Ergebnisse der Stromsektoruntersuchung Sektoruntersuchung Stromerzeugung Stromgroßhandel 28. Februar 2011 Dr. Felix Engelsing 10. Beschlussabteilung www.bundeskartellamt.de 28.02.2011
Übersicht 1. Strompreis und Stromgroßhandel 2. Marktabgrenzung und Marktbeherrschung (insbes. Residual Supply Index) 3. Physische Kapazitätszurückhaltung 4. Grenzkosten 5. Technische Restriktionen/Weitere Ergebnisse 6. Fazit
Zusammensetzung des Endkundenpreises für Strom Umlage nach EEG 9% Umlage KWK-G 1% Konzessionsabgabe 6% Beschaffung, Vertrieb und Marge 35% Steuern 25% Abrechnung, Messung und Messstellenbetrieb 3% Netto-Netzentgelte 21%
Stromvertriebswege Stromvertriebswege Großhandel Systemdienstleistungen Börse Außerbörslicher Handel (OTC) Regelenergie Terminmarkt - Futures/Optionen - überwiegend finanzielle Erfüllung Spotmarkt - physische Erfüllung Terminmarkt - Forwards/Optionen/ strukturierte Produkte - finanzielle und physische Erfüllung Sonstige Systemdienstleistungen (z.b. Verlustenergie) Day-Ahead-Handel - Stundenauktionen Spotmarkt Intraday-Handel - kontinuierlicher Handel
Beispielhafte Merit Order des deutschen Strommarktes
Durchschnittliche Erzeugung der Kraftwerksarten im Tagesverlauf [MW] 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 [Stunden] Laufwasser Kernkraft Braunkohle Steinkohle Speicherkraft GuD Pumpspeicher Gasturbine Sonstige
Übersicht 1. Strompreis und Stromgroßhandel 2. Marktabgrenzung und Marktbeherrschung (insbes. Residual Supply Index) 3. Physische Kapazitätszurückhaltung 4. Grenzkosten 5. Technische Restriktionen/Weitere Ergebnisse 6. Fazit
Marktabgrenzung 1. Sachlich: Erstabsatzmarkt für Strom (Stromerzeugung inkl. Import) ohne EEG-Strom ohne Regelenergie 2. Räumlich: Deutschland und Österreich Deutschland (bisherige Praxis: national) Einbeziehung von Österreich (in Europa sind Deutschland und Österreich die einzigen Länder, zwischen denen es keine Engpässe gibt) nicht europaweit: keine Einbeziehung weiterer Länder
Marktbeherrschung 1. Oligopol bisheriger klassischer Ansatz Duopol zumindest von RWE, E.ON, offengelassen für Vattenfall, abgelehnt für EnBW 2. Einzelmarktbeherrschung mehrerer Unternehmen BGH 2009: Haben mehrere Unternehmen neben- oder unabhängig voneinander die Möglichkeit, wirksamen Wettbewerb zu verhindern, so ist jedes von ihnen marktbeherrschend Pivotanalyse
Klassische Marktanteile 2007 und 2008 Erzeuger Kapazitätsverteilung (MW) Gesamteinspeisung (TWh) 2007 2008 2007 2008 EnBW 11.199 (12 %) 11.379 (12 %) 54,6 (12 %) 49,2 (11 %) E.ON 21.888 (23 %) 21.912 (23 %) 106,9 (23 %) 102,5 (22 %) RWE 31.735 (34 %) 31.755 (33 %) 164,7 (35 %) 167,7 (36 %) Vattenfall 15.606 (17 %) 15.662 (16 %) 77,3 (17 %) 71,0 (15 %) Summe 80.428 (85 %) 80.709 (84 %) 403,6 (86 %) 390,4 (84 %) Marktvolumen 94.433 (100 %) 95.756 (100 %) 467,9 (100 %) 465,1 (100 %) Weiterhin auch auf Basis der klassischen Kennzahlen sehr starke Marktposition der großen Vier (auch 2009 noch > 80 %) klassische Marktanteile geben aber aufgrund einiger Spezifika des Strommarktes nur eingeschränkt Auskunft über die Marktposition von Erzeugungsunternehmen
Berechnung des Residual Supply Index (RSI) RSI i,t = Gesamtkapazität im Markt t Kapazität i,t Gesamtnachfrage t Der RSI gibt das Verhältnis zwischen der im Markt verfügbaren Kapazität ohne die verfügbare Kapazität eines bestimmten Anbieters und der Gesamtnachfrage nach Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Ist ein Anbieter unverzichtbar für die Befriedigung der aktuellen Nachfrage? RSI 1: absolute Unverzichtbarkeit des Anbieters (Vermutung der Marktbeherrschung) 1 < RSI 1,1: u.u. erhebliche Marktmacht des Anbieters
RSI: Ergebnisse Anteil der Stunden mit RSI 1: Anteil der Stunden mit RSI 1,1: Jahr EnBW E.ON RWE Vattenfall 2007 14,2 % 50,5 % 77,8 % 27,7 % 2008 1,6 % 27,8 % 55,9 % 7,2 % Jahr EnBW E.ON RWE Vattenfall 2007 49,1 % 71,8 % 93,6 % 55,1 % 2008 25,7 % 50,5 % 73,8 % 30,6 % RSI stellt nur ein wesentliches Kriterium für den Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung dar; eine Gesamtbewertung aller relevanten Kriterien bleibt notwendig. 2007 und 2008 konnte in einer signifikanten Anzahl von Stunden die Nachfrage ohne die Kapazitäten von RWE, E.ON und Vattenfall und jedenfalls 2007 auch EnBW nicht gedeckt werden nach Ergebnissen der SU verfügen drei bzw. vier Unternehmen über eine Position, die es ihnen ermöglicht, sich weitgehend unabhängig von anderen Marktteilnehmern zu verhalten (= individuelle Marktbeherrschung)
Residual Supply Index (RSI) [Anteil der Stunden eines Jahres] 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 2007 E.ON 2007 EnBW 2007 Vattenfall 2007 RWE 2008 E.ON 2008 EnBW 2008 Vattenfall 2008 RWE 0% 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 1,30 1,40 1,50 1,60 1,70 1,80 1,90 2,00 [RSI]
Übersicht 1. Strompreis und Stromgroßhandel 2. Marktabgrenzung und Marktbeherrschung (insbes. Residual Supply Index) 3. Physische Kapazitätszurückhaltung 4. Grenzkosten 5. Technische Restriktionen/Weitere Ergebnisse 6. Fazit
Physische Kapazitätszurückhaltung Vorwurf: Manipulation des Börsenpreises durch die Zurückhaltung von Kapazitäten Identifizierung von Zurückhaltungen ist nicht trivial, da z. B. sachliche Rechtfertigungsgründe für einen Nichteinsatz von KW existieren (u.a. techn. Nichtverfügbarkeiten, Regel- und Reservevorhaltungen,...) techn. Nebenbedingungen berücksichtigt werden müssen (Mindeststillstandsund Mindestlaufzeiten, An- und Abfahrrampen,...)
Physische Kapazitätszurückhaltung: Entwicklung des Algorithmus Die Komplexität des Problems erforderte die Entwicklung eines Algorithmus, der in der Lage ist, hinreichend genau retrospektiv die optimale Fahrweise jedes einzelnen Blockes isoliert unter ceteris-paribus-bedingungen zu ermitteln. Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Zerlegung des Suchraums in Teilintervalle Eigentliche algorithmische Optimierung Ermittlung der nicht eingesetzten Leistung