Lehrunterlage Rechtsgrundlagen Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge Veranstaltung FS BSW Themennummer Abteilung Fachliche Verantwortung Aktualisiert (Monat/Jahr) 1 Führung Alexander Kliebisch 08 / 2017 Biederitzer Straße 5 39175 Biederitz TEL (039292) 61-01 FAX (039292) 61-306 poststelle.ibk @sachsen-anhalt.de www.sachsen-anhalt.de www.ibkheyrothsberge.de
Zielgruppen Angehörige der Feuerwehren, die als Wachhabender oder als Posten bei der Brandsicherheitswache eingesetzt werden Mitarbeiter für Brandschutz von Gemeindeverwaltungen
Warum sind Brandsicherheitswachen wichtig? Oberverwaltungsgericht NRW 10 A 3051/99 vom 28.08.2001 Oberverwaltungsgericht Münster 10 A 363/86 vom 11.12.1987 Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 5K 1012/85 vom 14.11.1985
Brandkatastrophe in Bukarest 30.10.2015 im Nachtclub Colectiv (Kellergeschoss) Metalcore-Band Goodbye to Gravity 400 Gäste (Genehmigung für 80 Gäste) 1 Ausgang (80cm breit) keine Genehmigung für Pyrotechnik Ursachen Pyrotechnik leicht entflammbare Isolationsmaterialien Decke mit Holzbalken verziert Bilanz zu hohe Personenzahl Massenpanik verschlossener 2. Rettungsweg 64 Tote zu enger Ausgang 147 Verletzte zu enge Feuerwehrzufahrten (80-90 Schwerverletzte)
Brandkatastrophe in Brasilien 27.01.2013 im Nachtclub Kiss (Stadt Santa Maria) Auftritt der Band Gurizada Fandangueira ca. 900 Gäste (vermutet werden mehr als 2000) 1 Eingang (2m breit), 1 Ausgang (durch Eisenroulette und Gitter verengt) Ursachen Pyrotechnik leicht entflammbare Isolationsmaterialien abgelaufene Betriebszulassung nicht überprüfte Sicherheitstechnik Bilanz (nicht funktionsfähiger Feuerlöscher) Massenpanik unzureichende Rettungswege 232 Tote > 100 Verletzte
Brandkatastrophe in den USA 20.02.2003 im Nachtclub The Station (West Warwick, USA) Auftritt der Band Great White 462 Gäste (Genehmigung für 300 Gäste) 4 Ausgänge standen zur Verfügung Ursachen Pyrotechnik schalldämmendes Styropormaterial an Decke und Wand Brandsicherheitswachen? Räumungskonzept? Massentrieb? Bilanz Rettungswegkennzeichnung? Massenpanik 100 Tote 230 Verletzte
2. Rechtliche Grundlagen
Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) 1 Brandschutz und Hilfeleistung (1) Die Abwehr von Brandgefahren (vorbeugender Brandschutz), die Bekämpfung (abwehrender Brandschutz) und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen sowie bei Notständen sind Aufgaben der kreisfreien Städte, Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden und der Landkreise sowie des Landes. (2) Der vorbeugende Brandschutz umfasst alle Maßnahmen zur Verhütung von Bränden und den Schutz vor den von Bränden ausgehenden Gefahren für Personen, Tiere, Sachen und die Umwelt sowie die Aufklärung über brandschutzgerechtes Verhalten. 18 Vorbeugender Brandschutz (Schutzziele) [ ] auch Maßnahmen - zur Verhinderung eines Brandausbruchs oder - einer Brandausbreitung, - zur Sicherung der Rettungswege sowie - zur Gewährleistung eines wirkungsvollen abwehrenden Brandschutzes
Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) 2 Aufgaben der Gemeinden (1) Den Gemeinden obliegen mit Ausnahme der Brandsicherheitsschau der Brandschutz und die Hilfeleistung als Aufgaben des eigenen Wirkungskreises. (2) Die Gemeinden haben dazu insbesondere 1. eine leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten, zu unterhalten, einzusetzen und mit den erforderlichen baulichen Anlagen und Einrichtungen auszustatten, sowie für eine ausreichende Löschwasserversorgung Sorge zu tragen; 2. die Aus- und Fortbildung der Mitglieder der Feuerwehr sicherzustellen; 3. vorbereitende Maßnahmen der Brandbekämpfung zu treffen; 4. Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und über brandschutzgerechtes Verhalten aufzuklären sowie Brandsicherheitswachen zu stellen.
Was ist eine Brandsicherheitswache? Wache, die in der Regel von der Feuerwehr gestellt wird, wenn ein erhöhtes Brandrisiko besteht oder bei einem Brandausbruch eine größere Anzahl von Menschen gefährdet ist. (Pkt. 3.3.4.4 DIN 14011; 2010-06) Brandwache Einsatzkräfte, die an einer Brandstelle verbleiben, um wiederaufflammende Brandnester löschen zu können, und die auch gestellt werden kann, wenn Stoffe unter Kontrolle abbrennen sollen. (Pkt. 3.2.3.5 DIN 14011; 2010-06)
Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) 20 Brandsicherheitswachen: (1) Veranstaltungen und Maßnahmen, bei denen erhöhte Brandgefahr besteht oder entstehen könnte oder bei denen im Falle eines Brandes eine größere Anzahl von Menschen oder erhebliche Sachwerte gefährdet werden dürfen nur in Anwesenheit einer Brandsicherheitswache durchgeführt werden. (2) Der Veranstalter oder der Veranlasser der Maßnahme hat die Brandsicherheitswache bei der Gemeinde anzufordern. (3) In gewerblichen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen mit Werkfeuerwehren übernehmen diese die Brandsicherheitswache. (4) Jeder Mitwirkende der Brandsicherheitswache kann Anordnungen treffen, die zur Verhütung und Bekämpfung von Brandgefahren und zur Sicherung der Rettungs- und Angriffswege erforderlich sind.
Erhöhte Brandgefahren Rauchen Zirkus Feuer und offenes Licht Motorsportveranstaltungen Beispiele Pyrotechnik und Feuerwerk Messen, Ausstellungen und Volksfeste Verwendung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor
Ermessen* Freies Ermessen kann Zwischen mehreren rechtmäßigen Rechtsfolgen ist auszuwählen. (Beachte: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) Eingeschränktes Ermessen soll In der Regel ist die vorgesehene Rechtsfolge zu wählen, nur ausnahmsweise kann davon abgewichen werden. Gebundene Verwaltung muss Es ist zwingend eine vorgeschriebene, eine bestimmte Rechtsfolge anzuordnen oder sie nicht anzuordnen. * 6 SOG LSA
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit* Geeignetheit Maßnahme muss geeignet sein, die Gefahr abzuwehren bzw. die bereits eingetretene Störung zu beseitigen. Erforderlichkeit Die Maßnahme darf nicht schärfer in die Rechte der Bürger eingreifen, als dies zur Abwehr der Gefahr unbedingt erforderlich ist. (Das mildeste Mittel) Angemessenheit Die Schwere der Maßnahme muss zu dem erstrebten Erfolg im angemessenen Verhältnis stehen. * 5 SOG LSA
Das Handeln der BSW Jeder Mitwirkende der BSW kann anweisen, etwas Bestimmtes zu tun, zu unterlassen oder zu dulden, um Brandgefahren zu verhüten und zu bekämpfen und um Rettungs- und Angriffswege zu sichern. (vgl. 20 BrSchG LSA) Anordnungsbefugnis zur Einhaltung der Schutzziele nach 18 BrSchG LSA Die BSW handelt rechtmäßig: - Zuständigkeit ( 2 BrSchG LSA) - gesetzliche Grundlage ( 20 BrSchG LSA) Einschränkung von Grundrechten ( 31 BrSchG LSA)
Mangelbegriff i.s. der Brandsicherheitsschauverordnung (BrSiVO) Zustände baulicher, technischer, organisatorischer, verhaltensbedingter und planerischer Art, die für Menschen, Tiere, Sachwerte und die Umwelt eine oder mehrere Gefahren darstellen und zu einem Brand führen, eine Brandausbreitung begünstigen, eine wirksame Brandbekämpfung beeinträchtigen, die Rettung von Leben oder die Umwelt gefährden
Gefahr ist eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf des Geschehnisses in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für ein Schutzgut eintreten wird. (i.s. 3 Nr. 3a SOG LSA) konkrete Gefahr Brandgefahren Gefahren, die zu einem Brand führen Gefahren, die von einem Brand ausgehen Gefahren, die durch Brände entstehen
Schutzgüter Öffentliche Sicherheit (i.s. 3 Nr. 1 SOG LSA) - Unverletzlichkeit der Rechtsordnung - subjektive Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen - Bestand, der Einrichtungen und der Verwaltung des Staates und sonstiger Träger der Hoheitsgewalt
Schutzgüter Öffentliche Ordnung (i.s. 3 Nr. 2 SOG LSA) Die Gesamtheit der im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung liegenden ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird.
Abstrakte Gefahr ist eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Falle ihres Eintrittes eine konkrete Gefahr darstellt. (vgl. 3 Nr. 3 f SOG LSA) besonnen handelnder fachkundiger Amtswalter
Anordnungsbefugnis i.s. 20 BrSchG LSA konkrete Gefahr abstrakte Gefahr Beachte: Kein Vollzugsrecht! Verwaltungsvollzugsbeamte Grundsatz: Die Anwendung von Befugnissen der Feuerwehr setzt voraus, dass einem Schutzgut eine Gefahr droht.
Verwendung von Pyrotechnik Quelle: BGI/GUV-I 812
Verwendung von Pyrotechnik Quelle: BGI/GUV-I 812
Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) 28 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig [ ] 3. entgegen 20 Abs. 2 nicht für eine Brandsicherheitswache sorgt, 4. einer Anordnung nach 20 Abs. 4 [ ] nicht nachkommt, [ ] (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden.