(Junge) muslimische Migranten und Spielsucht - Das stille Problem Caritas Aachen, 01.06.2012 Referent: Ali Bas, Ahlen/Dortmund
2. Warm Up Brainstorming: Was verbinde ich mit dem Thema (Junge) muslimische Migranten und Spielsucht? 5 Min Bedenkzeit, 3 Assoziationen aufschreiben. Anschl. Sammeln und Besprechen im Plenum
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.1. Allgemeines: Derzeit etwa 3,5 4 Mio Muslime in BRD Über 1 Mio davon in NRW 75% Türkeistämmig, Rest: Südosteuropa, Nordafrika Davon 1/3 unter 18 Jahren Bereits 3. Generation von Arbeitsmigranten; sonstige: Flüchtlinge
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld Integration lange Zeit so nicht vorgesehen Rückkehrabsichten 1. Generation bis in die 1990 er Jahre > Kinder wollten aber bleiben Politik setzte ebenfalls auf Rückkehr; Zuwanderung als Problem nach 1973 (Anwerbestopp); Ausländerrecht=Sicherheitspolitik Seit 1998 unter Kanzler Schröder: Deutschland ist ein Einwanderungsland
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld Integrationsthematik immer aktuell Öffentliche Debatte: Ausländer > Türken > Moslems (nach 9/11) Erfahrungen in den Communities: Irgendwie Heimat, aber irgendwie auch nicht. Diskriminierungserfahrungen Islamisierung von Integrationsdebatten
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.2 Die Familie Spielt wichtigste Rolle im sozialen Leben Großfamiliengedanke noch lebendig Teils klassische Rollenverteilung Geprägt durch (ländliche) Tradition der 1960 er Jahre und Religion Weniger Individualisierungstendenzen als bei deutschen Familien
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld Verhalten des Einzelnen hat Auswirkungen auf die Gemeinschaft der Familie, bzw. hebt/senkt ihr Ansehen Soziale Kontrolle/ Angst vor Gerede Bsp.: Geschlechterrollen > Ehre der Frau/ des Mannes Sohn wird Arzt, Tochter heiratet nicht zu spät etc.
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.3 Freunde und Bekannte Mehr Kontakte zu Freunden aus der Community; aber auch zu Deutschen Wunsch nach mehr deutschen Freunden Peergroups sind eher geschlechtergetrennt Starkes Zusammengehörigkeitsgefühl
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.4. Schule/Ausbildung/Beruf Höchste Benachteiligung Bsp.: Gymnasialempfehlungen bei Migrantenkindern 7x weniger als bei dt. Kindern (hier nochmal sozial gestaffelt) Eltern für gute Bildung, aber wenig Ressourcen zur Förderung (finanziell/eigene Bildung bzw. Sprache)
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld Chancen auf Ausbildungsplatz schlechter Problem: Diskriminierung; Motivation Auch auf höherer Ebene: rund 50% der türkischstämmigen Akademiker denkt an Einwanderung in die Türkei Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch wie der deutsche Durchschnitt > c.a. 20%
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.5. Freizeit Geschlechter eher unter sich > soziale Kontrolle (Ausnahme: Hochzeitsfeiern usw.) Männer: Sport (Fußball), Ausgehen (Disco) Frauen: Ausgehen (Bummeln), Treffen zuhause
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld 3.6. Religiöse Prägung und Praxis Sunniten 70%; Aleviten 25%; Schiiten 5% Laut Religionsmonitor der Bertelsmann- Stiftung bezeichnen sich Muslime zu 49% als sehr religiös und 41% als religiös sehr religiös bei türk. Sunniten 47%; bei Aleviten 12% (Kath. 27%; Evg. 14%) Höchster Wert bei Gruppe bis 30 Jahre
3. Junge muslimische Migranten und ihr Lebensumfeld Frauen mehr mit Religion beschäftigt als Männer (54% zu 38%) Praxis: Kein Schweinefleisch (86%), Kein Alkohol (58%), mind. 1 Gebet in der Gemeinde pro Monat (34%) (Kath. 33%, Evg. 18%) Täglich persönl. Gebet: 60% (Kath. 36%, Evg. 21%) ; 5 x Beten p. Tag (28%)
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.1. Allgemeines Spielsüchtige in der BRD: c.a. 500000 Davon mit Migrationshg.: c.a. 30-40% Zunahme von Spielhallen und Wettbüros nach Liberalisierung des Glücksspielstaatsvertrages aller 16 Länder Wettanbieter erhalten Lizenz Neue Einnahmequelle für den Staat
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel Sportwetten werden immer selbstverständlicher Partner des Sports; 24 h-zugang online NRW: Staatsvertrag durch Wirtschaftsministerium verhandelt; Gesundheitsministerium aussen vor Spielindustrie leistet starke Lobbyarbeit
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.2. Kulturelle Aspekte des Spiels Teehauskultur der Heimatländer auch in der BRD Männerdomäne; meist Heimatvereine Geselliges Beisammensein, Rauchen, Teetrinken, Spielen (Backgammon, Rummy, Skat etc.) Gelegentlich: Illegales Spielen mit Geld
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.3. Glücksspiel und Islam Glücksspiel gilt im Islam als verboten (haram) Grund: Vorteilsnahme auf Kosten anderer gilt als unmoralisch >> auch bei Zinsverbot Sozialer Aspekt: Gefahr von Verarmung durch Glücksspiel (Fast) jeder weiß davon, nicht jeder hält sich daran
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.4. Glücksspiel im Wohnumfeld Auffällig: Spielhallen/Wettbüros bevorzugt in sozialen Brennpunkten und Orten mit hohem Migrantenanteil Stetige Zunahme; Veränderung des Wohnumfeldes durch Bezug von Geschäftsleerständen mit Spielstätten Gewöhnungseffekt für Anwohner
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel Wettbüros nehmen auch Plätze der klassischen Teehäuser ein durch Topausstattung (Pay-TV/Gastronomie) 4.5. Glücksspiel vs. Kulturspezifische Fußballbegeisterung - Hohe Identifikation mit einem Fußballverein; fanatischer Fankult
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel Fußballwetten bieten hervorragende Gelegenheit seinen Verein mit anderen zu messen Livespiele werden im Wettbüro kollektiv geschaut Wetten auf alle (un-)möglichen Ereignisse Utopische Gewinne locken zudem sehr
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.6. Geldverdienen ohne schmutzige Hände Gewinne aus Wetten werden als sauber gesehen, als Lohn für Kopfarbeit Gewinne erhöhen scheinbar Lebensstandard und Ansehen als Mann Positives Gesamtbild überwiegt; über Verluste redet man eher nicht gern
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel Traum: eigener Laden und einen dicken Mercedes (Menderes, Schüler, 18 Jahre) Orientierung: meistens die maximal erreichbare Gewinnsumme (die fast nie zu gewinnen ist) Zitat: Ich habe heute 32000 verloren. Wenn bloß Fener nicht so sch***** gespielt hätte, dann wäre ich jetzt happy.
4. Junge muslimische Migranten und Glücksspiel 4.7. Glücksspielsucht, ein stilles Drama Verluste müssen wieder reingeholt werden > Teufelskreis Geld muss besorgt werden, egal woher Folge: Verschuldung, Kein Lebensunterhalt mehr, Psychische Probleme (Depression/Aggression) Letztendlich Gesprächstabu in der Commmunity; Familien leiden still mit
5. Junge muslimische Migranten und Suchtprävention 5.1. Die nicht erkannte Sucht Spielsucht wird von den Betroffenen, aber auch Aussenstehenden nicht als Sucht erkannt bzw. akzeptiert (Zitat: Ich spiele doch nur für 1, 2 ) Suchtproblem= Zeichen von Schwäche (des Mannes) Generell Problem bei Erkennung psychischer Erkrankungen bei Migranten aufgrund von Tabuisierung
5. Junge muslimische Migranten und Suchtprävention 5.2. Unwissen über Beratungsangebote - Beratungsangebote vor Ort oft nicht bekannt - Schamgefühle bei evtl. Aufsuchen einer Suchtberatung (kulturelle/sprachliche Barrieren)
5. Junge muslimische Migranten und Suchtprävention Jetzt sind Sie dran: Setzen Sie sich in Kleingruppen zusammen und beantworten Sie folgende Fragen; Ergebnisse bitte auf ein Plakat/Folie o.ä.: Wen kann man als Bündnispartner für die Suchtprävention gewinnen? Wie kann man für das Thema Spielsucht in der Migranten-Community sensibilisieren? Zeit: 30 Minuten.
(Junge) muslimische Migranten und Spielsucht - Das stille Problem Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Mail: ali.bas@hotmail.de