Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels

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Transkript:

Auszug aus dem Buch: Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels in Österreich (Seite: 106-111) Empfehlungen: 1) Wie die Fallanalyse gezeigt hat, funktioniert die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen bei Fällen mit Prozessbegleitung weitaus besser als bei denjenigen Fällen, die ohne Prozessbegleitung ablaufen. Die Interviews haben gezeigt, dass diejenigen Betroffenen, die Prozessbegleitung in Anspruch nehmen, dem Gericht glaubwürdiger erscheinen 1. Daraus sollte sich die Pflicht der Behörden ergeben, vermehrt und auf gut verständliche Weise über Prozessbegleitung aufzuklären, sodass die Entscheidung letztlich bei der betroffenen Person liegt, ob diese Prozessbegleitung zuzieht oder nicht. 2) In der Praxis ist mehr Augenmerk auf die Sicherstellung und Beschlagnahme von Vermögenswerten bei den Beschuldigten zu richten. Zum einen regelt die Strafprozessordnung auch die Sicherstellung und Beschlagnahme von Vermögenswerten zur Sicherung bzw. Deckung möglicher Ansprüche von Opfern, zum anderen ist die Sicherstellung und Beschlagnahme von Vermögenswerten, die aus einer Straftat stammen Teil der Aufgaben der Ermittlungsbehörden. Tatsächlich wird in den meisten Ermittlungsverfahren darauf kein Bedacht genommen, was nicht nur zu einer Beschränkung der Rechte der Opfer führt, sondern auch zu dem ungewünschten Effekt, dass TäterInnen ihren Profit aus den Straftaten behalten können. Zusätzlich zeigt die Fallanalyse, dass nach wie vor die Aussage der Betroffenen im Strafverfahren sehr bedeutend ist. Um nicht gänzlich von der Aussage der Betroffenen abhängig zu sein, wäre es sehr wichtig, Sicherstellungen und Beschlagnahmen auch im Bereich des Menschenhandels verstärkt durchzuführen. Die verstärkten Maßnahmen des Bundeskriminalamts sowie 1 Interview mit Richter, November 2010.

der Justiz in diesem Bereich, wie beispielsweise Formierung einer Arbeitsgruppe oder einen Erlass, sind daher sehr zu begrüßen. 2 3) Die Fallanalyse hat gezeigt, dass das bestehende System der Unterstützung von Betroffenen des Menschenhandels am ehesten für Frauen zugänglich ist. Männer und Kinder erscheinen zum einen fast nicht als Betroffene in Strafverfahren zu Menschenhandel, zum anderen sind sie weitgehend von der Möglichkeit einer PB ausgeschlossen. Es wird daher empfohlen, für männliche Betroffene eine Unterstützungsstruktur mit Unterbringung aufzubauen. In Bezug auf Kinder ist die Unterbringung gewährleistet, dennoch sollte darauf hingewirkt werden, dass auch der Zugang zu PB im Verfahren gewährleistet wird, um so den Weg zu einer Entschädigung realistischer zu gestalten. 4) In den meisten Strafverfahren gegen TäterInnen wegen Menschenhandel oder grenzüberschreitenden Prostitutionshandel werden den Opfern pauschale Schmerzensgeldbeträge zugesprochen. Obwohl sich regelmäßig aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergibt, dass die Opfer einen nachweisbaren Verdienstentgang erlitten haben, da ihnen kein Lohn bezahlt oder ihnen der verdiente Lohn abgenommen wurde, fehlt es hier an einer bisher praktisch völlig unterlassenen Spruchpraxis. Zu empfehlen wäre daher, dass die Gerichte auch mehr Augenmerk auf den Verdienstentgang legen und die Rechtsprechung dahingehend geändert wird, dass den Opfern ihr bewiesener Verdienstentgang zugesprochen wird. Des Weiteren wäre zu empfehlen, dass die Höhe der Zusprüche sowie deren Zusammensetzung in den Strafurteilen begründet werden. Das würde die Entscheidung des Gerichts für die Betroffenen und deren VertreterInnen transparenter und nachvollziehbarer machen. Auch wenn es zu keinen Zusprüchen kommt, wäre eine Begründung dafür wünschenswert. 2 GRECO, Europarat, Joint First and Second Round Evaluation Compliance Report on Austria, RZ 57, http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/round2/grecorc1&2%282010%291_ Austria_EN. pdf (15.12. Dezember 2010).

5) Betroffene von Menschenhandel und grenzüberschreitenden Prostitutionshandel benötigen eine bessere und umfangreichere Belehrung über ihre Rechte, Schadenersatz in einem Strafverfahren geltend zu machen, und welche Unterstützung sie dabei in Anspruch nehmen können. Gem. 10 Abs 2 StPO sind Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte dazu verpflichtet, auf die Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen und alle Opfer über ihre wesentlichen Rechte im Verfahren zu informieren sowie über die Möglichkeit, Entschädigungs- oder Hilfeleistungen zu erhalten. Aus den ExpertInnen- Interviews wird jedoch ersichtlich, dass dies nicht der gängigen Praxis entspricht. Es wird daher empfohlen, in jedem Verfahrensstadium sicherzustellen, dass die Betroffenen umfassend und verständlich über ihre Rechte informiert werden, dass aktiv die Einschaltung von Betreuungseinrichtungen veranlasst wird bzw. dass auch aktiver dabei unterstützt wird, Betroffenen, für die keine spezialisierte Betreuungseinrichtung zur Verfügung steht, kostenlose Beratung zu gewährleisten. 6) Aufgrund der Ergebnisse der Fallanalyse wird empfohlen, dass die Delikte Menschenhandel gem. 104a StGB sowie Grenzüberschreitender Prostitutionshandel gem. 217 StGB in der Art umformuliert werden, dass diese einen Qualifikationstatbestand erhalten: Opfer dieser Straftaten erleiden regelmäßig massive Körperverletzungen oder psychische Folgeschäden, was dazu führt, dass sie den TäterInnen umso mehr ausgeliefert sind und diese daher mit den Opfern umso mehr Profit erzielen. Aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage können die Opfer aber ihre Ansprüche insbesondere aus den erlittenen psychischen Folgen nicht geltend machen, da aufgrund der nicht bestehenden Qualifikation die Einholung eines Gutachtens seitens des Strafgerichtes nicht vorgesehen ist. Erst in einem weiteren Zivilverfahren könnten die Opfer auf eigenes Kostenrisiko ein solches Gutachten beantragen. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass Opfer von

Menschenhandel in Form von Arbeitsausbeutung jedenfalls berechtigt sind, Prozessbegleitung in Anspruch zu nehmen, auch wenn als unlautere Mittel weder physische Gewalt oder Drohung verwendet wurde, aber die Betroffenen trotzdem unter den massiven psychischen Folgen des Ausbeutungsverhältnisses zu leiden haben. 7) Für Betroffene von Menschenhandel stellt ein zusätzliches zivilgerichtliches Verfahren im Anschluss des Strafverfahrens eine erhebliche emotionale und mitunter auch eine finanzielle Belastung dar. Um diese zusätzlichen Bürden für die Betroffenen zu vermeiden, wird angeregt, dass von Seiten des Gerichts vermehrt darauf geachtet wird, dass bereits im Zuge des Strafverfahrens Schadenersatz in angemessener Höhe zugesprochen wird. 8) Auch wenn das Institut der psychosozialen Prozessbegleitung im Zivilverfahren seit In-Kraft-Treten des 2. Gewaltschutzgesetzes (BGBl I 40/2009) bereits eine erhebliche Verbesserung für die Betroffenen von Menschenhandel darstellt, ist sie für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen per se keine ausreichende Unterstützung. Der/die psychosoziale Prozessbegleiter/in hat im Zivilverfahren die Stellung einer Vertrauensperson und ist damit nicht befugt, rechtliche Auskünfte im Hinblick auf die Höhe der Schadenersatzforderungen zu geben. Auch wenn Betroffenen von Menschenhandel auf Grund ihrer finanziellen Situation zumeist Verfahrenshilfe bewilligt wird, tragen sie dennoch ein Kostenrisiko bei Verlust des Verfahrens. Die Ausweitung einer einkommensunabhängigen juristischen Prozessbegleitung auf das Zivilverfahren, wie sie im ursprünglichen Entwurf des 2. Gewaltschutzgesetzes vorgesehen war (193/ ME XXIII. GP Ministerialentwurf Gesetzestext), würde die Betroffenen eher dazu anregen, ein zusätzliches gerichtliches Verfahren zu bestreiten, und ihre Chancen auf Entschädigung erheblich erhöhen. Auch wäre auf diese Weise garantiert, dass einschlägige Opferschutzeinrichtungen spezialisierte RechtsanwältInnen mit der juristischen Prozessbegleitung beauftragen können und damit dieselbe Person sowohl im Straf- als auch im Zivilverfahren

vertreten kann, was wiederum zu einer kontinuierlichen und damit schonenden Betreuung der Betroffenen führt. 9) Es ist gesetzlich vorgesehen, dass ein/e MigrantIn ohne Beschäftigungsbewilligung auch Ansprüche wie aus einem gültigen Arbeitsverhältnis geltend machen kann. Es wird daher empfohlen, dass zur Umsetzung dieser bestehenden Ansprüche eine niederschwellige Einrichtung entwickelt wird, welche MigrantInnen, deren Arbeit nicht entsprechend entlohnt wird bzw. die ausgebeutet werden, in der Geltendmachung unterstützt. Die Umsetzung dieser Möglichkeit wäre auch für Betroffene des Menschenhandels von großer Bedeutung, allerdings gestaltet sich die Geltendmachung dieser Ansprüche schwierig. Eine verbesserte Möglichkeit der Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen wäre auch im Hinblick auf den Aufenthalt für Betroffene des Menschenhandels erstrebenswert. Die bestehende rechtliche Möglichkeit eines Aufenthalts zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche kann in der Praxis bei fehlender institutioneller Unterstützung dabei von Betroffenen des Menschenhandels nicht in Anspruch genommen werden. 10)Das Verbrechensopfergesetz sieht vor, dass sich Drittstaatsangehörige zum Tatzeitpunkt rechtmäßig in Österreich aufhalten müssen, um Zugang zu Leistungen aus diesem Gesetz erhalten zu können. Viele Betroffene des Menschenhandels wären dadurch ausgeschlossen, zudem können Betroffene des Menschenhandels nicht frei über den Aufenthalt oder die Dauer des Aufenthalts entscheiden. Aufgrund der Natur des Menschenhandels und der damit zusammenhängenden Straftaten wird empfohlen, eine Ausnahmeregelung für Opfer des Menschenhandels im Verbrechensopfergesetz zu formulieren. Betroffene des Menschenhandels sind Opfer isd des Verbrechensopfergesetzes und für diese sollte aufgrund der für Betroffene nicht beeinflussbaren aufenthaltsrechtlichen Implikationen des Menschenhandels keine Nachteile entstehen.

11)Die aus dem Verbrechensopfergesetz resultierende notwendige Überprüfung, ob und inwieweit im Herkunftsland ähnliche Ansprüche bestehen, stellt für Betroffene des Menschenhandels einen hohen Aufwand dar. Um bei dieser Überprüfung effizienter vorgehen zu können, wird empfohlen, eine Analyse der Entschädigungsmöglichkeiten jener Länder durchzuführen, die in Bezug auf Menschenhandel in Österreich am relevantesten sind. Die Analyse der bedeutendsten Herkunftsländer soll aufzeigen, ob und in welchem Ausmaß für Betroffene des Menschenhandels vergleichbare Ansprüche bestehen. Weiters wird empfohlen, dass die Einholung der gesetzlich notwendigen Informationen über die Entschädigungsmöglichkeiten im Herkunftsland amtswegig durchgeführt wird. 12)Im Rahmen von grenzüberschreitenden Fällen ist nicht geklärt, welche Behörde für etwaige anfallende Übersetzungskosten aufzukommen hat. Auch im Rahmen der Überprüfung der Ansprüche im Herkunftsland können Übersetzungskosten anfallen, die jedoch aufgrund fehlender Mittel nicht von den Betroffenen des Menschenhandels bezahlt werden können. Es wird daher empfohlen, die Übernahme allfälliger Übersetzungskosten durch die involvierten Behörden im In- und Ausland bei grenzüberschreitenden Fällen in der Art festzulegen, dass diese nicht von den Betroffenen selbst getragen werden müssen. 13) Das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels verpflichtet Österreich, die Entschädigung für Opfer des Menschenhandels zu gewährleisten. Instrumente wie die psycho-soziale und juristische Prozessbegleitung sind für die Erlangung von Entschädigung essentiell. Dennoch lässt sich anhand der Fallanalysen zeigen, dass nicht jede/r Betroffene eine Entschädigung erhält. Die Strafprozessordnung sieht die Möglichkeit vor, dass Privatbeteiligte, denen eine Entschädigung zuerkannt wurde, vom Bund einen Vorschuss erhalten können, wenn der/die Verurteilte nicht für die Entschädigung aufkommen kann, beispielsweise aufgrund einer

Freiheitsstrafe. 3 Die Zugangsvoraussetzungen sind zahlreich und Opfer können beispielsweise keinen Vorschuss erhalten, wenn diese Leistungen aus dem Verbrechensopfergesetz abgegolten werden. Der Zugang zum Vorschuss auf Entschädigung muss für Betroffene des Menschenhandels ermöglicht werden. 14) Um allen Opfern des Menschenhandels eine Entschädigung gewährleisten zu können, sollte dem Vorschlag des Europarats gefolgt werden und ein Entschädigungsfonds für Opfer des Menschenhandels errichtet werden. + Informationen zum Buch: Titel: Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels in Österreich Autorinnen: Planitzer J., Probst E., Steiner B., Unterlerchner B. Verlag: ÖGB Verlag (2011) ISBN: 978-3-7035-1498-2 3 Siehe 343a StPO.