpunktes werden dabei die jeweiligen Wellendurchbiegungen in x-, y-, und z-richtung in der Mitte von Ritzel und Tellerrad betrachtet. Die Achswinkelabweichung wird mit den Winkelkomponenten von Ritzel und Tellerrad in der Ebene des Achswinkels berechnet. Anschliessend werden die Werte der einzelnen Wellen kumuliert (siehe Abbildung 6). Abb. 6: Bezugssystem im Kontaktpunkt und Berechnung der Komponenten. Zur Berechnung der Abweichungen im Achskreuzungspunkt werden ebenfalls die Wellendurchbiegungen in x-, y-, und z-richtung in der Mitte von Ritzel und Tellerrad verwendet. Zusätzlich wird dazu die Neigung der Welle linear von der Mitte des Kegelrades bis zum Achskreuzungspunkt verlängert und die daraus entstehende Abweichung ebenfalls berücksichtigt. Anschliessend werden die Werte von Ritzel und Tellerradwelle kumuliert (siehe Abbildung 7). Abb. 7: Bezugssystem im Achskreuzungspunkt und Berechnung der Komponenten. Beiden Bezugssystemen ist nachteilig, dass die Werte der Relativlage nicht direkt mit Messuhren nachgeprüft werden können, da diese weder direkt im Kontaktpunkt noch im Achskreuzungspunkt angestellt werden können. Praktischerweise werden dabei die Messuhren möglichst nahe an den angrenzenden Wellenabschnitten, wie beispielweise an Ritzelzapfen oder Lagerringen gemessen, was aber eine Ungenauigkeit in der Berechnung der Relativlage ergibt. Mit KISSsoft ist es möglich, für einen beliebigen Wellenabschnitt einen Dokumentationspunkt festzulegen. Der Dokumentationspunkt zeigt dann unter anderem die lokalen Werte der Wellendurchbiegung in x-, y- und z-richtung an, welche wiederum exakt mit 5

den Messwerten verglichen werden können. Auf diesem Weg kann das Wellenberechnungsmodell in mehreren Zwischenwerten gezielt überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden (siehe Abbildung 8). Abb. 8: KISSsoft Wellenberechnung mit Dokumentationspunkt im Vergleich zu Messwerten an der Welle. Mit den Werten der Relativlage der Kegelräder kann anschliessend eine Kontaktanalyse unter Last durchgeführt werden, wie beispielsweise mit dem Referenzprogramm BECAL. Um eine einfachen Datenaustausch mit BECAL zu erhalten, wurden eine Reihe von Schnittstellen zwischen KISSsys und BECAL geschaffen. So wird auf Knopfdruck in KISSsys die Datei ABWEICH.ABW erzeugt, welche die Abweichungen der vier Komponenten direkt für eine Lastkontaktanalyse bereitstellt. Eine weitere Möglichkeit besteht mit der automatischen Übergabe der Wellengeometrie an BECAL mittels der Datei UMFELD.DAT, worauf die Berechnung der Relativlage in BECAL durchführen werden kann. Im Gegensatz zu evolventischen Stirnrädern, wo das Tragbild auf Achsabstandsänderungen unempfindlich ist, verändern die Modifikationen von Kegelrad-Einbaumassen die Tragbildlage bereits im lastfreien Zustand. Die Tragbildverschiebung ist abhängig von Faktoren wie relative Messerkopfgrösse, Zug oder Schubflanke und anderen. Ein Kegelradsatz mit einem kleinen relativen Messerkopf, weist eine andere Tragbildverlagerung auf als ein Kegelradsatz mit einem grossem Messerkopf, wenn das Ritzeleinbaumass H ( P) variiert wird. Da die Messerkopfdurchmesser eine gewisse Abstufung aufweisen, können sich für die beliebig variierenden Radsatzdurchmesser unter Last unterschiedliche Tragbildlagen ergeben. Da diese Vielzahl von Einflüssen auf das Tragbildverhalten für den Konstrukteur nicht einfach zu überschauen sind, wird die resultierende Tragbildlage mit einer Lastkontaktanalyse untersucht (siehe Abbildung 9). Mit spezialisierter Software wie KIMOS (von Firma Klingelnberg) oder CAGE (von Firma Gleason) können anschliessend die notwendigen Korrekturen an Kegelrad- Maschineneinstellungen oder am Messerkopf festgelegt werden, um so eine optimale Tragbildlage zu erreichen. Abb. 9: Kegelrad Lastkontaktanalyse mit Programm BECAL. (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Kessler, DE-Abtsgmünd.) 6