Ein praxiserprobtes Rahmenwerk für die technische Anwendungsintegration



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Transkript:

Ein praxiserprobtes Rahmenwerk für die technische sintegration Bernhard Humm *, Marc Lohmann, Markus Voß, Johannes Willkomm sd&m Research sd&m AG, software design & management Berliner Straße 76, 63065 Offenbach am Main {Bernhard.Humm, Marc.Lohmann, Markus.Voss, Johannes.Willkomm}@sdm.de * B. Humm zusätzlich Hochschule Darmstadt Abstract: In diesem Artikel wird ein praxiserprobtes Rahmenwerk für die technische sintegration vorgestellt. Es besteht aus Begriffsdefinitionen, Regeln für die Auswahl der adäquaten Integrationsebene, Referenzarchitekturen, Produktlandkarten und Hinweisen zum Vorgehen. Es hilft nachweislich, die Wartung und Weiterentwicklung von integrierten slandschaften zu verbessern. 1. Einleitung Globalisierung und sich ändernde Märkte fordern von Unternehmen die rasche Anpassung an neue Bedürfnisse. Die IT-Abteilungen müssen dies mit der Umgestaltung der slandschaften zur Realisierung neuer Funktionalitäten unterstützen. IT- slandschaften umfassen die en, welche die Umsetzung neuer Marktanforderungen und Prozesse unterstützen oder sogar erst ermöglichen [Hes04]. Der Einsatz von Standardsoftware ist ein etabliertes Mittel, um sich dieser Herausforderung zu stellen. Zusätzlich werden in vielen Unternehmen en zur Unterstützung von Kernprozessen individuell entwickelt. Gerade unternehmenskritische Systeme sind oftmals weit über zehn Jahre im Einsatz. Daher müssen in nahezu allen IT- slandschaften großer Unternehmen en unterschiedlicher Fachlichkeit, Technologie und Herkunft integriert werden. Diesem Trend folgend wurden diverse Produkte entwickelt, die die Integration von Systemen erleichtern. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass eine punktuelle ad-hoc Integration von Systemen unter hohem Zeit- und Kostendruck auf Dauer die ursprünglichen Ziele in das Gegenteil umkehren kann: die Kosten für die Wartung der IT- slandschaft steigen enorm und die Integration wird extrem komplex. Die sd&m AG hat in den letzten 5 Jahren dutzende Integrationsprojekte mit einem Gesamtvolumen von weit über 100 Bearbeiterjahren durchgeführt. Des Weiteren berät sie seit vielen Jahren führende Unternehmen und Behörden in der Gestaltung ihrer slandschaft. Im Forschungsvorhaben Quasar Enterprise kondensieren wir seit nunmehr zwei Jahren unsere Projekterfahrungen. In [HHV06] haben wir unsere wich-

tigsten Ergebnisse im Bereich serviceorientierter Architekturen (SOA) vorgestellt. In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Ergebnisse im Bereich der sintegration dar: ein Rahmenwerk mit Begriffsdefinitionen, Referenzarchitekturen, Produktlandkarten und Hinweisen zum Vorgehen. Im Praxiseinsatz hat sich das Rahmenwerk als wertvoll erwiesen. Im folgenden Kapitel 2 führen wir die wichtigsten Begriffe unseres Rahmenwerks ein. Kapitel 3 behandelt Referenzarchitekturen und Produktlandkarten. Kapitel 4 gibt Hinweise zum Vorgehen in Integrationsprojekten. Praxiserfahrungen werden in Kapitel 5 vorgestellt. Kapitel 6 rundet den Beitrag mit einem Fazit ab. 2. Integrationsarchitektur 2.1 Integrationspunkte Für betriebliche en hat sich die Drei-Schichten-Architektur [DK76] bewährt. Bei der Integration von en können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass deren Architekturen diesem Paradigma folgen. Besonders beim Einsatz kommerzieller Standardsoftware, sind die Interna der nicht offen gelegt. Offen gelegt sind jedoch immer bestimmte Punkte an denen eine Integration ansetzen kann. Diese Integrationspunkte erlauben einer zweiten, mit dieser technisch zu kommunizieren. Wir unterscheiden drei Arten von Integrationspunkten (vgl. auch Abbildung 1): 1. : Eine Benutzerschnittstelle ist derart gestaltet, dass die zweite diese technisch einbinden kann. 2. Service: Eine funktionale Schnittstelle (Application Programming Interface API) ist offen gelegt, die von der zweiten genutzt werden kann. 3. Daten: Ein Zugriff auf Daten kann z.b. über SQL oder einen Dateizugriff erfolgen. skern Datenhaltung Integrationspunkt Integrationspunkt Service Integrationspunkt Daten Abbildung 1: Arten von Integrationspunkten Die Verwendung von Integrationspunkten kann aber auch deutlich komplexer sein, wie die aktuelle Technologie Enterprise Information Integration (EII) aus dem Bereich der Datenintegration zeigt. Hier werden en unternehmensweit SQL-Sichten auf Kerndaten bereitgestellt, welche physisch in Datenbanksystemen unterschiedlicher Technologien, flachen Dateien oder en zur Tabellenkalkulation abgelegt sind.

2.2 Transformation von Integrationspunkten Oftmals erfolgt in Projekten eine Transformation zwischen den verschiedenen Arten von Integrationspunkten. So erlaubt die Screen-Scraping-Technologie, Daten aus der einer, z.b. einer HTML-Seite, zu extrahieren und anderen en zur Verfügung zu stellen. Diese en können somit über eine funktionale Schnittstelle Dialogkommandos absetzen. Hier wird also ein s- Integrationspunkt verwendet um einen neuen Service-Integrationspunkt zu erzeugen. Prinzipiell sind alle Kombinationen von Transformationen zwischen den Arten von Integrationspunkten möglich. In Abbildung 2 sind in den Spalten die Arten von Integrationspunkten eingetragen, welche die zu integrierende anbietet. In den Zeilen ist eingetragen, wie die integrierende den Integrationspunkt verwendet. In der Tabelle sind Technologien aufgeführt, die die Transformation unterstützen. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind die Transformationen in der Diagonalen. Ziel Quelle Service Daten Portlet-Integration, stransformation, Clipping Service Portlets SQL Portlets Service Screen Scraping Service-Adaptoren SQL Adaptoren Daten Daten-konsolidierung, -föderation und -propagation Abbildung 2: Technologien zur Transformation von Integrationspunkten 2.3 Integrationsebenen Bei der Integration verschiedener en werden Integrationspunkte genutzt, um einen Mehrwert zu schaffen. Wir unterscheiden drei Integrationsebenen, benannt nach den Arten der Integrationspunkte, die nach einer möglichen Transformation zur Integration verwendet werden: : Werden Integrationspunkte der Art (Benutzerschnittstelle) direkt oder nach einer Transformation darauf integriert, um einen Mehrwert zu schaffen, so sprechen wir von sintegration. Service: Werden Integrationspunkte der Art Service (sfunktionen) direkt oder nach einer Transformation dorthin integriert, so sprechen wir von Serviceintegration. Daten: Werden Integrationspunkte der Art Daten (Datenbanken, Dateisysteme etc.) integriert, so sprechen wir von Datenintegration. Abbildung 3 veranschaulicht beispielhaft die sintegration.

Legende sintegration sbaustein Integrationspunkt Datenhaltung skern skern Datenhaltung Integrationspunkt Service Integrationspunkt Daten Aufrufbeziehung Anwender Abbildung 3: sintegration Die Integration auf einer Ebene ist mehr als die reine Transformation von Integrationspunkten. Häufig werden technische Dienste von Integrationsplattformen genutzt wie Workflow, Transaktionen oder Sicherheit. Die folgenden Beispiele verdeutlichen dies: : sintegration umfasst nicht nur das Zusammenfügen von Dialogen (statisch), sondern auch die Umsetzung der Dialogsteuerung (dynamisch). Service: Die Ablaufsteuerung bei der Serviceintegration wird auch Orchestrierung genannt. Sie kann grafisch in Kombination mit einer Codegenerierung erfolgen. Daten: Extraktion, Transformation und Laden von Data Warehouses (z.b. [HW05]) ist ein Prozess der Datenintegration. Es geht um die Extraktion aus unterschiedlichen Datenquellen, die Transformation und das Laden in einen Zieldatenbestand. 2.4 Logische Integrationsarchitektur Unter der logischen Integrationsarchitektur verstehen wir die Festlegung, welche Integrationspunkte welcher en auf welchen Ebenen integriert werden. Das Adjektiv logisch verwenden wir, da wir noch nicht über konkrete Plattformen sprechen. HTML Web Tier Vertriebs-Portal HTML HTML HTML Legende Middle Tier Host CMS CICS Adapter Vertrags-Web- A Java CICS Vertrags-Anw. Sparte A Screen Scraping Portlet 3270 Vertrags-Anw. Sparte B Tier (Stufe) Infrastukturdienst Integrationspunkt Integrationspunkt Service Integrationspunkt Daten Aufrufbeziehung Anwender Abbildung 4: Integrationsarchitektur einer Versicherungsanwendung

Abbildung 4 zeigt ein Beispielprojekt aus der Versicherungsbranche. In diesem wurde ein Vertriebsportal für Versicherungsprodukte entwickelt. Die Vertragslogik für die verschiedenen Versicherungssparten war in Kernsystemen mit 3270-Dialogen implementiert. Für die Vertragsverwaltung einer Sparte mussten neue Dialoge entwickelt werden. Dazu wurde eine Vertrags-Web- entwickelt, die unter Verwendung von MQ Series auf CICS-Transaktionen der Host- zugreift eine Serviceintegration. Die Web- stellt HTML-Dialoge als Integrationspunkte bereit, es wird also eine sintegration durchgeführt. Die Dialoge der hostbasierten Vertragsanwendungen anderer Sparten konnten direkt in das Vertriebsportal übernommen werden. Dazu wurden die 3270-Dialoge unter Verwendung eines Screen Scraping Portlets direkt in HTML-Dialoge transformiert. Informationen über Versicherungsprodukte wurden in einem Content Management System abgelegt. Unter Verwendung eines Portal Servers wurden die en integriert (sintegration). Für den Anwender stellt sich das Vertriebsportal als integrierte dar. s- Integration Einsatzkriterien Existierende Dialoge unterschiedlicher en Fachlogik beschränkt auf Dialogsteuerung und Übergabe von Feldinhalten Erfolgsfaktoren Werkzeugeinsatz Portal Server, Screen Scraping Tools, Portlets Service- Integration Existierende en mit umfangreicher, komplexer Fachlogik Rasche Einführung neuer fachlicher Geschäftsprozesse Fachlich motivierter Komponenten- und Service-Schnitt nach Regeln von Quasar Enterprise Werkzeugeinsatz ESB Daten- Integration Datenredundanz: geplant (Performance) oder bereits existent (z.b. historisch) Ausfallsicherheit (Stand-by Datenbanken) Unterschiedliche SLA s für en (physische Separierung) Pflegehoheit festlegen / Synchronisationskonflikte vermeiden Anforderungen an Datenaktualität (Real- Time vs. Batch) berücksichtigen Datenqualität Werkzeugeinsatz ETL, MDM, EII, EAI Abbildung 5: Einsatzkriterien und Erfolgsfaktoren für die Wahl der Integrationsebene 2.5 Wahl der adäquaten Integrationsebene Serviceorientierte Architekturen sind das derzeit am meisten beachtete Paradigma zur Gestaltung von slandschaften. Sollten daher nicht alle en auf der Serviceebene integriert werden? Ist im Versicherungsbeispiel die Integration der Host- mit der Web- auf der sebene adäquat? Im konkreten Beispiel kann die Frage bejaht werden. Die Begründung liegt in der Fachlichkeit der zu integrierenden en. Die Vertragsanwendungen für die verschiedenen Sparten haben fachlich nur minimale Abhängigkeiten: nur einzelne Feldinhalte wie Name und Adresse werden übergeben. Übergreifende Fachlogik wie Prüfungen mit komplexen Abhängigkeiten in beide en finden nicht statt. Daher ist die Integration auf sebene aus architektonischer Sicht vertretbar. Die Integration auf Serviceebene ist teurer ohne zu einer evolutorisch stabileren Architektur zu führen.

Doch Vorsicht! Die gute Werkzeugunterstützung der sintegration in Portal Server Plattformen und die damit verbundenen Kostenvorteile verleiten dazu, auch bei fachlich größeren Abhängigkeiten zwischen den en auf der sebene zu integrieren. In diesem Fall wandert umfangreiche Fachlogik unkontrolliert in den Portal Server Redundanzen und schwer kontrollierbare Abhängigkeiten entstehen. Es ist die Aufgabe des Architekten, die adäquate Integrationsebene unter Berücksichtung zukünftiger Erweiterungen festzulegen. Abbildung 5 benennt beispielhaft Einsatzkriterien und Erfolgsfaktoren. sintegration ist empfehlenswert, wenn bereits umfangreiche Dialoge zu integrierender en existieren. Es ist aber entscheidend, dass die einzelnen Dialoge nur minimale fachliche Logik verbindet: die Aufrufreihenfolge und Übergabe einfacher Dialogdaten. Ist die fachliche Verzahnung enger so ist die die falsche Integrationsebene. Dies gilt auch, wenn engere fachliche Abhängigkeiten in Zukunft zu erwarten sind. en mit umfangreicher und komplexer Fachlogik werden auf der Ebene der Serviceintegration integriert. Wenn die rasche Einführung neuer Geschäftsprozesse und Produkte in einer slandschaft gefordert ist, soll die Integration auf dieser Ebene erfolgen, da hier die Abbildung der Geschäftprozesse zentral realisiert wird. Erscheint Serviceintegration als Mittel der Wahl, so ist diese aber oft deutlich aufwändiger und teurer als s- oder Datenintegration. Daher sollten umfangreiche SOA-Vorhaben nur auf der Basis von strategischen Entscheidungen gestartet werden. Die Integration auf Datenebene kann sinnvoll sein, wenn Datenredundanz existent oder geplant ist. Dies kann aus Gründen der Performance, der Ausfallsicherheit, aufgrund des Einsatzes von Standardsoftware oder einfach aus historischen Gründen der Fall sein. Laufzeit-Dienste Entwicklungs-Dienste Laufzeit Management Workflow Prozess-Management Fachl./Techn. Event Handling Synchronisation Transaktionen Entwicklung Monitoring Kommunikations-Dienste Transformations- Dienste Prozess- Modellierung Fehlerbehandlung Ausfallsicherheit Lastverteilung Lieferung Sicherheit Adressierung Protokollierung Fachliche Transformation Technische Transformation (Adapter) Transformations- Modellierung Schnittstellen- Entwicklung Konfigurations- Management en Abbildung 6: Referenzarchitektur für die Serviceintegration

3. Referenzarchitekturen und Produktlandkarten Seit vielen Jahren werden Produkte, die Entwickler bei der Integration von en unterstützen, angeboten. Der Markt für Integrationsplattformen ist jedoch noch nicht konsolidiert. Außerdem hat sich keine einheitliche Begriffsbildung für Integrationsplattformen und deren Dienste gebildet: verschiedene Hersteller verwenden unterschiedliche Begriffe für dieselben Dienste oder dieselben Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutungen. Beide Effekte erschweren die Produktauswahl, die einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der slandschaft hat. Hier helfen Referenzarchitekturen. Für die Integration von en werden verschiedene Dienste benötigt. Diese Dienste sind abhängig von der gewählten Integrationsebene und finden sich in Plattformen unterschiedlicher Produkthersteller in ähnlicher Form wieder. Zur Beschreibung und Klassifizierung der Dienste haben wir bei sd&m für die drei Integrationsebenen jeweils eine Referenzarchitektur entwickelt. In den Referenzarchitekturen werden die für eine Integrationsaufgabe notwendigen technischen Dienste festgehalten. Sie destillieren damit die Essenz von konkreten Produkten. Im Gegensatz zu den Produkten bleiben die Referenzarchitekturen über die Zeit relativ stabil. Referenzarchitekturen bilden damit einen Startpunkt für die Ermittlung individueller Projektanforderungen. Laufzeit-Dienste Laufzeit Management Business Monitor Monitoring Lastverteilung Workflow Prozess-Management Process Server Kommunikations-Dienste Lieferung Sicherheit Fachl./Techn. Event- Handling Adressierung Protokollierung ESB, Message Broker Fehlerbehandlung Ausfallsicherheit Synchronisation Transaktionen IBM WS Process Server Fachliche Transformation Technische Transformation (Adapter) JCA-Adapter Entwicklung-Dienste Entwicklung Business Modeler, Integration Developer Transformations- Dienste Prozessmodellierung Transformationsmodellierung Schnittstellenentwicklung Konfigurations- Management IBM WebSphere Integration Developer Application Server en Rational ClearCase Abbildung 7: Produktlandkarte Serviceintegration für die Produktfamilie Im Folgenden erläutern wir die Referenzarchitektur für die Integration auf der Serviceebene (Abbildung 6). In der Referenzarchitektur werden auf der obersten Ebene Dienstgruppen wie z.b. Prozess-Management und Kommunikations-Dienste unterschieden. Den Gruppen werden technische Dienste zugeordnet. Um das Beispiel aus Abschnitt 3.1 aufzugreifen: Ruft eine den von einer anderen bereitgestellten Web-Service auf, so werden im ersten Schritt Transformationen durchgeführt (Services fachliche, technische Transformation). Dann wird die zu rufende adressiert

und die Parameterdaten transportiert (Lieferung). Die Kommunikation der beiden en wird technisch gesteuert (fachl. / techn. Event Handling). Referenzarchitekturen helfen auch bei der Wahl einer konkreten Integrationsplattform. In Produktlandkarten haben wir die wichtigsten Produkte auf der Basis der Referenzarchitektur kategorisiert. Abbildung 7 zeigt dies für die Produktfamilie. 4. Vorgehen Auf Basis der eingeführten Elemente hat sich in Projekten der sd&m AG folgende systematische Vorgehensweise für die technische sintegration bewährt: 1. Fachliche und technische Analyse: In diesem Schritt werden die fachlichen Anforderungen geklärt und identifiziert, welche en dafür zu integrieren sind. Dann werden die potenziellen Integrationspunkte dieser en identifiziert. 2. Festlegung der logischen Integrationsarchitektur: Nun wird festgelegt, welche Integrationspunkte welcher en auf welchen Ebenen integriert werden und so die logische Integrationsarchitektur entwickelt. Hier helfen die Regeln für die Wahl der adäquaten Integrationsebene. 3. Identifikation der benötigten Integrationsdienste: Von der Integrationsarchitektur können die benötigten technischen Integrationsdienste abgeleitet werden. Hierbei unterstützen die Referenzarchitekturen. 4. Auswahl der Integrationsplattform: Auf der Basis der benötigten technischen Integrationsdienste können Integrationsplattformen oder einzelne Produkte daraus ausgewählt werden. Hier helfen Produktlandkarten. 5. Praxiserfahrung Im Folgenden illustrieren wir die obige Vorgehensweise anhand eines Projektes aus der ITK-Branche. Ziel des Projekts war die Bereitstellung einer Vielzahl von Diensten auf Settop-Boxen (Geräte, welche Fernsehen und Internet miteinander verbinden). Die zu integrierenden en stellen Dienste wie eine elektronische Programmzeitschrift oder das Auswählen und Abspielen von Videos on-demand bereit. Die zu entwickelnde Weboberfläche sollte durch eine klassische Fernbedienung für Fernseher steuerbar sein. In der Analyse wurden als erstes die zu integrierenden en und deren Rahmenbedingungen betrachtet. Es wurde bestimmt, welche Arten von Integrationspunkten die en besitzen, welcher Aufwand und technischen Fähigkeiten nötig sind, um neue Integrationspunkte bereitzustellen und wie komplex die Integrationslogik ist. Aufgrund der geringen Komplexität bei der Kopplung der einzelnen en wurde die sintegration als logische Integrationsarchitektur festgelegt. Dabei

stellen alle en als Integrationspunkte HTML-Oberflächen bereit. Diese werden mit einer Integrationsplattform zu einer einheitlichen Oberfläche zusammengeführt. Im nächsten Schritt wurde analysiert, welche Integrationsdienste der Referenzarchitektur für sintegration in welcher Ausprägung benötigt werden. Hierbei stellte sich heraus, dass die größte Herausforderung in der fachlichen Transformation der Oberflächen steckt: Einfache HTML-Formulare mussten in einer HTML-Oberfläche zusammengeführt werden, die ihrerseits aber komplexe Anforderungen an die Steuerungsmechanismen zur Bedienung dieser Oberfläche stellte. Auf Basis der Analyse wurde eine Integrationsplattform ausgewählt, welche ausgewiesene Stärken in der fachlichen Transformation von Datenströmen hat und die benötigten technischen Dienste zur sintegration hinreichend abdeckt. Ausgehend nur von den funktionalen Anforderungen wären im Bereich der Integrationsarchitektur, wie auch bei der Auswahl des Produkts andere Lösungen möglich gewesen. Im Nachhinein betrachtet wären diese allerdings aufwändiger und riskanter in der Implementierung. Auf Basis der systematisch entwickelten Integrationslösung wurde das Projekt im Budget- und Zeitrahmen zur vollsten Zufriedenheit des Kunden umgesetzt. 6. Fazit und Ausblick en unter Zeit- und Kostendruck ad-hoc zu integrieren kann auf die Dauer katastrophale Folgen für die Wartung einer IT-slandschaft haben. In diesem Artikel haben wir ein praxiserprobtes Rahmenwerk für die technische sintegration vorgestellt. Das Rahmenwerk kondensiert die Erfahrungen aus dutzenden Integrationsprojekten mit einem Gesamtaufwand von weit mehr als 100 Bearbeiterjahren. Unsere Arbeit an Quasar Enterprise geht weiter. Nachdem sich das Rahmenwerk als stabil erwiesen hat, liegt noch viel Detailarbeit vor uns: Praxiserfahrungen mit neu aufkommenden Technologien und Produkten gewinnen, kondensieren und aufbereiteten. Unsere Erfahrung zeigt, dass diese Investition sich auszahlen. 7. Literatur [DK76] F. DeRemer, H. Kron: Programming-in-the-Large versus Programming-inthe-Small. IEEE Transactions on Software Engineering, Vol. 2, No. 2, pp 321-327, 1976. [Hes04] A. Hess: Sie sind es uns wert!, IT Management 08/2004. [HHV06] [HW05] A. Hess, B. Humm, M. Voß: Regeln für serviceorientierte Architekturen hoher Qualität. Informatik Spektrum 6/2006, Springer Verlag, 2006. B. Humm, F. Wietek: Architektur von Data Warehouses und Business Intelligence Systemen. Informatik Spektrum 3/05, S. 3-14, Springer Verlag. 2005.