Bremsproben an lokbespannten Zügen

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Transkript:

Sicherer Bahnbetrieb Bremsproben an lokbespannten Zügen Die Bremsprobe ist zentraler Bestandteil der Vorbereitung einer Zugfahrt und eine wichtige Voraussetzung für einen sicheren Bahnbetrieb. Sie wird von ausgebildeten Bremsprobeberechtigten durchgeführt. Der folgende Beitrag beschreibt den Erwerb der Befähigung und geht auf die volle und die vereinfachte Bremsprobe an lokbespannten Zügen ein. Der Text basiert auf dem Fachbuch Bremstechnik und Bremsproben, das im Frühjahr 2018 in der neuen Reihe BFV-PRAXIS erscheint. Foto: Jürgen Janicki Lokbespannte Züge sind in der Regel aus vielen Fahrzeugen zusammengesetzt, die je nach Transportaufgabe und Einsatzzweck zum Teil stark voneinander abweichende Bauformen und Eigenschaften aufweisen. Die Fahrzeuge müssen mit einem kompatiblen Bremssystem ausgestattet sein, das die Bremsfunktion in allen Fahrzeugen des Zuges sicherstellt. Für die Sicherheit von Zugfahrten ist die Wirksamkeit der Bremseinrichtung der Fahrzeuge von entscheidender Bedeutung. Neben dem ordnungsgemäßen Bedienen der Bremsen ist ihre regelmäßige Prüfung ein wichtiges Kernelement bei der Durchführung eines sicheren Eisenbahnbetriebs. Vor dem Verlassen des Anfangsbahnhofs wird deshalb eine Bremsprobe durchgeführt, um so einen Überblick über den Zustand und die Wirkungsweise der Bremsen eines Zuges zu erhalten. Bremsprobeberechtigte Für die Bedienung und Prüfung der Bremsen ist die Befähigung zum Bremsprobeberechtigten erforderlich. Diese Befähigung wird durch eine Ausbildung erworben und muss durch eine Prüfung nachgewiesen werden. Bremsprobeberechtigte sind in erster Linie die Mitarbeiter, deren Tätigkeit in der Vorbereitung und Durchführung von Zugfahrten besteht. Dazu gehören Triebfahrzeugführer, Zugbegleiter, Rangierer und Wagenmeister. Die für diese Tätigkeiten typischen Berufsausbildungen wie beispielsweise die Ausbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst (EiB) beinhalten auch die Ausbildung zum Bremsprobeberechtigten. Darüber hinaus kann die Befähigung auch durch eine Zusatzausbildung erworben werden. In Bezug auf die Befähigung wird zwischen dem prüfenden Bremsprobeberechtigten und dem bedienenden Bremsprobeberechtigten unterschieden. Bremsprobeberechtigte müssen körperlich tauglich und geistig geeignet sein. Sie sollten die deutsche Sprache in Wort und Schrift im erforderlichen Umfang beherrschen. Ausbildung zum Bremsprobeberechtigten Die Ausbildung zum Bremsprobeberechtigten ist in der Regel modular aufgebaut. Sie umfasst neben den Grundlagen der Bremstechnik auch fahrzeugspezifische Grundkenntnisse für lokbespannte Züge oder Triebzüge. Darüber hinaus werden in Spezialisierungsmodulen Kenntnisse über besondere Bremsausrüstungen vermittelt. Die Prüfung besteht aus einem mündlichen und einem praktischen Teil. Durch den Mitarbeiter ist dabei nachzuweisen, dass er die erforderlichen Fachkenntnisse und Fertigkeiten zum Bedienen beziehungsweise Prüfen der Bremse erworben hat. Darüber hinaus muss er nachweisen, dass er Störungen und Unregelmäßigkeiten an den Bremseinrichtungen erkennt sowie die richtigen Maßnahmen einleiten kann. Nach bestandener Prüfung besitzt der Mitarbeiter die Befähigung zum bedienenden und/oder prüfenden Bremsprobeberechtigten gemäß den geprüften Modulen. Weitere Einzelheiten zur Ausbildung und Prüfung von Bremsprobeberechtigten regeln die Eisenbahnverkehrsunternehmen. Regelwerk für Bremsprobeberechtigte Wie Bremsen im Betrieb sicher bedient und geprüft werden, ist in der Bremsvorschrift beschrieben. Die vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen herausgegebenen 42 Deine Bahn 8/2017

Prüfender Bremsprobeberechtigter Bedienender Bremsprobeberechtigter Foto: DB AG/Michael Neuhaus Foto: DB AG/Jet-Foto Kranert Prüft die Brems- oder Kontrolleinrichtungen am Fahrzeug. Gegebenenfalls sind dazu bestimmte Brems- oder Prüfeinrichtungen zu bedienen. Stellt das ordnungsgemäße Arbeiten der Bremsen durch Beobachten der Bremseinrichtungen, der zugehörigen Bremsanzeigeeinrichtungen oder von Führerraumanzeigen fest. Bedient das Führerbremsventil oder den Fahrbremsschalter eines Triebfahrzeuges. Bedient das Fernsteuerbediengerät (Sender) eines funkferngesteuerten Triebfahrzeuges. Bedient die Bedieneinrichtungen einer ortsfesten/mobilen Bremsprobeanlage. Bremsprobeberechtigter am Zug Nimmt die Aufgaben des bedienenden und prüfenden Bremsprobeberechtigten alleine wahr. Zur Durchführung der Bremsprobe mit lediglich einem Bremsprobeberechtigten müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Abbildung 1: Unterscheidung der Bremsprobeberechtigten VDV-Schrift 757 sowie die Richtlinie 915 der DB AG sind abgestimmte Zusammenfassungen zum Bedienen und Prüfen von Bremsen im Betrieb auf öffentlicher Eisenbahninfrastruktur des Bundes und nichtbundeseigener Eisenbahnen. Ergänzend dazu können Eisenbahnverkehrsunternehmen ergänzende Regeln herausgeben und in ihren betrieblichen Anweisungen bekannt geben. Arten von Bremsproben Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) fordert, dass ein mit durchgehender Bremse fahrender Zug vor dem Verlassen des Anfangsbahnhofes eine Bremsprobe erhalten muss. Diese ist zu wiederholen, so oft der Führerstand gewechselt oder der Zug ergänzt oder getrennt wird. Die Bremsprobe dient zur Feststellung funktionsfähiger Bremsen sowie zum Nachweis der intakten Befehls- und Ausführungskette für deren Funktion. Umfassend geschieht dies bei der vollen Bremsprobe, bei der alle Fahrzeuge im Zug überprüft werden. In bestimmten Fällen ist es ausreichend, nur einzelne Fahrzeuge im Rahmen einer vereinfachten Bremsprobe zu prüfen. Darüber hinaus gibt es noch besondere Formen der vereinfachten Bremsprobe, bei denen nur die Funktion des Führerbremsventils beziehungsweise des Fahrbremsschalters im führenden Fahrzeug geprüft werden muss. Bei lokbespannten Zügen wird die Bremsprobe manuell durchgeführt. Dabei werden die erforderlichen Arbeitsschritte von Hand eingeleitet und augenscheinlich kontrolliert. Bremsproben mit lediglich einem Bremsprobeberechtigten Eine Bremsprobe wird meist von zwei Bremsprobeberechtigten durchgeführt. Ist lediglich ein Bremsprobeberechtigter anwesend, so darf dieser die Bremsprobe unter bestimmten Voraussetzungen auch alleine ausführen. Das gilt jedoch nur bei Gleisneigungen bis zu 15 Promille und nach vorheriger Sicherung der Fahrzeuge, Züge oder Zugteile gegen unbeabsichtigte Bewegung. Die Neigung ist vor Beginn der Bremsprobe festzustellen. Fälligkeit der Bremsproben Wann welche Bremsprobe auszuführen ist (Fälligkeit) und wie dabei zu verfahren ist, regelt die VDV-Schrift 757 beziehungsweise die Richtlinie 915 der DB AG. Grundsätzlich wird am neu gebildeten Zug immer eine volle Bremsprobe ausgeführt. Ein Zug gilt als neu gebildet, wenn er aus Einzelwagen zusammengestellt wurde oder wenn er durch Einstellen oder Aussetzen von Fahrzeugen beziehungsweise Fahrzeuggruppen an mehr als zwei Kuppelstellen des Wagenzuges gekuppelt wurde. Zur Erweiterung des betrieblichen Spielraumes kann die volle Bremsprobe bis zu 24 Stunden vor Abfahrt des Zuges ausgeführt werden. Bei Zügen, die unverändert über mehrere Tage wiederverwendet werden, wird täglich eine Bremsprobe ausgeführt. Regelungen hierzu trifft das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das für den Einsatz eines solchen Zuges zuständig ist. Deine Bahn 8/2017 43

Art der Bremsprobe Volle Bremsprobe Vereinfachte Bremsprobe Führerraumbremsprobe (gegebenenfalls mit Führerraumanzeige) Vereinfachte Bremsprobe mit zentraler Bremsanzeige einrichtung Zweck und Umfang Zustand und Funktion der Bremsen aller Fahrzeuge im Zug feststellen Durchgängigkeit der Steuer- und Versorgungsleitungen bis zum letzten Fahrzeug des Zuges feststellen Feststellen, dass die Bremsen vom führenden Fahrzeug aus gelöst werden können Zustand und Funktion der Bremsen der neu an die Hauptluftleitung angeschlossenen Fahrzeuge feststellen* Funktion des Führerbremsventils bzw. der Fahrbremsschalter im führenden Fahrzeug prüfen Den abgesperrten Zustand der nicht benutzten Führerbremsventile und ggfs. anderer Bremssysteme feststellen Funktion des Führerbremsventils bzw. des Fahrbremsschalters im führenden Fahrzeug prüfen Den abgesperrte Zustand der nicht benutzten Führerbremsventile bzw. Fahrbremsschalter feststellen * In der Regel wird dabei auch das Anlegen und Lösen der Bremsen an den angrenzenden Fahrzeugen (vor und hinter der Kuppelstelle) festgestellt. Tabelle 1: Arten von Bremsproben Quelle: VDV-Schrift 757/DB-Richtlinie 915 Die vereinfachte Bremsprobe wird bei den im täglichen Betrieb vorkommenden Veränderungen durchgeführt, wenn am betreffenden Zug bereits eine volle Bremsprobe ausgeführt wurde. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Führerstandswechsel stattgefunden hat oder die Zusammensetzung des Zuges an einer Stelle geändert worden ist. Bei Zügen, die für mehrere Zugfahrten in gleicher Zusammensetzung mit häufig wechselnder Fahrtrichtung verkehren, (zum Beispiel Wendezüge) kann beim Führerstandswechsel eine Wendebremsprobe ausgeführt werden. Auch nach der Abstellung eines Zuges ist eine Bremsprobe auszuführen. Im bremstechnischen Sinne abgestellt gilt ein Zug beispielsweise bei abgesperrtem Führerbremsventil oder wenn kein Triebfahrzeug angekuppelt ist. Dabei ist klar abgegrenzt, wann eine volle und wann eine vereinfachte Bremsprobe auszuführen ist. Bei Abstellzeiten über 24 Stunden wird eine volle Bremsprobe, bei kürzeren Abstellzeiten eine vereinfachte Bremsprobe, ausgeführt. War der Zug mit Triebfahrzeug unverändert bis zu 1 Stunde abgestellt, kann die Führerraumbremsprobe durchgeführt werden. Müssen beim Rangieren Fahrzeuge mit wirkender Druckluftbremse an die Hauptluftleitung angeschlossen sein, dann ist an diesen Bremsen eine vereinfachte Bremsprobe vorzunehmen. Volle und vereinfachte Bremsproben sind auch auszuführen, wenn an den Bremseinrichtungen Fehler festgestellt oder Schäden beziehungsweise Mängel behoben wurden. Darüber hinaus sind Bremsproben auszuführen, wenn es vor Gefällestrecken notwendig ist. Ausführen der vollen Bremsprobe Am neu gebildeten Zug, frühestens 24 Stunden vor der Abfahrt Wenn ein Zug länger als 24 Stunden abgestellt war Am unverändert gebliebenen Zug, der mehrere Tage wiederverwendet wird, einmal täglich, im Regelfall vor der ersten Zugfahrt Bei Unregelmäßigkeiten Vor Gefällestrecken Ausführen der vereinfachten Bremsprobe Wenn die vorgeschriebene volle Bremsprobe nicht mit dem während der Zugfahrt zu bedienenden Führerbremsventil ausgeführt wurde Wenn ein Zug ergänzt oder vorübergehend getrennt wurde Wenn ein Zug abgestellt war Wenn ein Luftabsperrhahn im Zug geöffnet wurde Wenn Wagen auf Bremsstellung R+Mg umgestellt wurden Wenn beim Rangieren Fahrzeuge an die Hauptluftleitung angeschlossen sein müssen Vor Gefällestrecken Ausführen der Führerraumbremsprobe Wenn der Führerraum oder das Führerbremsventil für die Fahrt gewechselt wurde* Wenn ein Zug mit Triebfahrzeug und abgesperrtem Führerbremsventil unverändert bis zu einer Stunde abgestellt war* Wenn ein an der Spitze des Zuges arbeitendes Triebfahrzeug abgesetzt (abgekuppelt) wurde* Wenn bei funkferngesteuerten Lokomotiven die Bedienungseinrichtung für die Bremse gewechselt wurde (Führerbremsventil zu Fernsteuerbediengerät oder umgekehrt)* Vor der ersten Zugfahrt nach Beendigung einer Fahrt mit Luftbremskopf Vor der ersten Zugfahrt nach Beendigung einer vereinfachten Bremsprobe (nur für Güterzüge)** Ausführen der vereinfachten Bremsprobe mit zentraler Bremsanzeigeeinrichtung Wenn der Führerraum für die Fahrt gewechselt wurde Bremsproben bei Unregelmäßigkeiten Eine volle Bremsprobe ist auszuführen bei ungenügender Bremswirkung wenn die Bremsen überladen waren und die Löseeinrichtungen betätigt werden mussten Das Anlegen und Lösen am betroffenen und jeweils folgenden Fahrzeug ist zu prüfen, wenn die Bremsen einzelner Fahrzeuge überladen waren und ihre Löseeinrichtungen betätigt wurden*** ausgeschaltete Bremsen eingeschaltet wurden eine Bremskupplung ausgewechselt oder umgekuppelt wurde**** eine Zugtrennung auf der Strecke behoben wurde an einzelnen Bremsen Mängel oder Schäden beseitigt wurden der Luftabsperrhahn der Hauptluftleitung wieder geöffnet wurde***** * Gilt nicht, wenn für eine anschließende Rangierfahrt die Zusatzbremse eingesetzt wird. ** Auf die Führerraumbremsprobe kann verzichtet werden, wenn im Rahmen des Vorbereitungsdienstes das für die folgende Zugfahrt bediente Führerbremsventil geprüft wurde. *** Auf angelegte Feststellbremsen ist zu achten. **** Handelt es sich um eine Bremskupplung der Hauptluftbehälterleitung in einem Zug, der in Bremsstellung R + Mg gefahren wird, ist zusätzlich eine Durchgangsprüfung der Hauptluftbehälterleitung durchzuführen. ***** Zum Beispiel nach Beseitigung von Schäden oder Schließen des Notbremsventils Tabelle 2: Fälligkeit der Bremsproben bei Fahrzeugen der Regelbauart Quelle: VDV-Schrift 757/DB-Richtlinie 915 44 Deine Bahn 8/2017

Aufgaben und Tätigkeiten des prüfenden Bremsprobeberechtigten den bedienenden Bremsprobeberechtigten über Art und Umfang der Bremsprobe verständigen Beispiel: Volle Bremsprobe an einem lokbespannten Zug 1. Bremse füllen unterschiedliche Tätigkeiten bei Arbeitsschritt 2 Aufgaben und Tätigkeiten des bedienenden Bremsprobeberechtigten Führerbremsventil in Fahrstellung verlegen Füllzustand abwarten (gleichbleibender HLL-Druck von 5 bar) Abbildung 2: Ablauf der vollen Bremsprobe am Beispiel eines lokbespannten Zuges, der in Bremsstellung G, P oder R (ohne NBÜ/ep) gefahren wird. Die Reihenfolge der Arbeits- und Prüfschritte ist verbindlich. Abbildung Janicki/ Quelle: VDV-Schrift 757 bzw. DB-Richtlinie 915 Bremsprobe ohne Zustandsgang 2.1 Lösezustand feststellen L Bremsprobe mit Zustandsgang 2.2 Zustand und Lösezustand feststellen Z/L Z/L Z/L Z/L Lösezustand einer Bremse feststellen (soweit sie nicht zur Sicherung gegen unbeabsichtigte Bewegung dienen) Zustand aller Bremsen feststellen Lösezustand aller Bremsen feststellen (soweit sie nicht zur Sicherung gegen unbeabsichtigte Bewegung dienen) 3. Dichtheit prüfen Führerbremsventil abschließen bzw. absperren Druckmesser der HLL beobachten; Druckabfall in einer Minute Reisezug: höchstens 0,3 bar/güterzug: höchstens 0,5 bar Hauptluftleitung wieder auffüllen 4. Bremse anlegen Auftrag Bremse anlegen oder Signal Zp 6 Betriebsbremsung ausführen (HL-Druck um etwa 0,8 bar senken) unterschiedliche Tätigkeiten bei Arbeitsschritt 5 Bremsprobe ohne Zustandsgang 5.1 Zustand und Bremszustand feststellen Z/B Z/B Z/B Z/B B Bremsprobe mit Zustandsgang 5.2 Bremszustand feststellen B B B Zustand aller Bremsen feststellen Bremszustand aller Druckluftbremsen feststellen Bremszustand aller Druckluftbremsen feststellen 6. Bremse lösen Auftrag Bremse lösen oder Signal Zp 7 Bremsen ohne Füllstoß lösen (Fahrtstellung) 7. HL auf freien Durchgang prüfen (nur bei einem Güterzug) L/B/L Bei gelöster Bremse den Luftabsperrhahn der HL für mindestens 15 Sekunden öffnen; dabei auf Luftausströmgeräusch achten Luftabsperrhahn der HL wieder schließen und unmittelbar danach den Brems- und Lösezustand feststellen Druckmesser der HL prüfen (Druck muss um 0,5 bar absinken) Den prüfenden Bremsprobeberechtigten den Druckabfall von 0,5 bar übermitteln (nur bei Vorhandensein einer zweiseitig gerichteten Sprechverbindung) L 8. Lösezustand feststellen L L L Lösezustand aller Druckluftbremsen feststellen 9. Bremse in Ordnung melden Bremse in Ordnung melden (mündlich oder durch Signal Zp 8) Meldung aufnehmen Deine Bahn 8/2017 45

Verständigung bei der Bremsprobe Die richtige Ausführung der Bremsprobe hängt entscheidend von der guten Zusammenarbeit der beteiligten Mitarbeiter und deren einwandfreier Verständigung untereinander ab. Wird eine Bremsprobe mit dem Triebfahrzeug durchgeführt, unterrichtet der prüfende Bremsprobeberechtige zuvor den bedienenden Bremsprobeberechtigen über Art und Umfang der Bremsprobe. Die zur Durchführung der Bremsprobe erforderlichen Aufträge und Meldungen werden dann mündlich oder durch besondere Bremsprobesignale gegeben. Bremsprobesignale gehören zur Gruppe der Signale für das Zugpersonal. Sie können als Hand- oder Lichtsignal gegeben werden. Die jeweiligen Signalbegriffe tragen die Kurzbezeichnung Zp ; ihre Ausführung ist in der DB-Richtlinie 301 (Signalbuch) beschrieben. Volle Bremsprobe an lokbespannten Zügen Die volle Bremsprobe umfasst alle bei der Zugfahrt eingesetzten Bremsen. Je nach gefahrener Bremsstellung unterscheiden sich der Ablauf der Bremsprobe sowie die einzelnen Bedienhandlungen und Prüftätigkeiten. Grundsätzlich geprüft wird der Zustand der Bremsen aller Fahrzeuge sowie das ordnungsgemäße Anlegen und Lösen aller eingeschalteten Bremsen. An Fahrzeugen in Bremsstellung R+Mg wird zusätzlich die Funktion der Magnetschienenbremse festgestellt. Einige Züge werden auch mit Notbremsüberbrückung (NBü) und elektropneumatischer Bremse (ep-bremse) gefahren. Beide Einrichtungen werden im Anschluss an die Überprüfung der Druckluftbremse geprüft. Im Rahmen der Bremsprobe soll auch auf Schäden und Mängel an den Bremseinrichtungen geachtet werden. Bei Unregelmäßigkeiten ist nach VDV-Schrift 757 beziehungsweise DB-Richtlinie 915 zu verfahren. Hier sind zu jeden Prüfschritt entsprechende Abhilfemaßnahmen beschrieben. Zustand feststellen (Zustandsgang) Für die ordnungsgemäße Funktion einer Bremse ist ein bestimmter Zustand erforderlich. Dieser wird vom prüfenden Bremsprobeberechtigten im Rahmen der vollen Bremsprobe festgestellt. Diese Zustandsprüfung kann mit oder ohne separaten Zustandsgang erfolgen. Bei Reisezügen wird die Bremsprobe in der Regel ohne separaten Zustandsgang durchgeführt. Bei Güterzügen kann auf den separaten Zustandsgang nur dann verzichtet werden, wenn vor Beginn der vollen Bremsprobe die Hauptluftleitung durchgehend gekuppelt und gefüllt ist. Wird die volle Bremsprobe ohne Zustandsgang durchgeführt, wird das Prüfen des Zustandes der Bremse mit dem Feststellen des Bremszustandes verbunden. Wird dabei ein geschlossener Luftabsperrhahn oder eine ausgeschaltete Bremse festgestellt, ist die Bremsprobe ohne Zustandsgang abzubrechen und eine volle Bremsprobe mit Zustandsgang durchzuführen. Beim Feststellen des Zustandes der Bremsen finden folgende Prüfungen statt: n Sind alle Reibungsbremsen soweit sie nicht als schadhaft gekennzeichnet sind eingeschaltet? n Befinden sich die Bremsstellungswechsel in der für die anschließende Zugfahrt richtigen Stellung? n Entspricht die Einstellung der handbedienbaren zweioder dreistufigen Lastwechsel dem Gesamtgewicht der Fahrzeuge? n Sind die Bremskupplungen der Hauptluftleitung und soweit erforderlich der Hauptluftbehälterleitung richtig verbunden und sind die Luftabsperrhähne der verbundenen Leitungen geöffnet? Sind unbenutzte Bremskupplungen in die Bremskupplungshalter eingehängt? n Sind die elektrischen Bremssteuerleitungen soweit sie erforderlich sind richtig verbunden und sind unbenutzte elektrische Bremssteuerleitungen in die Blinddosen gesteckt? Durchführung der vereinfachten Bremsprobe Vereinfachte Bremsproben werden durchgeführt, wenn in der Befehlskette der Bremsen Veränderungen stattgefunden haben. Dies ist beispielsweise bei der Übernahme eines Zuges nach der Abstellung, beim Führerstandswechsel oder bei Veränderung der Zugzusammensetzung der Fall. Bei der vereinfachten Bremsprobe wird neben der Durchgängigkeit der Steuer- und Versorgungsleitungen geprüft, ob die Bremsen vom führenden Fahrzeug aus gelöst werden können. Bei Veränderungen an der Zugzusammensetzung können darüber hinaus weitere Tätigkeiten erforderlich sein. Zusammenfassung Die Ausführung einer Bremsprobe verschafft einen eindeutigen und sicheren Überblick über Zustand und Wirkungsweise der Bremsen eines Zuges. Umfassend geschieht dies bei der vollen Bremsprobe, bei der alle Fahrzeuge überprüft werden. In bestimmten Fällen werden nur einzelne Fahrzeuge im Rahmen einer vereinfachten Bremsprobe geprüft. n Lesen Sie auch: Bremsanschriften Deine Bahn 11/2016, ab S. 40 Bremsprobesignale Deine Bahn 7/2016, ab S. 58 Autor des Beitrags: Jürgen Janicki 46 Deine Bahn 8/2017