Entscheid. vom 26. April 2010

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Transkript:

Schweizerische Eidgenossenschaft Confederation suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenossisches Departement fur Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt fur Umwelt BAFLJ Abteilung AbfaII, Stoffe, Biotechnologie CH-3003 Bern, BAFU, WUA Referenz/Aktenzeichen D09.OO1 Entscheid vom 26. April 2010 betreffend das Gesuch der Eidgenossischen Technischen Hochschule Zurich (ETHZ), Institut für Integrative Biologie (ibz), eingereicht von Frau Iris Altenburger, betreffend eine Ausnahmebewilligung zur Durchfuhrung eines Freisetzungsversuchs mit gebietsfremden invasiven Pflanzen gemäss Artikel 15 Absatz 2 und Anhang 2 der Verordnung über den Umgang mit Organismen in der Umwelt Inhalt: I Sachverhalt 1.1 Bisheriger Verfahrensablauf 1.2 Eingereichte Unterlagen fur die Prufung des Gesuchs 1.2.1 Versuchsgegenstand 1.2.2 Versuchsbeschreibung 1.3 Merkmale des fur die Freisetzung vorgesehenen Neophyten 2 Erwagungen 2.1 Materiell- und formellrechtliche Grundlagen 2.2 Risikoerm ittlung und -bewertung 2.2.1 Risiken einer Gefahrdung der Schutzziele 2.2.2 Vorgeschlagene Sicherheitsmassnahmen 2.3 Zusammenfassende Beurteilung 3 Entscheid Hans Hosbach BAFU, Abteilung AbfalI, Stoffe, Biotechnologie, 3003 Bern Tel. +41313225436, Fax+41 313230369 Hans.Hosbach@bafu.admin.ch http://www.umwelt-schweiz.ch

ReferenzfAktenzeichen: J142-1 732 I Sachverhalt 1.1 Bisheriger Verfahrensablauf Am 28. April 2009 reichte Frau Iris Altenburger eine Meldung im Sinne der Verordnung über den Urngang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung, ESV; SR 814.912) betreffend wissenschaftliche Versuche mit gebietsfremden invasiven Pflanzen gemass Anhang 2 der Verordnung uber den Umgang mit Organismen in der Umwelt (Freisetzungsverordnung, FrSV; SR 814.911) em. Die Meldung betraf sowohi Versuche irn geschlossenen System als auch einen Freisetzungsversuch. In einem Schreiben vom 8. Juli 2009 teilte das BAFU Frau Iris Altenburger mit, dass diese beiden Versuchstatigkeiten getrennt zu behandeln sind, und Iegte die geltende Rechtslage (Art. 15 FrSV) dar. Das Amt betrachtete die in der Meldung enthaltenen Angaben uber die Freisetzung als Basis für die Gesuchsunterlagen nach Artikel 15 Absatz 2 FrSV. Mangels Vollstandigkeit der Gesuchsunterlagen verlangte das Amt jedoch die Nachreichung: > einer detaillierten Beschreibung der vorgesehenen Experimente; > einer Ermittlung und Bewertung des damit verbundenen Risikos; )~ einer Beschreibung der vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen als Nachweis dafür, dass sämtliche Massnahmen ergriffen werden, urn die in Artikel 15 Absatz I FrSV genannten Schutzziele zu wahren. Am 7. Januar 2010 gingen die geforderten erganzenden Unterlagen beim BAFU em. Aus finanziellen Gründen musste in der Folge die Versuchsanlage jedoch angepasst werden, so dass Frau Iris Altenburger am 20. Februar 2010 schriftlich eine uberarbeitete Beschreibung des Versuchs sowie die durch die Oberarbeitung erforderlich gewordenen Zusatzangaben einreichte. Damit lagen die Gesuchsunterlagen vollstandig vor, und das Amt konnte das Gesuch urn Erteilung einer Ausnahmebewilligung in materieller Hinsicht profen. 1.2 Eingereichte Unterlagen für die Prufung des Gesuchs 1.2.1 Versuchsgegenstand Die Versuche im geschlossenen System, welche in den Unterlagen vom 28. April 2009 beschrieben werden, wurden im Schreiben des BAFU vom 8. Juli 2009 beurteilt und sind nicht Gegenstand dieserverfugung (Referenz D09.001) betreffend den Freisetzungsversuch mit Seneclo inaequidens. Bei dem geplanten wissenschaftlichen Experiment unter offenen Tunnels im Versuchsgarten der ETHZ Honggerberg handelt es sich urn einen Freisetzungsversuch im Sinne der Freisetzungsverordnung. Die beim Amt nachgereichten Unterlagen enthalten alle zusätzlichen Angaben, die für eine Beurteilung des mit dem Versuch verbundenen Risikos erforderlich sind. Bei dem verwendeten Neophyten handelt es sich urn Senecio inaequidens (Schmalblattriges Greiskraut). 1.2.2 Versuchsbeschreibung Hypothese: Invasive Pflanzen können sich klimatische Veranderungen besser zunutze machen als einheimische Pflanzen. Dank dieser Eigenschaft gelingt es ihnen, einheimische Lebensräurne namentlich Wiesen in mittleren Lagen zu kolonisieren. Ziel: Testen der Auswirkungen extremer klimatischer Bedingungen auf die einzelnen Pf!anzen und auf den Invasionsprozess im Allgemeinen. Verfahren: Kultivieren von verschiedenen Pflanzen in Gemeinschaft unter extremen klimatischen Bedingungen (Stress durch Trockenheit, Uberschwemmungen oder hohe Temperaturen). Die Blutenstände von Seneclo inaequidens werden an 180 Pflanzen abgeschnitten. Die Blutenstände der restlichen Pflanzen werden mit für die Samen undurchlassigen Netzen abgedeckt. 217 26512006-02508109103101103!J1 14-1599

ReferenzlAktenzeichen: J142-1 732 Material: Generalistische, (auf Trockenwiesen) spezialisierte und invasive Pflanzen (Seneclo inaequidens, 240 Pflanzen); offener Tunnel, Pflanzen in Topfen auf schwarzer, gewobener, wasserdurchlässiger Folie. Dauer: 2 Jahre. Vorgehensweise: Die Pflanzen werden im Versuchsgarten in Topfen kultiviert. Die Topfe stehen unter Folientunnels auf dem Boden, der mit einer gewobenen, wasserdurchlassigen Folie abgedeckt ist. Die Blütenstände der Pflanzen, die keine Samenanalyse erfordern, werden vor der Reife entfernt und abgetotet. Bei den Bestäubungsexperimenten werden die Samen bis zur Reife an den Pflanzen belassen. Der Verlust von Samen und das Eindringen von lnsekten wird durch an der Pflanze angebrachte Netze verhindert. Heruntergefallene Samen werden von der Folie aufgefangen. Die Topferde wird nach dem Versuch in der KVA entsorgt. Die Blätter bleiben fur weitere Experimente am Boden. Falls ubersehene Samen keimen sollten, werden die unerwunschten Keimlinge abgetotet, und die Folie wird abgedampft. Bei Bedarf kann der Boden mit Dampf behandelt werden. Bei den Experimenten mit Pflanzen mit starkem Wurzelwachstum werden die Topfe auf em spezielles Vlies gestellt, das em Durchwachsen der Wurzeln verhindert. Nach Abschluss des Versuchs wird die Topferde in der KVA entsorgt, und alle Pflanzenteile werden bei 70 C getrocknet und sterilisiert. In der Saison nach dem Abschluss des Versuchs werden allenfalls heranwachsende Keimlinge im Umkreis von 100 Metern rund um den Versuchsstandort entfernt. Der Versuch findet auf einem Gelände der ETHZ statt. Damit ist gewahrleistet, dass die Umgebung des Standorts nach Abschluss des Versuchs überwacht werden kann. 1.3 Merkmale des fur die Freisetzung vorgesehenen Neophyten Seneclo inaequidens ist eine mehrjahrige Ruderalpflanze mit einer grossen okologischen Amplitude. Sie ist em Konkurrent für die einheimische Flora und kann mit ihren buschigen, dichten Pflanzen selbst zuvor kaum bewachsene Flächen stark kolonisieren. Ausserdem produziert sie für Vieh toxische Pyrrolizidin-Alkaloide, welche für Pflanzenfresser eine hepatische Toxizität besitzen. Deren Milch sowie Nicht-Ziel-Bestauber konnen Spuren von Alkaloiden aufweisen. Hierzulande ist die Pflanze entlang von Strassen und Bahntrassen anzutreifen. Da sie noch kaum in die Wiesen und Weiden vorgedrungen ist, stellt sie im Augenblick fur die Landwirtschaft nur eine marginale Gefahr dar. 2 Erwagungen 2.1 Materiell- und formellrechtliche Grundlagen Das Gesuch betriffi die Freisetzung gebietsfremder invasiver Pflanzen, wofur die Verordnung über den Umgang mit Organismen in der Urnwelt (Freisetzungsverordnung, FrSV; SR 814.911) massgebend ist. Gegenstand der vorgesehenen Freisetzung sind invasive Pflanzen, die in Anhang 2 zur Freisetzungsverordnung aufgeführt sind und mit denen der direkte Umgang in der Umwelt (mit Ausnahme von Massnahmen zur Bekämpfung dieser Organismen) verboten ist (Art. 15 Abs. 2 FrSV). Weist der Gesuchstellerjedoch nach, dass er alle Massnahmen getroifen hat, urn die in Artikel 15 Absatz I genannten Anforderungen zu erfüllen, kann eine Ausnahrnebewilligung erteilt werden. Das Gesuch wird vom Amt anhand der in Artikel 15 Absatz 1 FrSV genannten Kriterien geprüft. Das Verfahren wird vom Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) und in analogeranwendung von der Freisetzungsverordnung, namentlich deren Artikel 21 und 36 if., geregelt. Die Eidgenossiche Fachkomrnission für biologische Sicherheit (EFBS), die betroifenen Bundesämter für Gesundheit und für Landwirtschaft (BAG und BLW) sowie der Kanton Zurich wurden konsultiert. 3/7 26812006-025081091031011031J1 14-1599

ReferenzlAktenzeichen: Ji 42-1732 In Anbetracht des Offentlichen Interesses des Versuchs sowie des Umstands, dass die Versuchspflanzen im Hinblick auf ihre Freisetzung in der begonnenen Vegetationsperiode bereits im geschlossenen System aufgezogen worden sind, wird einer ailfanigen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen (Art. 55 Abs. 2 VwVG). 2.2 Risikoermittlung und -bewertung Das BAFU hat die Risiken des in den Gesuchsunterlagen beschriebenen Freisetzungs versuchs nach den Vorgaben der Freisetzungsverordnung, insbesondere den in Artikel 15 Absatz I aufgefuhrten Kriterien, beurteilt. 2.2.1 Risiken einer Gefahrdung der Schutzziele Das Amt hat sich zu vergewissern, dass durch den Versuch die Schutzziele von Artikel 15 Absatz 1 FrSV nicht gefahrdet werden (Art. 15 Abs. 2 FrSV). Eine Verbreitung von Seneclo inaequidens wurde den in Artikel 15 Absatz I FrSV aufgefuhrten Schutzzielen zuwiderlaufen: Die Entstehung neuer Populationen von bereits etablierten oder neuen invasiven Neophyten im Zielmilieu gilt insofern als potenzielle Gefahrdung der Umwelt, als ihr Vorhandensein die biologische Vielfalt und deren nachhaltige Nutzung beeintrachtigen kann (Art. 15 Abs. I Bst. b f FrSV). Vor allem aber ist der Verzehr von Seneclo inaequidens für das Vieh wie für den Menschen gefahrlich (Art. 15 Abs. 1 Bst. a FrSV). Eine unbeabsichtigte Freisetzung ist insbesondere wie folgt moglich: > Verlust von Samen oder fortpflanzungsfahigen Pflanzenteilen; ~ Entsorgung von Pflanzenmaterial, das fortpflanzungsfahige Pflanzenteile enthält (Abfalle); > Passive Verbreitung von Pflanzenmaterial, weiches fortpflanzungsfãhige Pflanzen teile enthält, durch Insekten oder andere Prädatoren; > Verbreitung von Pollen. Bei Seneclo inaequidens besteht aufgrund der ausgepragten Fruchtbarkeit em erhohtes Risiko der Ausbreitung durch Samen. Die Gefahr einer Ausbreitung uber den Boden oder durch zufällige Vektoren (Prädatoren oder Transporteure) ist ebenfalls gross. Seneclo inaequidens ist em bedeutender Pollenproduzent und tragt so zur Befruchtung und/oder Ausbreitung bestehender Neophytenpopulationen in der Umwelt bei. Alle physischen oder chemischen Massnahmen, die die Moglichkeiten einer unbeabsichtigten Freisetzung invasiver Arten (Samen, Pollen oder fortpflanzungsfähige Pflanzenteile) einschränken, vermindern die Wahrscheinlichkeit potenzieller Schäden. 2.2.2 Vorgeschlagene Sicherheitsmassnahmen Das BAFU hat geprüft, ob die von der Gesuchstellerin vorgeschlagenen Sicherheitsmassnahmen geeignet sind, urn die Wahrscheinlichkeit einer unbeabsichtigten Freisetzung von Seneclo inaequidens oder des Verlusts von Pflanzen beziehungsweise von fortpflanzungsfahigen Pflanzenteilen zu minimieren. Die Durchfuhrung des Freisetzungsversuchs unter Tunnels und auf für die Offentlichkeit unzugänglichem Gelãnde verringert die Gefahr einer unbeabsichtigten Freisetzung der Pflanze oder von fortpflanzungsfãhigen Pflanzenteilen durch nicht autorisierte bzw. nicht geschulte Personen, die das Gelände betreten. Das Abdecken des Bodens mit einer gewobenen, wasserdurchiassigen Folie vermindert das Risiko der Keirnung und des Wachstums von Pflanzen und foiglich auch die Gefahr einer unbeabsichtigten Freisetzung in die Umwelt. Indem die Blütenstände von 180 Pflanzen vor der Samenreife geerntet werden, wird die Gefahr einer unbeabsichtigten Freisetzung von fortpflanzungsfahigem Material in die Umwelt minim iert. Im Hinblick auf die Pflanzen, deren Blütenstände bis zur Samenreife belassen werden, verhindert eine für Samen und Insekten undurchlassige physische Barriere (Netz) 417 26812006-025081091031011031J1 14-1599

Referenz/Aktenzeichen: J142-1 732 die indirekte unbeabsichtigte Freisetzung von Samen durch Bestäuber oder Prädatoren sowie auf anderen Wegen. Da das Offnen der genannten Netze im geschlossenen System erlolgt, wird das Risiko eines Samenverlusts im Tunnel und beim Transport minimiert. Als zusätzliche Massnahme zur Eindammung des Risikos einer unkontrollierten Verbreitung von fortpflanzungsfahigem Material in der Umwelt wird kontrolliert, ob im Versuchstunnel (auf und unter der Folie) und im Umkreis von 100 Metern um das Versuchsgelande Jungpflanzen aus entwichenen Samen heranwachsen. Unerwunschte Keimlinge werden gegebenenfalls entfernt. Diese Oberwachung ist im Anschluss an Experimente, die unter Uberschwemmungsbedingungen durchgefuhrt werden, besonders wichtig, da der Wasserabfluss eine unbeabsichtigte Verbreitung begunstigen kann. In der unmittelbaren Umgebung des Versuchsgelandes kommt Seneclo inaequidens sehr selten vor. Der Freisetzungsversuch darf nicht zum Heranwachsen neuer Pflanzen fuhren, da dies die Umweltbelastung erhöhen würde. Die Auflage, wonach Sicherheitsmassnahmen zur Minimierung dieses Risikos vorzusehen sind, ist demnach verhaltnismassig. Alle von der Antragstellerin vorgeschlagenen Massnahmen erlauben eine wirksame und bedeutende Verringerung der Gefahrdung von Umwelt, Mensch und Tier. Hingegen sieht die Antragstellerin keine Schulung für bzw. Information von Personen vor, die auf dem Versuchsgelande tatig sind. Die Identifikation und Kommunikation der Versuchsphasen, die im Hinblick auf die unbeabsichtigte Freisetzung von Samen oder Pflanzenteilen durch über die Risiken des Versuchs mit Seneclo inaequidens nicht aufgeklarte Personen kritisch sind, ist nicht vorgesehen. Eine Ergänzung der von der Antragstellerin vorgesehenen Massnahmen durch entsprechende Vorkehrungen wurde das Risiko eines Verlusts oder einer unbeabsichtigten Freisetzung wirksam vermindern. Eine Bestaubung der wenigen lokal in der Umwelt vorkommenden Pflanzen kann nicht ausgeschlossen werden. Der damit verbundene Druck auf die Umwelt wird jedoch als annehmbar beurteilt, da Seneclo inaequidens im Umkreis des Versuchsgelandes sehr selten vorkommt. 2.3 Zusammenfassende Beurteilung Das BAFU hat das von Frau Iris Altenburger eingereichte Gesuch des Instituts für Integrative Biologie (ibz) der EidgenOssischen Technischen Hochschule Zurich geprüft und das Risiko, weiches durch die vorgesehene Freisetzung für die Umwelt entsteht, sowie die vorgeschlagenen Sicherheitsmassnahmen zur Minimierung des Schadenspotenzials und der Schadenswahrscheinlichkeit evaluiert. Das Amt ist zum Schluss gelangt, dass die Risiken der vorgeschlagenen Versuche für die Umwelt annehmbar sind und den in der Freisetzungsverordnung definierten Schutzzielen nicht zuwiderlaufen, sofern die von der Antragstellerin vorgeschlagenen und vom zuständigen Amt erganzten Sicherheits massnahmen getroffen werden. 3 Entscheid Als für Ausnahmebewilligungen nach Artikel 15 Absatz 2 FrSV für Freisetzungsversuche mit gebietsfremden invasiven Organismen nach Anhang 2 FrSV zustandige Behörde bewilligt das Bundesamt für Umwelt die Freisetzungsversuche unter folgenden Auflagen und Bedingungen: 1. Die an der Durchführung des Versuchs beteiligten Personen müssen mit dem Projekt und den vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen vertraut sein und über deren Bedeutung aufgeklart sein. Die Sicherheitsmassnahmen sind genauestens einzuhalten. 2. Der Zugang zu den Versuchsflächen muss kontrolliert werden und Personen vorbehalten bleiben, die am Versuch beteiligt sind oder die eine entsprechende Schulung erhalten haben. 517 26812006-02508!091031011031J1 14-1599

ReferenzlAktenzeichen: J142-1 732 3. Personen, die am Versuch beteiligt sind oder Zugang zu den Versuchflächen haben, müssen über die Gefahren für Umwelt, Mensch und Tier aufgeklart werden, weiche mit der Handhabung von toxischen invasiven Pflanzen sowie mit dem unbeabsichtigten Verlust von fortpflanzungsfahigem Material von toxischen invasiven Pflanzen verbunden sind. Es sind organisatorische Vorkehrungen und Schutzmassnahmen zu treffen, die von diesen Personen einzuhalten sind. 4. Die 240 verwendeten Seneclo inaequidens-pflanzen sind in Topfen unter einen Tunnel zu stellen. Bei Pflanzen, bei denen die Blütenstände bis zur Reife belassen werden, sind diese mit einem schutzenden Netz, welches für Samen undurchlässig ist, zu umschliessen. Die Topfe sind auf eine wasserdurchlassige Schutzfolie zu stellen. Das Heranwachsen von Keimlingen ist zu überwachen, und allfallige Jungpflanzen sind zu entfernen. 5. Vor Versuchsbeginn ist dern BAFU eine detaillierte Versuchsplanung (Standorte, einzelne Phasen des Versuchs, Zeitplan) zuzustellen. 6. Die Versuchsanordnungen und Beschreibungen der durchgeführten Versuchsphasen (Tagebuch) sind aufzubewahren und während der gesamten Versuchsdauer bis zum Versuchsabschluss auf Verlangen vorzulegen. 7. Pflanzenmaterial ist so zu entsorgen, dass es die Umwelt nicht gefahrden kann. Fortpflanzungsfahige Pflanzenteile sowie Topferde sind unschadlich zu machen (Sterilisierung oder Verbrennung). Dies gilt für samtliches Material, das während oder nach Abschluss des Versuchs das Versuchsgelande verlässt. 8. Die Versuchsflachen und die unmittelbare Umgebung des Versuchsgelandes im Umkreis von 100 Metern sind zu überwachen und allfallige Keimlinge, die während des Versuchs und in der auf den Versuch folgenden Saison heranwachsen, sind zu entfernen. Sind aufgrund einer unbeabsichtigten Freisetzung Pflanzen herangewachsen, so wird die Uberwachungsdauer urn eine weitere Saison verlangert und der Uberwachungsperimeter urn zusätzliche 100 Meter erweitert. 9. Dem BAFU ist em Schlussbericht über den Versuch und die Ergebnisse der Uberwachung zu übermitteln, bevor das Versuchsgelande für weitere Forschungs oder Verwendungszwecke genutzt wird. Eine neuerliche Nutzung ist erst zulassig, nachdem das Amt den Schlussbericht erhalten und genehmigt hat. 10. Jede Anderung des Vorhabens, auf das sich die obige Beurteilung bezieht, ausserordentliche Ereignisse (z.b. Unwetter oder Sabotageakte) sowie neue Erkenntnisse sind dem BAFU unverzuglich zu melden und werden von diesem im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die biologische Sicherheit gepruft. Die Gesuchstellerin hat mit der Umsetzung von Anderungen abzuwarten, bis die Antwort des BAFU vorliegt. 11. Das BAFU Amt behält sich vor, Massnahmen zu ergreifen, wenn die Auflagen oder Bedingungen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Entscheid nicht erfüllt werden. 12. Die Gebühren werden festgesetzt auf Franken 1 OOO (Art. 57 Abs. 1 FrSV i.v.rn. Anhang Ziff. 3 Bst. a Gebührenverordnung BAFU; SR 814.014). Sie gehen zulasten der Gesuchstellerin. Die Rechnungstellung erfolgt durch das BAFU. 13. Gegen diese Verfugung kann beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, CH-3000 Bern 14, Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen; die Frist beginnt am Tag nach der Eroffnung der Verfügung zu laufen. Die Beschwerdeschrift ist im Doppel einzureichen. Sie hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der Beschwerdeführerin bzw. des Beschwerdefuhrers oder seiner Vertreterin bzw. seines Vertreters zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweis 6/7 26812006-02508!09103101103!J1 14-1599

Referenz!Aktenze,chen: J142-1 732 mittel angerufenen Urkunden sind der Beschwerde beizulegen, soweit der Beschwerdefuhrer bzw. die Beschwerdefuhrerin sie in Händen halt. 14. Einer allfalligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung entzogen (Art. 55 Abs. 2 VwVG). 15. Der Entscheid wird der Gesuchstellerin, ETH Zurich, Institut fur Integrative Biologie, Frau Iris Aftenburger, Universitatsstrasse 16, 8092 Zurich, eingeschrieben eroffnet. 16. Der Entscheid wird auf der vom BAFU fur diesen Zweck bereitgestellten Internetseite veröffentlicht sowie summarisch im Bundesblatt publiziert (Art. 36 VwVG). 17. Der Entscheid wird zur Kenntnis mitgeteilt an: - Amt für AbfalI, Wasser, Energie und Luft (AWEL) der Baudirektion des Kantons Zurich, Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe, Sektion Biosicherheit, Waiche platz 2, Postfach, 8090 Zurich - Bundesamt fur Gesundheit (BAG), FachsteNe Biologische Sicherheit, Herr Thomas Binz, 3003 Bern - Bundesamt fur Landwirtschaft (BLW), Sektion Zertifizierung, Pflanzen- und Sortenschutz, Herr Alfred Klay, 3003 Bern - Eidgenossische Fachkommission für biologische Sicherheit (EFBS), 3003 Bern Bundesamt für Umwelt BAFU Hans Hosbach Leiter Abteilung AbfalI Stoffe Biotechnologie 7/7 268!2006-025081091031011031J1 14-1599