dd TECHNIK Vollkeramische Versorgung mit Kronen und Brücken aus Vollkeramik Natürlich Implantatgetragen Ein Beitrag von Mark Bultmann, Jever/Deutschland Die Patienten sind mündiger geworden: die jüngste Etappe der Gesundheitsreform gab einen weiteren Anstoss um viele Patienten viel bewußter gemeinsam mit Zahntechniker und Zahnmediziner ihren speziellen Zahnersatz auswählen zu lassen. Immer mehr bevorzugen metallfreie Restaurationen und die CAD/CAM-Technologie lässt im Bereich Vollkeramik immer kompliziertere und aufwändigere Restaurationen zu. In diesem Beitrag fertigte Mark Bultmann eine auf Implantaten sowie auf natürlichen Pfeilerzähnen abgestützte vollkeramische Restauration. Indizes: Anhänger, Ästhetik, Provisorien, verblockte Kronen, Vollkeramik Ausgangssituation Der Oberkiefer des Patienten war ursprünglich mit Kronen und Brücken aus Metallkeramik versorgt (Abb. 1). Im Seitenzahnbereich des 1. Quadranten befand sich eine unilaterale Versorgung mit einer Riegelarbeit (Abb. 2), ebenso Zahn 27, der mit einem Ringteleskop mit Riegelarbeit versorgt ist (Abb. 3). Im Unterkiefer waren die unteren Inzisiven noch erhaltungswürdig, im 3. Quadranten befanden sich Kronen und Brücken aus Metallkeramik. Zwischen 44 und 47, bestand eine Schaltlücke (Abb. 4). Der Patient wünschte im Ober- wie im Unterkiefer eine festsitzende Versorgung. Planung Bevor wir eine Behandlung beginnen, unterhalten wir uns grundsätzlich im Team, also Zahntechniker und behandelnder Zahnarzt, intensiv mit dem Patienten. Nur so können wir optimal planen und die Wünsche des Patienten bestmöglich in die Versorgung miteinbeziehen. Nachdem die Planung feststeht, wird dem Patienten nochmals die ganze Termingestaltung und die Vorgehensweise in einem ausführlichen Gespräch erklärt und somit werden alle offen Fragen aus der Welt geschaffen. Abb. 1 Die OK- Ausgangssituation des Patienten im Gipsmodell festgehalten. Abb. 2 Im Unterkiefer waren die unteren Inzisiven erhaltungswürdig, zwischen 44 und 47 besteht eine Schaltlücke. 2 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd Abb. 3 Im ersten Quadranten trug der Patient eine Riegelarbeit. Abb. 4 An 27 befand sich ebenfalls ein Ringteleskop mit Riegelarbeit. Vorbereitung Abb. 5 Um die Wünsche des Patienten bestmöglich zu erfüllen, setzte der behandelnde Zahnarzt vier Implantate. Für eine optimale Ausgangssituation wurde der Patient im Bereich 12 und 21 gingivektomiert. Um die Wünsche des Patienten realisieren zu können, mussten im Oberkiefer vier Implantate inseriert werden. Dabei entschied sich ZA Peter Hirschfeld für das Implantat System von Nobel Biocare: Nobel Direct. Hierbei handelt es sich um ein einphasiges Implantat, das nach seiner Insertion wie ein Zahn beschliffen werden kann (Abb. 5). Nach einer Einheilungsphase von zweieinhalb Monaten konnte die Interimsversorgung im Oberkiefer gegen provisorische Brücken ausgetauscht werden. Diese gaben uns die Möglichkeit schon im Vorfeld ein Weichgewebsmanagement im Seitenzahnbereich vorzunehmen. Weitere sechs Monate später konnten dann für die definitive Versorgung die Implantate und die verbleibenden geplanten Zähne präpariert werden. Die Behandlung läuft fast immer nach einem ähnlichen Schema ab: am ersten Behandlungstag wird der Patient für die Oberkiefer- Präparationen und Abformungen (jeweils zwei pro Kiefer) eingeplant. In diesem Fall wurde während dieser Sitzung dann auch im Bereich der Frontzähne 11 und 21 gingivektomiert (Abb. 6). Die Situation wurde mit Hilfe einer Schiene geschützt und der Patient konnte erst einmal nach Hause gehen. Die gleiche Prozedur wird dann am nächsten Tag im Unterkiefer wiederholt. Am dritten Tag können die Schienen herausgenommen und eine Axiographie durchgeführt, sowie zwei Zentrikplatten hergestellt werden. Abb. 6 Ist die Abformung so genau wie hier durchgeführt, macht es besonders viel Spass, die Restauration herzustellen. 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 3
dd TECHNIK 8 7 Abb. 7 bis 9 Die Provisorien wurden im Labor gefertigt. 9 Provisorische Versorgung Danach bekommt der Patient laborgerfertigte Provisorien. Die Zentrikplatten werden direkt vor Ort kontrolliert und die Modelle neu eingestellt. Somit können die Provisorien vor dem Einsetzen noch auf die neue Zentrik eingestellt werden. Über diese Provisorien haben wir nun die Möglichkeit alle noch verbleibenden Korrekturen zu besprechen (Form, Farbe, Stellung der Zähne). Da in der Front aufgrund der großen Spanne verschiedene Einschubrichtungen nötig waren, wurden die Provisorien im Vorfeld in der Region zwischen 22 und 23 getrennt und eine Verschlüsselung freigelassen (Abb. 7 bis 9). Diese konnte dann im Mund mit Composit verschlossen werden (Abb. 10 bis 13). 4 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd 10 11 12 Abb. 10 bis 13 Da die Spanne sehr groß ist, wurde hier mit einer Verschlüsselung gearbeitet, die dann im Mund mit Composit verschlossen wird. 13 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 5
dd TECHNIK 14 15 Abb. 14 bis 16 Die Sägeschnittmodelle müssen exakt angefertigt sein, dass beim Scannen eine optimale Übertragung gewährleistet ist. Modellherstellung Für die Herstellung der definitiven Arbeit benötige ich ein Sägeschnittmodell (Abb. 14 bis 16) und ein festes Modell zur Kontrolle der Schleimhautsituation. Über den Gesichtsbogen und die Zentrikplatten werden die Modelle exakt eingestellt (Abb. 17). Die Zentrikplatten sind dann nicht wertlos, sondern sollten noch einmal kontrolliert werden, um zwei identische Registrate zu erhalten. Sie sind aber schon vorher auf ihre Genauigkeit kontrolliert worden, da die Provisorien schon danach neu eingeschliffen worden sind. Wenn die Sägemodelle eingestellt werden, ist die Kontrolle schon gelaufen. Für mich ist es zudem noch einmal eine Kontrolle, ob ich richtig einartikuliert habe, denn sie müssen ja beide identisch sein. 16 Wax-Up Die Gestaltung der okklusalen Verhältnisse ohne vorheriges Aufwachsen wäre ein schwieriges Unterfangen. Beim Wax-Up setze ich alles um, was an den Provisorien aufgefallen ist und einer Änderung bedarf (Abb. 18 bis 24). Mit dieser Vorgabe steht mir später alles offen und es verschafft mir für meine Kommunikation mit dem Fräszentrum eine gute Basis für die Gerüstherstellung. Das Lava System der Firma 3M Espe bietet uns ideale Voraussetzungen, um diesen Fall in Vollkeramik zu lösen. Mit den neuen Indikationen, die es uns auch ermöglichen einen Anhänger an zwei verblockte Kronen zu integrieren, konnte die Frontzahnsituation ideal gelöst werden. Nach abschließender Begutachtung, auch durch den Behandler, wird die Situation noch einmal mit Vorwällen fixiert und damit immer wieder reproduzierbar und kontrollierbar gemacht (Abb. 25). Abb. 17 Die Zentrikschlüssel spielen für die Datenübertragung eine zentrale Rolle. 6 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd 18 19 Abb. 18 bis 22 Im Wax-Up können alle positiven Elemente der Provisorien übernommen und Änderungen umgesetzt werden. 20 21 22 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 7
dd Abb. 23 und 24 Die Optik muss perfekt sein aber auch die Funktion muss akribisch umgesetzt werden. Abb. 25 Der Vorwall ist Garant für die Reproduzierbarkeit der Wachsmodellation. Abb. 26 und 27 Es ist immer wieder ein schöner Anblick wenn die Gerüste vom Fräszentrum wieder zurück im Labor sind. Besonders bei einer solchen Anzahl. Die Gerüste sind perfekt jetzt kann man sich aussschließlich auf das Verblenden konzentrieren. Gerüstherstellung Nun können die Sägeschnittmodelle zum Fräszentrum geschickt werden. Dort wird die Wachsmodellation eingescannt und über die Stümpfe projiziert. Dies hat den entscheidenen Vorteil, dass nun die Gerüste in einer perfekten Größe gefräst werden können. Nun haben wir die ideale Stärke für das Gerüst, sowie genügend Platz für unsere Verblendkeramik (Abb. 26 und 27). Verblenden der Gerüste Jetzt kommt das zum Tragen was ich im Vorfeld erwähnte: Durch das Wax-Up sind wir nun frei und haben keinen Stress uns mit 25 Kronen gleichzeitig beschäftigen zu müssen. Nach dem Zurückschleifen des Randes können wir aufgrund der perfekten Passgenauigkeit gleich mit dem Verblenden eines Quadranten beginnen. Diesen können wir gegen das Wax-Up des Gegenkiefers modellieren, ohne 8 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd Abb. 28 Beim Verblenden ist eine Kontrolle durch die Vorwälle absolut wichtig. Abb. 29 Im Unterkiefer ist das WaxUp aufgesetzt, im Oberkiefer, ist das Brückengerüst zur Verblendung vorbereitet. Die Überlegungen vom Wax-Up sind eingefroren, das Verblenden ist so viel unproblematischer. Abb. 30 Im Oberkiefer habe ich mittlerweile das Dentin für den ersten Dentinbrand aufgebracht. Das Wax-Up im Unterkiefer hilft mir, die Verzahnung und die Formgestaltung der Zähne bestmöglich umzusetzen. Abb. 31 Die Okklusalflächen stimmen auch funktionell: die Gestaltung des Gegenkiefers in Wachs lässt kaum Fehler zu. 32 33 34 Abb. 32 bis 34 Im Halsbereich und bei breiten Approximalräumen ist Schulterporzellan empfehlenswert: ein warmer Ton verhindert den Helligkeitsverlust. Sorge zu haben, dass wir im Gegenkiefer später nicht genügend Platz haben. All diese Dinge können wir auch mit Hilfe der Vorwälle noch einmal kontrollieren (Abb. 28). Bei Brückengliedern und bei br*eiten Approximalräumen sowie im Halsbereich arbeite ich sehr gerne mit Schulterprozellan. Dies gibt der Restauration einen warmen Ton vom Halsbereich aus (Abb. 29 bis 34) und führt zu keinem 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 9
dd TECHNIK 35 36 37 38 Abb. 35 bis 39 Im Zwischendbrand werden die Charakeristika festgelegt und danach die Form für die Einprobe komplettiert. Helligkeitsverlust. Approximal sowie bei den Basalflächen der Brückenglieder würde zu viel Dentinmasse die Flächen zu dunkel erscheinen lassen. Für den Frontzahnbereich nutze ich immer nach dem ersten Dentinbrand die Möglichkeit eines kurzen Zwischenbrandes (Abb. 35 bis 39). In diesem Schritt lege ich meine Charakteristika fest. Diesen Brand fahre ich wie den Dentinbrand zuvor nur ohne Haltezeit. Danach kann ich die Form komplettieren. In diesem Fall haben wir an dem Einsetztermin die Einprobe und die genaue Bestimmung der Pontics vorgenommen. Ich gebe die Restauration nicht gerne nach einem Glanzbrand noch einmal in den Ofen, um die Pontics gegebenenfalls noch einmal nachzubrennen. Dies würde sich negativ auf die Oberflächentextur auswirken. 10 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd 40 41 42 43 44 Abb. 40 bis 44 Wenn nötig, kann man jetzt noch kleine Korrekturen vornehmen. Da der behandelnde Zahnarzt ohnehin einen Tag für das Einsetzen der Vollkeramischen Kronen angesetzt hatte, war noch genügend Zeit, kleine Korrekturen vorzunehmen und einen Glanzbrand zu machen (Abb. 40 bis 44). 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 11
dd TECHNIK Abb. 45 Ein Schmuckstück da bekommt die Arbeit ein Stückchen Urlaubsflair. Das verleitet natürlich auch einmal etwas ganz Besonderes als Hintergrund zu wählen wie zum Beispiel eine Muschel. Da fühlt man sich auch bei der Arbeit wie im Urlaub (Abb. 45)! Durch das Tragen der laborgefertigten Provisorien war das Weichgewebe schon ideal ausgeformt und auch die Region um die Stümpfe bot eine gute Basis (Abb. 46 und 47). Die Abschlussfotos sind eine Woche nach dem Einsetzen entstanden (Abb. 48 bis 54). Hier kann man sehr schön sehen, dass sich das Zahnfleisch mit der neuen Restauration nun genauso wohlfühlt wie der Patient. Abb. 46 und 47 Das Weichgewebe ist durch das Tragen der Provisorien ideal ausgeformt. 12 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005
TECHNIKdd 48 Abb. 48 bis 52 Die Abschlussfotos zeigen es in der Übersicht und im Detail: die Restauration ist gelungen. 49 50 51 52 6. JAHRGANG 2005 dental dialogue 13
dd TECHNIK Abb. 53 und 54 Die Restauration wirkt natürlich obwohl die Ausgangssituation keine optimalen Verhältnisse bot. Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei dem Patienten für seine Geduld, sowie bei dem ganzen Team der Zahnarztpraxis Peter Hirschfeld für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ein besonderes Dankeschön geht an meinen Kollegen Ralf Mlecko der die Provisorien dieser Restauration angefertigt hat. Zur Person Mark Bultmann 07.04.1972 in Leer Mark Bultmann ist seit 1993 Zahntechniker. Er perfektionierte seine Kenntnisse auf dem Gebiet der Totalprothetik unter anderem in Kursen von Jürg Stuck und Dr. Guiseppe Allais. Auf dem Gebiet der Keramik bildete er sich bei Enrico Steger, Thilo Vock, Hubert Schenk und Klaus Müterthies fort. Seit 2001 ist Mark Bultmann Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde, 2003 wurde er zum aktiven Mitglied ernannt. Neben seiner Tätigkeit im Labor der Zahnarztpraxis Peter W. Hirschfeld, Jever, ist er seit 2003 Referent für das Vollkeramiksystem Lava von 3M Espe. Kontaktadresse Mark Bultmann Zahnarztpraxis Peter W. Hirschfeld Schlosserplatz 4 26441 Jever Fon +49 (0) 44. 61 91 20 30 bultmann.m@t-online.de Produktliste Indikation Name Hersteller/Vertrieb Implantatsystem NobelDirect NobelBiocare Oxidkeramikgerüst Lava 3M Espe Provisorium New Outline anaxdent Verblendkeramik Lava Ceram 3M Espe 14 dental dialogue 6. JAHRGANG 2005