Warum braucht es immer noch mehr Mobilfunkantennen? Susanne Buntefuss, Hugo Lehmann Swisscom AG Vollzugstagung Amt für Umwelt Thurgau Weinfelden, Agenda: 2 Elementare Grundlagen heutiger Funktechnologien Treiber für eine höhere Anzahl von Mobilfunkanlagen: Anzahl Nutzer / Datenvolumen / Qualitätsanforderungen Höhere Frequenzen Grenzwerte bezüglich nicht ionisierender Strahlung Topographie und Landesgrenzen Mögliche Weiterentwicklung der Mobilfunknetze Dialogmodell Zusammenfassung Fragen? 1
3 Elementare Grundlagen heutiger Funktechnologien 20/03/2014 Damit es Ihnen nicht gleich ergeht 4 Dieses Mobilfunknetz ist doof! Immer wenn man es es braucht hat es keine Abdeckung! 2
Basisdiagramm: 5 EM-Welle Netz EM-Welle Rundfunk: 6 Nur relativ wenige Sender verteilen an alle Benutzer die gleiche Information => wenige Sender genügen Radiosender http://www.funksender.ch/webgis/bakom.php?lang=de (Stand 10/3/2014) 3
Mobilfunk: 7 Alle Benutzer kommunizieren eigene Information (hin und zurück) Rückkanalfähigkeit braucht mehr Ressourcen Radiosender GSM- Mobilfunkanlage UMTS- Mobilfunkanlage LTE- Mobilfunkanlage http://www.funksender.ch/webgis/bakom.php?lang=de (Stand 10/3/2014) Prinzip eines zellulären Mobilfunknetzes : 8 Die Versorgungsgebiete werden in Zellen mit je einer eigenen Antenne unterteilt. Grund: Weil die zur Verfügung stehenden Frequenzbänder begrenzt sind, können mit dieser Massnahme die verfügbaren Bänder immer wieder verwendet werden. 4
Eigenschaften von Funkzellen : 9 Jede Zelle kann nur eine begrenzte Anzahl Teilnehmer respektive ein begrenztes Datenvolumen verarbeiten. Je mehr Daten in einem Gebiet nachgefragt werden (resp. Teilnehmer) desto mehr Antennen sind folglich notwendig! Zellengrössen: Makrozelle: 0.5-10 km Mikrozelle: 0.1-0.5 km Piko, Femtozelle: einige 10 m Die Sendeleistung ist proportional zur Zellengrösse eines Sendekanals. In Kleinstzellen ist die Sendeleistung gleich gross wie die eines Handys. 10 Treiber für eine höhere Anzahl von Mobilfunkanlagen 20/03/2014 5
Treiber für mehr Antennen: i) Anzahl Anschlüsse / Nutzer 11 Ende 2011: Über 10 Mio. Anschlüsse in der Schweiz (100% Abdeckung) 2012: 6,4 Milliarden Mobilfunknutzer weltweit (90% Abdeckung) Anzahl Anschlüsse [Mio.] 12 10 8 6 4 1990 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2 0 Mobiltelefonmarkt, global: 2006: 990 Mio. 2008: 1,18 Milliarden 2010: 1,36 Milliarden 2012: 1,75 Milliarden 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2003 Quelle: BAKOM, BFS Jahr Grosse wirtschaftliche Bedeutung und Einfluss auf das soziale Verhalten Treiber für mehr Antennen: ii) Mobiles Internet -> stetig steigende Datenraten! 12 Smartphones, Tablets und Laptops sind Treiber für stetig wachsende Datenraten: data 2006 2008 2010 2012 Im Swisscom Mobilfunknetz: verdoppelte sich 2011 & 2012 die übermittelte Datenrate! ist die übermittelte Datenrate seit 2007 um mehr als Faktor 100 angestiegen! 6
Treiber für mehr Antennen: iii) Der Effekt der Frequenz 13 Quelle: M. Walker, vodafone telecommunications chair, Royal Holloway University of London, WHO Workshop on Base Stations & Wireless Networks, Geneva, June 2005 Treiber für mehr Antennen: iv) Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) 14 100000 Immissionsgrenzwert ICNIRP Elektrische Feldstärke [V/m] 10000 1000 100 10 AGW Lang- und Mittelwelle AGW Rundfunk AGW Mobilfunk 900 MHz AGW Mobilfunk 1800+ MHz Vorsorge 1 1.E+00 1.E+02 1.E+04 1.E+06 1.E+08 1.E+10 1.E+12 Frequenz [Hz] 7
Grenzwertvergleich mit anderen Ländern: Schweizer Regelung ist eine der strengsten weltweit! 15 Grenzwerte für UMTS (2,1 GHz) für Orte mit empfindlicher Nutzung: E-Feld [V/m] 70 60 61 61 61 61 50 40 30.7 30 20 12.3 5.2 3 2 6 0.6 10 6 6 6.1 0 Schweiz Schweiz Frankreich Frankreich Deutschland Deutschland Italien Italien Österreich Österreich Belgien Belgien China China Russland Russland USA USA Region Region Brüssel Brüssel Pariser Pariser Charta Charta Liechtenstein Liechtenstein Übersicht über Grenzwerte weltweit: www.who.int/peh-emf/standards/en Leistungseinschränkung im Vergleich zu Deutschland und Österreich: 16 Swisscom Station mit GSM 900 & UMTS 2100 in aktueller Konfiguration: 3 Sektoren GSM à ~500 W ERP 3 Sektoren UMTS 1050-1 650 W ERP Orte empfindlicher Nutzung in 37.1 m Distanz: Immission 4.95 V/m Nahester Ort mit kurzfristigem Aufenthalt in einer Distanz von 6.8 m: Immission 14.1 V/m Deutschland (Bundes-Netz-Agentur, differenziertes Berechnungsverfahren): Horizontale Sicherheitsdistanz: 6.4 m Vertikale Sicherheitsdistanz: 1.5 m Österreich (ÖNORM E8850): Horizontale Sicherheitsdistanz: 4.7m 4.9 V/m Power limitation due to installation limit value of 5 V/m 4.95 V/m Deutschland: Dieser Standort könnte mit 20 mal höherer Sendeleistung betrieben werden. Österreich: Der Standort könnte mit 35 mal höherer Sendeleistung betrieben werden. 8
Resultat: Grössere Anzahl Standorte und höhere Kosten 17 Nach einer Studie von PwC sind aufgrund der NISV für die Abdeckung des Landes mit modernen Telekomdiensten 21.5% mehr Standorte notwendig als in den Nachbarländern. Quelle: A. Mathys, B. Sutter, P. Kartscher, Mobile network cost study, September 2013 Wo müssen Antennen gebaut werden? 18 Am Ort des Bedarfes => bei den Menschen Radioplanung liefert idealen Standort in Funktion: des bestehenden Netzes des Versorgungsgebiets der notwendigen Kapazität der Topografie der Landesgrenzen Zusatzbedingungen vor Ort: Zugänglichkeit Bauzonenkonformität Einhaltung der gesetzlichen Regelungen: Verordnung über den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (NISV, 8. Vorlesung) Einverständnis eines Liegenschaftsbesitzers 9
19 Ansätze zur Erhöhung der Kapazität der Mobilfunknetze unter den gegebenen Rahmenbedingungen 20/03/2014 Neue Technologien erlauben höhere Bandbreiten: LTE Ausbau im Kt. Thurgau 20 10
Die Entwicklung von LTE ist noch nicht abgeschlossen: höhere Bandbreiten und MIMO 21 Peak Rate [Mbps] 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 302.4 201.6 100.8 60.5 151.2 24.2 100.8 12.1 30.2 50.4 1.4 3 5 10 Channel Bandwidth [MHz] 15 403.2 201.6 4X4 MIMO 2x2 MIMO 20 Quelle: P. Fritschi, NIS-Fachtagung 2012 Die Entwicklung von LTE ist noch nicht abgeschlossen: Carrier- und Spektrum-Aggregation 22 Mehr Spektrum und Kanäle bedeuten aber auch mehr Leistung! Quelle: ERICSSON, S.-A. Sturesson 11
Vom 3-Sektor- zum 6-Sektorstandort 23 Twinbeam Antenne Kathrein 80010606 Heutigen Mobilfunkstandorte verfügen meist über 3 Antennen, welche je einen Azimut von 120 abdecken. Jede Funkzelle hat eine limitierte Kapazität: technisch gesehen, aber auch aufgrund der Leistungsgrenze der NISV. Durch den Einsatz sogenannter Twinbeamantennen ist es möglich geworden, eine Standardantenne mit einer Antenne ähnlicher Dimension zu ersetzen, die je zwei schmalere Sektoren à 60 erzeugt. Falls für den 6-Sektorstandort dieselbe Leistung gesendet werden kann, ergibt sich theoretisch eine Kapazitätssteigerung von einem Faktor ~1,6-1,8. Swisscom Pilotprojekt in der Region Bern Früher oder später werden jedoch Kleinzellen eingesetzt werden müssen! 24 Street Small cell Offene Fragen betreffend der Nutzung von Kleinzellen: Wo können solche Kleinzellen installiert werden, um sowohl die Installationskosten wie auch den operativen Aufwand im Griff zu haben? Wie können Störungen zwischen dem Makrozellnetzwerk und den Kleinzellen verhindert werden? Wie können Tausende von Kleinzellen effizient ins Netz eingebunden werden? Öffentliche Akzeptanz? Aber eben, früher oder später wird es kommen 12
25 Dialogmodell 20/03/2014 DIALOGmodell 1. Information 26 Die Betreiber informieren die Gemeinde jährlich über den aktuellen Stand der langfristigen Netzplanung (12 Monate) Grün: Suchgebiet roter Punkt: neuer Standort (geplant) Rot: Radius 200m für Alternativen 13
2. Standortevalutation 27 Die Betreiber bezeichnen bei neu zu errichtenden Standorten auf Verlangen der Gemeinde diejenigen Flächen im Umkreis von 200 m, wo anstelle des geplanten Standortes ebenfalls eine funktechnisch gute Versorgung erfolgen könnte Die Gemeinden prüfen, beurteilen und bezeichnen mögliche Alternativstandorte Die Betreiber prüfen die von den Gemeinden bezeichneten Alternativstandorte 3. Standortentscheid 28 Der Standortentscheid erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Betreiber und Gemeinde. Stehen aufgrund der Standortevaluation mehrere gleichwertige Standorte zur Verfügung, können die Gemeinden den aus ihrer Sicht optimalsten Standort bezeichnen. Sofern die Gemeinden einen Beststandort bezeichnen, verzichten die Betreiber auf den ursprünglich geplanten Standort und reichen eine entsprechend abgeändertes Baugesuch ein. 14
4. Fristen und Mitbenutzung 29 Die Betreiber informieren die Gemeinden bei Vorliegen der Detailplanung schriftlich über den geplanten Standort. Ab diesem Zeitpunkt hat die Gemeinde sechs Wochen Zeit Alternativstandorte zu bezeichnen. Die Betreiber verpflichten sich, Standorte von Mitbewerbern zu benützen, soweit dies technisch sinnvoll und wirtschaftlich machbar ist. 30 Zusammenfassung 20/03/2014 15
Zusammenfassung 31 Die heutigen Mobilfunknetze sind zelluläre Netze, welche ständig weiterentwickelt werden. Treiber für eine höhere Anzahl Antennen sind die Anzahl Nutzer, die angeforderten Datenmengen, die gewünschte Qualität der Versorgung, die Topographie und Grenzen aber auch die strengen Schweizerischen Grenzwerte bezüglich nicht ionisierender Strahlung. Die Kapazität der Mobilfunknetze gerät durch die angeforderten Datenraten stark unter Druck. Der Weiterausbau der Netze ist jedoch durch die NISV und deren Vollzugsempfehlungen eingeschränkt. Neue Technologien und Konzepte erlauben zwar eine Erhöhung der Kapazität der Netze, werden aber aufgrund des exponentiellen Anstiegs der Datenraten schnell neutralisiert. Mit dem Dialogmodell wird versucht in Zusammenarbeit mit den Gemeinden den notwendigen Ausbau der Mobilfunknetze in Zukunft zu verbessern. Kontakt Information 32 Swisscom AG Susanne Butnefuss Public Affairs Postfach 9001 St. Gallen Phone 058 221 61 49 Mail susanne.buntefuss@swisscom.com www.swisscom.ch Swisscom (Schweiz) AG Hugo Lehmann Innovation Postfach 3050 Bern Phone 079 616 04 32 Mail hugo.lehmann@swisscom.com www.swisscom.ch 16
33 & vielleichtantworten Fragen 17