Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom L 5 RJ 130/03 -

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Transkript:

HVBG-INFO 009/2004-737- Das nach 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X erforderliche positive Wissen um das Ruhen oder den (teilweisen) Wegfall eines Anspruchs ist erst dann gegeben, wenn die erforderliche Änderung der Verhältnisse tatsächlich eingetreten ist. Das Wissen um die bloße Möglichkeit des Ruhens oder Wegfalls genügt hierfür nicht. 48 SGB X hier: Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15.04.2004 L 5 RJ 130/03 - Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 15.04.2004 L 5 RJ 130/03 wie folgt entschieden: Leitsatz Für den Wegfall des Vertrauensschutzes nach 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 10 genügt es nicht, wenn der Versicherte nur von der Möglichkeit einer in Zukunft zu erwartenden Rentenkürzung erfährt (Anschluss an BSG vom 26.2.2003 - B 8 KN 6/02 R = SozR 4-1300 48 Nr 2). Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. August 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

HVBG-INFO 009/2004-738- Tatbestand Die Beteiligten streiten noch über die rückwirkende Neufeststellung der Rente des Klägers für die Zeit vom 1. November 2001 bis zum 28. Februar 2002 und die Rückforderung einer Überzahlung in Höhe von 1.157,37 EUR. Auf Grundlage des Bescheides vom 12. Mai 1995 bezieht der 1937 geborene Kläger seit dem 1. August 1994 von der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; zuletzt in Höhe von 936,25 EUR monatlich. Die Ehe des Klägers mit seiner Ehefrau I. V., geb. am... 1936, wurde mit Urteil vom 8. August 2000 - rechtskräftig seit dem 24. Oktober 2000 - geschieden. Im Rahmen des durchgeführten Versorgungsausgleichs wurden Rentenanwartschaften in Höhe von 12,4512 Entgeltpunkten von dem Versicherungskonto des Klägers auf das bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) geführte Versicherungskonto seiner Ehefrau ü- bertragen. Mit Schreiben vom 19. September 2001 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass bei der Ehescheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei. Dabei seien von dem Versicherungskonto des Klägers Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen worden. Da der Kläger bei Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits einen Rentenanspruch gehabt habe, sei die Rente bisher ungekürzt gezahlt worden. Die Rente sei aber dann um den Versorgungsausgleich zu mindern, wenn aus der Versicherung seiner früheren Ehefrau eine Rente zu zahlen sei. Ein entsprechender Rentenantrag sei mittlerweile gestellt worden. Sofern der Rentenanspruch anerkannt werde, sei die derzeitige Rente des Klägers voraussichtlich ab dem 1. Oktober 2001 um den Versorgungsausgleich zu mindern. Der Kläger müsse mit einer voraussichtlichen monatlichen Rentenminderung in Höhe von 616,46

HVBG-INFO 009/2004-739- DM rechnen. Über den endgültigen Zeitpunkt und die tatsächliche Höhe der Rentenminderung werde der Kläger nach der Entscheidung über den Rentenantrag aus der Versicherung seiner geschiedenen Ehefrau einen Bescheid erhalten. Der Kläger sei verpflichtet, die wegen der Rentenminderung zu viel gezahlten Beträge zu erstatten. Ihm werde daher empfohlen, aus der künftigen Rentenzahlung entsprechende Rücklagen zu bilden. Nachdem die BfA der geschiedenen Ehefrau des Klägers die beantragte Regelaltersrente ab dem 1. November 2001 mit den Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich bewilligt hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2002 zu der Absicht an, den Bescheid vom 12. Mai 1995 mit Wirkung ab 1. November 2001 insoweit aufzuheben, als die Rente nur noch in Höhe von 646,91 EUR zu zahlen sei und für die Vergangenheit überzahlte Beträge in Höhe von 1.446,71 EUR zurückzufordern. Mit Bescheid vom 12. März 2002 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 12. Mai 1995 nach 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) teilweise auf und forderte gleichzeitig die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von insgesamt 1.446,71 EUR. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 9. April 2002 Widerspruch ein, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend machte, dass er zu einer möglichen Fehlberechnung in keiner Weise beigetragen habe. Er habe sich darauf verlassen, dass sämtliche Berechnungen zutreffend ausgeführt worden seien. Im Übrigen sei Entreicherung eingetreten. Die überzahlten Beträge seien sämtlich verbraucht worden und zwar insgesamt für Zahlungen, die ohnehin geleistet worden seien. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2002 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, infolge der

HVBG-INFO 009/2004-740- Bewilligung der Regelaltersrente für die geschiedene Ehefrau des Klägers mit Berücksichtigung der Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, so dass der Bescheid nach 48 SGB X aufzuheben gewesen sei. Auf Grund des Schreibens der Beklagten vom 19. September 2001 habe der Kläger zumindest wissen müssen, dass der sich aus dem Bescheid vom 12. Mai 1995 ergebende Anspruch teilweise weggefallen sei. Er könne sich nicht darauf berufen, dass er an der Entstehung der Überzahlung schuldlos gewesen sei. Auf ein Verschulden komme es dabei nicht an. Hiergegen hat der Kläger am 12. August 2002 vor dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass die Voraussetzungen des 48 SGB X nicht vorlägen. Er habe nicht gewusst, dass der Anspruch wegfalle. Wenn überhaupt, sei ihm leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Beklagte habe sich nicht klar ausgedrückt. Sie habe nicht mitgeteilt, zu welchem Zeitpunkt eine etwaige Minderung eintreten könne. Das Schreiben vom 19. September 2001 habe zwar den Hinweis enthalten, dass ihm empfohlen werde, entsprechende Rücklagen zu bilden. Er habe jedoch nicht gewusst und auch nicht wissen müssen, ab welchem Zeitpunkt ihn eine Minderung der Rente treffen könne. Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2002 insoweit aufzuheben, als die Beklagte den Bescheid vom 12. Mai 1995 aufgehoben und einen Betrag in Höhe von 1.446,71 EUR zurückgefordert hat. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.

HVBG-INFO 009/2004-741- Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. August 2003 die Bescheide teilweise aufgehoben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Beklagte habe den Bewilligungsbescheid vom 12. Mai 1995 mit Wirkung für die Vergangenheit für die Zeit vom 1. November 2001 bis zum 28. Februar 2002 nicht zurücknehmen dürfen, weil der Kläger erst durch die Anhörung der Beklagten vom 22. Februar 2002 von dem Rentenanspruch seiner geschiedenen Ehefrau erfahren habe. Die Aufhebung mit Wirkung für die Zeit vom 1. bis zum 31. März 2002 sei nicht zu beanstanden, da der Kläger bereits Ende Februar 2002 gewusst habe, dass sein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum Teil weggefallen sei. Maßgebliche Vorschrift für die Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 1995 sei 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Dessen Voraussetzungen lägen für den Zeitpunkt vom 1. November 2001 bis zum 28. Februar 2002 nicht vor. Dem Kläger fehle das für die Vorschrift des 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erforderliche "Wissen", dass sich wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung an seine frühere Ehefrau ab dem 1. November 2001 sein Rentenanspruch Kraft Gesetzes um monatlich 601,27 DM (307,42 EUR) gemindert habe. Diese Kenntnis habe ihm insbesondere nicht das Schreiben der Beklagten vom 19. September 2001 vermittelt. Denn darin werde lediglich die bestehende Rechtslage geschildert und nur insofern weiter konkretisiert, als auf die Tatsache der Rentenantragstellung durch seine frühere Ehefrau mit einer möglichen rückwirkenden Rentenbewilligung hingewiesen und der sich dann ergebene aktuelle Rentenabschlag berechnet worden sei. Ausdrücklich habe die Beklagte angekündigt, über den Zeitpunkt der Rentenminderung und die tatsächlichen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs erst nach der Entscheidung über den Rentenantrag aus der Versicherung der geschiedenen Ehefrau einen Bescheid zu erteilen. Damit habe der Kläger zwar gewusst, dass eine Rentenminderung drohe, und sein Wissen sei über das hinausgegangen, was ihm durch das Scheidungsurteil oder infolge eigener Gesetzeskenntnis bekannt gewesen sei. Der

HVBG-INFO 009/2004-742- entscheidende Tatbestand für die Minderung seines Rentenanspruch Kraft Gesetzes, also ob und ggf. rückwirkend ab wann seiner früheren Ehefrau überhaupt auf Grund ihres Antrages eine Rente bewilligt werden würde, sei jedoch weiterhin im Ungewissen geblieben (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Februar 2003, Az.: B 8 KN 6/02 R). Nur auf den erst durch die Rentenbewilligung mit Bescheid vom 4. Januar 2002 tatsächlich eingetretenen (teilweisen) Wegfall der Leistungen beziehe sich aber das nach 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erforderliche positive "Wissen", das Wissen um die bloße Möglichkeit eines Wegfalls der Leistung genüge nicht (BSG a. a. O.; BSG Urteil vom 19. Februar 1986, Az.: 7 RAr 55/84). Dem Kläger könne auch keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, denn vor dem Rentenbescheid habe niemand davon Kenntnis erlangen können, dass sich die Rente des Klägers entsprechend gemindert habe. Mit Erhalt der Anhörung der Beklagten vom 22. Februar 2002 (spätestens am 26. Februar 2002) habe der Kläger gewusst, dass der sich aus der Rentenbewilligung ergebende Anspruch teilweise weggefallen sei, die rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 1995 ab 1. März 2002 sei somit rechtlich nicht zu beanstanden. Gegen dieses der Beklagten am 15. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Oktober 2003 vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger das für die Vorschrift des 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erforderliche "Wissen" gehabt habe, dass sich sein Rentenanspruch auf Grund der Rentenbewilligung an seine geschiedene Ehefrau Kraft Gesetzes um monatlich 616,46 DM ab frühestens 1. Oktober 2001 vermindern werde. Insbesondere sei vom Sozialgericht nicht ausreichend gewürdigt worden, dass die Mitteilung der LVA Schleswig-Holstein an den Kläger vom 19. September 2001 eine Rentenminderung ab dem 1. Oktober 2001 in Höhe von 616,46 DM beschreibe. Zugegebenermaßen seien diese Daten mit dem Zusatz "voraussichtlich" versehen worden, dennoch hätten sie sich im Falle des Klägers als recht zutreffend herausgestellt. Nicht beachtet worden sei die Tatsache, dass es sich bei der Antragstellung der LVA Schleswig-Holstein an den Kläger vom 19. September 2001 eine Rentenminderung ab dem 1. Oktober 2001 in Höhe von 616,46 DM beschreibe. Zugegebenermaßen seien diese Daten mit dem Zusatz "voraussichtlich" versehen worden,

HVBG-INFO 009/2004-743- dennoch hätten sie sich im Falle des Klägers als recht zutreffend herausgestellt. Nicht beachtet worden sei die Tatsache, dass es sich bei der Antragstellung der geschiedenen Ehefrau des Klägers um eine Regelaltersrente gehandelt habe. Bekanntermaßen werde eine Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt, sofern die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Auch wenn es sich bei der Ausgleichsberechtigten um die geschiedene Ehefrau des Klägers gehandelt habe, so werde davon ausgegangen, dass ihm das Geburtsjahr bzw. das Alter seiner geschiedenen Ehefrau noch bekannt gewesen sei. Da die geschiedene Ehefrau zuvor keine Rentenleistung beantragt habe, hätte der Kläger damit rechnen müssen, dass diese Antragstellung spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgen werde. Insofern könne dem Gedanken nicht gefolgt werden, dass der Kläger nunmehr durch die Antragstellung im Oktober 2001 "völlig überrascht" worden sei. Des Weiteren sei festzustellen, dass die Mitteilung vom 19. September 2001 eine voraussichtliche Rentenminderung in Höhe von 616,46 DM enthalten habe. Auch könne den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 6/02 R - in diesem konkreten Einzelfall nicht gefolgt werden. Grundlage für dieses Urteil sei ein ähnlich gelagerter Fall gewesen, der gegen die Bundesknappschaft geführt worden sei. Insbesondere sei die dort erteilte Mitteilung über die zu erwartende Rentenminderung nicht mit der hier erteilten "Vorwarnung" vom 19. September 2001 vergleichbar. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. August 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

HVBG-INFO 009/2004-744- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten. Der Inhalt dieser Unterlagen ist Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen. Entscheidungsgründe Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Recht für den allein strittigen Zeitraum vom 1. November 2001 bis 28.Februar 2002 aufgehoben, da diese insoweit rechtswidrig sind. Rechtsgrundlage für die rückwirkende Neufeststellung der dem Kläger mit Bescheid vom 12. Mai 1995 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt ( 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also für die Vergangenheit, soll der Verwaltungsakt u. a. aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anspruch Kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist ( 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Diese Voraussetzungen sind für die Zeit vom 1. November 2001 bis 28. Februar 2002 nicht erfüllt. Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit zutreffender Begründung dargelegt, dass dem Kläger das für 48 SGB X erforderliche "Wissen" gefehlt hat bzw. ihm die erforderliche "grobe Fahrlässigkeit" nicht vorzuwerfen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf in vollem Umfang Bezug genommen ( 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

HVBG-INFO 009/2004-745- Die Berufungsbegründung der Beklagten sowie deren weitere Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung des Sozialgerichts in Zweifel zu ziehen: Der Kläger hatte das erforderliche Wissen nicht auf Grund der Mitteilung der Beklagten vom 19. September 2001. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung des Bundessozialgerichts in dem Urteil vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 6/02 R - an, dass sich das nach 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erforderliche positive Wissen auf den tatsächlich eingetretenen (teilweisen) Wegfall der Leistung bezieht und somit das Wissen um die bloße Möglichkeit des Wegfalls der Leistung nicht genügt. Positives Wissen in diesem Sinne vermittelt das Schreiben der Beklagten vom 19. September 2001 nicht, da weiterhin im Ungewissen bleibt, ob und ggf. rückwirkend ab wann, der geschiedenen Ehefrau des Klägers Rente bewilligt werden würde. Dabei kann dahingestellt bleiben, wie die von der Beklagten erteilte Mitteilung vom 19. September 2001 konkret ausgestaltet war, denn es kommt allein auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen an. Zu einem teilweisen Wegfall der Leistung hat diese Mitteilung jedenfalls nicht geführt. Für die Frage des positiven Wissens ist es außerdem unerheblich, ob es sich bei der von der geschiedenen Ehefrau des Klägers beantragten Rente um eine Regelaltersrente oder um - wie im vom BSG entschiedenen Fall - um eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handelt. Denn bei beiden Rentenarten kann das positive Wissen erst bei tatsächlich eingetretenem Wegfall der Leistung durch die Rentenbewilligung eintreten. Aus diesen Gründen hat die Berufung keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus 193 SGG. Für die Zulassung der Revision liegen die Voraussetzungen des 160 SGG nicht vor.