Grußwort des Herrn Staatsministers Prof. Dr. Winfried Bausback. zum 5. Münchener Mietgerichtstag. am 10. Juli 2014 in München

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Transkript:

Der Bayerische Staatsminister der Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback Grußwort des Herrn Staatsministers Prof. Dr. Winfried Bausback zum 5. Münchener Mietgerichtstag am 10. Juli 2014 in München Telefon: 089/5597-3111 e-mail: presse@stmj.bayern.de Prielmayerstraße 7 Telefax: 089/5597-2332 Internet: www.justiz.bayern.de 80335 München

Übersicht Einleitung: Bedeutung des Münchner Mietgerichtstags Mietpreisbremse Grundsätzliche Befürwortung Aber: Vorschlag BMJ geht zu weit Erstens: Ortsübliche Vergleichsmiete Zweitens: Ausnahme für umfassend modernisierte Wohnungen Drittens: Staffelmiete Zu begrüßen: Keine detaillierten Maßstäbe für die Gebietskulisse im Bundesgesetz Abschluss

- 1 - Es gilt das gesprochene Wort Einleitung: Bedeutung des Münchner Mietgerichtstags Anrede! Für mich ist es eine außerordentliche Freude, Sie heute auf dem 5. Mietgerichtstag in München begrüßen zu dürfen. Schon die Tatsache, dass der Mietgerichtstag heuer zum fünften Mal stattfindet, vor allem aber die große Beteiligung und der Blick auf die Liste der Referenten und der Themen zeigen, dass der Münchner Mietgerichtstag zu einer festen Institution geworden ist. Dazu gratuliere ich Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident Zierl, Ihnen, Herr Emmerich, und allen anderen, die den Mietgerichtstag mit viel Engagement vorbereitet haben, sehr herzlich! Telefon: 089/5597-3111 e-mail: presse@stmj.bayern.de Prielmayerstraße 7 Telefax: 089/5597-2332 Internet: www.justiz.bayern.de 80335 München

- 2 - Dass sich München neben Dortmund hier so fest etablieren konnte, ist aus meiner Sicht kein Zufall: Erstens verträgt, ja braucht Deutschland mehrere Mietgerichtstage: Im Mietrecht überschlagen sich die Ereignisse, nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch in der Judikative. Letztlich liegt das natürlich an den ständig neuen Herausforderungen des realen Lebens: Ich nenne nur Mietpreise, Energiepreise und energetische Sanierung sowie die demographische Entwicklung und ihre Anforderungen an altersgerechtes Wohnen.

- 3 - All dies lässt es ratsam erscheinen, sich regelmäßig auszutauschen, zu sehen, wie es andere machen, aber auch die Meinung der Praxis zu aktuellen Problemen zu artikulieren. Möglicherweise lässt sich so meine Empfehlung als Rechtspolitiker - hier in Zukunft auch noch mehr Terrain gewinnen, wenn der Mietgerichtstag ausdrückliche Thesen formulieren würde, um so der Meinung der Praxis zu mehr Gewicht zu verhelfen. Der zweite Grund ist der Standort München. Die enorme Wirtschafts- und Anziehungskraft der Landeshauptstadt führt auch dazu, dass sich hier gleichsam wie unter einem Brennglas die Probleme des Mietrechts zeigen:

- 4 - Die erhebliche Nachfrage nach Wohnraum, mit der das Angebot nicht Schritt hält, führt zu teilweise explosionsartig, jedenfalls aber stetig und ohne am Horizont abzusehendes Limit steigenden Mieten. Diese haben wiederum - das wissen Sie besser als ich - häufige Auseinandersetzungen vor den Gerichten beispielsweise um Mieterhöhung und Minderung zur Folge. Wo also lassen sich deutschlandweit besser die aktuellen Probleme des Mietrechts diskutieren als in München? Wenn wir uns auch bewusst sein müssen, dass München in vieler Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt und daher die Lösungen, die sich hier empfehlen, nicht unbesehen auf Bayern geschweige denn auf ganz Deutschland ausgedehnt werden dürfen.

- 5 - Mietpreisbremse Das naheliegende Stichwort zu den aktuellen Entwicklungen ist im Bereich der Rechtspolitik natürlich die Mietpreisbremse. Anrede! Grundsätzliche Befürwortung Ich sage ganz klar und darüber besteht unter den Rechtspolitikern der Koalition auch gar kein Streit: Ich bin ein Befürworter der Mietpreisbremse. Meine Partei hat sie im Wahlkampf angekündigt und nach der Wahl daran mitgewirkt, sie in den Koalitionsvertrag hineinzuschreiben. Zu dieser Ankündigung stehe ich nach wie vor, und zwar aus fachlichen Gründen:

- 6 - Gerade mit Blick auf die besonderen Verhältnisse in München halte ich die von der großen Koalition beabsichtigte Einführung einer Mietpreisbremse für erforderlich. Denn die Kappungsgrenze entfaltet bei einem Mieterwechsel keine Wirkung. Es kann und darf nicht sein, dass der Vermieter die Kappungsgrenzen für die Bestandsmieten durch eine Neuvermietung umgehen kann. Selbstverständlich ist mir dabei bewusst, dass die Mietpreisbremse kein Allheilmittel gegen steigende Mieten sein wird. Dreh- und Angelpunkt für den Mietpreis sind wie auch sonst für Preise Angebot und Nachfrage.

- 7 - Noch entscheidender als jede Mietpreisbremse sind damit die Bemühungen, die Bautätigkeit anzukurbeln, Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern und so den Wohnungsmarkt zu beleben. Allerdings taugt dies nicht als Einwand gegen die Mietpreisbremse: Das eine tun heißt ja nicht, das andere lassen zu müssen. Der Freistaat Bayern ist dafür ein gutes Beispiel: In diesem Jahr haben wir die Mittel für die Wohnraumförderung auf die Rekordsumme von insgesamt 287,5 Millionen Euro angehoben und die Förderkonditionen weiter verbessert. Unser Ziel ist es, bayernweit wieder auf 70.000 neu gebaute Wohnungen pro Jahr zu kommen. Wir weisen die Städte und Gemeinden wiederholt auf die Möglichkeiten der Nachver-

- 8 - dichtung und der Ausweisung von Bauland hin. Und wir haben eine Initiative Wohnungspolitik beschlossen, zu der auch gehört, dass die Staatsregierung weiterhin die Wiedereinführung einer degressiven AfA für Mietwohnungsneubauten fordert. Aber: Vorschlag BMJ geht zu weit Das alles schließt es aber nicht aus, dass in Gemeinden oder Gemeindeteilen, in denen die Mieten explosionsartig so steigen, dass die Versorgung der Menschen mit Wohnraum nicht mehr sichergestellt ist, Auswüchsen auch notfalls mit einer Mietpreisbremse begegnet werden kann! Ich sage aber auch ganz klar: Die Mietpreisgrenze geht so, wie mein Kolle-

- 9 - ge Maas sie vorgeschlagen hat, zu weit. Sie schüttet das Kind mit dem Bade aus und droht letzten Endes den Mietern mehr zu schaden als sie ihnen nützt. Denn wie schon gesagt: Die Mietpreisbremse soll Auswüchse verhindern. Sie soll aber keinesfalls Investitionen abwürgen und Neubauten verhindern. Dann gäbe sie den Mietern Steine statt Brot. Und vor allem soll sie praktikabel sein, und zwar sowohl für den Landesverordnungsgeber, der die einschlägige Gebietskulisse letztlich festsetzen muss, aber auch für Sie, meine Damen und Herren Mietrichterinnen und Mietrichter, Anwältinnen und Anwälte, die in der Praxis damit werden umgehen müssen.

- 10 - Sie darf nicht dazu führen, dass auf die Gerichte unverhältnismäßig viele neue Streitigkeiten zukommen. In keinem Fall darf sie auch im Interesse der Parteien, der Mieter und Vermieter bewirken, dass die Rechtslandschaft im Mietrecht mit neuen unbestimmten und nur schwer absehbaren Rechtsbegriffen traktiert wird. Das würde neue Rechtsunsicherheit bedeuten. Erstens: Ortsübliche Vergleichsmiete Genau aus diesen beiden Gründen der Gefahr des Abwürgens von Investitionen und der Gefahr neuer Belastungen und der Unsicherheit für den Rechtsanwender resultieren meine Kritikpunkte an dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz:

- 11 - Ein erster Punkt, in dem ich die Ausgestaltung der Mietpreisbremse so wie sie der Bundesjustizminister derzeit vorsieht, mit Sorge sehe, ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Wie sie alle wissen, soll die vorgeschlagene Mietpreisbremse bei 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Auswirkungen der Mietpreisbremse sind folglich völlig davon abhängig, wie man die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt. Nach geltendem Recht sind dabei der Maßstab die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für vergleichbaren Wohnraum in den letzten vier Jahren vereinbart worden sind.

- 12 - Bei einem qualifizierten Mietspiegel bildet grundsätzlich dieser den Maßstab und auch er wird alle vier Jahre neu erstellt. Dieser Maßstab wird aber so nicht bleiben. Wie Sie wissen, ist man im Koalitionsvertrag übereingekommen, die ortsübliche Vergleichsmiete im Mietspiegel auf eine breitere Basis zu stellen und realitätsnäher darzustellen. Je nachdem, wie breit diese breite Basis ist, welchen Zeitraum man insbesondere dem qualifizierten Mietspiegel zugrunde legen will, wird die Mietpreisbremse zum Skalpell oder aber zum scharfen Schwert. Je länger der Zeitraum, umso weniger werden Mietsteigerungen der letzten Jahre mit einbezogen und umso schärfer wirkt daher die Mietpreisbremse.

- 13 - Ich bedaure daher ausdrücklich, dass der Bundesjustizminister mit seinem Referentenentwurf den Koalitionsvertrag nicht auch den Punkt ortsübliche Vergleichsmiete umsetzt. Er hat sich vielmehr auf Mietpreisbremse und Maklerrecht beschränkt und seinen Vorschlag für die ortsübliche Vergleichsmiete erst für später angekündigt. Seriös lässt sich der erste Schritt - die Mietpreisbremse - jedoch nicht beurteilen, wenn man keine Vorstellung davon hat, wie der zweite Schritt die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete - aussehen soll. Wir haben das beanstandet und werden das weiterhin gegenüber dem Bundesjustizminister monieren.

- 14 - Und wir werden bei der Ausgestaltung der Grundlagen für die ortsübliche Vergleichsmiete auch die Effekte für die Mietpreisbremse nicht aus den Augen verlieren und wenn notwendig nachhaken. Ein weiteres Problem beim Abstellen auf die ortsübliche Vergleichsmiete ist natürlich, dass dadurch eine weitere Belastung der Mietgerichte vorprogrammiert ist. Wenn eine Stadt o- der Gemeinde in die Gebietskulisse aufgenommen wird, die nicht über einen qualifizierten Mietspiegel verfügt, aus dem man die ortsübliche Vergleichsmiete ablesen kann, heißt das, wie Sie alle aus leidvoller Erfahrung wissen: Man benötigt notfalls in jedem Einzelfall ein Sachverständigengutachten, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen.

- 15 - Ich bin allerdings skeptisch, ob die Lösung, wie derzeit diskutiert, darin liegen kann, die Geltung der Mietpreisbremse daran zu knüpfen, dass die betreffende Stadt oder Gemeinde einen qualifizierten Mietspiegel erstellt. Das kann mittelfristig kaum ein geeignetes Kriterium sein: Ob eine Gemeinde einen qualifizierten Mietspiegel erstellt, richtet sich überwiegend nach anderen Kriterien als der Wohnungsmangellage. An letzterer hat sich aber die Mietpreisbremse zu orientieren. Dass ausschlaggebend für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels nicht in erster Linie die Wohnungsmangellage ist, kann man schon daran erkennen, dass nur ein kleiner Ausschnitt der Städte und Gemeinden, die bisher in den einschlägigen Gebietsku-

- 16 - lissen insbesondere der Kappungsgrenzensenkung enthalten sind, über einen qualifizierten Mietspiegel verfügt. Auch die lange Zeitdauer, die die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels in Anspruch nehmen wird, spricht gegen diese Voraussetzung der Mietpreisbremse. Wenn sie rasch wirken soll, wird man kaum voraussetzen dürfen, dass Städte mit Wohnungsmangellagen erst einmal einen Mietspiegel erstellen. Und: Was geschieht mit den zwischenzeitlich stattgefundenen Neuvermietungen, wenn nachträglich die Unwirksamkeit eines qualifizierten Mietspiegels festgestellt wird? Zweitens: Ausnahme für umfassend modernisierte Wohnungen Ich denke, diese Punkte könnten möglicherweise Stoff für Diskussionen auf dem heutigen Mietgerichtstag geben.

- 17 - Ganz sicher werden wir sie aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch diskutieren müssen. Ein zweiter Punkt, den ich kritisiere, ist die zu eng gefasste Ausnahme für umfassend modernisierte Wohnungen. Worum geht es? Nach dem Referentenentwurf soll die Mietpreisbremse nicht für neu vermietete Wohnungen, aber auch nicht für die Wiedervermietung umfassend modernisierter Wohnungen gelten. Diese Ausnahmen sind wichtig, damit nicht Investitionen in den Wohnungsbau abgewürgt statt gefördert werden. Wenn man aber das Kleingedruckte, in diesem Fall die Gesetzesbegründung, liest, sieht man, dass diese Ausnahme sehr engherzig behandelt

- 18 - wurde: Zur Ausfüllung dieses Kriteriums soll danach nämlich der Begriff des wesentlichen Bauaufwands im Sinne des Wohnraumförderungsgesetzes herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung wird dort ein wesentlicher Bauaufwand aber erst dann angenommen, wenn die Investition etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht. Diese Anforderung halte ich für deutlich zu hoch. Denn die Herausnahme umfassend modernisierter Wohnungen aus der Mietpreisbremse soll doch generell verhindern, dass aufgrund der Mietpreisbremse größere Modernisierungen unterbleiben. Eine größere Modernisierung muss aber nicht zwangsläufig einen derart hohen Aufwand erfordern. Außerdem ist dieser unbestimmte Be-

- 19 - griff absehbar konfliktträchtig. Man sollte ihn daher im Gesetz selbst definieren, damit er auch für Sie, für den Rechtsanwender im Einzelfall, praktikabel ist. Drittens: Staffelmiete Skeptisch sehe ich auch die beabsichtigte unbeschränkte Aufnahme der Staffelmiete in den Anwendungsbereich der Mietpreisbremse. Denn Ziel der Mietpreisbremse ist es doch, eine Umgehung der Bestimmungen über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete durch Kündigung und anschließende Neuvermietung auszuschließen. Die Staffelmiete aber ist als legitimes Mittel zu einer angemessenen Mieterhöhung neben 558 BGB anerkannt und unterliegt eigenen Grenzen.

- 20 - Während der Laufzeit einer Staffelmiete sind Mieterhöhungen nach Maßgabe des 558 BGB - also im Rahmen der Kappungsgrenze bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete - ohnehin ausgeschlossen. Zu begrüßen: Keine detaillierten Maßstäbe für die Gebietskulisse im Bundesgesetz Was ich hingegen ausdrücklich begrüße, ist, dass für die Gebietskulisse der Mietpreisbremse im Bundesgesetz nicht mehr Kriterien vorgesehen sind als sie etwa für die Kappungsgrenzensenkung und die Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung gelten. Entscheidend muss sein, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

- 21 - Nach meiner Überzeugung und meinem Föderalismusverständnis ist es nämlich Aufgabe der Landesgesetz- bzw. Verordnungsgeber, von der Ermächtigungsgrundlage verantwortungsvoll Gebrauch zu machen. Ich denke, der Umgang der Bayerischen Staatsregierung mit den bisherigen Gebietskulissen hat gezeigt, dass wir dies tun. Denn die regionalen Verhältnisse kennen die Länder schlicht besser als der Bund. Bei der Umsetzung der Mietpreisbremse werden wir uns bewusst sein, dass wir diese wohl dosiert einsetzen müssen. Denn selbstverständlich bringt sie einen ganz erheblichen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Vermieters mit sich. Um das zu beachten, brauchen wir kein Gängelband des Bundesgesetzgebers.

- 22 - Die Grundrechte kennen auch wir. Abschluss Anrede! Ich konnte nur schlaglichtartig einen - allerdings wichtigen Punkt der aktuellen Rechtspolitik im Mietrecht herausgreifen. Ich bin sicher, dass er Stoff für Diskussionen auf dem heutigen Mietgerichtstag geben wird und bin gespannt auf die Debatte. Mir ist aber auch bewusst, dass es zahlreiche weitere spannende aktuelle Fragen sowohl in der Rechtspolitik als auch in der Anwendung des geltenden Mietrechts gibt. Das beweist eindrucksvoll die breite Palette Ihrer heutigen Themen von der aktuellen Rechtsprechung des BGH über das Schicksal der Quotenklauseln

- 23 - und den mir sehr wichtigen Güterichter im Mietprozess bis hin zu den Brennpunkten des Wohnraummietrechts. In diesem Sinne wünsche ich ein gutes Gelingen auch dieses Mietgerichtstages, aufschlussreiche Referate und vor allem spannende und vielleicht auch spannungsreiche Diskussionen. Möge frei nach Jhering der Kampf ums Mietrecht zu einem guten Ergebnis führen!