Joachim Rawolle/Thomas Hess. Neue digitale Transportmedien und Endgeräte: Eine Analyse aus Sicht der Medienindustrie



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Transkript:

Joachim Rawolle/Thomas Hess Neue digitale Transportmedien und Endgeräte: Eine Analyse aus Sicht der Medienindustrie Nr. 4/2000

Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung...1 2 Neue Technologien...2 2.1 Endgeräte...2 2.1.1 Stationäre Endgeräte...2 2.1.2 Portable Endgeräte...4 2.2 Transportmedien...7 2.2.1 Festnetze...8 2.2.2 Funknetze...10 2.2.3 Portable Datenträger...11 2.3 Bündelung der neuen Technologien...12 3 Merkmale von Produkten der Medienindustrie...16 3.1 Transportorientierte Merkmale...16 3.2 Transport- und endgerätorientierte Merkmale...18 3.3 Endgerätorientierte Merkmale...20 4 Beurteilung der neuen Technologien...23 4.1 Überblick über langfristige Entwicklungen...23 4.2 Vertiefende Betrachtung aktueller Trends...30 4.2.1 ebooks...31 4.2.2 Mobile Commerce...35 5 Zusammenfassung...40 6 Literatur...43

Inhaltsverzeichnis II Abbildungsverzeichnis Abb. 1/1: Distribution und Endgerät...1 Abb. 2.1.1/1: Merkmale stationärer Endgeräte...2 Abb. 2.1.1/2: Telefon mit integriertem Web-Zugang...3 Abb. 2.1.2/1: Designstudie Elektronisches Papier...4 Abb. 2.1.2/2: Merkmale mobiler Endgeräten...5 Abb. 2.1.2/3: Produktbeispiele für Notebooks, Subnotebooks und PDAs...6 Abb. 2.1.2/4: Produktbeispiele für ebooks...6 Abb. 2.1.2/5: Produktbeispiele WAP-Mobiltelefone...7 Abb. 2.2.1/1: Merkmale festnetzbasierter Zugangstechnologien...9 Abb. 2.2.2/1: Merkmale funknetzbasierter Zugangstechnologien...10 Abb. 2.2.3/1: Merkmale portabler Datenträger...11 Abb. 2.3/1: Abb. 2.3/2: Abb. 3/1: Bündelung von Endgerät und Transportmedium zu Geräteklassen...12 Generalisierte Geräteklassen und ihre Eigenschaften...14 Ableitung der relevanten Produktmerkmale...16 Abb. 3.2/1: Wertentwicklung von zwei Medienprodukten in Abhängigkeit von der Zeit 19 Abb. 4.1/1: Medien-Eignungs-Matrix...23 Abb. 4.2/1: MID 3G und ebooks als Zielplattformen der Medienindustrie...31 Abb. 4.2.1/1: Bewertung von ebooks mit der Medien-Eignungs-Matrix...32 Abb. 4.2.1/2: Abgrenzungsmerkmale von ebooks gegenüber konventionellen Büchern 33 Abb. 4.2.2/1: Systematisierung neuer, kommunikationsorientierter Dienste...39

Einleitung 1 1 Einleitung Anbieter und Nutzer von Medienprodukten sehen sich durch Innovationen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien mit einer wachsenden Zahl von Endgeräten konfrontiert, die wiederum spezifische Übertragungs- und Speichermedien voraussetzen. Gemeinsame Merkmale der neuen Endgeräte sind aus der technischen Perspektive die Verwendung digitaler Datenformate sowie aus der nutzungsorientierten Perspektive die Möglichkeit des interaktiven Zugriffs (vgl. Schreiber 1997, S. 19). Dabei entwickeln die Hersteller einerseits etablierte Technologien weiter (z.b. das Fernsehen zum digitalen Fernsehen ) und versuchen andererseits, auch neue Konzepte im Markt durchzusetzen (z.b. ebooks). Somit stellt sich aus Sicht der Medienindustrie die Frage, welche Optionen die neuen Technologien im Hinblick auf eine Veränderung der bestehenden Produktpalette bieten. Der Schwerpunkt bisheriger Geschäftstätigkeiten von Medienunternehmen ist das Erzeugen, Bündeln und Distribuieren von Informationen und Unterhaltung (vgl. Schumann/Hess 2000, S. 1). Ausgehend von diesen Kernkompetenzen ist es denkbar, vorhandene Inhalte auf die neuen Medien zu übertragen, medienspezifische Varianten anzubieten oder originäre Inhalte zu schaffen. Grundsätzlich sind aber auch neue, transaktions- oder kommunikationsorientierte Angebote zu entwickeln, die über die Bereitstellung von Information und Unterhaltung hinausgehen. Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, diesen Fragen systematisch nachzugehen. Dazu gibt die Arbeit zunächst einen Überblick über die aktuellen technischen Entwicklungen. Zur Gliederung dient eine erweiterte Variante des allgemeinen Kommunikationsmodells "Sender Å Medium Å Empfänger" (vgl. Shannon/Weaver 1949), die explizit zwischen Transport- und Wiedergabemedium (hier allgemeiner als Endgerät bezeichnet) unterscheidet (vgl. Abb. 1/1). Medienunternehmen Transportmedium (Festnetz, Mobilfunk, Datenträger etc.) Endgerät (PC, PDA, Fernseher, ebook, Handy etc.) Rezipient Abb. 1/1: Distribution und Endgerät Darauffolgend werden Merkmale von Medienprodukten in Abschnitt 3 herausgearbeitet. Abschnitt 4 fügt diese beiden Analysen zusammen und leitet daraus Thesen zum Potenzial neuer Endgeräte und Transportmedien ab. Auf diesen Ergebnissen basierend betrachtet der Beitrag schließlich mit Mobile Commerce und ebooks zwei Entwicklungen, die zur Zeit besonders stark diskutiert werden.

Neue Technologien 2 2 Neue Technologien 2.1 Endgeräte Es sei zunächst auf die digitalen Endgeräte eingegangen. Generell lassen sich diese nach dem Kriterium der Beweglichkeit in stationäre (z.b. Fernseher) und portable (z.b. Mobiltelefon) Systeme unterteilen. 2.1.1 Stationäre Endgeräte Bei den stationären Endgeräten kann grundsätzlich zwischen PC-basierten und TV-basierten Systemen differenziert werden. Desktop PCs sind in den letzten Jahren ausgehend von reinen Datenverarbeitungsfunktionalitäten um Kommunikationsfunktionen (z.b. E-Mail) und Möglichkeiten der Darstellung von multimedialen Inhalten ergänzt worden. Insbesondere durch den breiten Einsatz von CD- bzw. DVD-Playern und den Internetzugang sind PCs daher auch als Endgeräte für die Medienindustrie interessant geworden. Anders als Rundfunk oder Printmedien ermöglicht ein Desktop-Rechner bereits heute einen hohen Interaktivitätsgrad, eine benutzerspezifische Bündelung von Substanzen sowie eine jederzeitige Abrufbarkeit aktueller Inhalte. Diesen Aspekten der Mediennutzung wird zukünftig eine besonders hohe Bedeutung beigemessen (vgl. Klingler et al. 1998, S. 491; Ruhrmann 1999, S. 118). Display (Bildschirmdiagonale, Bildschirmauflösung, Farben) Desktop-PCs 35 50 cm (vereinzelt auch mehr) 34 80 cm 640x480; 800x600; 1024x768; 1280x1024 (vereinzelt auch höhere Auflösungen) 65535 Farben; 16,7 Mio. Farben (vereinzelt auch 4,3 Mrd. Farben) 720x576 16,7 Mio. Farben Digitales Fernsehen Audio mittlere bis gute Qualität mittlere bis sehr gute Qualität Eingabe Tastatur, Maus Fernbedienung mit Funktionstasten, Tastatur Übertragung Festnetz, Satellit, Datenträger (CD und DVD) Festnetz, Satellit, Datenträger (DVD) Rechen- und Speicherkapazitäten Typische Nutzungssituation 400 600 MHZ, 32 128 MB RAM, 2 14 GB Festplatte Bei der Arbeit oder in der Freizeit, aktive, informationsorientierte, wiederholte, längerandauernde Nutzung Abb. 2.1.1/1: Merkmale stationärer Endgeräte (Stand: 02/2000) 16 66 MHZ, 1 32 MB RAM, 1 8 MB Flash RAM Überwiegend in der Freizeit, passive, unterhaltungsorientierte, wiederholte, längerandauernde Nutzung Einen anderen Ansatz bildet das digitale Fernsehen. Dieses soll das herkömmliche, analoge Fernsehen laut Beschluss der Bundesregierung spätestens bis 2010 ablösen. Zum Empfang wird derzeit i.d.r. noch eine zusätzliche, separate Set-Top-Box benötigt, die die digitalen Eingangsdaten für analoge Fernsehgeräte aufbereitet. Neben den technischen Differenzen (vgl. Abb. 2.1.1/1) unterscheiden sich TV-basierte Endgeräte von Rechner-basierten Endgeräten hauptsächlich im Hinblick auf das Nutzungsverhalten der Rezipienten. Erstere

Neue Technologien 3 werden bislang überwiegend passiv und zu freizeit- bzw. unterhaltungsorientierten Zwecken verwendet (vgl. Schrape/Trappel 2000, S. 20; Keil 1998, S. 33; Guzielski 2000, S. 29). PCs werden dagegen häufiger auch während der Arbeit genutzt. Sie dienen dabei vornehmlich der Informationsnachfrage und -verarbeitung (vgl. Hagen 1999, S. 127). Bislang besteht in der Literatur noch keine Einigkeit darüber, ob Fernseher und Desktop-PC in absehbarer Zukunft beim Privatnutzer in ein Gerät integriert werden (d.h. konvergieren), ob eines der beiden Endgeräte das andere verdrängt oder ob beide parallel genutzt werden (vgl. z.b. Klingler et al. 1998, S. 494; Bienert 1999; Stipp 1999; Zimmer 2000, S. 130). Ausgehend vom Status Quo befasst sich diese Arbeit im Folgenden mit beiden Systemvarianten. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch auf einige weiterführende Entwicklungen bei stationären Endgeräten hingewiesen. In den letzten Jahren sind mehrere Designstudien und Prototypen von herkömmlichen Haushaltgeräten mit Internetzugang vorgestellt worden, die den PC bzw. den um eine Set-Top-Box erweiterten Fernseher nicht ersetzen, sondern ergänzen sollen. Als eingängiges Beispiel sei das Web-Telefon genannt, dass Telefon, Bildschirm, Tastatur und Webzugang in einem Gerät integriert (vgl. Abb. 2.1.1/2). Abb. 2.1.1/2: Telefon mit integriertem Web-Zugang (Quelle: Alcatel) Kiosksysteme unterscheiden sich von den vorgenannten Varianten stationärer Systeme vor allem darin, dass sie öffentlich zugänglich sind (vgl. Niemeier/Schäfer 1996, S. 72). Kiosksysteme können in der Medienbranche einerseits als klassisches Endgerät (z.b. zur Anzeige von multimedialen Inhalten) dienen, andererseits aber auch als Ladestation für mobile Endgeräte. Technisch gesehen variieren Kiosksysteme in Abhängigkeit des Anwendungszwecks und basieren häufig auf der PC-Technologie. Eine zweite Kategorie öffentlich zugänglicher Endgeräte sind Großanzeigesysteme, die z.b. in Form von multimedialen Wandtafeln in Bahnhöfen und Flughäfen zum Einsatz kommen. Sie unterscheiden sich neben der um ein Vielfaches vergrößerten Bildschirmfläche von Kiosksystemen dadurch, dass sie keinerlei Interaktion mit den Benutzern zulassen.

Neue Technologien 4 2.1.2 Portable Endgeräte Insbesondere Fortschritte bei der Verkleinerung von elektronischen Bauteilen ermöglichten es in den letzten Jahren, den Konsumenten neben den klassischen, stationären Endgeräten auch portable Systeme anzubieten. Hierzu gehören in erster Linie Notebooks und Subnotebooks, ebooks, Mobiltelefone und Personal Digital Assistents (PDAs). Darüber hinaus befindet sich bei mehreren Herstellern das Elektronische Papier in der Entwicklung (vgl. Abb. 2.1.2/1), auf das an dieser Stelle aber nicht weiter eingegangen werden soll, da es voraussichtlich noch einige Jahre bis zur Verfügbarkeit marktfähiger Produkte dauern wird. Abb. 2.1.2/1: Designstudie Elektronisches Papier (Quelle: IBM) Tendenziell sind portable Systeme im Hinblick auf ihre Rechen- und Speicherkapazitäten, die Wiedergabe von Inhalten und die Interaktionsmöglichkeiten weniger leistungsfähig als stationäre Systeme, da sie auf begrenzte Stromressourcen zurückgreifen und in ihren Ausmaßen stärkeren Beschränkungen unterliegen. Abb. 2.1.2/2 gibt einen Überblick über technische Eigenschaften der unterschiedlichen Varianten und skizziert auch typische Nutzungssituationen. Notebooks (vgl. Abb. 2.1.2/3 links) sind portable Rechner, die von der Rechen- und Speicherkapazität her mit üblichen Desktop-PCs am ehesten vergleichbar sind. Subnotebooks (vgl. Abb. 2.1.2/3 mitte) sind i.d.r. kleiner und leichter und unterscheiden sich von normalen Notebooks im wesentlichen durch kleinere Displays und Tastaturen sowie eine geringere Datenverarbeitungskapazität. Ebenso wie PCs lassen sich mit diesen mobilen Rechnersystemen Offline-Medien (überwiegend CDs) sowie das Internet mit Hilfe eines Festnetzmodems nutzen. Zusätzlich kann der Zugriff auf das Internet über eine Kopplung mit einem Handy oder mobilfunkbasierten Modems auch ohne stationären Festnetzanschluss erfolgen.

Neue Technologien 5 Display (Bildschirmdiagonale, Bildschirmauflösung, Farben) Audio Eingabe Übertragung Rechen- und Speicherkapazitäten Typische Nutzungssituation Notebooks Subnotebooks PDAs ebooks Mobiltelefone (WAP-fähig) 28 35 cm (vereinzelt bis zu 38 cm) 800x600; 1024x768 640x480; 800x600; (bis zu 1024x768) 65535 Farben; 16,7 Mio. Farben (vereinzelt auch 4,3 Mrd. Farben) eingebaute Lautsprecher, Mikrofon, tlw. mit Kopfhörerbuchse, Soundkarte Tastatur, Maus, Touchpad, Pointstick Festnetz, Datenträger, Mobilfunk 300 650 MHZ; 32 128 MB RAM; 3,2 6,4 GB Festplatte mittlere Zeitdauer, ohne Nebentätigkeit, überwiegend während der Arbeit 20 29 cm 7,5 10,5 cm 14 24 cm 3 4 cm; 8 9 cm 65535 Farben; 16,7 Mio. Farben eingebaute Lautsprecher, Mikrofon, tlw. mit Kopfhörerbuchse, Soundkarte Tastatur, Maus, Touchpad Festnetz, Datenträger, Mobilfunk 200 300 MHZ; 32 64 MB; 2,1 6,4 GB Festplatte mittlere bis kurze Zeitdauer, ohne Nebentätigkeit, überwiegend während der Arbeit 160x160; 240x320; (bis zu 480x160) monochrom (tlw. mit Graustufen), bis max. 65535 Farben eingebaute Lautsprecher, Kopfhörerbuchse, tlw. mit Mikrofon Tastatur, Touchscreen (mit simulierter Tastatur und Schrifterkennung, mit Stift) Festnetz, Kopplung mit PC, Mobilfunk 16 131 MHZ; 2 32 MB RAM kurze Zeitdauer, ggf. mit Nebentätigkeit, überwiegend während der Arbeit 510x680; 370x580 ca. 100x65; 360x120 monochrom (tlw. mit Graustufen) tlw. unterstützt (Sprachqualität) Funktionstasten, Touchscreen (mit und ohne Stift) Festnetz, Kopplung mit PC keine nennenswerten Rechenkapazitäten, 4 16 MB RAM lange bis kurze Zeitdauer, ohne Nebentätigkeit, in der Freizeit oder während der Arbeit Verfügbarkeit verfügbar verfügbar verfügbar in USA verfügbar, in Deutschland ab Mitte 2000 Abb. 2.1.2/2: Merkmale mobiler Endgeräten (Stand: 02/2000) monochrom (tlw. mit Graustufen) (nur zur Sprachkommunikation) Zifferntastatur, Touchscreen (mit simulierter Tastatur und Schrifterkennung, mit Stift) Mobilfunk (Kopplung mit PC möglich) keine nennenswerten Rechenund Speicherkapazitäten kurze Zeitdauer, ggf. mit Nebentätigkeit, in der Freizeit oder während der Arbeit verfügbar PDAs (oder auch Handhelds, vgl. Abb. 2.1.2/3 rechts) sind noch unterhalb der Subnotebooks positioniert. Ursprünglich stellten sie ihren Benutzern Kalender- und Notizfunktionalitäten, Adressverwaltungen oder Aufgabenlisten und später auch komplexere Anwendungen wie Tabellenkalkulation und Textverarbeitung zur Verfügung. Neuere Modelle unterstützen darüber hinaus auch den Zugriff auf das Internet über ein eingebautes Festnetzmodem. Ein mobiler Internetzugang ist entweder über integrierte Mobilfunkmodems oder durch Kopplung mit einem Handy möglich. Darüber hinaus bieten inzwischen alle Hersteller eine Schnittstelle zum PC an, die überwiegend der Datensynchronisation dient. PDAs werden über Tastaturen oder einen stiftbasierten Touchscreen mit Handschrifterkennung bedient. Die Eingabe von Daten und Kommandos ist daher tendenziell einfacher als z.b. bei Mobiltelefonen, allerdings nicht so komfortabel wie beispielsweise bei PCs. Die Präsentation von multimedialen Inhalten (Audio, Video) ist u.a. aufgrund des eingeschränkten Displays (Größe, Auflösung, Farben) und wenig leistungsfähigen Lautsprechern (bzw. Kopfhörer) nur begrenzt möglich.

Neue Technologien 6 Abb. 2.1.2/3: Produktbeispiele für Notebooks, Subnotebooks und PDAs (Quellen: Dell, Toshiba, Palm; unterschiedlicher Maßstab) Zu den neueren Entwicklungen gehören sogenannte ebooks (vgl. Abb. 2.1.2/4). Unter diesem Begriff werden portable Endgeräte verstanden, mit denen ein Benutzer größtenteils statische, häufig textorientierte Inhalte betrachten kann. Die von den Herstellern anvisierten Anwendungen sind z.b. das Lesen von Belletristik, Fachliteratur oder auch Nachrichten. Die derzeit am stärksten diskutierten Endgeräte verfügen über eine gute Lesbarkeit (ausreichend große Displays mit guter Auflösung) und Benutzerergonomie (Notizfunktion, Unterstreichungen, Textsuche, Vergrößerungen, einfache Bedienung). Schwarzweiß-Graphiken können ebenfalls in ausreichender Qualität dargestellt werden, einige in der Entwicklung befindliche Modelle sollen zusätzlich die Darstellung von Farben unterstützen. Das Abspielen von Videoclips oder Animationen ist noch nicht realisierbar, allerdings ist die Nutzung von Audiodaten in Sprachqualität möglich. Inhalte werden über das Internet oder spezielle Kiosksysteme an den Endkunden verkauft. Abb. 2.1.2/4: Produktbeispiele für ebooks (Quellen: Nuvomedia, Glassbook; unterschiedlicher Maßstab) Mobiltelefone (bzw. Handys, vgl. Abb. 2.1.2/5) sind im Gegensatz zu den anderen genannten mobilen Endgeräten sprachorientierte Systeme, die überwiegend der synchronen Kommunikation mit anderen Personen dienen. Zusätzlich unterstützen die meisten Modelle das

Neue Technologien 7 Versenden von kurzen Textnachrichten, die über die Nummerntasten erfasst werden. Seit neuerem sind auch Handys verfügbar, die mit Hilfe des sogenannten Wireless Access Protocol (WAP) über Gateways auf speziell aufbereitete Inhalte im Internet zugreifen können. Dabei ist die Nutzung allerdings u.a. durch die häufig relativ kleinen Monochrom- Displays, eingeschränkte Eingabemöglichkeiten sowie begrenzte Speicher- und Rechenkapazitäten gekennzeichnet (vgl. WAP Forum 1999, S. 8). Abb. 2.1.2/5: Produktbeispiele WAP-Mobiltelefone (Quellen: Nokia, Ericsson; unterschiedlicher Maßstab) Den Ankündigungen der Hersteller folgend muss zukünftig mit einer Konvergenz von Mobiltelefonen und PDAs gerechnet werden. Diese neuen Geräte, die z.b. als Smartphones, Communicators oder zusammenfassend als Wireless Information Devices (WIDs) bezeichnet werden, sollen die mobile Sprach- und Datenkommunikation in einem Gerät integrieren (vgl. z.b. Symbian 1999; Luxa 1999, S. 173). Insbesondere im Hinblick auf die Nutzungsgewohnheiten der Anwender bestehen signifikante Unterschiede zwischen stationären und mobilen Endgeräten (vgl. auch Zerdick et al. 1999, S. 227). Stationäre Endgeräte werden tendenziell über eine längere Zeitdauer am Stück genutzt als mobile Geräte, die typischerweise für einen gezielten Zugriff auf relevante Inhalte dienen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass ihre Nutzung intensiver erfolgt, da die Anwender in mobilen Situationen häufiger durch andere Ereignisse abgelenkt werden. 2.2 Transportmedien Bei den Transportmedien ist grundsätzlich zwischen Online- und Offline-Medien zu unterscheiden (vgl. Schreiber 1997, S. 4; Schumann/Hess 2000, S. 102). Online-Medien zeichnen sich durch eine dauerhafte logische Verbindung zu einer zentralen, diensteanbietenden Instanz aus und stützen sich daher auf Übertragungsmedien ab. Bei

Neue Technologien 8 Online-orientierten Transportmedien muss zwischen der grundlegenden Infrastruktur, dem sogenannten Backbone-Netz, und dem Zugang ( Last Mile ) zu dieser Infrastruktur unterschieden werden (vgl. Zerdick et al. 1999, S. 82). Unter der Annahme, dass der Leistungsengpass für den Endnutzer zur Zeit beim Netzzugang liegt, konzentriert sich die Arbeit nachfolgend auf Stand und Entwicklung der Technik in diesem Bereich (vgl. Gammel 2000, S. 22). Es soll jedoch betont werden, dass auch der weitergehende, zügige Ausbau von Backbones der Provider (z.b. Telekom, UUnet, KPNQwest, Nacamar usw.) eine Voraussetzung für deren breitbandige Nutzung bildet. Generell existieren Übertragungstechnologien sowohl mit als auch ohne physische Verbindung, die diesem Gliederungskriterium entsprechend in Festnetze und Funknetze eingeteilt werden können (vgl. Stahlknecht/Hasenkamp 1999, S. 116). Die wichtigsten der aktuell diskutierten Technologien dieser beiden Kategorien werden in den Abschnitten 2.2.1 bzw. 2.2.2 vorgestellt. Digitale Offline-Medien beruhen im Gegensatz dazu auf Speichermedien bzw. Datenträgern. Sie können daher auf isolierten Endgeräten ohne Vernetzung genutzt werden. Im Hinblick auf die Distribution von Medienprodukten erscheinen insbesondere die CD-ROM und die DVD von besonderem Interesse und werden in Abschnitt 2.2.3 genauer betrachtet (Audio- CDs, Mini-Disc und Disketten sollen an dieser Stelle nicht vertieft werden). 2.2.1 Festnetze Festnetze setzen eine physische, auf Verkabelung basierende Verbindung (z.b. metallische Leiter oder Lichtwellenleiter) zwischen den kommunizierenden technischen Einheiten voraus (vgl. Kauffels 1994, S. 76). Grundsätzlich existieren vier festnetzbasierte Varianten, die einen Zugang des Endkunden zu Backbone-Infrastrukturen erlauben: das Telefonnetz, das Fernsehkabelnetz, das Stromnetz sowie Standleitungen. Für die Übertragung von Daten aus dem Internet kommt für den privaten Endbenutzer bislang am häufigsten das Telefonnetz zum Einsatz. Verfügbare Modems erreichen auf Basis des ITU-Standards V.90 bis zu 56 Kbit/Sek. in beide Übertragungsrichtungen (Upstream und Downstream), bzw. 64 Kbit/Sek. bei Einsatz von ISDN. Eine deutliche Verbesserung der Übertragungsleistung erzielen jüngere, sogenannte Breitband- Technologien, die wie ADSL ebenfalls das Telefonnetz nutzen oder aber das Fernsehkabel bzw. Stromnetz verwenden. Die Übertragungsgeschwindigkeit beträgt hierbei zwischen 500 Kbit und 1 Mbit pro Sekunde, sie eignen sich in Kombination mit leistungsfähigen Kompressionsverfahren daher auch für multimediale Inhalte. Ein Problem insbesondere beim Kabelnetz stellt allerdings der bislang noch nicht integrierte Rückkanal dar, der z.b. zusätzlich über ein Telefonmodem oder eine ISDN-Karte hergestellt werden muss. Nutzer,

Neue Technologien 9 die z.b. vom Arbeitsplatz aus einen Zugang zum Internet erhalten, können häufig gemeinsam auf angemietete Standleitungen zurückgreifen. Standleitungen erreichen zwischen 64 Kbit/Sek. und 155 Mbit/Sek. in beide Richtungen. Im Bereich des digitalen Fernsehens spielt der Digital Video Broadcasting-Standard (DVB) eine große Rolle (vgl. Reimers 1997; Schönfelder 1996). Er definiert Übertragungsverfahren für digitale Inhalte über Fernsehkabel (DVB-C), Satellit (DVB-S) oder terrestrische Ausstrahlung (DVB-T). Zum Empfang benötigt der Benutzer eine Set-Top-Box (vgl. Abschnitt 2.1.1), welche im wesentlichen die Umwandlung der digitalen Signale in analoge Signale vornimmt, die von konventionellen Fernsehern darstellbar sind. Als wesentliche Vorteile der Technologie gelten die im Vergleich mit analogen Verfahren verbesserte Qualität und eine effizientere Nutzung von Übertragungskapazitäten (vgl. Clement/Becker 1999, S. 1174). Die bei DVB-C erreichte Übertragungsleistung von 38 Mbit/Sek. reicht aus, um mehrere Fernsehkanäle mit Hilfe von Kompressionsverfahren wie MPEG2 parallel zu übertragen (vgl. Reimers 1997, S. 86; Schönfelder 1996, S. 199; Heinrich 2000, S. 71). Typische Anwendungsgebiete sind (Near-) Video-on-Demand, Pay-per-View-Angebote sowie interaktive Zusatzdienste wie etwa E-Mail, Home-Banking und Online-Shopping. Für interaktive Dienste ist zusätzlich ein Rückkanal erforderlich, der allerdings bislang über das Telefonnetz realisiert werden muss. Abbildung 2.2.1/1 bietet einen Überblick über die genannten Zugangstechnologien mit ihren wichtigsten Merkmalen. Bei den Angaben zur Übertragungsgeschwindigkeit wurde zwischen "Upstream" (vom Rezipienten zum Inhalteanbieter) und "Downstream" (vom Inhalteanbieter zum Rezipienten) differenziert. Übertragungsgeschwindigkeit Downstream Übertragungsgeschwindigkeit Upstream Typische Endgeräte Abrechnung der Nutzung Verfügbarkeit der Technologie Telefonnetz (V.90) Telefonnetz (ISDN) 56 Kbit/Sek. 64 Kbit/Sek. (bis zu 128 Kbit/Sek.) Telefonnetz (ADSL) 768 Kbit/Sek. (bis zu 6 Mbit/Sek.) 56 Kbit/Sek. 64 Kbit/Sek. 128 Kbit/Sek. (bis zu 576 Kbit/Sek.) Stromnetz Kabelnetz Standleitung 1 Mbit/Sek. (bis zu 2 Mbit/Sek.) 550 Kbit/Sek. (PC); 6 38 Mbit/Sek. (DVB-C) 1 Mbit/Sek. je nach Zugang (z.b. Telefonnetz) PC, Notebook PC, Notebook PC, Notebook PC PC, Digitales Fernsehen (DVB-C) verfügbar verfügbar verfügbar (in Ballungszentren) zeitabhängig zeitabhängig mengenabhängig mengenabhängig noch nicht verfügbar pauschal und/oder mengenabhängig verfügbar (für PC nur vereinzelt) bis zu 155 Mbit/Sek. bis zu 155 Mbit/Sek. PC pauschal und/oder mengenabhängig verfügbar Abb. 2.2.1/1: Merkmale festnetzbasierter Zugangstechnologien (Stand: 02/2000)

Neue Technologien 10 2.2.2 Funknetze Leitungslose Netze wie z.b. Funknetze erlauben im Gegensatz zu Festnetzen eine Übertragung von Inhalten ohne direkte physische Verbindung (vgl. Kauffels 1994, S. 76). Nach dem Kriterium der Ortsgebundenheit kann zwischen stationärer und mobiler Datenkommunikation unterschieden werden. Für die Medienindustrie sind insbesondere Mobilfunk und terrestrische Ausstrahlung für den mobilen Einsatz sowie Richtfunk und Satelliten-gestützte Datenkommunikation für den stationären Einsatz interessant. Der Mobilfunk basiert in Europa auf dem GSM-Standard (Global System for Mobile Communication) und bietet zur Zeit Übertragungsraten von 9,6 Kbit/Sek. Damit ist die Mobilfunk-basierte Datenkommunikation deutlich langsamer als Übertragungstechnologien im Festnetzbereich. Dennoch reicht das GSM aus, kurze Textnachrichten per Small Messages Services (SMS) zu verschicken. Ein Zugang zum Internet z.b. über das Wireless Application Protocol (WAP) ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Es wird von der Industrie allerdings bereits an neuen Verfahren gearbeitet, die höhere Kapazitäten für die Endnutzer in Aussicht stellen (vgl. Malim 2000, Tade 1999). In Deutschland planen die großen Mobilfunkanbieter beispielsweise die Einführung neuerer Verfahren wie dem General Packet Radio Service (GPRS) noch in 2000, dass in einer ersten Ausbaustufe 50 Kbit/Sek. ermöglicht und später auf bis über 100 Kbit/Sek. ausgebaut werden kann. Von den Telekommunikationsunternehmen wird GPRS im wesentlichen als Zwischenschritt zu den sogenannten 3 rd Generation Mobilfunktechnologien gesehen (der entsprechende Standard heißt Universal Mobile Telecommunication System (UTMS)), die nicht mehr auf GSM beruhen und eine Übertragungsrate von bis zu 2 Mbit/Sek. leisten sollen. Übertragungsgeschwindigkeit Downstream Übertragungsgeschwindigkeit Upstream Typische Endgeräte Global System for Mobile Communication (GSM) 9,6 Kbit/Sek. (bis zu 14,4 Kbit/Sek.) 9,6 Kbit/Sek. (bis zu 14,4 Kbit/Sek.) General Packet Radio Service (GPRS) 50 100 Kbit/Sek. 50 100 Kbit/Sek. Universal Mobile Telecommunication System (UMTS) bis zu 2 Mbit/Sek. bis zu 2 Mbit/Sek. Terrestrische Ausstrahlung 3,7 31,7 Mbit/Sek. (DVB-T) je nach Zugang (z.b. Telefonnetz) Mobiltelefon Mobiltelefon Mobiltelefon Digitales Fernsehen Richtfunk 64 Kbit/Sek. bis 155 Mbit/Sek. 64 Kbit/Sek. bis 155 Mbit/Sek. PC Satellit 128 Kbit/Sek. bis 4 Mbit/Sek. (PC) 38 Mbit/ Sek. (DVB-S) je nach Zugang (z.b. Telefonnetz) PC, Digitales Fernsehen Mobiler Zugriff möglich möglich möglich möglich nicht möglich nicht möglich Abrechnung zeitabhängig mengenabhängig mengenabhängig Verfügbarkeit verfügbar ab Mitte 2000 ab 2002 vereinzelt, ab 2005 in der Breite in der Pilotphase pauschal, mengenabhängig mengenabhängig verfügbar Abb. 2.2.2/1: Merkmale funknetzbasierter Zugangstechnologien (Stand: 02/2000) zeit- oder mengenabhängig verfügbar Für stationäre Endgeräte wie PCs wird seit kurzem auch ein Internetzugang über Richtfunkstrecken angeboten, der sich aber schwerpunktmäßig an Geschäftskunden richtet

Neue Technologien 11 und auch die Sprachkommunikation umfasst. Mit dieser Technologie können zwischen 64 Kbit und 155 Mbit pro Sekunde in beide Richtungen übertragen werden. Eine weitere neuere Technologie ist der Internetzugang über Satellitenempfang, der zwar auch Übertragungsraten von bis zu 4 Mbit/Sek. erreicht, bislang allerdings über keinen integrierten Rückkanal verfügt und der deshalb z.b. über ein Modem hergestellt werden muss. Inhalte des digitalen Fernsehens können ebenfalls über Satellit ausgestrahlt werden (DVB- S). Dabei werden ebenso wie bei Einsatz des Kabelnetzes bis zu 38 Mbit/Sek. übertragen (vgl. Schönfelder 1996, S. 198). Die terrestrische Ausstrahlung digitaler Fernsehinhalte (DVB-T) indes verliert (wie im analogen Bereich auch) gegenüber den anderen genannten Zugangs- und Übertragungstechnologien zunehmend an Bedeutung (54 % der Haushalte in Deutschland besitzen bereits einen Kabelanschluss, 36 % verfügen über eine Satellitenschüssel, vgl. ARD 1999, S. 6 f.; Zimmer 1998, S. 352 f.) und spielt eigentlich nur noch beim mobilen Empfang eine Rolle. Abhängig von verschiedenen technischen Parametern können mit DVB-T zwischen 3,7 und 31,7 Mbit/Sek. übertragen werden (vgl. Jacklin et al. 1998). Einschränkend ist allerdings festzuhalten, dass weder DVB-S noch DVB- T rückkanalfähig sind. Ein Rückkanal muss daher über andere Zugangstechnologien (z.b. über Telefonmodems) aufgebaut werden. 2.2.3 Portable Datenträger Portable Datenträger dienen neben der Speicherung von Daten auch zur Distribution digitaler Inhalte, z.b. über den Versand oder den Verkauf durch den Einzelhandel. Neuere Varianten digitaler Datenträger sind CD-ROMs und DVDs. CD-ROMs besitzen gegenüber Disketten eine wesentlich höhere Speicherkapazität und eignen sich deshalb für die Distribution von PC-basierten Medienprodukten mit mittlerer Speicherintensität (z.b. Text- und Bilddatenbanken bzw. Multimediaanwendungen bis zu 640 MB). Die Digital Versatile Disc (DVD) ist eine Weiterentwicklung der CD-Technologie und bietet eine bis zu 27-fache Speicherkapazität. Die genaue Speicherkapazität hängt dabei von einigen technischen Parametern (Durchmesser, einseitig oder beidseitig beschrieben, Anzahl der Layer) ab, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll. Dies ermöglicht in Kombination mit dem MPEG2-Kompressionsverfahren die Speicherung ganzer Videofilme (DVD-Video) oder umfangreicher multimedialer PC-Applikationen (DVD-ROM). CD-ROM DVD-Video DVD-ROM Speicherkapazität 640 MB bis zu 17,08 GB Typische Endgeräte PC, Notebook DVD-Player für Fernseher PC Zugriff einmal beschreibbar, mehrfach lesbar Abb. 2.2.3/1: Merkmale portabler Datenträger (Stand: 02/2000)

Neue Technologien 12 Zur Nutzung von DVDs müssen die betreffenden Endgeräte um spezielle DVD-Player ergänzt werden. Bei TV-basierten Endgeräten (vgl. Abschnitt 2.1.1) bietet die DVD im Vergleich zum herkömmlichen, analogen Videorecorder die Vorteile einer höheren Bild- und Tonqualität, Verfügbarkeit von Untertiteln in verschiedenen Sprachen, unterschiedlichen Kameraperspektiven sowie (eingeschränkte) Interaktionsmöglichkeiten. Allerdings arbeiten die Hersteller noch an einer durch den Endnutzer beschreibbaren Variante. Video-DVDs können grundsätzlich auch von PC-orientierten Endgeräten abgespielt werden, es ist hierbei jedoch spezielle Hardware erforderlich. 2.3 Bündelung der neuen Technologien Aus den in den vorhergehenden Abschnitten beschriebenen Technologien ergibt sich eine hohe Anzahl an theoretisch denkbaren Kombinationsmöglichkeiten von Endgerät und Transportmedium. Aus Gründen der Komplexitätsreduktion soll daher in einem ersten Schritt von den konkreten Technologien abstrahiert werden um so zu generalisierten Bündeln aus Endgerät und Transportmedium (nachfolgend als Geräteklasse bezeichnet) zu kommen. Dazu soll von der in Abbildung 2.3/1 gezeigten Matrix ausgegangen werden. Wie in Abschnitt 2.1 wird dabei in Bezug auf die Endgeräte zwischen stationären und mobilen Varianten unterschieden, wobei bei stationären Systemen zusätzlich zwischen PC- und TVbasierten Endgeräten zu differenzieren ist. In Anlehnung an die Gliederung in Abschnitt 2.2 betrachtet die Abbildung Online- und Offline-orientierte Transportmedien. Bei Online-Medien ist die Übertragungskapazität ein wichtiges Leistungsmerkmal für die Medienindustrie, weshalb zusätzlich zwischen Schmalband- und Breitbandnetzen zu unterscheiden ist. Endgerät mobil 1 2 Mobile Information Device Mobile Information Device 3rd Generation (nicht relevant) PC-basiert 3 4 5 Online Multimedia PC Broadband Multimedia PC Offline Multimedia PC stationär 6 7 TV-basiert (nicht relevant) Online Digital TV Offline Digital TV Schmalband Breitband Transportmedium Online-basiert Offline-basiert Technische Weiterentwicklung Abb. 2.3/1: Bündelung von Endgerät und Transportmedium zu Geräteklassen

Neue Technologien 13 Die sich aus dieser Systematik ergebenen Geräteklassen seien nachfolgend genauer erläutert. 1) Mobile Information Device (MID): Eine erste Geräteklasse, der von den Endgeräteherstellern zumindest mittelfristig ein hohes Erfolgspotenzial zugesprochen wird, sind mobile Endgeräte (insbesondere Handy und PDA), die über eine schmalbandige, mobile Funkverbindung von beliebigen Orten auf das Internet zugreifen können. Wie aus den Ausführungen in Abschnitt 2.1.2 hervorgeht, sind diese Geräte neben den nur geringen Übertragungskapazitäten auch durch eingeschränkte Ein- und Wiedergabemöglichkeiten sowie geringe Rechenkapazität gekennzeichnet. 2) Mobile Information Device 3 rd Generation (MID 3G): Die Weiterentwicklung der mobilen Endgeräte und Übertragungstechnologien wird in zwei bis drei Jahren zu den sogenannten 3 rd Generation Anwendungen führen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Diese zeichnen sich voraussichtlich durch eine bessere Wiedergabe, höhere Verarbeitungsleistung und insbesondere durch eine schnellere Datenübertragung aus. 3) Online Multimedia PC: Eine zur Zeit weit verbreitete Kombination von Endgerät und Übertragungsmedium ist der stationäre Desktop-PC in Verbindung mit einem schmalbandigen Anschluss an das Internet (z.b. über Telefonmodem oder ISDN). Engpass bildet hier die Übertragung der Inhalte, da die Multimedia-Fähigkeiten der verbreiteten Rechnerklassen heutzutage auf einem vergleichsweise hohen Niveau liegen. 4) Broadband Multimedia PC: Ebenso wie bei mobilen Funknetzen werden die Übertragungsraten auch bei stationären Verfahren durch neuartige Breitbandtechnologien sprunghaft ansteigen. Unabhängig davon, welche der genannten und oben beschriebenen Technologien sich durchsetzen wird, ist davon auszugehen, dass auch private Endnutzer zukünftig mit hohen Übertragungskapazitäten von zuhause aus auf das Internet zugreifen können. Viele Anwender haben außerdem bereits heute einen breitbandigen Anschluss vom Arbeitsplatz aus. Es ist davon auszugehen, dass die bereits bestehenden Kapazitäten (z.b. in Form von Standleitungen) weiter ausgebaut werden. 5) Offline Multimedia PC: Desktop-PCs können in Kombination mit CD-ROM- oder DVD- Laufwerken auch der Nutzung von entsprechenden Offline-Medien dienen. In diesem Fall sind die entsprechenden physischen Datenträger an die Rezipienten auszuliefern. 6) Online Digital TV: Neben den bereits genannten PC-orientierten Endgeräten wird zur Zeit auch an Fernseh-orientierten Endgeräten gearbeitet (vgl. Abschnitt 2.1.1). Diese grenzen sich vom PC bislang hauptsächlich durch geringere Datenverarbeitungskapazität, Broadcast-orientierte Ausstrahlung von Inhalten sowie eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten ab. Darüber hinaus eignen sich diese Geräte in stärkerem Maße für die

Neue Technologien 14 Wiedergabe dynamischer Medientypen (Audio, Video) als Desktop-PCs, die dafür aufgrund eines ruhigeren Monitorbildes und des i.d.r. geringeren Abstandes des Rezipienten zum Bildschirm besser für statische Medientypen wie Texte und Bilder nutzbar sind. 7) Offline Digital TV: Als digitales Trägermedium von Videos (z.b. Spielfilmen) soll die DVD die analogen Videokassetten ablösen. Wie bereits ausgeführt, werden diese in Kombination mit einem TV-basierten Endgerät schwerpunktmäßig für Inhalte mit dynamischen Medientypen und geringem Interaktionsgrad dienen. Geräteklasse Eigenschaften 1) Mobile Information Device Œ Mobiltelefon/PDA, Internetzugriff über GSM (MID) Œ Minimale Übertragungskapazität Œ Minimale Datenverarbeitungskapazität (Prozessor, Speicher) Œ Eingeschränkte Medienwiedergabe (kleine, teilweise monochrome Displays, kleine Lautsprecher etc.) und Interaktionsmöglichkeiten, starke diesbezügliche Variation zwischen verschiedenen Endgerätetypen Œ Mobile Online-Nutzung, Unicast-orientiert 2) Mobile Information Device 3 rd Œ Mobiltelefon/PDA (ggf. integriert), Internetzugriff über GPRS oder UMTS Generation (MID 3G) Œ Hohe Übertragungskapazität Œ Eingeschränkte Datenverarbeitungskapazität Œ Eingeschränkte Medienwiedergabe und Interaktionsmöglichkeiten, starke diesbezügliche Variation zwischen verschiedenen Endgerätetypen Œ Mobile Online-Nutzung, überwiegend Unicast-orientiert 3) Online Multimedia PC Œ Desktop-PC, Internetzugriff über Telefonnetz bzw. ISDN Œ Eingeschränkte Übertragungskapazität Œ Sehr hohe Datenverarbeitungskapazität Œ Sehr gute Medienwiedergabe bei statische Medientypen, gute Medienwiedergabe bei dynamischen Medientypen, sehr gute Interaktionsmöglichkeiten Œ Stationäre Online-Nutzung, Unicast-orientiert 4) Broadband Multimedia PC Œ Desktop-PC, Internetzugriff über Breitbandtechnologien wie ADSL, Satellit etc. Œ Hohe Übertragungskapazität Œ Sehr hohe Datenverarbeitungskapazität Œ Sehr gute Medienwiedergabe bei statische Medientypen, gute Medienwiedergabe bei dynamischen Medientypen, sehr gute Interaktionsmöglichkeiten Œ Stationäre Online-Nutzung, überwiegend Unicast-orientiert 5) Offline Multimedia PC Œ Desktop-PC, Zugriff auf Speichermedien wie CD-ROM oder DVD Œ Hohe Speicherkapazität der verwendeten Datenträger Œ Sehr hohe Datenverarbeitungskapazität Œ Sehr gute Medienwiedergabe bei statische Medientypen, gute Medienwiedergabe bei dynamischen Medientypen, sehr gute Interaktionsmöglichkeiten Œ Stationäre Offline-Nutzung 6) Online Digital TV Œ Digitaler Fernseher bzw. Set-Top-Box, Zugriff auf digitale Fernsehangebote Œ Sehr hohe Übertragungskapazität Œ mittlere Datenverarbeitungskapazität Œ Gute Medienwiedergabe bei statische Medientypen, sehr gute Medienwiedergabe bei dynamischen Medientypen, eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten Œ Stationäre Online-Nutzung, überwiegend Broadcast-orientiert 7) Offline Digital TV Œ Fernseher mit DVD-Player, Zugriff auf Speichermedium DVD Œ Hohe Speicherkapazität der verwendeten Datenträger Œ mittlere Datenverarbeitungskapazität Œ Sehr gute Medienwiedergabe bei statische Medientypen, gute Medienwiedergabe bei dynamischen Medientypen, eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten Œ Stationäre Offline-Nutzung Abb. 2.3/2: Generalisierte Geräteklassen und ihre Eigenschaften Abbildung 2.3/2 zeigt eine Übersicht über die genannten Geräteklassen und deren wichtigsten technischen Eigenschaften. Ausgeklammert wurden Mobile Endgeräte in Kombination mit Datenträgern sowie TV-basierte Endgeräte mit schmalbandigem

Neue Technologien 15 Netzanschluss. Beiden Varianten werden keine großen Chancen im Markt eingeräumt, diese Auffassung wird durch bislang fehlende Produkte und Produktankündigungen unterstützt.

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 16 3 Merkmale von Produkten der Medienindustrie Für die Analyse von Merkmalen der im Zusammenhang mit digitalen Endgeräten und Transportmedien relevanten Medienprodukte soll an dieser Stelle eine Abstraktion aus technischer Sicht erfolgen, welche sich an dem in Abschnitt 1 vorgestellten Modell orientiert. Dort wurde die Distribution digitaler Inhalte grundsätzlich in Transportmedium und Endgerät zerlegt. Medien Transportmedium (Festnetz, Mobilfunk, Datenträger etc.) Endgerät (PC, PDA, Fernseher, ebook, Handy etc.) relevante Merkmale - Zugriffslogik - Distributionskardinalität 1 - Medientypen - gestalterischer Anspruch - Rezeptionsbedingungen 3 - Volumen - Interaktionsgrad - Zeitbezug - Abrechnungsmodelle 2 Abb. 3/1: Ableitung der relevanten Produktmerkmale Aus den in Abbildung 3/1 dargestellten Distributionsstufen ergeben sich drei Kategorien von Merkmalen digitaler Medienprodukte: 1) Merkmale, die schwerpunktmäßig für das Transportmedium von besonderer Relevanz sind (vgl. Abschnitt 3.1), 2) Merkmale, die sowohl für das Transportmedium als auch für das Endgerät relevant sind (vgl. Abschnitt 3.2) und 3) Merkmale, die schwerpunktmäßig für die verwendeten Endgeräte relevant sind (vgl. Abschnitt 3.3). 3.1 Transportorientierte Merkmale Digitale Medienprodukte differenzieren sich nicht nur über ihre inhaltlichen Merkmale, sondern auch über die Verteilungsvarianten. Zwei Aspekte stehen hierbei (insbesondere bei Betrachtung von Online-Medien) im Vordergrund (vgl. u.a. Kauffels 1994, S. 22; Horstmann/Timm 1998, S. 242):

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 17 Œ Die Zugriffslogik legt fest, auf welche Weise die Übertragung von digitalen Inhalten ausgelöst wird. Œ Die Distributionskardinalität definiert die Anzahl der Empfänger bei der Verteilung von digitalen Inhalten. Beide Gesichtspunkte, deren technische Umsetzbarkeit hauptsächlich vom zugrundeliegenden Transportmedium abhängt, seien nachfolgend genauer erläutert. Zugriffslogik Als Varianten der Zugriffslogik bei Online-Medien sind Pull- und Push-Mechanismen zu nennen (vgl. Horstmann/Timm 1998, S. 242). Pull-Mechanismen zeichnen sich dadurch aus, dass der Benutzer die Inhalte bei Bedarf anfordert, wie es z.b. für Web-Nutzung oder auch bei Video-on-Demand typisch ist. Dies stellt hohe Anforderungen an die Steuerbarkeit der zu übertragenden Substanzen durch den Rezipienten. Einschränkungen existieren hier z.b. noch im Bereich des digitalen Fernsehens, so dass echtes Video-on-Demand bislang noch nicht möglich ist. Im Gegensatz dazu wird bei Verwendung der Push-Technologie die Distribution der Substanzen vom Inhalteanbieter ausgelöst, wobei sich der Rezipient i.d.r. vorab für diesen Dienst registriert hat. Die zeitliche und inhaltliche Initiative liegt beim Inhalteanbieter (vgl. Guzielski 2000, S. 29). Push-Dienste können zeit- (z.b. Rundfunk) oder ereignisgesteuert (z.b. E-Mail-Newsletter) sein. Distributionskardinalität (Individual- vs. Massenkommunikation) Die Distributionskardinalität beschreibt die Anzahl der technisch erreichbaren Rezipienten bei der Distribution eines Inhaltebündels, es ist hierbei grob zwischen Unicasting und Broadcasting zu unterscheiden (vgl. auch Kauffels 1994, S. 22). Beim Broadcasting werden Inhalte gleichzeitig von einem zentralen "Sender" an alle oder mehrere Empfänger verbreitet (Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragung, z.b. digitales Fernsehen). Beim Unicasting erfolgt die Distribution von Inhaltebündeln dagegen über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen an einzelne Rezipienten, welche die vom Anbieter bereitgestellten und vorgehaltenen Substanzen häufig zu beliebigen Zeitpunkten abrufen können (Pull). Dieses Verfahren ist typisch für die Nutzung des World Wide Web, eignet sich aber nicht z.b. zur Übertragung von live gesendeten Ereignissen (z.b. Sportereignisse oder Konzerte), da durch das zeitgleiche, mehrfache Versenden von identischen Inhalten die Netzwerkressourcen ineffizient genutzt werden (vgl. IPMI 1997, S. 3). Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich zum heutigen Zeitpunkt die Internet-Infrastruktur im wesentlichen für Unicast-Verbindungen eignet, während die Infrastruktur für das digitale Fernsehen auf das Broadcasting ausgelegt ist. Beide Technologien werden aber von den

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 18 Herstellern weiterentwickelt und nähern sich in Bezug auf die unterstützten Distributionskardinalitäten aneinander an (vgl. Guzielski 2000, S. 37). 3.2 Transport- und endgerätorientierte Merkmale Die nachfolgend beschriebenen Gesichtspunkte zur Beschreibung digitaler Medienprodukte betreffen Endgerät und Transportmedium gleichermaßen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei Œ aus technischer Sicht das Volumen und der Zeitbezug (Aktualität) der übertragenen Inhalte sowie der Interaktionsgrad des Angebotes und Œ aus ökonomischer Sicht die möglichen Erlösmodelle. Volumen Ein wichtiger Aspekt ist das Volumen eines Inhaltebündels, das es zu übertragen und darzustellen gilt. Für statische Medientypen (vgl. hierzu Abschnitt 3.3) sind u.a. die Anzahl der Zeichen (bei Texten) oder die Anforderungen an die Auflösung (bei Bildern) relevant. Beispiele für Inhalte mit großem Volumen wären demnach lange Texte, die klassischerweise in Buchform publiziert würden. Zu Inhalten mit kleinem Volumen gehören dagegen Kurznachrichten oder Fahrplanauskünfte. Die Publikation von hochvolumigen Inhalten mit statischen Medientypen wird insbesondere durch die Abmessungen von Displays, die Lesbarkeit sowie begrenzte Übertragungs- und Speicherkapazitäten eingeschränkt. Ähnliches gilt für die Verbreitung von Inhalten mit dynamischen Medientypen, bei denen nach dem Kriterium der Zeitdauer zwischen langen (z.b. Spielfilmen) und kurzen (z.b. Ausschnitte aus Sportereignissen) Sequenzen unterschieden werden kann. Bei dynamischen Medientypen spielen außerdem Qualitätsansprüche des Rezipienten eine große Rolle, da Video- und Audioinhalte mit hoher Qualität ein signifikant höheres Datenvolumen verursachen. Es liegt nahe, dass hochwertige Videosequenzen auf Transportmedien mit höherer Übertragungs- bzw. Speicherkapazität zu distribuieren sind und dass ein Endkonsument an ihre Wiedergabe (und damit an die Leistungsmerkmale des betreffenden Endgerätes) höhere Anforderungen stellt als beispielsweise an eine kurze Sprachmitteilung. Interaktionsgrad Angebote mit hohem Interaktionsgrad (z.b. Computerspiele oder benutzergenerierte Inhalte) setzen beim Endgerät adäquate Eingabemöglichkeiten voraus. Diese sind heutzutage am besten bei PCs und mit Einschränkungen bei Notebooks gegeben. Digitale Fernseher und mobile Geräte verfügen dagegen häufig nur über vergleichsweise unkomfortable Tastaturen

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 19 oder Touchscreens. Sie eignen sich deshalb überwiegend für Inhalte, die vom Rezipienten eher passiv wahrgenommen werden sollen. Im Falle von Online-Medien ist außerdem die "Rückkanalfähigkeit" des Übertragungsmediums eine notwendige Bedingung, um die Aktionen des Anwenders (z.b. zur Navigation oder Eingaben in Formularfelder) zum Diensteanbieter übertragen zu können. Zeitbezug (Aktualität) Nach dem Gliederungsprinzip des zeitlichen Bezugs lässt sich zwischen aktuellen und nichtaktuellen bzw. "zeitlosen" Inhalten differenzieren. Aktuelle Inhalte zeichnen sich hierbei dadurch aus, dass der zeitliche Abstand zwischen einem Ereignis und der Bereitstellung eines diesbezüglichen Inhaltes kurz ist (vgl. Hess/Rawolle 2000, S. 54). Typische Beispiele für aktuelle Inhalte sind Börsennachrichten oder Sportergebnisse. Zur Distribution von aktuellen Inhalten eignen sich Transportmedien und Endgeräte, über die der Rezipient möglichst jederzeit auf die Inhalte zugreifen kann. Diese Eigenschaft wird zur Zeit insbesondere den mobilen Endgeräten in Kombination mit einem mobilfunkbasierten Internetzugang zugesprochen, die ein Benutzer z.b. auch unterwegs nutzen kann. Der Wert von zeitlosen Inhalten ist relativ unabhängig vom Zeitpunkt der Wahrnehmung durch den Konsumenten, d.h. er besitzt eine hohe Haltbarkeit und veraltet nur langsam. Beispiele hierfür sind abgesicherte, wissenschaftliche Erkenntnisse oder klassische Werke. Abbildung 3.2/1 skizziert den Zusammenhang zwischen dem Wert und der Lagerzeit zweier Medienprodukte (aktuelle Börsennachrichten vs. Hamlet) mit unterschiedlicher Haltbarkeit. Restwert 100 % Hamlet von Shakespeare 50 % Börsennachrichten 0 % 0 +1 +2 +3 +4 +5 Zeit nach der Bereitstellung (Tage) Abb. 3.2/1: Wertentwicklung von zwei Medienprodukten in Abhängigkeit von der Zeit (vgl. Schumann/Hess 2000, S. 62)

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 20 Erlösmodelle Es existieren unterschiedliche Alternativen zur Finanzierung des digitalen Angebotes von Medienunternehmen, die sich grob in werbefinanzierte und benutzerfinanzierte Varianten einteilen lassen (vgl. Schumann/Hess 2000, S. 20). Beide Formen können auch kombiniert werden. Werbefinanzierte Angebote setzen Endgeräte voraus, auf denen sich die entsprechenden Werbebotschaften in ausreichender Qualität darstellen und räumlich (z.b. als Werbebanner auf einer Web-Seite) oder zeitlich (z.b. als Werbeunterbrechung beim digitalen Fernsehen) an redaktionelle Inhalte koppeln lassen. Dies ist jedoch beispielsweise bei mobilen Geräten nicht zufriedenstellend zu lösen. So ist es aus Platzgründen problematisch, Werbeinblendungen gleichzeitig zusammen mit redaktionellen Contents auf dem Display anzuzeigen. Ebenso ist es aus Sicht des Benutzers nicht wünschenswert, dass die i.d.r. kurze Nutzung eines Informationsangebotes durch Werbeeinblendungen unterbrochen wird. Bei diesen Geräten werden reine Inhalteanbieter deshalb voraussichtlich auf eine Finanzierung durch Benutzerentgelte zurückgreifen müssen. Hierbei kann zwischen mengenabhängiger (Pay-per-view) und zeitabhängiger (Pay-per-period) Bezahlung unterschieden werden. Eine Mischform beider Varianten ist in Erlösen zu sehen, die auf Benutzertransaktionen beruhen. Im Gegensatz zu klassischen Medien wie Print oder Rundfunk ist es einem Endkunden mit digitalen, onlinefähigen Endgeräten möglich, Bestellungen, Reservierungen und andere erlösbringende Aktivitäten durchzuführen. Prominentestes Beispiel sind die seit einigen Jahren im Internet verbreiteten Consumer-orientierten Online-Shops wie etwa Amazon oder BOL. Auch Medienunternehmen, deren Kernkompetenzen im Erzeugen, Bündeln und Distribuieren von Inhalten liegen, können von dieser Eigenschaft profitieren. Neben dem üblichen Verkauf von Inhalten oder Werbemöglichkeiten werden Medienunternehmen mehr und mehr dazu übergehen, entweder Produkte auf eigenes Risiko zu verkaufen oder Transaktionen für Partnerunternehmen einzuleiten, bei denen Kommissionen (z.b. ein definierter Anteil des Umsatzes) durch die Produktlieferanten zu leisten sind 1. 3.3 Endgerätorientierte Merkmale Neben den in Abschnitt 3.2 bereits erwähnten endgeräteorientierten Merkmalen digitaler Medienprodukte existieren weitere relevante Kriterien. Diese betreffen einerseits 1 Zu Geschäfts- und Erlösmodellen für Medienunternehmen im Online-Bereich vgl. neben Zerdick et al. 1999, S. 165 ff. auch Hess/Schumann 1999, S. 8 ff. und Killius/Mueller-Oerlinghausen 1999, S. 139 ff.

Merkmale von Produkten der Medienindustrie 21 Anforderungen an die reine Wiedergabe von Inhalten (z.b. verschiedener Medientypen in unterschiedlichen Gestaltungsvarianten) und andererseits Anforderungen an die Umstände, unter denen die Inhalte vom Rezipienten aufgenommen werden. Medientypen In Bezug auf die technischen Merkmale von Inhalten ist zunächst nach dem Gliederungskriterium der Zeitabhängigkeit zwischen statischen (zeitinvarianten) und dynamischen (zeitvarianten) Medientypen zu unterscheiden (vgl. Grauer/Merten 1996, S. 9). Zu den statischen Medientypen gehören z.b. Texte, Graphiken und Bilder, während Audio- und Videosequenzen sowie Animationen zu den dynamischen Medientypen zu zählen sind. Digitale Produkte der Medienindustrie mischen häufig verschiedene Medientypen, wobei bei der Verwendung von dynamischen Medientypen die zeitliche Synchronisation von besonderer Bedeutung ist. Nicht alle digitalen Endgeräte eignen sich gleichermaßen für die genannten Medientypen. So erfordern dynamische Medientypen durch Entkomprimierungsmechanismen eine vergleichsweise hohe Rechenkapazität des Endgeräts. Bei statischen Medientypen wie Text oder Graphiken dagegen wird im allgemeinen ein hoher Anspruch an die Darstellungsqualität der Displays und Bildschirme gestellt, um eine ausreichende Lesbarkeit zu gewährleisten. Gestalterischer Anspruch Im Hinblick auf den gestalterischen Anspruch ist zwischen Design- bzw. Layout-orientierten Inhalten sowie Inhalten ohne gestalterischen Anspruch zu unterscheiden. Bei Layoutorientierten Inhalten hat die Darstellungsform ein besonderes Gewicht und trägt entscheidend zum Nutzen der Inhalte bei (bestimmte Zielgruppen legen aus ästhetischen Gesichtspunkten besonderen Wert auf eine adäquate Darstellung). Als Beispiel seien hochwertige, unterhaltungsorientierte Multimedia-Anwendungen genannt. Diese Art von Substanzen setzt beim Endgerät entsprechende Wiedergabe- und Darstellungsfähigkeiten voraus. Auf der anderen Seite existieren aber auch Contents wie etwa Gesetzestexte und -kommentare, deren Wert in weniger hohem Maße z.b. von der Typographie oder dem Umbruch abhängt. Sie stellen diesbezüglich deshalb geringere Anforderungen an die verwendeten Endgeräte. Rezeptionsbedingungen Im Hinblick auf die Rezeptionsbedingungen ist zwischen Inhalten zu unterscheiden, die beim Rezipienten eine hohe Aufmerksamkeit voraussetzen (z.b. komplizierte technische oder