Einführung 3. Dermündige Mensch. Denkmodelle der Philosophie, Geschichte, Medizin und Rechtswissenschaft. Herausgegebenvon Gernot Böhme

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Transkript:

Der mündige Mensch

2 Bernd Böhme

Einführung 3 Dermündige Mensch Denkmodelle der Philosophie, Geschichte, Medizin und Rechtswissenschaft Herausgegebenvon Gernot Böhme

4 Bernd Böhme Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn Einbandabbildung: Photographie Figur im Raum, aufgenommen im Kunstbau München 2006 während der Lichtinstallation von Olafur Eliasson; Gruppe X Eine Veröffentlichung des Instituts für Praxis der Philosophie e.v., Darmstadt Die Tagung, auf die dieses Buch zurückgeht, wurde von der FAZIT-Stiftung und der BHF Bank Stiftung gefördert. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind iminternet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 2009 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe dieses Werks wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns iminternet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-23026-6

Einführung 5 Inhalt Gernot Böhme Einführung... 7 Bernd Villhauer Mündigkeit undunmündigkeit nachkants Schrift Beantwortung der Frage. Wasist Aufklärung?... 13 Ute Gahlings Die mündige Frau. Zur Geschichte deskampfes der FrauenumBürgerrechte... 25 FaridehAkashe-Böhme Ehefähigkeit undehemündigkeit... 45 Uwe Volkmann Idee undwirklichkeit der Selbstbestimmung im modernen Staat. Von der Rückkehr desmenscheninseine selbstverschuldete Mündigkeit... 55 Andreas Gruschka Erzieht die Schule zur Mündigkeit?... 67 Thomas Hillenkamp Wann wird der Menschstrafmündig?... 91 Wolf-DieterNarr Die souveräne Bürgerin, der souveräne Bürger... 113 Kai Buchholz Der mündige Konsument... 131 Gernot Böhme Der mündige Patient... 143 Autorinnen und Autoren... 157

6 Bernd Böhme

Gernot Böhme Einführung Das Thema Der mündige Mensch enthält ein Paradox. Auf der einen Seite wird Mündigkeit quasi wie eine Naturgabe dem Menschen zugeschrieben, jedem Menschen, auf der anderen Seite wird dieses Attribut oder ist es eine Kompetenz? jedem Menschen eben zugeschrieben, d.h. von Rechts wegen verliehen. Und das jeweils in einem bestimmten Alter. Dabei wird zwischen Geschäftsmündigkeit, Religionsmündigkeit, Ehemündigkeit, Strafmündigkeit und politischer Mündigkeit unterschieden. Der Heranwachsende wird vom Gesetz jeweils von einem bestimmten Alter an mit einer bestimmten Mündigkeit ausgestattet. Dabei wird also unterstellt, dass der Einzelne Mündigkeit schrittweise mit dem Alter entwickelt, das heißt, und damit wird esernst: er sollte inseiner Entwicklung jeweils zu einem bestimmten Datum so weit sein, dass er der zugeschriebene Mündigkeit auch entsprechen kann. Also: er sollte in der BRD im Alter von 14 Jahren in seinem moralischen und rechtlichen Bewusstsein, wie auch in seiner Fähigkeit aus Einsicht zu handeln, so weit sein, dass man ihm seine Taten schuldhaft zuweisen kann und er somit strafmündig ist (Hillenkamp). Oder er sollte im Alter von 18 Jahren in seiner persönlichen Reife und seinen Kompetenzen für andere zu sorgen soweit sein, dass ereine Ehe führen kann (Akashe-Böhme). Mündigkeit, die zunächst wie ein stolzer Besitz des Menschen erscheint, die nach Kant mit seinem intelligiblen Charakter als Mensch mitgegeben ist, erweist sich also als eine gesellschaftliche Zumutung. Mündigkeit ist eine Norm, der der einzelne Mensch in seiner Entwicklung entsprechen muss, will er als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft angesehen werden. Damit stellt sich die Frage wie in den verschiedenen Dimensionen Mündigkeit erworben werden kann, insbesondere, ob es eine Erziehung zur Mündigkeit gibt. Dass das genannte Paradox so aufgelöst werden kann und muss, wurde bereits von Immanuel Kant formuliert, wenn er in seiner Pädagogik sagt: Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. 1 Doch welches sind die Agenturen einer Erziehung zur Mündigkeit? Erzieht die Schule zur Mündigkeit? (Gruschka) Und kann man überhaupt diese Erziehung den Erziehungsinstitutionen der Schule, der Familie allein überlassen? Besteht nicht vielmehr die gesellschaftliche 1 Immanuel Kant: Über Pädagogik (1803), in: ders. Werke in sechs Bänden (hrsg. v. W. Weischedel), Bd. VI, Darmstadt: WBG 1964, S.699 (A 7)