Wie gewinnen wir ethische Maßstäbe für ein christliches Handeln in der Welt? Generalkonvent Sprengel Lüneburg 12. September 2012

Ähnliche Dokumente
Die Botschaft Jesu in seiner Zeit und Umwelt (IF 4) Konkretisierte Kompetenzerwartungen. Die Schülerinnen und Schüler

Grundlage hierfür sind das Rahmenbild für kath. Kindertagesstätten im Bistum Trier und das Leitbild unseres Trägers der KiTa ggmbh Trier.

Leitziele unseres Handelns in den Gemeinden St. Johannes der Täufer, Leonberg und St. Michael, Höfingen-Gebersheim

Schulinternes Curriculum Katholische Religionslehre Jahrgangsstufe 7 Unterrichtsvorhaben: Sakramente Lebenszeichen

Michael Diener Steffen Kern (Hrsg.) Ein Impuls für die Zukunft der Kirche

Gott bekennen mit Mund und Herzen; und: Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl des Schwachen.

2.2.1 Werteorientierung und Religiosität

Schulinterner Lehrplan für das Unterrichtsfach. Katholische Religion / Sekundarstufe I

Schulinterner Lehrplan Evangelische Religionslehre am Clara-Schumann-Gymnasium Holzwickede Qualifikationsphase (Q 1)

Spiritueller Umgang mit Führung

FACHRICHTLINIEN KATHOLISCHE RELIGION

RUPS Hefte. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen - Spiritualität mit schwerstbehinderten Kindern und

KYRIE. Herr, du hast ein Herz gehabt für alle Menschen. Du möchtest, dass wir offen sind für die Nöte der Menschen um uns. Herr erbarme dich.

3) Evangelischer Religionsunterricht in der Sek.II

Hildegard von Bingen

Ist denn Christus zerteilt? (1 Kor 1,1-17)

Thema 2: Gottes Plan für dein Leben

Epiphanias, , Predigt Jes 45, 1-8, Pfarrer Dr. Wolfgang Leyk

Pfarrei Liebfrauen Trier. Leitbild. der Kindertagesstätten der katholischen Kirchengemeinde Liebfrauen Trier

Mit Geldanlagen die Welt verändern? Vorstellung zentraler Inhalte der neuen Studie als thematische Einführung in die Fachtagung

Es gilt das gesprochene Wort!

Predigt zum Fenster Vergebung, Lk 7,36-50

Dieses Kirchengebäude ist also als ein Ort der Begegnung mit Gott gedacht. Gleichzeitig sagt die Bibel im Buch Jesaja, Kapitel 66:

1. Fürbitten. 1. Wir beten in der Stille, dass dieses Kind ein treuer Zeuge des Evangeliums wird.

Die Berufung Abrahams und die Mission der Gemeinde Jesu Christi (Gen. 12, 1-3) Dalai Lama in Wien

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck

tun. ist unser Zeichen.

Curriculum Evangelische Religionslehre Qualifikationsphase März 2015

Gestaltungselemente für das Gebet um eine gute Entwicklung der Seelsorgeeinheiten in unserer Diözese

Städtisches Gymnasium Olpe. Schulinternes Curriculum Evangelische Religionslehre

Einführungsphase:Übersichtsraster Unterrichtsvorhaben (mit Kompetenzerwartungen und inhaltlicher Realisierung)

Evangelische Messe anlässlich der Segnung von N.N. und N.N. am. Zu den mit * gekennzeichneten Teilen des Gottesdienstes steht die Gemeinde

Weniger ist mehr Frouezmorge

Die Evangelische Allianz in Deutschland. Können Muslime und Christen Freunde sein?

jemand segnet? Wie werde ich für andere zum Segen? 1- Mein erster Gedanke: Die verfehlte Wahrheit,

HGM Hubert Grass Ministries

20 positive Glaubenssätze

Bibel als "Ur- Kunde" des Glaubens an Gott (IF 3) Konkretisierte Kompetenzerwartungen. Die Schülerinnen und Schüler. erläutern den Aufbau der Bibel

Zum Schluss Unsere Vision Unser Grundverständnis: Gemeinsam ... mit Leidenschaft unterwegs... für Gott

Qualitätsanalyse NRW an Evangelischen Schulen. Präambel

Leitbild des Kath. Kindergarten St. Jakobus, Untermettingen

Städtisches Gymnasium Olpe. Schulinternes Curriculum Evangelische Religionslehre. Qualifikationsphase 2-1. Halbjahr Halbjahresthema: Ekklesiologie

Familiengottesdienst am , dem 6. Sonntag der Osterzeit Zum Thema Freundschaft und Vertrauen

Qualifikationsphase (Q1) GRUNDKURS - Halbjahresthema 1.Hj.: Als Mensch Orientierung suchen sich Herausforderungen des Glaubens stellen

Berührt von Gott, der allen Menschen Gutes will... 2 Wer sich von Gott geliebt weiß, kann andere lieben... 2 In wacher Zeitgenossenschaft die

Gott persönlich kennen lernen

Arche Noah Kindergarten Ahornstraße Arnsberg Tel. ( )

Unsere christliche Identität: Erinnern und bekennen, danken und barmherzig sein

ON! Reihe Religion und Ethik DVD Institution Katholische Kirche Arbeitsmaterialien Seite 1

Korps Huttwil. Merkblatt. Krankenheilung

Arbeitshilfen Nr. Titel Datum

Fürbitten zur Tauffeier

Modelle der Solidarität in der Bibel

irdischen Pilgerschaft in die Herrlichkeit der Auferstehung folgen, wo sie nun mit ihm am Herzen des Vaters ruht.

Wie entdecke ich meine Gaben?

TAUFE EIN WEG BEGINNT

Schulinterner Lehrplan für das Fach Philosophie in der Einführungsphase der Gesamtschule Aachen-Brand

Schulinterner Lehrplan im Fach Evangelische Religionslehre zum Kernlehrplan für die gymnasiale Oberstufe

Predigt über Römer 14,17-19 am in Dischingen (nicht Erntedank!)

WAS IST SOULDEVOTION?

Essay zu Thema Alleine sein. Tausendmal habe ich diesen Satz in meinem Leben schon gehört.

Evangelische Sozialethik

wunderbarste Liebesbrief

Predigt anlässlich der Andacht zum Kirchweihgedenken der Schlosskirche zu Torgau am 5. Oktober 2010

Predigt über Römer 8, für den Pfingstsonntag, 8. Juni 2014

Leitbild des Kath. Kindergartens St. Johannes der Täufer

BLITZLICHT ANTWORTEN AUF AKTUELLE LEBENSFRAGEN Freitag, der 13.

Politik, Wirtschaft und Mensch

Fragen zum Buch des Lebens

Wie du. persönlich kennenlernst. Beat Abry

Curriculum für das Fach Katholische Religionslehre KLASSE 5: 1. Ich und die Gruppe: 12 Stunden. 2. Die Bibel: 12 Stunden

Kinderrechte- Reisepass

Leseprobe S. 2, 12-17

Schulinternes Curriculum Katholische Religionslehre Einführungsphase. Unterrichtsvorhaben: Der Mensch in christlicher Perspektive

Inhalt. Anhang Die Segnung 11. Die Taufe ein Sakrament 4. Die Kindertaufe: Mehr als ein Ritual am Anfang 6. Die Taufhandlung: Mehr als nur Worte 7

Christentum und Islam - Theologische Wechselwirkungen zwischen Bibel und Koran

Ich, die anderen, die Welt und Gott. Bereich Arbeitsschwerpunkte Kompetenzerwartungen Nach sich und den anderen Fragen

Integrative Beschäftigung Hopfgarten Diakoniewerk Tirol. Ich arbeite! Bald bei Ihnen?

Zweijahresplan mit inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen zum Bildungsplan Variante Schuljahr

Sei nicht ängstlich, im Umgang mit mir standhaft zu bleiben! Mir ist diese Haltung lieber, weil ich mich dadurch sicher fühle.

Deutschland 2016 Integration gemeinsam leben

Die Taufe Eine Verbindung die trägt

Klinik Hohe Mark Oberursel (Taunus) Frankfurt am Main

Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter beim Jubiläumsgottesdienst 1200 Jahre Götting am 26. Juli 2009 in Götting-St.

Afrikanische Märchen Weisheiten zu Moral und Nachhaltigkeit in traditionellen Kulturen. Prof. Dr. Hildegard Simon-Hohm

Lehrplan. Katholische Religion

Mit Gott rechnen. 1. Verdienen. Einzelübung. Die Sicht Mammons. Notiere dein monatliches und jährliches Einkommen

1) Gott sagt: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein." (1. Mose 12,2)

Impulsvortrag: Der göttliche Funke im irdischen Erfolg

FÜRBITTEN. 2. Guter Gott, schenke den Täuflingen Menschen die ihren Glauben stärken, für sie da sind und Verständnis für sie haben.

«Ich will wissen, was ich glaube!»

HGM Hubert Grass Ministries

Helene-Lange-Schule Hannover Schulcurriculum Katholische Religion Klasse Sek II

2.1 Ewiges Leben und die wahre Liebe

Eltern-Information. Warum entscheiden sich katholische Eltern für die katholische Grundschule? Elternmitwirkung macht Schule

Lernen ist eine ständige Bewegung; es beruht nicht auf Wissen. (Krishnamurti)

Inhalt. Ausdruck vom

IMMACULATA - DAS FEST DES HEILIGEN ANFANGS 1 Sprachbarrieren

JETZT LEBEN TEXTE AUS KOHELET. Wer bist du, Mensch? Prediger 1, 1-11

Transkript:

Wie gewinnen wir ethische Maßstäbe für ein christliches Handeln in der Welt? Generalkonvent Sprengel Lüneburg 12. September 2012 1

Gliederung Wie gewinnen wir christliche Maßstäbe? Was für Maßstäbe könnten das sein? Wozu sind diese Maßstäbe gut? 2

Ein Motto Maßstäbe für ein christliche Handeln in der Welt sind: Erdverbunden und Luftvermählt (Stephan Krawczyk) 3

Ein weiteres Motto Die Welt ist in ihrem Kern eine Gemeinschaft, eine Gemeinschaft von Schöpfer und Erschaffenen. Und sie hat ihren Ursprung in Gott. (John Rawls 1942) 4

Wie? Wie gewinnen wir Maßstäbe für ein christliches Handeln in der Welt? 5

Wie? Maßstäbe für christliches Handeln entwickeln sich im Raum des Evangeliums: Bibel, Bekenntnis dem christlich - kirchlichen Diskurs Plausibilitäten und Provokationen 6

Wie? Im Raum des Evangeliums bewegt sich, wer Anteil an der Erzählung des christlichen Glaubens hat. Diese Erzählung wird verdichtet in Schlüsselsituationen erfahren. Dann fühlen wir uns ergriffen und wollen in der Nähe des Guten leben. 7

Wie? Christliche Ethik beginnt, wenn sich Menschen zum Gottesdienst versammeln. Im Gottesdienst als einer sinnlichen, gemeinschaftlichen und weltlichen Angelegenheit kommt eine tätige Rezeptivität zum Vorschein die den Kern christlicher Haltung ausmacht. (Bernd Wannenwetsch) 8

Wie? Im Gottesdienst feiern wir die Verheißungen Gottes. Alles lebt von Gottes Versprechen, die Schöpfung zu erhalten. Daran können unsere Versprechen anschließen. Management of Promises 9

Wie? Was die Welt zusammenhält: Millionen gehaltener Versprechen täglich. (Allianz) 10

Wie? In der Raum des Evangeliums werden unsere Illusionen aufgedeckt. We have met the enemy and he is us (Pogo) Moralismus ist Sünde. 11

Wie? Die Verkündigung des Evangeliums weckt unsere wahren Bedürfnisse. Im Raum des Evangeliums werden Menschen zur Realisierung ihres Selbst ermächtigt. 12

Was? Was für Maßstäbe können das sein? 13

Was? Compassion Die Sünde war ihm vor allem Verweigerung der Teilnahme am Leid der anderen, war ihm Weigerung, über den Horizont der eigenen Leidensgeschichte hinauszudenken, war ihm Selbstverkrümmung des Herzens, Auslieferung an den heimlichen Narzissmus der Kreatur. (Johann Baptist Metz) 14

Was? Reziprozität Die Ungleichheit unter den Menschen soll nur so groß sein, wie es nötig ist, um allen ein gutes Leben zu ermöglichen. Das Kriterium ist die Situation der Schwächsten. 15

Was? Berufung: Menschen sind zu selbstwirksamen Handeln ermächtigt. Ich bin mit mir selbst beschenkt (Eberhard Jüngel) 16

Was? In einer gerechten Gesellschaft können möglichst viele Menschen ihre Berufung ausleben. Möglichkeiten des Erkennens der eigenen Berufung Möglichkeiten der Bildung und Ausbildung Möglichkeiten des Sich-Einbringens in die gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse 17

Was? Die Gesellschaft ist eine Kooperationsgemeinschaft. 18

Was? Meine Berufung kann ich in Berufen ausleben. Die Idee des Berufs impliziert die Vorstellung einer guten Gesellschaft, in der für jede Persönlichkeit eine Position und Leistung innerhalb der Gesellschaft besteht, zu der sie berufen ist, und der Imperativ, so lange zu suchen, bis man sie findet. (Georg Simmel) 19

Was? Berufungen realisieren sich in guter Arbeit. Gute Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sich Menschen mit ihr identifizieren, souverän zur Wertschöpfung beitragen können und so eine hohe Leistung erbringen. Zugehörigkeit Anerkennung Kreativität Fürsorgliches Arbeiten 20

Was? Fürsorge Menschlichen Zuwendung stellt die primäre Wertschöpfung der Gesellschaft dar. Familie, Freundschaften, Pflege finden deswegen besondere Wertschätzung und Anerkennung. Die natürlichen Lebensgrundlagen müssen bewahrt werden. (Suffizienz vor Effizienz) 21

Was? In einer gerechten Gesellschaft steht fürsorgende Wertschöpfung im Mittelpunkt: Integration von Kindern und Arbeit Integration von Pflege Inklusion Der ökologische Haushalt der Erde Generationengerechtigkeit 22

Was? Treuhänderisches Handeln: Möglichkeiten, das Leben anderer Menschen zu beeinflussen, sind uns (nur) anvertraut. Versöhnen und nicht spalten. Demokratie Reichtum Begabungen 23

Was? In einer gerechten Gesellschaft begreift sich das Institutionengefüge als treuhänderisch verfasst: Geld ist ein nützliches Medium mehr nicht. Die Finanzmärkte dienen und herrschen nicht. Risiken geht nur ein, wer dafür haften kann. Hilfe befähigt zur Selbstverantwortung. 24

Was? Wettbewerb und Märkte sind Instrumente um Begabungen zu entdecken und Macht zu begrenzen. UND:Sie dienen der Kooperationsgemeinschaft Gesellschaft. 25

Wozu? Wozu sind diese Maßstäbe gut? 26

Wozu? Diese Maßstäbe sind in sich selbst gut: Sie beschreiben ein gutes Leben - ein Leben in der Nähe des Guten. 27

Wozu? Sie stellen einen großen Schatz für die Humanisierung der Gesellschaft dar. Bildung von universalistischen Moralressourcen Verteidigung sozialmoralischer Logiken Ermutigung von sozialem Protest Stiftung von Netzwerken im Sozialraum Kommunikation von sonst Tabuisiertem (nach Paul Nolte) 28

Deswegen: Alle Güte, alle Liebenswürdigkeit, alle Rechtschaffenheit wird von Gott gegeben. Weil er zuerst gehandelt hat, können wir handeln; weil er uns gibt, können wir geben; weil er umsorgt, können wir sorgen. Kein Mensch kann daher gute Taten als seine eigenen geltend machen, denn die Bedingung der Möglichkeit seiner Güte ist, dass jemand ihm gibt. (John Rawls 1942) 29

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 30