Ausgangslage und Problematik

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Transkript:

Jeder Betreute hat Anspruch auf einen qualifizierten Betreuer: Eignungskriterien und die Angst vor Art. 12 GG Berlin, den 14.05.12 Ausgangslage und Problematik Mit Betreuung ist hohe Verantwortung für Menschen verbunden Dennoch: keine generelle Qualitätssicherung im Betreuungswesen Grund: fehlende inhaltliche Füllung des Eignungsbegriffs in 1897 BGB 1

Die Kriterien des 1897 BGB Eignung zur rechtlichen Besorgung der Aufgaben Persönliche Betreuung Auswahlprinzipien (Ehrenamt vor Beruf, Vorschlag der Betroffenen, keine Abhängigkeit) Anhörung der Betreuungsbehörde, Führungszeugnis, Schuldnerverzeichnis Erklärung über Zahl und Umfang der berufsmäßig geführten Betreuungen Positionen zur Eignungsproblematik und zu Qualitätssicherungsverfahren BUND-LÄNDER-ARBEITSGRUPPE BETREUUNGSGERICHTSTAG BETREUUNGSBEHÖRDEN RECHTSPRECHUNG VERBÄNDE IM BETREUUNGSWESEN 2

Bund-Länder-Arbeitsgruppe Abschlussbericht vom 20.10.2011 Keine Eignungsfeststellung anhand abstrakter, allgemeinverbindlicher Kriterien oder eines bestimmten Berufsbilds Empathiefähigkeit des Betreuers als wesentliches Kriterium persönlicher Eignung (s. auch Art. 12 VN- Behindertenrechtskonvention) Kennenlernen des Betreuers im Vorfeld der Bestellung, um die Wünsche des Betroffenen berücksichtigen zu können Individuelle Fallzahlenbegrenzung (keine absolute Begrenzung) Betreuungsgerichtstag Beschluss Weiterentwicklung des Betreuungsrechts vom Augsut 2011 Außerhalb des Ehrenamts Betreuerbestellung nur nach fachlicher Eignung Standards hierfür sind von den Berufsverbänden zu erarbeiten, gesetzlich festzulegen und zu zertifizieren Diese Standards sind ein wesentliches Instrument der Strukturqualität im Betreuungswesen Der Gesetzgeber wird zum Handeln aufgefordert 3

Betreuungsbehörden Soweit ersichtlich keine generelle Festlegung Einzelne Behörden haben für ihren Bereich Kriterienkataloge und Verfahrensbestimmungen zur Betreuerauswahl entwickelt Beispiele Verfahren zur Auswahl neuer Berufsbetreuer der Arbeitsgemeinschaft der Berliner Betreuungsbehörden (2008) Bochumer Modell Hamburger Verfahren zur Feststellung der Betreuereignung Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht vom 23.05.2006 1 BvR 2530/04 (Insolvenzverwalter): Rechtsanspruch des Bewerbers auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens, d.h. keine willkürliche Ungleichbehandlung OLG Frankfurt vom 12.06.2008: Pflicht zur nachvollziehbaren Begründung eines gerichtlichen Bescheids über die Betreuereignung, aber kein subjektiver Anspruch des Betreuers auf Zulassung OLG Hamm vom 23.05.2006: Keine Bindung des Auswahlermessens des Gerichts an die von der Betreuungsbehörde für geeignet gehaltenen Bewerber 4

Verbände im Betreuungswesen (I) Ergebnis der AG 18 (Eignung des Betreuers) beim 12. Betreuungsgerichtstag Es soll ein einheitliches Berufsbild des Betreuers angestrebt werden Durch Betreuung wird ein wichtiges Gemeinschaftsgut (das besondere Schutzbedürfnis betreuter Menschen) geschützt, deshalb gesetzliche Regelung verfassungsgemäß Geeignete Basis für eine solche Regelung ist eine modularisierte Weiterqualifikation auf der Basis des von Crefeld/Fesel/Klie in der BtPrax 2004 vorgelegten Curriculums Beteiligte: Vorstände des BdB, BVfB, BGT Verbände im Betreuungswesen (II) Abschlusserklärung der Teilnehmer des Gesprächs Eignungskriterien für Berufsbetreuer am 14.03.12 in Kassel Konsens in der Notwendigkeit gemeinsamer Eignungskriterien für Berufsbetreuer Anforderungen sind insbesondere Transparenz der Kriterien und des Auswahlverfahrens; Verantwortung liegt bei Arbeitsgemeinschaften vor Ort Methode: Gemeinsame Empfehlung der Unterzeichnenden zur Vorbereitung einer gesetzlichen Regelung Beteiligte: BGT, BdB, BVfB, Arbeitsstelle rechtliche Betreuung DCV, Skf, SKM für die Betreuungsvereine der Caritas 5

Zwischenfazit Eine gesetzliche Regelung zur generellen Betreuereignung ist kurzfristig nicht zu erwarten Die bestehenden Auswahlverfahren der Betreuungsbehörden sind rechtlich nicht abgesichert und wirken nicht flächendeckend qualitätssichernd Es gibt eine unklare Problemeinschätzung zwischen unerheblich bzw. bereits gelöst aufgrund der bestehenden Gesetze und existenziell wichtig für die Qualitätsentwicklung im Betreuungswesen Erste Ansätze eines gemeinsamen Handelns der Verbände im Betreuungswesen sind erkennbar Einige Überlegungen zum Anspruch auf einen qualifizierten Betreuer Was heißt Eignung im Betreuungsrecht? Wie ist das Verhältnis von Ehrenamt und Berufsbetreuung? Welche rechtlichen Vorgaben sind bei der Auswahlentscheidung zu beachten? Welche Lösungswege bieten sich an? 6

Der Begriff der Eignung im Betreuungsrecht Zwei Ebenen Berufsfachliche Eignung Eignung für den konkreten Einzelfall Besondere Rechtsanwendungskompetenz Professionelle Kommunikationsund Beziehungskompetenz Qualifizierung in einer modularen Weiterbildung Kriterien des 1897 BGB Beteiligung des Betroffenen bei der Auswahl Individuelle Fallzahlbegrenzung Auswahlentscheidung und Ehrenamt Im Ehrenamt keine berufsfachlichen Eignungsvoraussetzungen Qualitätssicherung durch Beratung und Begleitung der Ehrenamtlichen durch Betreuungsvereine und Betreuungsbehörde Anforderungen an Ehrenamtliche Bereitschaft zur Kooperation mit den Beratern und Fachleuten Empathie mit dem Betroffenen Bereitschaft und Fähigkeit zur persönlichen Weiterbildung 7

Verfassungsrechtliche Anforderungen für die Auswahl von Berufsbetreuern Grundsätzlich keine Beschränkung des Zugangs zu Berufen : Art. 12 GG Einschränkung des Zugangs zur Berufsausübung nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter Jedes Auswahlverfahren muss angemessen gestaltet sein: Chancengleichheit gewähren Rechtliche Maßstäbe einhalten Keine sachfremden Erwägungen Justiziell überprüfbar sein Mögliche Lösungswege Liste geeigneter Personen bei der örtlichen Justiz Betreuungsbehörde macht dem Gericht Auswahlvorschläge auf der Basis von Eignungsprofilen Berufsregister durch Berufs- und Fachverbände Berufsgesetz legt Aus-und Weiterbildung als Eignungsvoraussetzung fest Bundesweit vereinbarte Empfehlungen der Fachverbände im Betreuungswesen 8