Anwendungsmöglichkeiten von mikrobiologischen Sanierungsverfahren Dr. Stephan Hüttmann (Sensatec Kiel) Dipl.-Ing. Sascha Winkler (Sensatec Kiel) Altlastensanierung Flintbek, 24.09.2015 Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein
Sensatec GmbH
Technologieanbieter für In-situ-Verfahren
Vortragsübersicht I. Randbedingungen für den Einsatz II. Praxiserfahrungen zu verschiedenen Technologien III. Fazit
Vorkenntnisse/ Randbedingungen Schadstoff(-zusammensetzung): LCKW (PCE, TCE, cdce, VC, ) MKW (BTEX,..) Schwermetalle Ausdehnung, Risiko Hydrogeologische Parameter: V fließ, kf, PV Bodenstruktur (Horizontierung) Mächtigkeit GWL Chemische Parameter: Redoxmilieu Fe-, Mn-, Sulfatkonzentration und -oxidationsstufe DOC ph Bestimmung des Verfahrens und der Einsatztechnologie Bestimmung der Wirkstoffzusammensetzung und Mengen Monitoringparameter während der Sanierungsphase
Beispiel aerobe LCKW-Sanierung
aerober LCKW-Abbau PCE Tetrachlorethen G: TCE Trichlorethen -949 kj/mol DCE Dichlorethen VC Vinylchlorid -1059 kj/mol -1208 kj/mol Chlorfreie Produkte Vorteile Keine Bildung beständiger Metabolite Keine Anaerobisierung des zu behandelnden Boden- und Grundwasservolumens keine negativen Auswirkungen durch Sulfatreduktion oder Methanogenese kein Bedarf an Cosubstraten zur Reduktion der standorteigenen Elektronenakzeptoren geringes Risiko des Biofoulings
Ermittlung des Mindestbedarf an Elektronenakzeptoren (hier: Sauerstoff) > 7,0 mg/l Sauerstoffmangel hemmt Schadstoffabbau Ziel: maximaler Abbau bei minimalem Wirkstoffeinsatz (Risiko: Verblockung, Kosten,..) TZW, Sensatec; 2014
Schadstoffabbau in Abhängigkeit vom eingesetztem Cosubstrat (cometabolischer Abbau) Ethen ermöglicht den Abbau Ethenmangel hemmt Abbau TZW, Sensatec; 2014
Anlagen an Standortanforderungen anpassen Bioxwand-Technologie als leistungsfähiges Aerationsverfahren (Patent EP 1550519)
Sauerstoffeinlösung im Feld 1. Vor der Gasinjektion 2. Nach 5 monatigem Betrieb
Beispiel anaerobe LCKW-Sanierung
Standortüberblick Fläche: 225 m 2 Aquifermächtigkeit ca. 6 m Durchfluss pro Tag ca. 2,5 m³ Maximale Belastung ΣLCKW : 3000 µg/l Durchschnittliche Belastung: 1500 µg/l Hauptschadstoffkomonente: PCE (80 %) Homogener, mächtiger und gut durchlässiger GWL
Stöchiometrische Wasserstoffbilanz, Berechnung der Wirkstoffmenge 1. konkurrierende Prozesse zur Dechlorierung und benötigte Wirkstoffmenge Verbrauch an Wasserstoff bzw. Elektronen mittlere Stoffkonzentration im Feld (mg/l) benötigte Cosubstratmenge (mg/l) Nitratreduktion 5 H 2 5 103,52 Eisenreduktion 0,5 H 2 15 34,42 Manganreduktion 1 H 2 1,19 0,89 Sulfatreduktion 4 H 2 21 385,09 Summe 523,91 2. Dechlorierungsprozesse und daraus resultierende einzusetzende Wirkstoffmenge Verbrauch an Wasserstoff bzw. Elektronen mittlere Stoffkonzentration im Feld (mg/l) benötigte Cosubstratmenge (mg/l) PCE zu Ethen 4 H 2 2,2 13,63 TCE zu Ethen 2 H 2 1 5,86 CIS zu Ethen 3 H 2 3,3 17,49 VC 1 H 2 1,3 5,34 Summe 42,31 Berechnung der Wirkstoffmenge (Cosubstratbeispiel) Benötigte Zielkonzentration im Aquifer: 570 mg/l Zu behandelndes Bodenvolumen: 1.680 m³ Porenvolumen: 420 m³ (bei angenommenen 25 % PV) Benötigte Gesamtmenge ausgewähltes Cosubstrat inkl. Sicherheitsfaktor (x2): 4.788 kg
Kenngrößen Sanierungsphase 1 Sanierungszeitraum 3 Jahre Wirkstoff: Cosubstrat (5%ig Melasse), Pufferlösung nach Bedarf 10 m 3 Cosubstratlösung je Injektionskampagne Insgesamt ca. 5000 kg Cosubstrat (= ca. 1000 kg DOC) GW-Fließ
Schadstoffentwicklung B4 6 m unter GOK Randbedingungen der anaeroben Dechlorierung im optimalen Bereich (Redoxpotenzial: -300 bis -450 mv, ph-wert um 7, NO 3 <1 mg/l) Kein Rückgang der LCKW-Gesamtgehalte und kein nachweislicher Anstieg von Dechlorierungsprodukten in beiden Tiefen 10 m unter GOK
Was tun?
Durchgeführte Untersuchungen prozesstechnische Laboruntersuchungen in Kiel zur Bestimmung des Cosubstratnutzungsprofils sowie der Nährstoffversorgung Pumpversuche zur Identifizierung der Wirkstoffverteilung (Tracertest)
Konsequenz Anpassung der Wirkstoffe - angepasst an Bedarf der standorteigenen Mikroorganismen Aufbau einer halbautomatisierten GW-Zirkulationsanlage - Homogenisierung der Wirkstoffe innerhalb der Quelle Abfuhr mikrobieller Stoffwechselprodukte (möglicher Hemmfaktor)
Ergebnis Tracertest Auslegung Entnahme- Reinfiltration
Entnahme- und Reinfiltrationskonzept (10) 1 2 8 (9a) 7 dauerhaft bei Bedarf 6 5 Entnahme (9b) 4 3 Kreislaufanordnung um MP1 (links); vor dem Hintergrund der LCKW-Konzentration (rechts)
Schematischer Aufbau Sanierungsanlage
Infiltrationskampagnen - Cosubstratzugaben auf Grundlage der in situ Lf und des analytisch bestimmten DOC - Natriumhydrogencarbonatzugaben in Abhängigkeit vom in-situ bestimmten ph-wert
Zirkulationsbetrieb Zirkulationspause - umgesetztes Gesamtvolumen in 4 Monaten ca. 4000 m 3-14 maliger Austausch (Umwälzung) des gesamten gesättigten Porenvolumens
Grundwasseranalytik ph-wert - teilweise niedriger ph-wert konnte durch Pufferzugaben auf gewünschtem Niveau (6,5-7,0 ph) stabilisiert werden
Grundwasseranalytik DOC- Dissolved Organic Carbon - Sehr geringe Anfangsgehalte (< 10 mg L -1 ) - Einstellung Zielniveau (50-100 mg L -1 ) im gesamten Feld durch Cosubstratzugabe und Zirkulation
Grundwasseranalytik Sulfat Sulfat - Sulfatreduzierende Bedingungen im gesamten Feld konnten eingestellt werden
Grundwasseranalytik LCKW [µg/l] 2.100 4.000 8.500 - Reduktion der LCKW-Gesamtgehalte in der gesaten Schadensquelle - Anstieg von niedrigchlorierten Metaboliten (vor allem cdce und VC) - Sonderstellung IP8 (Nachlösung von Phasenresten!)
Grundwasseranalytik LCKW vs Ethen [µmol/l] 25 40 80 - starker Ethenanstieg - die anaerob-reduktive Dechlorierung läuft im gesamten Feld vollständig bis zum chlorfreiem Endprodukt ab
Grundwasseranalytik LCKW vs Ethen [µmol/l] Mittel 25 40 Mittel 80 - LCKW Abnahme in µmol/l entspricht weitgehend der Ethenzunahme in µmol/l Verdünnungseffekte können durch diesen Nachweis ausgeschlossen werden
Beispiel kombinierte LCKW-Sanierung (anaerob und aerob)
GW-Fließ Treatment Train (anaerobe Quellsanierung, aerober Abstromriegel) Aerobe Abstromsicherung zur vollständigen Dechlorierung der teil-dechlorierten Produkte c-dce und VC über die Zugabe von verdünnter Wasserstoffperoxidlösung Anaerobe Quellsanierung zur Initialen- Dechlorierung von PCE und TCE
Beispiel Injektionstechnik bei bindigen Bodenstrukturen
Dynamische-Druckpuls-Injektion (DDI) Problem statischer Fluidinjektionsmaßnahmen: Ausbildung bevorzugter Fließwege hydraulischer Weg des geringsten Widerstandes Statische Injektion DDI- Injektion Vorteile Die am (Haupt )Fluß nicht beteiligten Porenräume werden erreicht Die Ausbildung bevorzugter Fließwege wird verhindert Es erfolgt eine gleichmäßige Verteilung über gesamte Filterstrecke Beschleunigung der Infiltrationszeit, erhöhte Aufnahmekapazität des Untergrundes Erhöhung der Dispersion, bessere Raumwirkung
Fazit Standortbedingungen kennen und die Sanierungsmaßnahme anpassen Wirkstoffe (Menge und Art) an Bedarf des Standorts anpassen Sanierungserfolg monitoren ggf. Maßnahme umstellen (Bsp. von passiver- auf aktive Wirkstoffverteilung) Wirkstoffverteilung wichtiger Aspekt für erfolgreiche Sanierung Mikrobielle Sanierungsverfahren vielseitig einsetz-, umstellund anpassbar Überwiegend günstige Wirkstoffe Geringe Gefahr für Mensch und Umwelt durch Sanierungsmaßnahme