1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_ _Schlosskirche_FN 1

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Transkript:

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 1 Schriftlesung: Apostelgeschichte 2, 1-8 und 12-18 Das Pfingstwunder 1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? (9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom,) 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.)

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 2 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein. Die Pfingstpredigt des Petrus 14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): 17»Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen." (19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; 20 die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt. 21 Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«)

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 3 Predigt: 1.Kor 2, 12-16 Millionen von Menschen aus vielen Ländern verfolgten gestern die königliche Hochzeit in England. Entweder direkt vor Ort oder zu Hause am Fernseher bzw. im Internet. Menschen, die sonst nichts miteinander zu tun haben, waren für zwei, drei Stunden plötzlich miteinander verbunden in einer Art geistiger Hochzeitsgemeinschaft. Und selbst, wenn es keine Übersetzungen am Bildschirm oder am Monitor gegeben hätte, so wussten die Menschen doch ohnehin, worum es ging, und sie verstanden, was da ablief. Ich will nicht sagen, dass das wie Pfingsten seinerzeit bei den Jüngern war. Aber solche Großereignisse, übrigens auch im Sport oder in der Musik, geben uns ein Empfinden dafür, wie weltweite Gemeinschaft entstehen kann über Völker, Sprachen und Nationen hinweg, wenngleich nur für kurze Zeit. Das ist faszinierend. Allerdings ist nicht jeder Geist, der Menschen verbindet, zugleich Gottes Geist. Auch aggressive Geister und Mächte können Menschen verbinden, z.b. unter einem gemeinsamen Feindbild, und dann zu schlimmen Taten und Gewalt führen. Nicht so mit Gottes Geist. Er wirkt anders, und das müssen wir uns genauer anschauen. Nach dem großen Pfingstereignis und der bedeutenden Predigt des Petrus kehrten die Menschen irgendwann wieder zurück und mussten ihren

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 4 Alltag bewältigen. Das ist immer so nach großen Ereignissen. Wie aber wirkt Gottes Geist im Alltag? Woran erkennen wir ihn, was bewirkt er? Damit befasst sich Paulus immer wieder. Wir hören für den heutigen Sonntag aus dem Ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth Kapitel 2, die Verse 12-16 Predigt: 1. Kor 2, 12-16 12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. 13 Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. 14 Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden. 15 Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. 16 Denn»wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? (Jesaja 40,13) Wir aber haben Christi Sinn. Amen

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 5 Liebe Gemeinde! Durch den Geist aus Gott können wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist schreibt Paulus. Schauen wir uns das genauer an. Ich bin sicher, es lohnt sich. Jedes Jahr beginnt am Seminar für Lehrerbildung und Didaktik ein neuer Kurs von Referendarinnen und Referendaren mit der praktischen Ausbildung. Jeder Kurs kommt einmal zu mir in's Büro, und wir befassen uns mit dem Thema "Exegese", also Bibelauslegung. Vor etwa zwei Wochen war wieder ein Kurs da, und wir beschäftigten uns mit Jakobs Kampf am Fluss Jabbok. Ich weiß nicht, ob Ihnen dieser Text aus dem 1. Buch Mose vertraut ist, daher fasse ich kurz zusammen: Jakob hatte seinen Bruder Esau betrogen. Dieser drohte sich zu rächen, daher musste Jakob fliehen. Viele Jahre verbrachte er in der Ferne, gründete eine Familie, wurde selbst betrogen, konnte sich aber doch einen gewissen Wohlstand erwirtschaften und beschloss eines Tages: "Nun will ich nach Hause zurückkehren." Kurz vor dem Ziel wurde ihm gemeldet, dass sein Bruder Esau ihm mit vierhundert Reitern entgegen kam. Jakob bekam Angst, er fürchtete, sein Bruder wollte sich noch immer rächen. An einer halbwegs passierbaren Furt brachte er seinen Besitz durch den Fluss Jabbok an's andere Ufer, blieb selbst allein zurück und verbrachte die Nacht in großer Einsamkeit. Als er schließlich

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 6 selbst durch's Wasser ging, kam es zu einem Kampf, Jakob kämpfte im wahrsten Sinn mit Gott und der Welt. Erst bei Sonnenaufgang erreichte er das andere Ufer, zwar durch den Kampf leicht verletzt, aber immerhin: er kam an, und wie es mit Aufgang der Sonne heller wurde, so wurde es auch in Jakob's Erkenntnis heller, ihm ging ein Licht auf, und er erkannte mit Schreck: In dieser Nacht bin ich Gott begegnet. Ich bin Gott begegnet und lebe, was für ein Segen. Hinkend, aber doch gestärkt durch diese Erfahrung ging er seinem Bruder entgegen, und es kam zur Versöhnung. Jakob erkannte Gott in seinem Leben und mit dieser Erkenntnis wurde ihm Versöhnung geschenkt. Generationen später waren Nachkommen Jakobs in unfreiwillige Sklaverei gekommen. Eines Nachts aber zogen die Geknechteten unter Führung des Mose los, um ihrer Unterdrückung zu entgehen. Verfolgt von gut ausgerüsteten Streitkräften hatten sie kaum eine Chance zu entkommen. Aber es gelang. Die unbewaffneten und mit wenig Ausstattung geflohenen Zwangsarbeiter entkamen und waren überglücklich. Die Geflüchteten erkannten Gott in ihrem Leben und mit dieser Erkenntnis wurde ihnen Freiheit geschenkt. Nach jahrzehntelanger Wanderschaft gelangten sie in ein Land, in dem Jahrhunderte später Jesus geboren wurde, lebte und

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 7 wirkte. Nach seiner furchtbaren Kreuzigung zogen zwei Jünger Richtung Emmaus, wo sie auf dem Weg einem Unbekannten begegneten. Er versuchte ihnen zu erklären, was geschehen war. Als sie abends beieinander waren, nahm er das Brot, sagte Dank und brach's,... und nun ging diesen beiden Jüngern ein Licht auf, eine Erkenntnis öffnete ihnen die Augen: Der Gekreuzigte war auferstanden, gegenwärtig, sie erkannten Gott in ihrem Leben und mit dieser Erkanntnis wurden ihnen Trost, Freude und Hoffnung geschenkt. "Brannte nicht unser Herz in uns...", fragten sie sich gegenseitig. Noch viele weitere Beispiele aus der Bibel ließen sich finden, um zu beschreiben, was mit Menschen geschieht, die Gott in ihrem Leben erkennen und von Gottes Geist bewegt werden. Versöhnung, Freiheit, Freude gehören zu den Früchten des Geistes, wobei Paulus an anderer Stelle dazu Liebe, Geduld, Friede, Freundlichkeit und vieles mehr nennt (Gal 5,22). All das ist uns geschenkt, wir erkennen es durch Gottes Geist, wie Paulus schreibt: Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Es geht um konkrete Erfahrungen von konkreten Menschen in konkreten Situationen, in denen sie ihr Leben in neuem Lichte sehen, sich etwas auftut, das bisher nicht so

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 8 erfahren wurde, sodass ihr Koordinatensystem sich verschiebt. Allerdings nicht in jede beliebige Richtung. Nicht alles, was die Blickrichtung ändert, ist Gottes Geist. Es gibt auch Begegnungen und Erfahrungen, die Menschen in die falsche Richtung treiben bis dahin, dass Hass und Gewalt mit Gott begründet wurden und werden. Aber das geht nicht. Wir müssen die Geister unterscheiden. Paulus meint, dass wir dazu auch fähig sind, denn: "Wir (aber) haben Christi Sinn", schreibt er. Das müssen wir näher beleuchten. Wie können wir denn Christi Sinn haben? Es geht ja nicht, den Zeigefinger zu erheben und zu sagen: "Habt ab jetzt Christi Sinn!" Durch Apelle funktioniert das nicht. Genau so, wie ich mir nicht sagen kann: "Ab jetzt bin ich gut gelaunt" - oder: "Morgen verliebst du dich!" Bestimmte Dinge lassen sich nicht anbefehlen, sondern sie ereignen sich. Christi Sinn haben wir nicht, weil uns das jemand angeordnet hat, sondern weil wir zu ihm gehören, weil er uns Sinn gibt, weil er unsere Wahrnehmung prägt, unserem Leben Richtung gibt. Sichtbar leben wir als Einzelne und als Gemeinden in dieser Welt, unsichtbar sind wir mit ihm verbunden zu allen Zeiten, an allen Orten. Das klingt vielleicht fast zu schön, um wahr zu sein. Im Lauf der Geschichte schließlich hat sich die Christenheit nicht immer in

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 9 Christi Sinn gezeigt. Die Negativbeispiele der Kirche kennen wir alle. Es gibt aber auch anderes. Kurz vor Ostern erschien ein Interview mit dem Theologen und Buchautor Manfred Lütz in der Zeitung. Neben vielem Kritischem hier ein paar seiner Aussagen (SchwäZ 31.03.2018, S.5): "Wussten Sie, dass Toleranz eine christliche Erfindung war?... Auch Mitleid ist eine christliche Erfindung. Wenn man bei den Römern behindert war, dann war man von den Göttern geschlagen und die anderen gingen einem aus dem Weg, um nicht auch Schwierigkeiten mit den Göttern zu bekommen. Die Christen haben..., die Menschen am Rand, ins Zentrum gestellt...." Aber: "Inzwischen werden Rettungskräfte angepöbelt, Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber der Not der anderen greifen um sich. Es ist eben gar nicht so selbstverständlich, den Schwachen zu helfen. Die Historiker", so Lütz im Interview, "die Historiker sagen uns, dass Krankenhäuser, Waisenhäuser und Fremdenherbergen christliche Erfindungen waren. Diese Haltung der Christen machte das Christentum in der Antike so attraktiv...." Ich vermute, dass es nicht alles ganz so eins zu eins aufgeht, wie Herr Lütz das äußerte. Aber wichtige Impulse gingen ohne Zweifel von christlichen Gemeinden, von Männern und Frauen christlichen Glaubens aus. Dass nicht alles gut war, beschreibt

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 10 schon Paulus, wenn er etwa von der Zerrissenheit des Menschen spricht, auch des Christenmenschen, und doch hält er fest: Ihr seid Glieder des Leibes Christi, ihr seid Tempel des Geistes. Aber eben nicht eines jeden Geistes, sondern des Geistes, der Versöhnung, Freiheit, Trost, Freude und Hoffnung gibt, der das Recht aufrichtet für die Entrechteten, der Erbarmen wirkt, weil es in jedem System unschuldig Verurteilte gibt, der zur Gotteserkenntnis führt in einzelnen Begegnungen und Erfahrungen, wie bei Jakob, Mose oder den Emmausjüngern. Alles immer nur bruchstückhaft, zugleich aber alles auch immer so, dass es das Leben einzelner Menschen in kleinen Schritten verändert. Wir haben Christi Sinn, es ist sein Ansinnen, uns in Bewegung zu setzen in ganz bestimmter Weise. Wenn Eltern auf etwas verzichten um ihrer Kinder willen, dann doch nicht deswegen, weil jemand sagt: "Ihr müsst!", sondern vielmehr, weil sie eine Art "Eltern-Sinn" in sich tragen, die Liebe zu ihren Kindern, die sie stets auf kreativste Weise nach Möglichkeiten suchen lässt, ihren Kindern Lebensperspektiven, Entwicklungsräume, Unterstützung zu geben und sie wachsen zu sehen. Jedesmal freue ich mich doch als Vater, wenn ich unseren Sohn oder unsere Tochter glücklich erlebe, wieder einen Schritt weiter, wieder eine Schwierigkeit überwunden, wieder ein Problem

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 11 gemeistert, ich freue mich mit, von ganzem Herzen, und denke dann nicht daran, worauf ich deswegen alles vorher verzichtet habe. Die Freude ist größer. Diese Bewegung, sich freiwillig zurückzunehmen, um etwas zu geben und sich riesig zu freuen, wenn daraus etwas wächst; eine Freude zu spüren, die wiederum Kraft gibt, wenn es zu Rückschlägen und Enttäuschung kommt, das ist Christi Sinn, und es ist doch genau die Bewegung Gottes in diese Welt hinein, Gott, der Not und Schmerz auf sich nimmt, sie überwindet und uns durch seinen Geist Leben öffnet, Versöhnung, Freiheit, Trost, Freude und Hoffnung gibt. Wie viele Menschen sind dieser Bewegung gefolgt durch alle Zeiten und überall, bis heute: Menschen, die sich engagieren z.b. im Besuchsdienst, in der Hospizgruppe, als Lesepaten oder in der Flüchtlingshilfe, aber auch im Chor, wenn nach langen Proben beim gemeinsamen Gesang das Herz aufgeht, oder als Mesner, der sonntags noch weniger ausschlafen kann, damit alles im Gottesdienst klappt, danach aber froh nach Hause geht. Da gibt es noch viele Beispiele mehr, im engeren kirchlichen Bereich wie auch in vielen anderen Bereichen, wo Menschen etwas ermöglichen, einfach weil sie von Christi Sinn erfasst sind. Bestimmt fallen Ihnen noch viele viele Dinge, Erlebnisse und Erfahrungen ein, die Sie nennen könnten in diesem Sinne.

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 12 Eine der schönsten und ergreifendsten Geschichten in der Bibel ist die Heilung des Blinden in Johannes 9. Da wird für mich alles zusammengefasst, die ganze Frohe Botschaft: Jesus und die Jünger kommen an einem Blinden vorbei, die Jünger fragen: "Wer hat gesündigt: Er oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?" Genau die Frage, die wir vorhin hatten: Behinderung verstanden als Strafe der Götter in römischer Zeit, z.t. leider auch bis heute. Aber was für ein Unsinn! Jesus antwortet: "Weder er noch seine Eltern. Befasst euch nicht mit solch sinnlosen Gedanken. Es wird immer Leid geben, verschuldet oder unverschuldet. Aber wir sind jetzt hier, und wir tun etwas." Ja, an jedem einzelnen Menschen können Gottes Werke offenbar werden. Jesus heilt den Blinden. Später werden die Eltern gefragt: "Ist das euer Sohn, und wenn ja, wieso kann er jetzt sehen?" Die Eltern antworten: "Ja, das ist unser Sohn, aber weshalb er nun sehen kann? - Fragt ihn selber, er ist alt genug, lasst ihn für sich selbst reden." Moderner und besser lässt es sich nicht ausdrücken. Ein Mensch, auf den bisher alle herabschauten, kommt auf Augenhöhe, erhält Würde: lasst ihn für sich selbst reden. Er und seine Familie, die gelitten hatten und ausgegrenzt waren, erhalten eine neue Perspektive, und am Ende wird alles umgekehrt: die Gegner Jesu werden als blind bezeichnet, der Blinde aber erkennt: Ich habe den Messias,

1.Kor 2, 12-16_Pfingstsonntag_20.05.2018_Schlosskirche_FN 13 gesehen, den Erlöser, und er spricht ganz schlicht: "Herr, ich glaube",... Genau das ist es doch, worauf Petrus in seiner Pfingstpredigt hinweist, wenn er den Propheten Joel zitiert mit den Worten, dass Gott seinen Geist auf Junge und Alte, auf Frauen und Männer, auf Knechte und Mägde ausgießt: alle erlangen eine besondere Würde, begegnen einander auf Augenhöhe, kommen zu neuem Leben. Sichtbares Zeichen im Gottesdienst der Gemeinde hierfür ist das Abendmahl: Alle in derselben Würde von Gott empfangen, auf Augenhöhe in der Gemeinschaft Christi, eines Geistes und eines Sinnes. Seit zweitausend Jahren und weltweit. Ja, Paulus hat schon recht: Wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. Sein Geist verbindet uns mit Christus und öffnet uns die Augen. Und die weltlichen Geister, die spalten, ausgrenzen und trennen, die knechten und unterdrücken, die können wir ausmachen und in die Schranken weisen, denn wir haben Christi Sinn. Danke, Gott, für Pfingsten. Amen