Normung von metallischen Werkstoffen

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Transkript:

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 1 von 16 Normung von metallischen Werkstoffen Im Zuge der Harmonisierung des europäischen Normungswesen sind auch die Normen über die Stahlbezeichungen geändert worden. Dabei wurde die bisherige Art der Bezeichnung, also durch Kurznamen und Werkstoffnummern beibehalten. Daher besteht die Norm EN 10 027, welche die früheren nationalen Normen 17006 und 17007 ersetzt, aus zwei Teilen. In Teil 1, der Bezeichnung der Stähle mit "Kurznamen, sind gegenüber der früheren nationalen Norm einige Änderungen zu beachten. Die Norm kennt zwei unterschiedliche Gruppen: Gruppe 1: Die Kurznamen enthalten Hinweise auf die Verwendung und die mechanischen oder physikalischen Eigenschaften Gruppe2: Die Kurznamen enthalten Hinweise auf die chemische Zusammensetzung Zusätzlich wird eine Reihe von Informationen durch Anhängezahlen und Buchstaben neu eingeführt. Den Informationsgehalt dieser Kennzahlen und Buchstaben gibt die ECISS- Mitteilung IC 10 (Information Circular des europäischen Komitees für Eisen- und Stahlnormung) wieder. Teil 2 der Norm EN 10 027 enthält die Bezeichnung der Stähle durch Werkstoffnummern und ist praktisch ohne Änderung gegenüber der früheren Einordnung geblieben. Bild 1: Bezeichnungssystematik der Stahlnormung

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 2 von 16 Bild 2: Stahlbezeichnung nach DIN EN 10027 Teil 1 Gruppe 1 Hauptsymbole können, sofern es erforderlich ist, durch Zusatzsymbole ergänzt werden, um besondere Eigenschaften anzuzeigen: Einsatztemperaturen (hoch, niedrig) - Oberflächenzustand - Behandlungszustand - Desoxidationsart Die Zusatzsymbole werden in der IC 10 (Zusatzsymbole für Kurznamen der Stähle nach EN 10027-1) aufgeführt, Ausgabe Februar 1993

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 3 von 16 Bild 3: Vollständige Bezeichnungssystematik für Stähle für den allgemeinen Stahlbau

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 4 von 16 Bild 4: Vollständige Bezeichnungssystematik für Stähle für Druckbehälter

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 5 von 16 Bild 5: Besondere Anforderungen nach Tabelle 1 DIN EN 10025

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 6 von 16 Beispiele für die Einteilung und Bezeichnung der Stähle mit Hinweisen auf die chemische Zusammensetzung nach EN10027 T1 Gruppe 2 a) für unlegierte Stähle mit einem Mangangehalt < l% C45 0,45 Masse-% C (Faktor für C ist 100) Multipilkator 100 auch für: P,S,N, Ce Kennbuchstabe für Kohlenstoffstahl b) für unlegierte Stähle mit einem Mangangehalt < l% und legierte Stähle bei denen kein Einzelelement mit einem Anteil über 5 Masse-% zulegiert wurde 10CrMo9-10 1,0 Masse-% Mo (Faktor Mo = 10) 2,25 Masse-% Cr (Faktor Cr = 4) 0,10 Masse-% C (Faktor C = 100) Multiplikator 10 auch für: Al, Be, Cu, Nb, Ta, Ti, V, Zr Multiplikator 4 auch für: Co, Mn, Ni, Si, W c) für legierte Stähle bei denen mindestens ein Legierungselement mit einem Anteil über 5 Masse-% vorliegt X6CrNi18-10 10 Masse-% Ni 18 Masse-% Cr 0,06 Masse-% C (Faktor für C ist 100) mindestens ein Legierungselement liegt über 5 Masse-% d) für Schnellarbeitsstähle HS6-5-2-5 5 Masse-% Cobalt 2 Masse-% Vanadin 5 Masse-% Molybdän 6 Masse-% Wolfram

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 7 von 16 Bezeichnungssystematik nach Werkstoffnummern: Allgemeine Systematik: X.YYYY.ZZ X= Hauptgruppe 0=Roheisen, Gußeisen 1=Stahl 2=Schwermetalle (Nickel, Kupfer, Zn, Edelmetalle) 3=Leichtmetalle (Aluminium, Magnesium, Titan) 4=Sinterwerkstoffe Y= Sortenklasse und Zählnummer Z= Anhängezahlen S 255 Sortenklasse Baustahl DIN EN 10002 S 255 Bild 6: Beispiele für die Bezeichnung nach Werkstoffnummern

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 8 von 16 Bezeichnung von NE-Metallen Die Bezeichnung von NE-Metallen folgt einer etwas anderen Systematik als die der Stahlwerkstoffe. In diesem Falle wird das chemische Symbol des Basismetalles vorangestellt, während die Legierungselemente mit dem chemischen Symbol und der prozentualen Angabe direkt folgen. Die prozentuale Angabe erfolgt in 0,5%-Schritten. Beispiele: TiAl6V4 = Titanlegierung mit 6% Aluminium und 4% Vanadium AlMg4,5Mn = Aluminiumlegierung mit 4,5% Magnesium und einem Mangangehalt von weniger als 1% CuSn8 = Kupfer-Zinn Legierung (Bronze) mit 8% Zinn Weiterhin finden Kennbuchstaben für die Herstellung und Verwendung, Kurzzeichen für besondere Eigenschaften (ausgehärtet, homogenisiert etc.) und der Mindestwert der Zugfestigkeit (F+Zahlenwert) Verwendung.

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 9 von 16 Unlegierte Baustähle nach DIN EN 10025 (früher DIN 17100) Die Baustähle nach DIN EN 10 025 sind für einen weiten Anwendungsbereich im Stahl- und Maschinenbau vorgesehen. Sie werden vor allem für geschweißte, genietete und geschraubte Bauteile verwendet, die bei Umgebungstemperaturen eingesetzt werden. Geliefert werden die Stahlqualitäten als Flacherzeugnisse wie Bleche sowie als Langerzeugnisse wie Träger, Stäbe und Drähte. Die Stähle zeichnen sich insbesondere durch niedrige bis mittlere Festigkeiten, meist gute Zähigkeit und gute Verarbeitungseigenschaften aus. Sie sind überwiegend unlegiert und weisen meist ein ferritisch-perlitisches Gefüge auf.

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 10 von 16 DIN EN 10 025 ersetzt DIN 17 100 (01.80). Gegenüber der DIN 17 100 ist hervorzuheben, daß Hohlprofile und Schmiedestücke nicht mehr erfaßt sind und Änderun-

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 11 von 16 gen bei Stahlbezeichnungen, Werkstoffnummern, Sorteneinteilung, Desoxidationsart, Gütegruppen, Lieferzustand und chemischer Zusammensetzung vorgenommen wurden. Sorteneinteilung und Bezeichnung Die Tabellen 1 und 2 zeigen die neuen Kurznamen nach EN 10 027 Teil 1 und ECISS-IC 10 (ECISS = Europäisches Komitee für Eisen- und Stahlnormung), die Werkstoffnummern nach EN 10 027 Teil 2 sowie die bisherigen Kurznamen. Nach DIN EN 10 025 sind je nach Anforderung an die Kerbschlagarbeit die Gütegruppen JR, JO,J2 und K2 vorgesehen. Die Buchstaben J und K kennzeichnen hierbei die Höhe der gewährleisteten Kerbschlagarbeit, die nachfolgenden Symbole R, 0 und 2 die Prüftemperaturen bei der Kerbschlagbiegeprüfung (room temperature, O C und -20 C). Je nach Desoxidationsart und Lieferzustand wird noch mit dem Zusatzsymbol Gl und G4 unterschieden. Herstellungsverfahren Das Erschmelzungsverfahren des Stahls bleibt dem Hersteller überlassen, sofern es nicht bei der Bestellung vereinbart wurde. Die Desoxidationsart muß den Angaben in Tabellen 1 und 2 entsprechen. Die Formgebung erfolgt durch Warmwalzen. Lieferzustand Für die Gütegruppen JR und JO bleibt der Lieferzustand der Erzeugnisse dem Hersteller überlassen, sofern nicht anders vereinbart. Bei den Gütegruppen mit dem Zusatz G3 müssen Flacherzeugnisse normalgeglüht oder normalisierend gewalzt geliefert werden, bei Langerzeugnissen bleibt der Lieferzustand dem Hersteller überlassen, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Bei den Gütegruppen mit dem Zusatz G4 bliebt der Lieferzustand dem Hersteller überlassen. Schweißeignung Bei den Stählen nach DIN EN 10 025 darf nicht von einer uneingeschränkten Schweißeignung nach den verschiedenen Verfahren ausgegangen werden. Die Schweißeignung hängt wesentlich ab von a) chemischer Zusammensetzung, b) Desoxidation und c) Wärmebehandlungszustand (Lieferzustand). Zu a) Bei dem Stahl S185 bestehen keine Anforderungen bezüglich der chemischen Zusammensetzung. Über die Schweißeignung kann deshalb keine Aussage gemacht werden. Bei den Stählen E295, E335 und E360 sind zwar die maximalen P-, S- und N-Gehalte festgelegt, nicht jedoch der C-Gehalt. Auch hier kann keine Aussage über die Schweißeignung gemacht werden. Die Stähle der Gütegruppen JR, JO, J2 und K2 sind im allgemeinen zum Schweißen nach allen Verfahren geeignet. Die Schweißeignung verbessert sich bei jeder Sorte von der Gütegruppe JR bis zur Gütegruppe K2, da in dieser Reihenfolge abnehmende C-, P- und S-Gehalte sowie erhöhte Anforderungen bezüglich der Kerbschlagarbeit vorliegen, siehe Tabellen 1 und 2. Die

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 12 von 16 nicht festgelegten maximalen N-Gehalte der Gütegruppen J2 und K2 führen nicht zu einer erhöhten Alterungsanfälligkeit, da stickstoffabbindende Zusätze, z. B. Aluminium, zugegeben sind. Zu b) Zu c) Korngröße, Kornwachstumsneigung und Seigerungsneigung hängen von der Desoxidationsart ab. Sie nehmen zu von den vollberuhigt vergossenen (FF) Qualitäten über die beruhigt vergossenen (FN) zu den unberuhigt vergossenen (FU) Qualitäten. In gleicher Reihenfolge zeigt sich auch eine Zunahme der Sprödbruch- und Warmrißneigung, die besond ers ausgeprägt sind bei den unberuhigt vergossenen Stählen. Die Schweißeignung nimmt also zu von der Desoxidationsart FU über FN bis FF. Die nach der Warmumformung unbehandelten Stahlsorten können infolge zu hoher Walzendtemperatur ein Widmannstättensches Gefüge und damit erhöhte Sprödbruchneigung aufweisen. Alle Gütegruppen (außer G3 bei Flacherzeugnissen, die normalgeglüht oder normalisierend gewalzt geliefert werden) sind prinzipiell betroffen. Nur die Verarbeitung von normalgeglühten Qualitäten kann Abhilfe schaffen. Zusammenfassend ergibt sich folgende Grobeinteilung bezüglich der Eignung zum Schmelzschweißen: - Beste Schweißeignung ist vorhanden bei den Stählen S235J2G3, S235J2G4, S275J2G3, S275J2G4, S355J2G3, S355J2G4, S355K2G3 und S355K2G4. - Gute Schweißeignung ist vorhanden bei den Stählen S235J0, S275J0 und S355J0. - Mit Einschränkungen schweißgeeignet sind die Stähle S235JR, S275JR und S355JR. - Bei den Stählen S185, E295, E225 und E360 kann keine Aussage über die Schweißeignung gemacht werden. Für die schweißtechnische Verarbeitung sind die normalgeglühten Stähle den unbehandelten vorzuziehen. Mit steigender Erzeugnisdicke und steigender Festigkeit muß mit zunehmender Kaltrißneigung gerechnet werden.

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 13 von 16 Feinkornbaustähle Hohe Festigkeiten, wie sie in der Leichtbauweise erforderlich sind, werden bei Stählen i. a. durch höhere Kohlenstoffgehalte und durch Bildung harter Gefügebestandteile wie Martensit oder Zwischenstufengefüge erzielt. Bei Stählen mit guter Schweißeignung versagen jedoch diese Mechanismen. Der Kohlenstoffgehalt muß, um gefährliche Aufhärtungen zu vermeiden, auf Anteile unter 0,2% begrenzt bleiben. Feinkornbaustähle mit guter Schweißeignung erhalten daher ihre hohe Festigkeit durch Zugabe von Legierungselementen (Mn, Si, Cr, Cu, Ni, Mo, Ti), die u. a. eine Legierungsverfestigung im Ferritmischkristall bewirken. Weitere Legierungselemente wie Al, Nb und V bilden schwer lösliche und kornwachstumshemmende Nitride bzw. Karbide. Ein besonders feinkörniges Gefüge ist die Folge, wodurch die Streckgrenze weiter erhöht und gleichzeitig die Kerbschlagarbeit verbessert wird. Ferner wird der Stahl durch das Feinkorngefüge umwandlungsfreudiger und somit die Gefahr einer Aufhärtung in der Übergangszone der Schweißnaht wesentlich gemindert. Die häufigste Anwendung finden die normalgeglühten Feinkornbaustähle mit Kohlenstoffgehalten von bis zu 0,20%. Ähnliche Festigkeiten lassen sich trotz geringer Kohlenstoffgehalte mit den thermomechanisch behandelten Feinkornbaustählen erzielen. Hierbei werden im Zuge des Umformens die Temperaturen, Zeiten und die Umformvorgänge so aufeinander abgestimmt, daß gute Festigkeitskennwerte bei gleichzeitig guten Zähigkeitskennwerten resultieren. Einer der bei der thermomechanischen Behandlung ausgenutzten Mechanismen ist die Hemmung der Rekristallisation des Austenits durch geeignete Ausscheidungen, so daß die bei der nachfolgenden Abkühlung ablaufenden Umwandlungen z. T. aus dem verformten Austenit heraus stattfinden und zu besonders feinem Korn führen. Wesentlich höhere Festigkeitskennwerte als bei den normalgeglühten und thermomechanisch behandelten Feinkornbaustählen lassen sich mit den vergüteten Feinkornbaustählen erzielen. Durch Härten und nachfolgendes Anlassen zwischen etwa 600 bis 700 C entsteht niedriggekohlter, hochangelassener Martensit mit Streckgrenzen von bis zu etwa 1000 N/mm² und guter Zähigkeit. Eingesetzt werden die Feinkornbaustähle u. a. im Fahrzeugbau, Kranbau, Offshore- Bereich und Rohrleitungsbau. Benennung und Sorteneinteilung Die Feinkornbaustähle werden nach ihrer Mindeststreckgrenze benannt. Die Bezeichnung beginnt mit dem Kennbuchstaben S, gefolgt von dem Mindestwert der Streckgrenze für die kleinste Erzeugnisdicke in N/mm². Die nachfolgenden Kennbuchstaben N, M oder 0 geben an, ob es sich um einen normalgeglühten bzw. normalisierend gewalzten Feinkornbaustahl handelt (N), einen thermomechanisch gewalzten (M) oder einen vergüteten (0). Ein Zusatzkennbuchstabe L am Ende der Bezeichnung weist auf verbesserte Kerbschlagzähigkeit bei tiefen Temperaturen hin. Tabelle 1 zeigt beispielhaft die mechanischen Eigenschaften der normalgeglühten Feinkornbaustähle nach DIN EN 10 113 Teil 2, welche die frühere DIN 17 102 teilweise ersetzt. Zum Vergleich sind die früheren Werkstoffbezeichnungen mit aufgenommen. Die gewährleisteten Kerbschlagarbeitswerte für die normalgeglühten Feinkornbaustähle sind in Tabelle 2 enthalten. Detaillierte Anforderungen an die normalgeglühten und die thermomechanisch gewalzten Feinkornbaustähle sind in der DIN EN 10113 dokumentiert, an vergütete sowie ausscheidungsgehärtete in der DIN EN 10137.

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 14 von 16 Schweißeignung Die Feinkornbaustähie nach DIN EN 10 113 und DIN EN 10 137 sind bei Beachtung der Regeln der Technik nach allen im Betrieb bewährten Verfahren schweißgeeignet. Ausführliche Richtlinien für das Schweißen und die Verarbeitung enthalten das Stahl-Eisen-Werkstoffblatt (SEW) 088, herausgegeben vom VDEh Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf, sowie DASt-Richtlinie 011, herausgegeben vom Deutschen Ausschuß für Stahlbau, Köln. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß wegen der hohen Streckgrenzen dieser Stähle der Kerbempfindlichkeit, der Kaltrißgefahr und der wasserstoffinduzierten Rißbildung, die zeitverzögert auftreten kann, besondere Aufmerksamkeit zukommt. Gemindert werden kann die wasserstoffinduzierte Rißbildung durch ordnungsgemäße Trocknung der Elektrodenumhüllung bzw. des Schweißpulvers und durch Entfernen jeglicher Anrostungen im Bereich der Schweißnaht. Die Kaltrißgefahr kann durch Vorwärmen gemindert werden. Vorwärmen zum Schweißen ist immer erforderlich, wenn die Werkstücktemperatur unter +5 C liegt; beträgt sie mehr als +5 C, so sind die Stähle bei Überschreitung bestimmter Grenzdicken vorzuwärmen. Die Vorwärmtemperaturen liegen zwischen 80 und 200 C. Mit steigender Dicke ist der obere Temperaturbereich anzustreben. Soweit für diese Stähle ZTU (Zeit-Temperatur-Umwandlungs)-Schaubilder und STAZ (Spitzen-Temperatur-Abkühlungs-Zeit)-Diagramme erstellt sind, lassen sich daraus

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 15 von 16 exaktere Angaben über Vorwärmtemperaturen in Abhängigkeit der chemischen Zusammensetzung des Stahles, der Werkstückdicke sowie der Streckenenergie beim Schweißen und der zulässigen Höchsthärte ableiten.

Werkstoffkunde Teil 14 IWS - FH Hamburg Prof. Dr.-Ing. H. Horn Seite 16 von 16