PRINZIPIENKASKADEN ODER GRASWURZELREFLEXION?



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Transkript:

Peter Ulrich PRINZIPIENKASKADEN ODER GRASWURZELREFLEXION? Zum Praxisbezug der Integrativen Wirtschaftsethik 1. Was steht in einer Vernunftethik des Wirtschaftens, die konsequent transzendentalpragmatisch ansetzt, zur Disposition? Wie soll moderne Wirtschaftsethik ansetzen? Das entscheidet sich wesentlich daran, wie sie das grundlegende Verhältnis zwischen ethisch-praktischer Vernunftidee und ökonomischer Rationalität, zwischen Moralprinzip und Marktprinzip bestimmt. Dieses Problem ist nicht unabhängig von weltanschaulichen Vorentscheidungen zu lösen. Sie betreffen im Kern die Frage, welche der beiden konfligierenden normativen Logiken primär als problematisch empfunden und daher im Lichte der anderen zur Disposition gestellt wird: jene des Marktes, also die normative Logik des Vorteilstausches, oder die der Moral, also die normative Logik der Zwischenmenschlichkeit 1? Wird mit andern Worten die ökonomische Ratio als das Problem und die ethische Ratio als die Lösung betrachtet oder umgekehrt? Mit dieser elementaren Alternative trennen sich zunächst die Wege von Wirtschaftsethik als angewandter Ethik sowie Integrativer Wirtschaftsethik einerseits und von Moralökonomik andererseits. Letztere definiert Wirtschaftsethik in angewandte (normative) Ökonomik um und folgt damit dem Programm des ökonomischen Imperialismus oder methodischen Ökonomismus 2. Mit diesem in der wirtschaftsethischen Fachdebatte bereits hinlänglich diskutierten Programm wollen wir uns hier nicht näher auseinandersetzen. 3 Vielmehr konzentrieren wir uns auf die 1 Vgl. Ulrich (2001: 23ff.). 2 Vgl. Homann (1996: 181; ders. 2002: 123). An der zweitgenannten Stelle wird die starke These vertreten: Der methodische Ökonomismus muss in der Wirtschaftsethik konsequent durchgehalten werden. 3 Nur soviel: Beim Versuch, einen methodischen vom normativen Ökonomismus abzugrenzen, handelt es sich schlicht um eine Variante des methodologischen Standardarguments der reinen Ökonomen, wonach der economic approach von weltanschaulichen und normativen Voraussetzungen frei sei, da er allein auf axiomatisch gesetzten as-if-modellannahmen beruhe. Vgl. dazu im Einzelnen Ulrich (2000: 559ff.).

128 Peter Ulrich zweite Weichenstellung, jene zwischen angewandtem und integrativem Ansatz von Wirtschaftsethik. Auch sie hängt mit einer weltanschaulich keineswegs neutralen Vorentscheidung zusammen, nämlich darüber, wie weit die problematisierte ökonomische Ratio zur Disposition zu stellen ist. Bevor ich die Gründe dafür aufzeige, weshalb sich die Integrative Wirtschaftsethik nicht als angewandte Diskursethik versteht, sei kurz auf die Gemeinsamkeiten hingewiesen. Sie teilen sowohl den phänomenologischen Ausgangspunkt, die der [argumentativen] Rede immanente Sittlichkeit 4 (als lebensweltliches Erfahrungsapriori ) als auch den transzendentalpragmatischen Reflexionshorizont, die regulative Idee der idealen Kommunikationsgemeinschaft vernunftorientierter Personen (als das Argumentationsapriori ). 5 Dieser kontrafaktische Vorgriff auf eine ideale Sprechsituation 6 wohnt unseren realen oder gedanklichen Diskursen gleichsam immer schon inne und kann mittels transzendentalpragmatischer Reflexion als rational nicht hintergehbare Bedingung der Möglichkeit und Gültigkeit aller Argumentation 7 aufgedeckt werden. Die so aufzudeckende Grundnorm 8 oder besser: die regulative Idee der vorbehaltlos anzuerkennenden Verständigungsgegenseitigkeit zwischen mündigen Gesprächspartnern stellt den postkonventionellen, also vernünftigen Moralstandpunkt einer universalen Minimalethik 9 dar im Hinblick auf das, was schon Kant die Verhältnisse vernünftiger Wesen zueinander 10 genannt hat. Bezüglich dieses in der Apel/Böhler-Terminologie letztbegründeten diskursethischen Standpunkts (Teil A der Diskursethik) möchten wir St. Galler keine wesentliche Differenz zur Berliner Position 11 markieren, vielleicht abgesehen davon, dass wir den unglücklichen Ausdruck _letztbegründet> lieber vermeiden. 12 Erst 4 Habermas (1980: 42). 5 Dieses doppelte Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, also die dialektische Wechselbeziehung zwischen Erfahrungs- und Argumentationsapriori, gilt es methodisch auszuhalten, wie sowohl Habermas (1973: 393ff.) als auch Apel (1973: 428ff.) in ihren frühen Beiträgen als die Pointe (Apel 1973: 429) des diskursethischen Ansatzes betont haben. Vgl. auch Ulrich (1993: 283ff.). 6 Habermas (1971: 122). 7 Apel (1973: 406). 8 Apel (1973: 400). 9 Apel (1973: 230). 10 Kant (1978: 67 [BA 76]). 11 Anlässlich eines Workshops von Ethik und Wirtschaft im Dialog konnte am 31. Oktober 2002 in Berlin die direkte Debatte über Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen Berliner und St. Galler Ansatz erörtert werden. Vgl. dazu Ulrich (2004). 12 Die Letztbegründungs -Terminologie erscheint genau deshalb unglücklich, weil sie die Aufhebbarkeit der dialektischen Beziehung zwischen Erfahrungs- und Argumentationsapriori auf ein reines (Kant sches) Bewusstseinsapriori suggeriert. Für glücklicher halte ich daher Habermas (1983: 105) Rede von der Alternativenlosigkeit der reflexiv zu gewinnenden Einsicht in die unausweichlichen normativen Argumentationsvoraussetzungen. Das dementsprechende Erfahrungsapriori besteht darin, dass wir mit der wechselseitigen Rationalitätsunterstellung zwischen Gesprächspartnern schon gute Erfahrungen gemacht haben, wenngleich sie im Einzelfall stets falsifizierbar ist.

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 129 recht gilt dies für Apels problematischen Begriff der Grundnorm der wechselseitigen Anerkennung der Diskursteilnehmer, da er die kategoriale Differenz zwischen dem vernunftethisch explizierten Moralprinzip (als der Einstellung, in der wir anderen Personen begegnen sollen) und konkreten Normen (als Regeln für bestimmte Handlungssituationen) verwischt und damit bereits das konkretistische Missverständnis eines diskursethischen Anwendungsproblems suggeriert. Den moral point of view kann man jedoch nicht anwenden, vielmehr ist es der Standpunkt, von dem aus sich die Perspektive klärt, in der konkrete moralische Urteile oder Normen zu begründen sind. 13 Es mag überraschen, aber in angewandter Hinsicht auf die Wirtschaftsethik verstehen wir Vertreter des St. Galler Ansatzes uns sogar als die konsequenteren Transzendentalpragmatiker, denn wir halten aus unserer Sicht: im Unterschied zu den Vertretern angewandter Diskursethik die transzendentale Begründungsperspektive in der Wirtschaftswelt wirklich durch. Wir setzen nämlich auch noch die Wirtschaftsethik strikt als transzendentalpragmatische Reflexion über die Bedingungen der Möglichkeit und Gültigkeit ethisch vernünftigen Wirtschaftens an. Das findet seinen Ausdruck in einer entsprechenden, ethisch integrierten Idee vernünftigen Wirtschaftens, die ich zwecks Unterscheidbarkeit vom neoklassisch-ökonomischen Rationalitätsprinzip sozialökonomische Rationalitätsidee nenne. 14 Diese formuliert nicht mehr und nicht weniger als den spezifischen Moralgesichtspunkt einer transzendentalpragmatisch begründeten Vernunftethik des Wirtschaftens. Als sozialökonomisch rational (oder schlicht: vernünftig) sollen Formen des Wirtschaftens gelten, die nicht nur im Hinblick auf den je subjektiven Erfolgshorizont der Akteure rational oder effizient sind, sondern von ihnen als mündigen Wirtschaftsbürgern auch gegenüber jedermann, also im öffentlichen Vernunftgebrauch 15, als legitim vertreten werden können. Die sozialökonomische Rationalitätsidee stellt gleichsam nicht mehr und nicht weniger als die ideelle Spitze integrativer Wirtschaftsethik dar, indem sie das Zwei- Welten-Denken Ökonomik als Domäne des aussermoralischen Rationalprinzips einerseits, Ethik als Domäne des ausserrationalen Moralprinzips andererseits sozusagen beim wirtschaftsethischen Anfangsproblem überwindet. Statt dass sich Wirtschaftsethik vonseiten der Vertreter einer vermeintlich wertfreien und interessenneutralen reinen Ökonomik in die Ecke der ökonomischen Unvernunft stellen lässt, erarbeitet sie sich damit einen umfassenden Begriff ethisch integrierter ökonomischer Ratio, mit dem sie sich selbst auf die Seite der Vernunft stellt und in dessen Licht sie überhaupt erst die Verkürzungen des (weltanschaulich alles andere als neutralen) ökonomischen Rationalismus erhellen kann. Anwenden kann man die regulative Idee sozialökonomischer Rationalität freilich ebenso wenig wie jede andere regulative Orientierungsidee. Zur Praxis kommt sie vielmehr als Ideologiekritik dessen, was alles so im Namen ökonomischer Vernunft vertreten wird. Zentraler Angriffspunkt solcher Ideologiekritik ist die 13 Vgl. dazu Ulrich (2001: 81, 98ff.). 14 Vgl. Ulrich (2001: 120ff.). 15 Kant (1982: 55).

130 Peter Ulrich rein ökonomische Fiktion einer allgemeinen Effizienz als ob rationales Wirtschaften gleichsam im sozialen Vakuum, losgelöst von der Frage nach der vernünftigen Gestaltung der sozialen Beziehungen unter allen Beteiligten und Betroffenen, ganz interessenneutral und konfliktfrei definiert werden könnte. Wer Wirtschaftsethik nicht als kritische Grundlagenreflexion der ökonomischen Rationalitätsperspektive ansetzt, sondern neben ihr, der übersieht offenbar, dass es einen von ethischen Fragen restlos ablösbaren, autonomen Gesichtspunkt ökonomischer Rationalität gar nicht gibt, wie Hans Albert 16 als unmittelbare Konsequenz aus Gunnar Myrdals 17 unwiderlegter Kritik an der kommunistischen Fiktion der Ökonomik neoklassischer Prägung gezeigt hat. Wer hinter diese Einsichten zurückfällt, der vergibt schon im Ansatz die Chance, der gängigen ökonomistischen Gemeinwohlrhetorik, die im Namen einer (vermeintlich) reinen ökonomischen Rationalität betrieben wird, auf die Schliche zu kommen. Eine praktisch-philosophisch fundierte Vernunftethik des Wirtschaftens, die ihren Namen verdient, darf daher, so meine ich, die grundlegende ökonomismuskritische Begriffsarbeit nicht einfach links liegen lassen. Darin sehe ich jedenfalls den systematischen Anfangspunkt für die vielleicht am weitesten reichende Aufgabe Integrativer Wirtschaftsethik, nämlich eine kritische Erneuerung der normativen Grundlagen der Politischen Ökonomie (wie sich die Disziplin klassischerweise ganz richtig bezeichnet hat!) mit vernunftethischen Mitteln. 18 Ist es Zufall, dass bisher niemand aus den verschiedenen Schulen, die Wirtschaftsethik als angewandte Ethik konzipieren, einen solchen wirtschaftsethischen Reflexionsgesichtspunkt als systematischen Anfang überhaupt für nötig begreift? Ich glaube nicht, denn wer in der Wirtschaftsethik bloss noch das Problem der Anwendung vorgängig begründeter Grundnormen sieht, der fokussiert eben nicht mehr auf transzendentalpragmatische Begründungsaufgaben im Lichte dessen, was als vernünftiges Wirtschaften gelten soll, sondern nur mehr auf das Problem, wie diese Grundnormen gegen die Widerstände der realen Wirtschaftswelt moralstrategisch durchgesetzt werden können, ohne die normativen Hintergründe der empirisch vorgefundenen marktwirtschaftlichen Realität als solche ins Licht eines transzendentalpragmatischen Legitimitätsdiskurses zu heben. Das ist im Ansatz merkwürdig, denn schliesslich handeln auch Wirtschaftsakteure nach Gründen, und gerade Diskursethiker dürfen doch nicht ohne weiteres die Rationalitätsunterstellung preisgeben, dass die Akteure grundsätzlich in der Lage sind, ihre faktischen Handlungsorientierungen und ihre Begründungen diskursiv zur Disposition zu stellen und aus verantwortlicher Einsicht zu verändern, soweit ihnen das legitimerweise (d.h. unter Berücksichtigung ihrer eigenen legitimen Ansprüche) zugemutet werden darf. 19 Indem angewandte Ethiker sogar noch als Diskursethiker lediglich nach der Anwendung von Ethik unter den empirisch vorgefundenen Bedingungen der sich globalisierenden Marktwirtschaft fragen, begehen sie also einen Reflexionsstopp vor 16 Vgl. Albert (1972: 13ff.). 17 Vgl. Myrdal (1976: 48, 113, 129, 188). 18 Vgl. dazu Ulrich (2003). 19 Mehr zum damit angesprochenen Zumutbarkeitsproblem folgt unten in Abschn. 4.

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 131 der Konstitution dieser Bedingungen. 20 Um wessen Bedingungen handelt es sich denn dabei? Wessen Sache vertritt demnach die (real gegebene oder ideal gedachte) marktwirtschaftliche Sachlogik? Wie alle Praxis sind die vorgefundenen politischökonomischen Verhältnisse doch ihrerseits normativ konstituiert. Sie stellen das praktische Resultat früherer Handlungen und Regelungen dar, die im Prinzip verändert werden können, sofern die dahinter liegenden Interessen zur Disposition gestellt werden. Oder anders gesagt: Hinter fraglos als gegeben ausgegebenen Sachzwängen des Wirtschaftslebens stehen letztlich ideologische Denkzwänge, die der kritischen Rekonstruktion und Reflexion dahingehend bedürfen, ob sie es denn verdienen, als Bedingungen hingenommen zu werden, oder ob aus ethischer Perspektive nicht vielmehr ihrer Veränderung zugearbeitet werden sollte. Im Zentrum der ökonomistischen Denkzwänge, um deren ideologiekritische Erhellung es in der Wirtschaftsethik geht, steht heutzutage die weit herum fraglos vorausgesetzte normative Logik des Marktes, d.h. des generalisierten Vorteilstausches (als Inbegriff der neoklassischen ökonomischen Ratio), der ökonomistisch zum Organisationsprinzip einer freiheitlichen Gesellschaft schlechthin überhöht wird idealiter zur totalen Marktgesellschaft. 21 Ob wir mit Niquet 22 nur nach der Befolgungsgültigkeit ethischer Gesichtspunkte unter den Funktionsbedingungen der real existierenden oder ideal gedachten Marktwirtschaft fragen, oder ob wir umgekehrt nach den Legitimitätsbedingungen einer zivilisierten Marktwirtschaft fragen, macht einen entscheidenden Unterschied. Diesseits aller philosophischmethodischen Differenzen handelt es sich dabei schlicht um zwei völlig verschiedene, von weltanschaulichen Hintergrundannahmen keineswegs freie Bestimmungen dessen, was praktisch zur Disposition steht und was nicht. 20 Diese verkehrte lexikalische Ordnung einer Diskursethik (?!), die nur nach der Implementation der Moral unter Bedingungen moralrestriktiver Sachzwänge sowohl im Falle der Politik als auch in dem der Marktwirtschaft fragt, prägt noch immer die Sichtweise von Apel (2001: 91). Man beachte, dass demgegenüber die Vertreter einer normativen Ökonomik oder Moralökonomik, namentlich die Gruppe um Karl Homann, nach der Möglichkeit (der Implementation ) von Ethik nicht unter empirisch vorgefundenen Bedingungen, sondern unter den normativ gesetzten (Funktions-) Bedingungen eines idealen marktwirtschaftlichen Wettbewerbs fragen ideal im Sinne grösstmöglicher (Pareto-) Effizienz als Ausdruck eines normativen Individualismus, der einem Programm der Moralbegründung aus Interessen (Homann 1989: 48) gleichkommt. Diesem Programm folgt ausdrücklich auch Suchanek (2001 141): Die ökonomische Ethik gibt auf die Frage, warum man moralisch sein sollte, letztlich die Antwort: weil es für einen selbst vorteilhaft ist. Zur Kritik vgl. Ulrich (2001: 111ff.). 21 Idealtypisch gilt das für die kontraktualistische Institutionenökonomik auf der Linie von Hobbes bis J. M. Buchanan; vgl. im Einzelnen vgl. Ulrich (2001: 184ff.). 22 Vgl. Niquet (2002: 111ff.). Für eine differenzierte Kritik vgl. Werner (2003: 207ff.).

132 Peter Ulrich 2. Wie kommt Diskursethik zur Praxis? Zum Verhältnis von (Letzt-) Begründungs- und Motivationsproblem Ein konsequent transzendentalpragmatischer Ansatz holt wie angedeutet das vermeintliche Anwendungsproblem zurück in die Perspektive des grundlagenkritischen Begründungsproblems in konkreten Situationszusammenhängen. Was hingegen die Motivationsfrage (!) Warum moralisch sein? 23 betrifft, so halte ich die strikt innerphilosophische Begründung einer Pflicht zur Verständigungs- und Konsensorientierung nicht mehr für hinreichend. Diesbezüglich scheinen mir Apel und Böhler eine falsche Konsequenz aus der transzendentalpragmatischen Begründungsperspektive zu ziehen. Ich muss gestehen, dass ich da in ihrer Position ein metaphysisches Restmoment vermute: Setzt die kontextfrei gedachte Verbindlichkeit eines transzendentalpragmatisch ausgewiesenen Müssens nicht unweigerlich noch Kants absolute, von allem Empirischen gesäuberte 24, von uns als konkreten Subjekten losgelöste (göttliche?!) Vernunft voraus, die uns dann scheinbar als Instanz ausserhalb unseres vernunftgeleiteten Wollens, eben als ab-solutes Sollen, autoritativ begegnet? Gewiss: Für ein transzendentales Subjekt im Sinne Kants sind reine Vernunftgründe immer schon hinreichende, im paradoxen Sinne eines rationalen Determinismus zwingende Handlungsmotive. Ein spezielles Motivationsproblem stellt sich ihm daher nicht. Doch als reale Menschen haben wir mixed motives; schliesslich sind wir frei zum Guten wie zum Bösen. Es gibt nun einmal für freie Subjekte kein absolutes ( zwingendes ) Müssen, nur bestenfalls ein vernünftiges Wollen, das wir uns selbst als wechselseitig verbindliches Sollen zum Prinzip oder zur Maxime machen. Die motivationale Kraft dazu gewinnen wir kaum aus abstrakten Prinzipienkaskaden, wie sie die Apel/Böhler-Schule in immer noch differenzierteren Varianten zwecks Verbindlichkeitsnachweis abzuleiten bemüht ist. Sie wächst vielmehr aus der uns vertrauten Perspektive der immer schon an einer moralischen Gemeinschaft Beteiligten, und das heisst: aus guten Lebenserfahrungen, die unsere Identität oder die Person, die wir sein wollen, geprägt haben. Ohne dieses erfahrungsgestärkte Wollen wird aus der transzendentalen Verbindlichkeit keine uns wirklich bewegende Verbindlichkeit, die wir als Moment unseres Selbstverständnisses als freie und verantwortliche Subjekte wahrnehmen und anerkennen. Wirklich praktische Verbindlichkeit für Menschen aus Fleisch und Blut zu generieren kann daher m.e. nicht allein und unmittelbar Sache akademischer Ethik sein, sondern ist in einer modernen Gesellschaft von Grund auf eine Aufgabe der Praxis selbst. Es handelt sich nicht zuletzt um die (moral-)pädagogische Aufgabe, 23 Böhler (2001: 18) hält die Deutung der Frage Warum moralisch sein? primär als Motivations- und nicht (nur) als Begründungsfrage noch immer schlicht für eine Begriffs- und Ebenenverwechslung. Erfahrungsnäher und motivationsorientierter ist der Zugang von Burckhart (2000: 103ff., spez. 144ff.). 24 Kant (1978: 12 [BA VII]).

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 133 das zivilisierte Selber-Wollen freier und mündiger Bürger zu befördern. 25 Sonst müsste (!) die intersubjektive Forderungsstruktur, in deren lebenspraktischem Kontext sich konkrete moralische Forderungen an uns überhaupt erst stellen, 26 letztlich doch wieder einer kryptoreligiös daherkommenden moralischen Verpflichtung gegenüber einer höheren Vernunftinstanz über uns Platz machen. Ein strikt rationaler Verbindlichkeitsausweis moralischer Geltungsansprüche im Sinne der Letztbegründung mag innerhalb der akademischen Gemeinschaft unverzichtbar sein, aber für den Rest der Menschheit bleibt er ziemlich bedeutungslos und in diesem Sinn weltfremd : Die transzendentale Nötigung 27 funktioniert gerade in einer modernen Welt, seit der kategorialen Trennung von postkonventioneller Ethik (als vernunftorientierter Reflexionsform) und Moral (als soziokulturell geltendem, Verbindlichkeit beanspruchendem Normenset), prinzipiell nicht mehr. Was in der Moderne der philosophischen Ethik als wirklich praktische Aufgabe verbleibt, ist die reflexive Orientierungsfunktion für freie und autonome Menschen, die das Interesse an einer vernunftethisch reflektierten moralischen Haltung schon mitbringen. Motiviert wird eine solche Grundhaltung wenn überhaupt nicht primär aus absoluten rationalen Verbindlichkeitsansprüchen, sondern aus starken Lebenserfahrungen bezüglich der moralischen Grundlagen einer anständigen Gesellschaft (decent society) 28 und der ihr entsprechenden zwischenmenschlichen Achtungs- und Anerkennungsverhältnisse. 29 Sie sind es, die unser Selbstverständnis als mehr oder weniger guter Mensch ( ich bin o.k. ) und unsere Vorstellung von einem guten, sinnvollen und erfolgreichen Leben bestimmen. Man kann darin, wenn man mag, das unverzichtbare aristotelische Moment einer Ethik, die zur Praxis kommt, erblicken. Mir ist es wichtig, dass dieser phänomenologische Zugang zur Motivationsfrage nicht etwa mit einem Abschied vom Prinzipiellen bei der Begründungsfrage konfundiert wird. Nur kommt es m.e. für eine wirkliche praktische Philosophie darauf an, Apels doppeltes Kommunikationsapriori auch von unten her ernst zu nehmen, nämlich von den Ethos- und Moraltraditionen her, die in der vorgefundenen soziokulturellen Welt wirksam sind. Natürlich kann es nicht darum gehen, diese auf dem Niveau eines konventionellen Moralbewusstseins (im Sinne Kohlbergs) einfach hinzunehmen, sondern es gilt sich an ihnen vorbehaltlos kritisch abzuarbeiten, also sie vom postkonventionellen Moralstandpunkt aus zu durchleuchten. So beginnt man nicht bei transzendentalen Ideen, sondern bei tatsächlich wirksamen und daher möglicherweise im doppelten Sinn frag-würdigen moralischen Geltungsansprüchen 25 Zur pädagogischen Aufgabe der Herausbildung der moralischen Haltung und Kompetenz aus diskursethischer Perspektive vgl. Burckhart (2000: 151ff.). Neuerdings betont, dies sei eingeräumt, auch Böhler (2001: 59) die Aufgabe der Ausbildung zur Diskursfähigkeit mit Diskursengagement und diskursbezogener Mitverantwortlichkeit, so dass dies zu einem Habitus der Person werde. 26 Vgl. Tugendhat (1993: 64). 27 Habermas (1984: 354; 1991: 20). 28 Vgl. Margalit (1997). 29 Vgl. Honneth (1994); Maak (1999).

134 Peter Ulrich aus der realen Welt. Das meine ich mit Graswurzelreflexion (statt von oben kommenden Prinzipienkaskaden). 3. Was leistet wirtschaftsethische Graswurzelreflexion? Orientierung im ethisch-politisch-ökonomischen Denken! Hinsichtlich des soeben postulierten Zugangs von unten, also von den (kritisch zu reflektierenden) herrschenden Überzeugungen und Denkmustern her, hat derjenige, der von den Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften herkommt, vielleicht einen natürlichen Vorteil gegenüber dem Fachphilosophen, denn er hat es immer schon als seine Aufgabe verstanden, zunächst einmal erfahrungsgestützte Wirklichkeitsinterpretationen zu erarbeiten. Im Falle der Wirtschaftsethik geht es dabei um die ethisch-kritische Erhellung normativer Argumentationszusammenhänge, die im realen Wirtschaftsleben vorfindbar sind. Gerade in Bezug auf die real existierende Wirtschaftswelt gilt: Das Normative steckt immer schon im vorgefundenen ökonomischen Denken und Handeln als implizite Ethik 30 der ökonomischen Logik. Es geht, mit andern Worten, wesentlich darum, normative Hintergrundannahmen in gängigen, sich jedoch und das macht ggf. ihre ideologische Funktion aus als wertfreie und interessenneutrale ökonomische Sachlogik präsentierenden Positionen zu erhellen oder weberianisch gesprochen: ihren (markt-)metaphysischen Gehalt zu entzaubern 31 und ethisch-vernünftiger Argumentation zugänglich zu machen. Angesichts eines Zeitgeists, der fast schon trieft vor ökonomistischer (d.h. die ökonomische Sachlogik normativ verwendender) Rhetorik, ist dies um ihres Praxisbezugs willen m.e. die vordringliche Aufgabe einer im guten Sinne zeitgemässen Wirtschaftsethik. Eine Vernunftethik des Wirtschaftens, die in diesem Sinn als Graswurzelreflexion zur Praxis kommen möchte, will von vornherein keine Grundnormen auf einen Gegenstandsbereich anwenden, sondern die normativen Tiefenstrukturen der auf ihn bezogenen Denk- und Rechtfertigungsmuster im Licht des transzendentalpragmatisch begründeten Moralprinzips kritisch ausleuchten und bewusst machen. Wenn etwa Falk Schmidt ganz richtig feststellt, dass mit der Preisgabe der unmittelbaren Aufgabe des Verbindlichkeitsnachweises durch die Diskursethik (d.h. dass praktische Diskurse stattfinden sollen ) auch das Anwendungsproblem gleichsam verschwunden wäre, da nichts mehr anzuwenden wäre 32, so kann ich das nur bekräftigen aber es ist eben für eine so verstandene wirtschaftsethische Reflexionsarbeit auch gar nicht weiter schlimm. Die kritische Grundlagenreflexion des normativ überhöhten Marktprinzips (Ökonomismuskritik) ist schon die spezifische Form des wirtschaftsethischen 30 So der treffende Ausdruck von Brodbeck (2000: 3). Vgl. auch Brodbeck (2003). 31 Vgl. Ulrich (2002: 11, 45ff.). 32 Schmidt (2002: 509).

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 135 Praxisbezugs! Sie stellt daher die systematisch erste und vordringliche Aufgabe Integrativer Wirtschaftsethik dar. Wirtschaftsethische Graswurzelreflexion zielt darauf, die Wirtschaftssubjekte bei ihrem aufgeklärten oder so die notwendige Rationalitätsunterstellung im Sinne eines methodischen Optimismus prinzipiell aufklärungsfähigen Selbstverständnis als freie, mündige und gleichberechtigte Bürger einer wohlgeordneten, modernen Gesellschaft abzuholen und ihnen Orientierung im ethisch-politisch-ökonomischen Denken und Argumentieren anzubieten, soweit sie solche suchen ( herbeivernünfteln lässt sich die Motivation dazu bekanntlich kaum). Es geht darum, ihnen aufzuzeigen, wie sie ihren legitimen Selbstbehauptungsanspruch als Wirtschaftssubjekte mit ihrem Selbstverständnis als Bürger zusammendenken können als integre Wirtschaftsbürger, die sie, wenn sie es recht bedenken, im Normalfall wohl sein möchten, sofern dies nicht mit unzumutbaren Forderungen verbunden ist. Vorausgesetzt wird dabei ein zumindest embryonal vorhandenes, durch Selbstreflexion bestärkbares und entwicklungsfähiges republikanisches Bürgerethos. Von da aus lässt sich im Sinne einer republikanischen Wirtschaftsbürger- und Unternehmensethik eine ethisch integrierte Erfolgsidee entfalten, die den herkömmlichen Gegensatz zwischen (vermeintlichem) ethischem Altruismus und wirtschaftlichem Egoismus aufhebt: Der republikanisch-ethisch gesinnte (Lebens-)Unternehmer will durchaus geschäftlich erfolgreich sein, aber als Erfolg bzw. erfolgreich betrachtet er von vornherein nur Ziele und Handlungsweisen, die er vor jedermann mit guten Gründen vertreten kann. Denn er spaltet sein wirtschaftliches Streben nicht ab von seiner Identität und Integrität als Bürger, der mitverantwortlich an der Res publica, der öffentlichen Sache des fairen und gerechten Zusammenlebens freier Bürger partizipiert. 33 Kurz: Ein integrer Wirtschaftsbürger ist mehr als ein Homo oeconomicus, nämlich immer zugleich ein moralisches und politisches Subjekt, das sich aufgrund seines Bürgersinns (republikanisches Ethos) ein gewisses Mass an Selbstbegrenzung seines Geschäftssinns sehr wohl zumuten lässt. 4. Das Zumutbarkeitsproblem: Wie hat (diskursive) Wirtschaftsethik mit den Sachzwängen des marktwirtschaftlichen Systems umzugehen? Moral per se ist entgegen höchst erstaunlichen Äusserungen sowohl von Apel als auch von Habermas auch unter widrigen Umständen handelnden Subjekten stets zumutbar. 34 Denn auch im Lebenssachverhalt, den wir Wirtschaft nennen, sind wir 33 Ulrich (2001: 299, 317). 34 Wenn Apel (1988: 300) von einem Problem der Zumutbarkeit von Moral schlechthin spricht, so verrät sich darin exakt die empiristisch verkürzte Deutung widriger Anwendungsbedingungen. Dasselbe gilt für Habermas (1991: 198) explizite Zweifel an der Zumutbarkeit der Moral je nach Merkmalen der gegebenen Situation als ob diese Situationen einfach zwingend wären, also kein autonomes Handeln nach Gründen mehr zuliessen. Dass gleich beide Vordenker

136 Peter Ulrich niemals restlos fremdbestimmte Marionetten der marktwirtschaftlichen Systemlogik. Die Akteure nicht auf gute Gründe ihres Tuns anzusprechen, sondern irgendwelche Grundnormen gegen sie durchsetzen zu wollen, heisst daher schlicht, sie als Subjekte nicht ernst zu nehmen. 35 Prinzipiell darf und soll daher allen Mitgliedern einer wohlgeordneten Gesellschaft freier und gleicher Bürger zugemutet werden, ihr wirtschaftliches Erfolgsstreben nach ethischer Massgabe (und das heisst ja: zugunsten der Rücksichtnahme auf moralische Rechte anderer als Ergebnis eines gedanklichen Rollentausches) zu begrenzen und dabei zumutbare Opportunitätskosten in Kauf zu nehmen. Mehr noch: Ethik darf den Akteuren gerade nicht pauschal zubilligen, unter marktwirtschaftlichen Bedingungen primär strategisch zu handeln, wie Apel 36 dies tut; so nimmt sich angewandte Ethik letztlich für ihre Anwendung im Wirtschaftsleben selbst jeglichen Raum. Hier scheint in unglücklicher Weise nachzuwirken, dass sich Apel vermutlich auch unter dem schlechten Einfluss der Luhmann schen Lesart marktwirtschaftlicher Ordnung infolge zu geringer Vertiefung in die dogmengeschichtlichen Hintergründe des (stets!) politisch-ökonomischen Denkens von der neoklassisch geprägten Standardökonomik weitgehend über den Tisch ziehen liess, wenn er die Marktwirtschaft einfach im Ganzen als eine Welt des primär strategischen Handelns der Selbstbehauptungssysteme definiert. 37 Damit spricht er den Wirtschaftssubjekten in schlechter Pauschalität die erwähnte Rolle als vollständig zwanghaft agierende Marionetten des Marktes zu, womit ihnen von vornherein zugebilligt ist, dass sie sich im Markt bloss als Homines oeconomici verhalten und nicht als integre (d.h. ungespaltene!) Wirtschaftsbürger handeln. Dies ist jedoch die keineswegs realistische, eher schon modellplatonistische! Denkwelt einer halbierten, rein funktionalistischen Systemökonomie, die den lebensweltlichen Kontext des Wirtschaftens (Sozialökonomie) und den schon rein denknotwendigen Primat der (Ordnungs-) Politik vor der (System-) Logik des Marktes systematisch ausblendet. 38 Lässt man Apels Marionettenprämisse fallen, so ist keineswegs eine prinzipielle Tugendüberforderung von Wirtschaftsakteuren zu befürchten infolge der Tatsache, dass sie sich unter den Sachzwängen des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs behaupten müssen. Vielmehr gilt es die grundsätzliche Anspruchssymmetrie zwischen wirtschaftlichen Akteuren und Betroffenen zu beachten: Nicht nur die Ansprüche und Erfolgsziele der Wirtschaftsakteure, sondern auch jene aller davon Betroffenen sind begründungspflichtig, also im Diskurs zur Disposition zu stellen. diesen fast unglaublichen Kategorienfehler begehen, dürfte etwas mit der ihnen gemeinsamen Annahme zu tun haben, es gäbe ein spezielles diskursethisches Anwendungsproblem. Vgl. dazu im Einzelnen (Ulrich 2001: 100, 156ff.). 35 Vgl. dazu die prägnanten Ausführungen von Thielemann (2000). 36 Apel (1988: 134). 37 Apel (1988: 134). 38 Zur systematischen Unterscheidung von (funktionaler) Systemökonomie und (normativkritischer) Sozialökonomie vgl. Ulrich (1993: 341ff.) sowie weiterführend Ulrich (2003).

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 137 Alle legitimen Interessen sollen in Situationen, wo sie konfligieren, im Sinne des ideal role-taking verallgemeinerungsfähig, d.h. unparteilich von und gegenüber jedermann vertretbar sein. Den systematischen Ort dieses Legitimationsdiskurses, der daher immer ein Verantwortbarkeits- und Zumutbarkeitsdiskurs zugleich ist, bildet so die regulative Idee die unbegrenzte kritische Öffentlichkeit aller mündigen (Welt-)Bürger, oder kürzer mit Kant ausgedrückt: der öffentliche Vernunftgebrauch. 39 Unzumutbar sind grundsätzlich Forderungen an eine Person, die deren eigene legitime Ansprüche (d.h. ihre moralischen Rechte!) missachten. Dabei mag man unterscheiden zwischen moralischen Grundrechten, die prinzipiell unantastbar sind und jeder legitimen Güterabwägung vorausgehen, und an sich berechtigten Ansprüchen, die jedoch mit per se ebenso berechtigten Ansprüchen anderer kollidieren und daher je nur verhältnismässig berücksichtigt werden können. Das Recht auf existenzielle Selbstbehauptung kann man durchaus der Sphäre der unantastbaren (sozioökonomischen) Menschenrechte oder Wirtschaftsbürgerrechte zurechnen. Wer als Wirtschaftssubjekt ob als Unternehmer auf dem Gütermarkt oder als Unternehmer seiner eigenen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt in einen harten (Leistungs-)Wettbewerb verstrickt ist, dem kann nicht oder zumindest nicht ohne weiteres zugemutet werden, seine Selbstbehauptung im Markt zu opfern. Soweit kann man durchaus vom marktwirtschaftlichen Wettbewerb als einem ernst zu nehmenden Sachzwang reden, der den Spielraum zumutbarer systemfremder Forderungen an uns beschränkt. Von einer radikalen Leugnung der Unausweichlichkeit sozialsystemischer Sachzwänge, wie Apel 40 aus der Integrativen Wirtschaftsethik noch immer herauslesen (oder vielleicht doch eher in sie hineinlesen) will, kann bei sorgfältiger Lesart keine Rede sein, wie inzwischen auch Matthias Kettner 41 gegen seine frühere (apelsche) Lesart meiner Rede von Denkzwängen einräumt. 42 Es sollte nur stets reflektiert werden, dass Sachzwänge per se nichts rechtfertigen; das tun erst die tangierten und legitimen moralischen Rechte eines Akteurs. Und zu diesen gehört gewiss dessen faire Chance auf existenzielle Selbstbehauptung unter Berücksichtigung des systemischen Wettbewerbsdrucks, in den er im Markt verstrickt ist. Wo stehen nun die anwendungsorientierten Diskursethiker in dieser zentralen Frage? 43 Ich muss gestehen, dass ich diesbezüglich Inkonsistenzen wahrzunehmen glaube. Einerseits hat z.b. Dietrich Böhler in seinem Kommentar zu Jens P. Brune 44 die hinter den vordergründigen Sachzwängen liegenden, ethischer Reflexion prinzipiell zugänglichen Motive und Intentionen der Marktteilnehmer erkannt und den 39 Kant (1982: 55). 40 Apel (2001: 80). 41 Kettner (2001: 122). 42 Vgl. Ulrich (2001: 131): Gleichwohl müssen die objektiven Zwänge, unter die wir als Einzelne unter solchen Bedingungen geraten, mit grundlegenden subjektiven Intentionen oder Denkzwängen zu tun haben, die es zu begründen bzw. kritisch zu hinterfragen gilt. 43 Vgl. dazu eingehender Ulrich (2004). 44 Vgl. Brune (1995).

138 Peter Ulrich grundlagenkritischen Schluss gezogen: Das herauszuarbeiten, ist Sache des Philosophen. 45 Wenn Böhler andererseits weiter vorn im selben Text der praktischen Beurteilung eine Situationserhellung einen empirisch-theoretischen Diskurs voransetzt 46, um zunächst vermeintlich wertfrei zu analysieren, welche Situationsbedingungen jeweils gegeben sind, und wenn er meint, erst dann könne die Eule der Minerva ihren Flug beginnen 47, so passt das buchstäblich hinten und vorne nicht zusammen und stellt einmal mehr eine symptomatische Konsequenz des Denkmusters angewandter Diskursethik dar. 5. Graswurzelreflexion oder utopischer Idealismus? Zum Verhältnis von Diskursethik und politischer Philosophie und Ethik Mit der methodischen Einbindung des wirtschaftsethischen Diskurses in den Kontext der modernen, ansatzweise als freiheitlich-demokratische Gesellschaft verwirklichten, wenn auch gewiss noch nicht voll entfalteten Leitidee der Bürgergesellschaft (civil society) hebt die Integrative Wirtschaftsethik wie gezeigt keineswegs zu weltfremden, idealistischen oder utopischen Höhenflügen ab, wie seit Apels Diktum von meinen angeblich ungeheuerlichen Idealisierungen 48 auch Böhler und manche seiner Schüler aus den dargelegten Gründen immer wieder einwenden zu müssen (!) glauben, jüngstens von Apel selber in der rhetorisch kaum schwächeren Variante des utopischen Idealismus 49 wiederholt. Gegenstand dieses Vorwurfs ist bei genauem Hinsehen letztlich die sozialökonomische Rationalitätsidee 50, welche nicht mehr und nicht weniger als die spezifische Form des diskursethisch begriffenen Moralstandpunkts einer Vernunftethik des Wirtschaftens darstellt. Der Vorwurf fällt somit auf die transzendentalpragmatische Reflexionsform als solche zurück, was natürlich absurd ist, da er dem Selbstmissverständnis von Diskursethikern, die ein Anwendungsproblem haben, entspringt. Der Vorwurf der idealistischen Abgehobenheit ist auch insofern verfehlt, als ja die Integrative Wirtschaftsethik als Graswurzelreflexion wie gezeigt das doppelte Kommunikationsapriori und seine Dialektik auch von unten her entfaltet, wobei sie selbstverständlich die transzendentalpragmatische Orientierung am Moralprinzip als ihre ideelle Spitze gleichwohl voraussetzt. Ich möchte daher fast von einer Transzendentalpragmatik von unten sprechen. Aus meiner Sicht steht die Integrative Wirtschaftsethik damit ziemlich fest auf dem real- und ideengeschichtlichen Boden der 45 Böhler (1995: 143). 46 Böhler (1995: 127); Hvh. P.U. 47 Böhler (2000: 59). 48 Apel (1988: 297). 49 Apel (2001: 80). 50 Vgl. oben, Abschn. 1.

Prinzipienkaskaden oder Graswurzelreflexion? 139 uns vertrauten Gesellschaft und ihres impliziten idealen Kommunikationsaprioris. 51 Der Apel sche Vorwurf eines geschichtsabstraktiven Ansatzes an meine Adresse wirkt daher aus meiner Sicht eigentümlich verkehrt: Wenn schon, trifft er m.e. viel eher auf eine Diskursethik zu, die mit ihren hochabstrakten Prinzipienkaskaden von oben, von der ideellen Spitze einer sich zwar nicht als geschichts-, aber doch als zeitlos verstehenden transzendentalpragmatischen Letztbegründung zur realen Welt herunter kommen will, als auf eine Grundlagenreflexion der ökonomischen Vernunft, als die der integrative Ansatz ansetzt. Der in der Integrativen Wirtschaftsethik vorausgesetzte Kontext einer republikanisch-liberalen Bürgergesellschaft mit einem entsprechenden Bürgerethos und der ihr entsprechende Entwurf deliberativer Ordnungpolitik 52 sind m.e. das Gegenteil utopisch-idealistischer Prämissen. Ich verstehe das den Bürgern zugemutete republikanisch-liberale Ethos für dessen wichtige Abgrenzung von einem starken Republikanismus ich hier auf genauere Ausführungen zur Wirtschaftsbürgerethik 53 an anderer Stelle verweisen muss vielmehr gerade umgekehrt als den Versuch, das auch im Sinne eines zu Ende gedachten politischen Liberalismus unverzichtbare Minimum an notwendiger Tugend- oder Gesinnungsethik herauszudestillieren. Mit puren Homines oeconomici, denen jeglicher Bürgersinn fehlt, ist buchstäblich kein moderner Staat zu machen. Der Bedarf nach einem diskursethischen Teil B in Apels Architektonik ist aus dieser Perspektive nicht zuletzt ein Symptom des wenig überzeugenden Versuchs, die spezifisch politisch-philosophische Aufgabe, die strukturellen Prinzipien einer wohlgeordneten Gesellschaft freier und mündiger Bürger zu definieren, zu überspringen und die Diskursethik im direkten Steilzugriff auf die Wirtschaftswelt anzuwenden (Wirtschaftsethik als direkt angewandte Diskursethik). Wir St. Galler verstehen die spezifische Aufgabe moderner Wirtschaftsethik vielmehr aus dem dogmen- und theoriegeschichtlichen Zusammenhang heraus. Wir sehen ihre aktuelle Rolle wissenschaftssystematisch darin, die grosse Lücke zu füllen, welche die klassische Politischen Ökonomie, die ja nicht zufällig von Moralphilosophen wie Adam Smith und John Stuart Mill begründet worden ist, nach ihrer neoklassischen Ausdünnung zu einer (nicht wirklich) reinen und autonomen Ökonomik hinterlassen hat. 54 So wie Ökonomie, ob einem das bewusst ist oder nicht, immer politische Ökonomie ist, so ist m.e. wohlverstandene Wirtschaftsethik von Grund auf als ein Stück politische Philosophie und Ethik zu konzipieren. Dementsprechend sollte sie hartnäckig das Ideal einer voll entfalteten Bürgergesellschaft und die angemessene Rolle der Marktwirtschaft in ihr zur Geltung bringen, also die Differenz zwischen einer wohlgeordneten Gesellschaft freier Bürger und der Überhöhung des freien Marktes zum ökonomistischen Ideal einer totalen Marktgesellschaft erhellen (wessen Freiheit meint die Rede vom freien Markt?). 51 Vgl. dazu insbesondere Ulrich (1993: 31ff., 269ff.). 52 Vgl. Ulrich (2001: 293ff. bzw. 359ff.). 53 Vgl. Ulrich (2001: 289ff.). 54 Vgl. Ulrich (2000: 556).

140 Peter Ulrich So verstanden, betreibt (integrative) Wirtschaftsethik nachholende Aufklärung bezüglich des verbreiteten politischen Ökonomismus in seinen beiden Varianten: der empiristischen Variante des wettbewerbsbezogenen Sachzwangdenkens (ökonomischer Determinismus) ebenso wie der normativistischen Variante eines Marktfundamentalismus, der das Marktprinzip zum Prinzip einer Ethik ohne Moral verklärt (ökonomischer Reduktionismus). Es versteht sich von selbst, dass beide Varianten heute besonders bei den Anhängern einer voraussetzungslosen Globalisierung der Märkte ihr Unwesen treiben. 55 Gibt es aber einen grösseren utopischen Idealismus als die Bereitschaft, die pure Globalisierung der Märkte als (marktmetaphysisches) Heilsversprechen zu bejubeln oder was fast auf dasselbe herauskommt sie fraglos als Anwendungsbedingung der Ethik hinzunehmen? Literaturverzeichnis Albert, H. (1972): Ökonomische Ideologie und politische Theorie. Das ökonomische Argument in der ordnungspolitischen Debatte, 2. Aufl., Göttingen. Apel, K.-O. (1973): Transformation der Philosophie, Bd. 2: Das Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, Frankfurt a.m. Apel, K.-O. (1988): Diskurs und Verantwortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, Frankfurt a.m. Apel, K.-O. (2001): Diskursethik als Ethik der Mit-Verantwortung vor den Sachzwängen der Politik, des Rechts und der Marktwirtschaft, in: Apel, K.-O./Burckhart, H. (Hg.), Prinzip Mitverantwortung, Würzburg, 69-95. Böhler, D. (1995): Über Diskursethik und (Markt-)Wirtschaftstheorie. Bemerkungen zu Brune und zu Homann/Blome-Drees, in: Brune, J.P./Böhler, D./Steden, W.: Moral und Sachzwang in der Marktwirtschaft. Den wirtschaftsethischen Diskurs lernen, Münster, 125-143. Böhler, D. (2000): Idee und Verbindlichkeit der Zukunftsverantwortung, in: Böhler, D./Stitzel, M., u.a. (Hg.), Zukunftsverantwortung in der Marktwirtschaft, Münster, 34-69. Böhler, D. (2001): Warum moralisch sein?, in: Apel, K.-O./Burckhart, H. (Hg.), Prinzip Mitverantwortung, Würzburg, 15-68. Brodbeck, K.-H. (2000): Die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie. Eine philosophische Kritik der modernen Wirtschaftswissenschaften, Darmstadt. Brodbeck, K.-H. (2003): Ökonomische Theorie als implizite Ethik, in: Breuer, M./Brink, A./ Schumann, O.J. (Hg.), Wirtschaftsethik als kritische Sozialwissenschaft, Bern u.a., 191-220. Brune, J.P. (1995): Setzen ökonomische Sachzwänge der Anwendung moralischer Normen legitime Grenzen?, in: Brune, J.P./Böhler, D./Steden, W.: Moral und Sachzwang in der Marktwirtschaft. Den wirtschaftsethischen Diskurs lernen, Münster, 1-114. 55 Vgl. Ulrich (2001a: 375ff.).

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